Der Prophet Zephanja (3)
Kapitel 3

Stephan Isenberg

© SoundWords, online seit: 11.05.2019, aktualisiert: 30.05.2022

Jerusalems gegenwärtige Sünde und zukünftiger Segen

Das dritte Kapitel wird noch einmal deutlich aufzeigen, wie sehr die Stadt Jerusalem samt ihrer Führerschaft versagt hat und wie es trotz Versagens der Masse dennoch einen kleinen schwachen Überrest geben wird, zu dem sich Gott bekennt, indem Er als König in ihre Mitte kommt. Der Überrest hat nicht nur eine „kleine Kraft“, es ist „ein elendes und geringes Volk“, sondern nimmt auch „zum Namen des HERRN Zuflucht“ (vgl. Zeph 3,12). Wir finden hier die gleichen Kennzeichen wie bei der Versammlung in Philadelphia: „Denn du hast eine kleine Kraft, und du hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet“ (Off 3,8).

Vers 1

Zeph 3,1: Wehe der Widerspenstigen und Befleckten, der bedrückenden Stadt!

Weder hat sich die Masse in Jerusalem Gott untergeordnet noch konnten sie den heiligen Ansprüchen Gottes als auserwählte und am meisten bevorrechtigte Stadt gerecht werden. Sie war gekennzeichnet von einem Aufbegehren gegen Gott („Widerspenstigen“), von moralischer und sittlicher Unreinheit („Befleckten“) und Unterdrückung mit Gewalttat („der bedrückenden Stadt“).

Heute finden wir diese Kennzeichen auch manchmal mitten in der Gemeinde. Statt Demut und Sanftmut findet man Bockigkeit und Widerspenstigkeit. Wir müssen wieder lernen, dass die Sanftmütigen glückselig gepriesenen werden, solche, die ihre „Milde kundwerden lassen allen Menschen“ (Phil 4,5), solche, die bereit sind, auf eigene Rechte zu verzichten und den anderen höher zu achten als sich selbst. Statt dass die Gemeinde einer keuschen Jungfrau gleicht, gibt es viel Unreinheit und Befleckung. Uns macht es nichts mehr aus, wenn wir Dinge sehen, die wir besser nicht sehen sollten, Gedanken haben, die wir besser unter den Gehorsam des Christus stellen sollten. Statt eines sanften Joches unseres Herrn gibt es Druck und eine falsch verstandene Anwendung von Autorität. Manchmal können Verantwortliche einer Gemeinde nur noch durch einen Missbrauch der Macht die Herde zusammenhalten. Durch menschliche Gebote und Satzungen werden Christen ihrer wahren Freiheit in Christus beraubt.

Vers 2

Zeph 3,2: Sie hat auf keine Stimme gehört, keine Zucht angenommen; auf den HERRN hat sie nicht vertraut, ihrem Gott sich nicht genaht.

Hier finden wir vier ernste Kennzeichen der widerspenstigen und befleckten Stadt Jerusalem: Sie

  • hörte auf keine Stimme,
  • nahm keine Zucht an,
  • vertraute nicht auf den HERRN und
  • suchte nicht die Nähe Gottes.

Die Stimme der Propheten wurde nicht gehört, Korrektur und Zurechtweisung wurden abgewiesen, und sein Vertrauen setzte man entweder auf seinen Besitz oder auf seine Götzen. In so einem Zustand angekommen, wird das Aufsuchen der Nähe Gottes als bedrohlich empfunden. Man fühlt instinktiv, dass man nicht in die heilige Gegenwart Gottes passt.

Diese Wahrheit ist zu allen Zeiten wahr. Wenn wir jede Stimme der Weissagung an uns vorbeiziehen lassen und nicht mehr bereit sind, uns durch Gottes Wort korrigieren zu lassen, dann wird unweigerlich unser Vertrauen zum Herrn nachlassen und unser Gebetsleben sowie die Freude am Besuch der Zusammenkünfte der Gläubigen einschlafen.

Vielleicht hat jemand, der diese Zeilen liest, Gottes Stimme zu oft in den Wind geschlagen und keine Korrektur mehr angenommen. Möglicherweise geht man auch solchen Veranstaltungen, Vorträgen oder Seminaren aus dem Weg, weil man sich nicht korrigieren lassen und seinen eigenen Weg haben möchte. Es gibt jedoch immer einen Weg zurück. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1Joh 1,9). Der Herr Jesus hat für unsere Sünden bezahlt, und wenn wir sie bekennen, haben wir wieder freie Sicht zum Vater, jede Wolke ist weggenommen und wir können Gott neu nahen. Durch das vollkommene Werk des Herrn Jesus am Kreuz gibt es nichts Bedrohliches mehr in Gottes Gegenwart. Unser himmlischer Vater wartet darauf; das zeigt die Geschichte vom verlorenen Sohn, oder besser vom wartenden Vater, sehr deutlich.

Wir wollen uns ermutigen, wieder neu auf die Stimme Gottes zu hören und dem HERRN zu vertrauen: „Wer unter euch fürchtet den HERRN? Wer hört auf die Stimme seines Knechtes? Der in Finsternis wandelt und dem kein Licht glänzt, vertraue auf den Namen des HERRN und stütze sich auf seinen Gott“ (Jes 50,10).

Verse 3.4

Zeph 3,3.4: 3 Ihre Fürsten in ihrer Mitte sind brüllende Löwen; ihre Richter sind Abendwölfe, die nichts für den Morgen übriglassen. 4 Ihre Propheten sind Prahler, treulose Männer; ihre Priester entweihen das Heiligtum, tun dem Gesetz Gewalt an.

Es macht fast den Eindruck, als würden diese vier Personenkreise (Fürsten, Richter, Propheten, Priester) mit den vier Kennzeichen der widerspenstigen und befleckten Stadt aus Vers 2 korrespondieren (siehe oben!). Die Fürsten sollten im Vertrauen auf den HERRN ihr Volk führen. Die Richter sollten besonders für die Zucht und das gerechte Urteil bekannt sein, und die Propheten sollten die Stimme Gottes sein sowie die Priester in Gottes Gegenwart verkehren. Aber statt auf den HERRN zu vertrauen und das Volk zu führen, machten sich die Fürsten brüllend über die Armen her und suchten lediglich den eigenen Vorteil. Den Richtern ging es nicht um ein gerechtes Urteil oder eine gerechte Zucht, sondern nur noch darum, wer am meisten bezahlen konnte. Sie waren wie Abendwölfe unersättlich. Die Propheten, ausgesandt, um damit zufrieden zu sein, die Stimme eines anderen zu sein (vgl. 2Mo 7,1.2; Joh 1,23), stellten sich selbst in den Mittelpunkt und prahlten damit, die Stimme Gottes zu sein. Sie betrogen die Gläubigen, indem sie für Geld weissagten (Mich 3,5.11). Und die Priester, eingesetzt, um Gott mit einem Opfer zu nahen, entweihten das Heiligtum und stahlen Gott die Ihm zustehende Anbetung.

Auch im heutigen Volk Gottes gibt es „Fürsten“ – Aufseher und Älteste –, die lediglich umherlaufen und den Gläubigen einen Schrecken einjagen, sie brüllen mehr, als dass sie die Herde weiden, hüten und führen. Sie werden als brüllende Löwen bezeichnet, ein Ausdruck, der in 1. Petrus 5,8 mit dem Teufel in Verbindung steht.

Es ist ernst, wenn heutige „Richter“ Zucht ausüben, die nicht in Übereinstimmung mit Gottes Wort ist, wenn Ausschlüsse getätigt werden, die weit über das Zuchtmaß hinausgehen, oder wenn ganze Gemeinden von der Gemeinschaft mit anderen Gemeinden ausgeschlossen werden, obwohl die Bibel dazu kein Mandat gibt.

Es gibt auch heute noch „Propheten“, solche, die den Dienst der Weissagung tun. Dabei handelt es sich nicht darum, bestimmte Dinge vorherzusagen, aber doch, um aus der Gegenwart Gottes ein Wort in ein bestimmte Situation hineinzusprechen. Wie traurig, wenn Diener des Wortes Gottes treulos sind und das Wort in ihrer Hand dazu benutzt wird, um damit anzugeben und sich selbst groß zu machen. Diener des Wortes sind sich ihrer Verantwortung bewusst und studieren fleißig die Heilige Schrift, um nicht ihre eigene Redekunst zu präsentieren, sondern in „Aussprüchen Gottes“ zu reden (vgl. 1Pet 4,11).

Alle Gläubigen haben ein „heiliges Priestertum“ empfangen und sind verantwortlich, Gott „geistliche Schlachtopfer“ zu bringen (vgl. 1Pet 2,5). Wird nicht auch heute die Anbetung Gottes entweiht, indem man meint, Gott mit Rock- und Popmusik zu nahen statt mit Anbetung „in Geist und Wahrheit“ (vgl. Joh 4,24)? Was wird Gott heute alles als Anbetung angeboten mit der Begründung, es werde Ihm schon gefallen, solange wir es aus vollem Herzen tun. Wir haben vergessen, dass Gott heilig ist, und auch schon andere dachten, sie könnten Gott mit ihrer selbst ausgedachten Anbetung nahen, und empfingen dafür ein schweres Gericht – denken wir nur an Kain (1Mo 4,3.4), Nadab und Abihu (3Mo 10,1-10), Ussa (1Chr 13,1-10) und Ussia (2Chr 26,16-19); dabei hatten sie es alle sicher sehr gut gemeint.

Es heißt hier weiter von den Priestern: Sie „tun dem Gesetz Gewalt an“, ein sehr aktuelles Problem, dass die Bibel oft verdreht wird. So wie es in Habakuk ebenfalls heißt:  „Darum wird das Gesetz kraftlos, und das Recht kommt niemals hervor … Darum kommt das Recht verdreht hervor“ (Hab 1,4). Klare Aussagen aus Gottes Wort, die jahrhundertelang ihre Gültigkeit hatten, sollen plötzlich nicht mehr gelten. Der Zeitgeist diktiert die Worte „Feminismus“ und „Gender-Mainstreaming“, und in der Gemeinde wird der Ruf laut, dass man 1. Korinther 11; 14 und 1. Timotheus 2,8 neu überdenken müsse. Und es finden sich dann auch immer spitzfindige Theologen, die plötzlich feststellen, dass man das Wort jahrhundertelang falsch verstanden habe und dass, wenn in der Bibel steht, dass die Frauen schweigen sollen in der Gemeinde (1Kor 14,34), es eigentlich heiße, sie könne eigentlich alles machen, nur nicht lehren; um mal nur ein Beispiel zu bringen.

Vers 5

Zeph 3,5: Der HERR ist gerecht in ihrer Mitte, er tut kein Unrecht; Morgen für Morgen stellt er sein Recht ans Licht, ohne zu fehlen. Aber der Ungerechte kennt keine Scham.

Wenn alle, die Gott einst in eine bevorrechtigte Stellung gebracht hat, versagen, dann bleibt Er selbst doch der Gerechte, der kein Unrecht tut. Wie schamlos der Ungerechte auch auftritt, der Herr bleibt „der Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge“ (Off 3,14). Im zukünftigen Friedensreich wird der Vers, dass Gott „Morgen für Morgen sein Recht ans Licht stellt“, vollständig erfüllt werden; dann wird die Bosheit nicht mehr in dem Maß aufsteigen, weil der HERR herabgestiegen ist, um sein Königtum anzutreten. Dann wird sich buchstäblich erfüllen, was in Psalm 101,8 steht: „Jeden Morgen will ich alle Gottlosen des Landes vertilgen, um aus der Stadt des HERRN auszurotten alle, die Frevel tun.“ Sein Reich wird in Gerechtigkeit regiert werden. Bis zu diesem herrlichen Augenblick wird jedoch der Ungerechte keine Scham kennen.

Wir sind jedoch heute schon „Söhne des Lichts und Söhne des Tages“ (1Thes 5,5) und leben in dem Bewusstsein, dass Gott „Morgen für Morgen sein Recht“ in unserem Leben „ans Licht stellt“. „Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist“ (Röm 14,17). Unser Leben soll auch heute schon durch Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist gekennzeichnet sein.

Verse 6.7

Zeph 3,6.7: 6 Ich habe Nationen ausgerottet, ihre Zinnen sind verödet; ich habe ihre Straßen verwüstet, dass niemand darüber zieht; ihre Städte sind verheert, dass niemand da ist, kein Bewohner mehr. 7 Ich sprach: Möchtest du mich nur fürchten, möchtest du Zucht annehmen – und ihre Wohnung würde nicht ausgerottet werden –, alles, was ich über sie verhängt habe! Doch sie haben sich früh aufgemacht, haben in allen ihren Taten böse gehandelt.

Noch einmal fordert der HERR sein Volk heraus, indem Er auf die Nationen verweist, die Er vor ihren Augen ausgerottet hatte. Vielleicht kann hier auch an das Gericht über die umliegenden Völker aus Kapitel 2 gedacht werden oder an die Kanaaniter, die durch Israel ausgerottet wurden, als sie in das Land kamen. Jedoch ist das hier erwähnte Gericht nicht spezifiziert und kann auch ganz allgemein verstanden werden.

Jedenfalls sollte die Erwähnung des Gerichtes über die Nationen dazu führen, dass sie ihre eigenen bösen Wegen erkannten, um nicht unter ein ähnliches Gericht zu fallen. Wenn auch die Nationen keine Zucht annahmen, so sollte doch wenigstens die bevorrechtigte Stadt Jerusalem die Zucht ihres Gottes annehmen. Gott steht bereit, seine Zucht zurückzuhalten, wenn sie zu Ihm umkehren würden: „Möchtest du mich nur fürchten, möchtest du Zucht annehmen – und ihre Wohnung würde nicht ausgerottet werden –, alles, was ich über sie verhängt habe!“ (Zeph 3,7).[1]

Der Hinweis auf das Gericht über die Nationen (Zeph 3,6) dient dem HERRN als Spiegel, damit sein Volk aufwacht und gerettet wird. Leider hörte die große Masse des Volkes nicht darauf. In der heutigen Zeit hält der HERR dem Volk Israel nicht durch das Gericht über die Nationen den Spiegel vor, sondern dadurch, dass durch ihren Fall die Nationen im Übermaß gesegnet wurden. Durch diesen Segen möchte Gott sein Volk zur Eifersucht reizen (Röm 11,11-14).

Vers 8

Zeph 3,8: Darum harrt auf mich, spricht der HERR, auf den Tag, an dem ich mich aufmache zur Beute! Denn mein Rechtsspruch ist, die Nationen zu versammeln, die Königreiche zusammenzubringen, um meinen Grimm über sie auszugießen, die ganze Glut meines Zorns; denn durch das Feuer meines Eifers wird die ganze Erde verzehrt werden.

In Vers 8 wird der Überrest ermutigt, auf den HERRN zu vertrauen. Der HERR würde zwar die Nationen und alle Königreiche versammeln und als Zuchtrute für sein Volk gebrauchen, um die Gottlosigkeiten in Israel zu wenden, aber am Ende würden alle diese Nationen vernichtend geschlagen werden. Gott wird sie zum „Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen“ versammeln: „Es sind Geister von Dämonen, die Zeichen tun, die zu den Königen des ganzen Erdkreises ausgehen, um sie zu versammeln zu dem Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen … Und er versammelte sie an den Ort, der auf Hebräisch Harmagedon heißt“ (vgl. Off 16,13-17). Der Überrest in der Zukunft wird auf diesen Tag warten, „an dem ich mich aufmache zur Beute“. Der Herr Jesus hatte sich nach vollbrachtem Werk als Mensch zur Rechten Gottes gesetzt; von dort wird Er, der Sohn des Menschen, sich aufmachen und kommen. Dennoch wird dieser Krieg nicht allein ein Vertilgungsgericht sein, sondern auch ein Läuterungsgericht, denn schon heißt es im nächsten Vers:

Vers 9

Zeph 3,9: Denn dann werde ich die Lippen der Völker in reine Lippen verwandeln, damit sie alle den Namen des HERRN anrufen und ihm einmütig dienen.

Die Ungerechten und gottlosen Sünder werden am Tag des Gerichtes vertilgt werden, aber es wird auch aus den Nationen einen Überrest geben, der mit reinen Lippen den HERRN anrufen wird. Der Segen Abrahams „Und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde“ (1Mo 12,3) wird dann buchstäblich in Erfüllung gehen. In der heutigen Zeit werden nicht „alle Geschlechter der Erde“ gesegnet, sondern Gott sammelt sich „aus den Nationen ein Volk … für seinen Namen“ (Apg 15,14).

Auch andere Propheten sprechen davon, dass die Völker nach Jerusalem ziehen werden, um dem Gott Israels zu dienen (Jes 2,2-4; Mich 4,1-8; Sach 14,16). Wenn auch Israel eine Vorrangstellung vor den Völkern einnehmen wird (Sach 8,23; 5Mo 28,13), so ist doch die Zwischenwand der Umzäunung (vgl. Eph 2,14) ein für alle Mal durch Christi Werk hinweggetan worden. Das Gesetz, das im Alten Testament zwischen Israel und den Nationen gestanden hatte, wird dann ein verbindendes Element sein. Hier erkennen wir auch den großen Unterschied zur heutigen Haushaltung, wo es keinen Unterschied gibt zwischen Juden und Nationen. Heute begegnen sich ein messiasgläubiger Jude und ein messiasgläubiger Heide auf Augenhöhe; jeglicher Vorrang des einen über den anderen ist in der neutestamentlichen Gemeinde aufgehoben (vgl. Eph 2,14-16; Gal 3,28).

Es fällt uns leicht, den Vers Zephanja 3,9 auf die heutige Zeit anzuwenden, denn es heißt hier nicht: „die Lippen des Volkes Israel“, sondern: „die Lippen der Völker“. So gehören die weitaus meisten Christen auch heute zu der Gruppe der „Völker“. Die meisten Bibelübersetzungen sprechen hier von „reinen Lippen“; es ist auch möglich, mit „eine auserlesene Sprache“ oder „reine Sprache“ zu übersetzen. 

Wir sind geneigt, den Dienst der Lippen zu verachten. Es komme ja schließlich auf das Herz an. Schließlich mahnt der Herr Jesus: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir“ (Mt 15,8). Doch hier in Vers 9 haben wir den Beweis, dass Gott auch den Lippendienst sehr schätzt. Er möchte hören, was unser Herz bewegt. Er wünscht sich die „Opfer des Lobes“ und die „Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Heb 13,15; vgl. Mal 2,7; Hos 14,2).

Dennoch ist es wahr, dass wir die Lippen auch nicht von dem Herzen trennen dürfen, denn wir lesen in Jesaja 29,13: „Der Herr hat gesprochen: Weil dieses Volk mit seinem Mund sich naht und mit seinen Lippen mich ehrt, und sein Herz fern von mir hält und ihre Furcht vor mir angelerntes Menschengebot ist“, und in Sprüche 16,23: „Das Herz des Weisen gibt seinem Munde Einsicht und mehrt auf seinen Lippen die Lehre.“ David bittet Gott: „Schaffe mir, Gott, ein reines Herz“, um dann wenig später zu beten: „Herr, tu meine Lippen auf, und mein Mund wird dein Lob verkünden“ (Ps 51,12.17). In Sprüche 4,23.24 heißt es: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens. Tu von dir die Verkehrtheit des Mundes, und die Verdrehtheit der Lippen entferne von dir.“ Auch der Jakobusbrief bringt das Herz in Verbindung mit Mund bzw. der Zunge: „Wenn jemand meint, er diene Gott, und zügelt nicht seine Zunge, sondern betrügt sein Herz, dessen Gottesdienst ist nichtig“ (Jak 1,26), und: „Wenn ihr aber bitteren Neid und Streitsucht in eurem Herzen habt, so rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit“ (Jak 3,14) – rühmen und lügen kann man bekanntlich nur, wenn etwas über unsere Lippen kommt.

Es heißt in Vers 9: „und ihm einmütig dienen“, oder: „mit einer Schulter“, wie die Anmerkung der CSV-Bibelübersetzung sagt. Wo kann die Einmütigkeit besser zum Ausdruck gebracht werden als in unseren Liedern, wenn wir Schulter an Schulter zusammenstehen und dem Herrn singen. Hier bringen wir mit einem Mund Gott die Opfer des Lobes dar. Alle Versammelten bringen zur gleichen Zeit den gleichen Gedanken vor Gott. Sicher geht das Wort „einmütig dienen“ noch viel weiter. Wir sollten schon heute alle unnötigen Trennungen vermeiden und durch Langmut und Sanftmut zeigen, dass wir verstanden haben, die Einheit des Geistes zu bewahren im Band des Friedens. Die Philipper wurden aufgefordert: „So erfüllt meine Freude, dass ihr gleich gesinnt seid, dieselbe Liebe habend, einmütig, eines Sinnes, nichts aus Streitsucht oder eitlem Ruhm tuend, sondern in der Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst; ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen“ (Phil 2,2.3). Die Römer wurden durch folgende Worte ermutigt: „Der Gott des Ausharrens und der Ermunterung aber gebe euch, gleich gesinnt zu sein untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Mund den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus verherrlicht“ (Röm 15,5.6).

Sicherlich können wir auch die Anwendung auf unsere gemeinsame Zeit der Anbetung machen, wenn wir zusammenkommen, um den Tod des Herrn zu verkündigen: Dann liest einer eine Bibelstelle vor, der andere greift diesen Gedanken mit einem Lied auf, und wieder ein anderer führt diesen Gedanken weiter im Gebet. So können wir bereits heute unserem Herrn „einmütig dienen“. Es dämpft den Heiligen Geist in der Zusammenkunft, wenn jeder nur von seinen eigenen Gedanken erfüllt ist und nicht darauf achtet, was der Geist in dem anderen gewirkt hat.

Vers 10

Zeph 3,10: Von jenseits der Ströme Äthiopiens werden sie mir meine Flehenden, meine zerstreute Schar, als Opfergabe darbringen.

Damals konnte der Israelit nicht weiterdenken als bis Äthiopien; dort war die damalige Welt zu Ende. Aber in der Endzeit würde das Volk Israel weit über diese Grenzen hinaus verstreut sein. Viele Juden leben heute „jenseits der Ströme Äthiopiens“ zum Beispiel in Amerika oder anderen weit entfernten Ländern (vgl. Jes 18,1). Diese Prophezeiung zeigt erneut, dass wir hier nicht nur an das Gericht der Babylonier durch Nebukadnezer denken müssen, das damals kurz bevorstand, sondern dass diese Prophezeiung weit darüber hinaus auf ein noch zukünftiges Ereignis vorausweist.

Das Wort „Flehenden“ kann auch mit „Anbeter“ übersetzt werden. Der Zusatz „meine zerstreute Schar“ bestimmt dann das Wort „Flehende“ näher.[2] Somit muss die Bedeutung dieses Verses sein, dass die Völker die zerstreute Schar Israel dem HERRN als Opfergabe darbringen. Das mag ein seltsamer Gedanke sein, wird jedoch durch Jesaja 66,20 bestätigt: „Sie werden alle eure Brüder aus allen Nationen dem HERRN als Opfergabe bringen, auf Pferden und auf Wagen und auf Sänften und auf Maultieren und auf Dromedaren, zu meinem heiligen Berg, nach Jerusalem, spricht der HERR, so wie die Kinder Israel das Speisopfer in einem reinen Gefäß zum Haus des HERRN bringen.“

Im Neuen Testament finden wir einen ähnlichen Gedanken in Römer 12,1, wo es heißt, dass wir unsere Leiber darstellen sollen „als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer“ (Röm 12,1). Auch der Apostel Paulus wollte „ein Diener Christi Jesu sein für die Nationen, priesterlich dienend an dem Evangelium Gottes, damit das das Opfer der Nationen angenehm werde, geheiligt durch den Heiligen Geist“ (Röm 15,16). Hier sehen wir erneut den Unterschied in den Haushaltungen. In der Zukunft werden die Völker die „zerstreute Schar“ Israel als Opfergabe darbringen, und heute bringt ein Jude, so wie der Apostel Paulus damals, die Nationen als ein Opfer dar.

Zugleich können wir daraus lernen, dass die Verkündigung des Evangeliums nie auf die Errettung der Menschen begrenzt ist, sondern dass das Ziel immer weitergeht. Der Apostel Paulus ruhte nicht eher, bis er die Menschen „vollkommen in Christus“ dargestellt hatte (Kol 1,28). Er wollte, dass die Menschen zur Erkenntnis „der ganzen Wahrheit“ gelangten (1Tim 2,4). Der Sohn ist gekommen, um zu suchen und zu erretten, was verloren war, und der Vater sucht unter den so Geretteten solche als seine Anbeter (vgl. Lk 19,10; Joh 4,23).

Vers 11

Zeph 3,11: An jenem Tag wirst du dich nicht mehr aller deiner Handlungen schämen müssen, womit du gegen mich übertreten hast; denn dann werde ich deine stolz Frohlockenden aus deiner Mitte wegnehmen, und du wirst dich fortan nicht mehr überheben auf meinem heiligen Berg.

„An jenem Tag“ weist voraus auf den Beginn des 1000-jährigen Friedensreiches. Ein wiederhergestelltes Israel (hier im speziellen Jerusalem) muss sich dann nicht mehr schämen, denn das, wofür sie sich hätten schämen können, wird es nicht mehr geben. Ihre Schuld, den Messias ans Kreuz gebracht zu haben, wird weggetan sein. Es wird keinen Raum mehr für Taten geben, für die sie sich schämen könnten. Die Wehklage der Bewohner Jerusalems (Sach 12,10-14) wird sich in Jubel und Jauchzen verwandeln (vgl. Zeph 3,14-16).

Bevor der HERR als König in ihre Mitte einziehen kann (Zeph 3,15.16), muss zuvor etwas weggetan werden. Stolz und Hochmut sind völlig unpassend für die Gegenwart Gottes. Es ist hier von den „stolz Frohlockenden“ die Rede. Das gilt ebenso für unsere Gemeinden: Solange sich Stolz und Hochmut in unserer Mitte befinden, kann Gott nicht in unsere Mitte kommen. „Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade“ (Jak 4,6). Die Versammlung in Laodizea sagte von sich selbst: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts“ (Off 3,17). Der Herr Jesus zieht sich zurück, wenn wir dem Stolz und Hochmut Raum geben. Laodizea war reich, sie hatten alles außer den Herrn, denn dieser stand vor der Tür und klopfte an (Off 3,20). Philadelphia hatte nichts außer den Herrn, denn sie waren sich ihrer „kleinen Kraft“ bewusst und bewahrten einfältig das Wort Gottes und verleugneten den Namen des Herrn nicht (vgl. Off 3,8). Sie trugen den Charakter des jüdischen Überrestes, von dem es in der Zukunft heißt:

Vers 12

Zeph 3,12: Und ich werde in deiner Mitte ein elendes und geringes Volk übriglassen, und sie werden zum Namen des HERRN Zuflucht nehmen.

Wieder finden wir den Ausdruck „in deiner Mitte“. Wenn wir in unserer Mitte nicht diesen Geist des jüdischen Überrestes, den Geist Philadelphias festhalten, wenn wir nicht Zuflucht nehmen zu seinem Namen, dann wird auch der Herr nicht bei uns wohnen können. Schon im Propheten Jesaja steht: „Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen“ (Jes 57,15). Dort, wo sich zwei oder drei versammeln und die Rechte des Herrn im Geist der Niedriggesinnheit hochhalten (vgl. Mt 18,2-5), indem sie sein Wort bewahren, sagt der Herr Jesus: „Da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20). Wenn der Herr Jesus davon spricht: „Glückselig die Armen im Geist“ (Mt 5,3), dann meint Er nicht die Schwachsinnigen, sondern solche, die einen gebrochenen Geist haben, die sich ihres eigenen Elends bewusst sind. Sobald wir anfangen, auf eine bestimmte Stellung stolz zu werden oder zu meinen, dass nur bei uns der Herr sein kann, und beginnen, auf andere herabzuschauen, weil sie vermeintlich weniger Licht haben, wird das der Beginn des Rückzuges des Herrn aus solch einer Gesellschaft sein. Allerdings kann jemand oder eine ganze Gemeinde der Vorwurf des Hochmutes und Stolzes auch zu Unrecht treffen, denn solche, die in schweren Tagen noch das Wort Gottes hochhalten und zu seinem Namen Zuflucht nehmen, werden vielfach als hochmütig und gesetzlich abgestempelt oder als Fundamentalisten beschimpft.

Vers 13

Zeph 3,13: Der Überrest Israels wird kein Unrecht tun und keine Lüge reden, und in ihrem Mund wird keine Zunge des Truges gefunden werden; denn sie werden weiden und lagern, und niemand wird sie aufschrecken.

In Offenbarung 14,1-5 finden wir die Beschreibung des elenden und geringen Überrestes in Jerusalem in den letzten Tagen. Sie tragen ähnliche Kennzeichnen wie der jüdische Überrest hier: „In ihrem Mund wurde keine Lüge gefunden; denn sie sind untadelig“ (Off 14,5). Die Gemeinde, das himmlische Jerusalem, sollte diese Kennzeichen schon heute tragen: „Deshalb, da ihr die Lüge abgelegt habt, redet Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind Glieder voneinander“ (Eph 4,25). Wir haben bereits heute den „neuen Menschen angezogen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Eph 4,23). Die Frage ist nur, ob diese Kennzeichen des neuen Menschen auch an uns gesehen werden. Was können die Menschen, mit denen wir zu tun haben, von Christus an uns sehen? Lügen darf niemals eine Option für Christen sein, es ist unvereinbar mit wahrem Christsein. Wenn wir hier schuldig geworden sind, dann müssen wir darüber Buße tun.

Verse 14.15

Zeph 3,14.15: 14 Juble, Tochter Zion; jauchze, Israel! Freue dich und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem! 15 Der HERR hat deine Gerichte weggenommen, deinen Feind weggefegt; der König Israels, der HERR, ist in deiner Mitte, du wirst kein Unglück mehr sehen.

Das Volk wird die „Tochter Zion“, „Israel“ und „Tochter Jerusalems“ genannt. Was für ein Aufatmen in ganz Israel wird das sein! Endlich wieder in Gemeinschaft mit Gott leben. Keine Feinde mehr, keine Gerichte mehr, alle persönlichen Probleme beseitigt, keine gemeinschaftlichen Probleme mehr, keine Sorgen um die Familie. Endlich jubeln, endlich jauchzen. Das ist wahre Freiheit.

Was ist der Grund für so eine Freude? Wir finden ihn in Vers 15: „Der Herr hat deine Gerichte weggenommen, deinen Feind weggefegt.“ In der Vollendung des Zeitalters wird Gott die Feinde Jerusalems wegfegen, aber Er wird auch jedes Gericht, das über sie gekommen ist, wegnehmen.

Wenn wir die Geschichte dieses Volkes nur ansatzweise an uns vorüberziehen lassen, dann werden wir verstehen, warum hier von „Jubel“, „Jauchzen“, „Freude“ und „Frohlocken“ und „von ganzem Herzen“ gesprochen wird.

Aber es ist nicht allein die Befreiung von den Feinden und die Wegnahme der Gerichte, warum Jerusalem jubeln und jauchzen wird; das ist ja nur die negative Seite. Was wäre diese Stadt ohne ihren großen König! In der Heiligen Schrift lesen wir zweimal von der „Stadt des großen Königs“ (Ps 48,3; Mt 5,35). Gott selbst, der HERR und König Israels, wird in der Mitte des Volkes wohnen. Er ist der wahre Grund des Jubels: „So werde ich kommen zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Jubelfreude ist, und werde dich preisen mit der Laute, Gott, mein Gott!“ (Ps 43,4).

Als Christen leben wir bereits heute wie dieser jüdische Überrest am zukünftigen Tag; wir sollten es jedenfalls. Auch wir dürfen wissen, dass unsere Gerichte weggenommen wurden. Der Herr Jesus hat unser Gericht getragen. Er hat am Kreuz von Golgatha den Feind[3] „weggefegt“.

Der Herr Jesus ist dort in der Mitte, wo man sich schlicht und einfach zu seinem Namen hin versammelt (Mt 18,20). Er ist bei „denen, die nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden“ streben „mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (2Tim 2,22). Er muss der Grund unseres Jubels und Jauchzens sein.

Was unser persönliches Heil betrifft, so ist der Feind weggefegt, der Teufel besiegt und sind die Gerichte weggenommen: „Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen“ (Joh 5,24). Was unser Leben in dieser Welt betrifft, kann es noch durch manche Trübsal gehen (Apg 14,22), aber wenn wir an den Ort gehen, wo der Herr Jesus in der Mitte ist, dann sollten wir in den Lobgesang einstimmen, den unser Herr nach vollbrachtem Werk selbst angestimmt hat: „Verkündigen will ich deinen Namen meinen Brüdern; inmitten der Versammlung will ich dich loben“ (Ps 22,23).

Einmal wird der Herr Jesus als König in der Mitte des Volkes Israel einziehen. Er ist nicht der König der Gemeinde, Er ist auch nicht mein König, sondern Er wird der König für das Volk Israel sein. Es scheint, dass dieser Ausdruck „König“ besonders dem Volk Israel vorbehalten sein soll. Es ist überraschend, dass kein neutestamentlicher Schreiber den Herrn Jesus als König anredet. Selbst seine eigenen Jünger, die das buchstäbliche Königreich erwarteten, reden Ihn nie als König an. Kein Gebet richtete sich an den König, stets wird von Jesus als dem Herrn geredet.

Die Apostelgeschichte ist das früheste Zeugnis von Christen, und dort finden wir, dass der Apostel Paulus zum Gefängniswärter sagt: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“ (Apg 16,31). Sie legten Zeugnis „von der Auferstehung des Herrn Jesus ab“ (Apg 4,33); sie wurden auf den „Namen des Herrn Jesus“ getauft“ (Apg 8,16), und es wurde das „Evangelium von dem Herrn Jesus verkündigt“ (Apg 11,20). Man gab sein Leben nicht für den König, sondern „für den Namen unseres Herrn Jesus Christus“ (Apg 15,26). Es wurde auch nicht der König erhoben, sondern „Furcht fiel auf sie alle, und der Name des Herrn Jesus wurde erhoben“ (Apg 19,17). Man empfing auch seinen Dienst nicht von dem König, sondern „von dem Herrn Jesus“ (Apg 20,24).

In der „Verwaltung der Fülle der Zeiten“ (Eph 1,10), die im zukünftigen 1000-jährigen Friedensreich stattfinden wird, ist der Herr Jesus das Haupt über alles im Himmel und auf der Erde: Ihm wird alles unterworfen sein. Und nun folgt die unfassbare Belehrung des Apostels: Die Versammlung zu dieser Zeit ist nicht nur davon ausgenommen, sie ist sogar „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“ (Eph 1,21-23). Wenn Christus seine Herrschaft antreten wird, dann wird die Versammlung mit Ihm als sein Leib verbunden sein. Sie wird die Braut an seiner Seite sein. Er wird sich die Gemeinde „verherrlicht darstellen“ (Eph 5,27), sie wird seine Herrlichkeit widerspiegeln (Off 21,10.11). Seine innersten Empfindungen und Zuneigungen gehören seiner Braut, die sein Herz bewegt. Sollte das nicht auch unser Herz dazu bewegen, den Herrn so anzureden, wie es dieser Nähe gerecht wird? Bedenken wir es gut, dass wir als das himmlische Volk des Herrn in eine ganz andere Beziehung zum Herrn gekommen sind als das irdische Volk Israel. Wir haben freien Eintritt in das Heiligtum; davon lesen wir im zukünftigen Friedensreich nichts.

Verse 16.17

Zeph 3,16.17: 16 An jenem Tag wird zu Jerusalem gesagt werden: Fürchte dich nicht! Zion, lass deine Hände nicht erschlaffen! 17 Der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein rettender Held. Er freut sich über dich mit Wonne, er schweigt in seiner Liebe, frohlockt über dich mit Jubel.

Wie oft musste sich Jerusalem und auch Israel in der Vergangenheit fürchten. Wie oft ließen sie die Hände erschlaffen, hörten sie auf, zu Gott zu rufen. Dann aber wird Gott in der Mitte seines Volkes als rettender Held gegenwärtig sein. Gott wird sich in der Person des Herrn Jesus als König für sein Volk offenbaren. Das Volk wird es nie vergessen, welch ein Werk der Errettung der Herr Jesus am Kreuz von Golgatha vollbracht hat. Sicher wird der Herr Jesus in der Endzeit auch eine große Errettung für sein Volk schaffen, aber was wird es sein, wenn sie erkennen, was für ein Werk der Herr Jesus mehr als zweittausend Jahre zuvor vollbracht hat. Der HERR wird sich „als Held erweisen gegen seine Feinde“ (Jes 42,13).

Wieder finden wir in Vers 17 das Wort „in deiner Mitte“. Nachdem alles Unpassende aus der Mitte der Gläubigen entfernt ist (Zeph 3,11.12), heißt es nun, dass Gott, der HERR, in der Mitte seines Volkes ist. Wenn der Herr Jesus heute in die Mitte der Versammelten kommt, dann wird auch immer daran gedacht werden, dass der Herr Jesus eine große Errettung vollbracht hat.

In Vers 14 haben wir von der Freude des ganzen Volkes gelesen. Nun lesen wir etwas über die Freude des HERRN, und das ist vielleicht noch größer. Denn Gott, der HERR, freut sich über den gottesfürchtigen Überrest. Wir lesen sogar: „Er schweigt in seiner Liebe“! Um eine tiefe Zuneigung zum Ausdruck zu bringen, muss man nicht immer etwas sagen, manchmal sind die schönsten und größten Dinge gar nicht in Worte zu fassen. Ein Ehepaar, das sich liebt, muss nicht permanent miteinander reden. Wir lesen in Psalm 65,1: „Deiner harrt schweigend der Lobgesang.“ Manchmal gibt es Zeiten in der Anbetung, dass alle schweigen, und manchmal sind das die schönsten Momente, die wir in der gemeinsamen Anbetungszeit erleben können, wenn jeder in seinem Herzen mit dem Herrn beschäftigt ist. Wir hatten in Vers 9 den Wert des Lippendienstes betrachtet, aber auch Schweigen hat seinen Platz („Schweigen hat seine Zeit, und Reden hat seine Zeit“; Pred 3,7). Aber hier heißt es, dass Gott in seiner Liebe schweigt. Er empfindet eine tiefe Freude darüber, dass der Überrest sich in schweren Zeiten auf die Seite Gottes gestellt und bis zum Ende ausgeharrt hat.

Möge Gott auch diese Freude über uns empfinden, wenn Er sieht, dass wir uns in einer Zeit, wo alles gegen Gott und den Herrn Jesus Christus gerichtet ist, gern zu Ihm hin versammeln, weil wir in Ihm alles gefunden haben.

Vers 18

Zeph 3,18: Die wegen der Festversammlung Trauernden werde ich sammeln; sie waren aus dir, Schmach lastete auf ihnen.

In der Gefangenschaft war es den Israeliten nicht mehr möglich, die jüdischen Feste zu feiern. Viele litten sehr darunter: „An den Flüssen Babels, da saßen wir und weinten, als wir uns an Zion erinnerten“ (Ps 137,1). Auch wollten sie dort ihre Lieder nicht mehr singen: „Denn die uns gefangen weggeführt hatten, forderten dort von uns die Worte eines Liedes, und die uns wehklagen machten, Freude: ‚Singt uns eins von Zions Liedern!‘“ (Ps 137,3). Das sind jene „wegen der Festversammlung Trauernden“. Auch die Söhne Korahs gehören dazu, die sich an das Hinaufziehen zu den Festen des HERRN wehmütig erinnerten: „Daran will ich mich erinnern und in mir ausschütten meine Seele, wie ich einherzog in der Schar, mit ihnen schritt zum Haus Gottes, mit der Stimme des Jubels und des Lobes – eine feiernde Menge“ (Ps 42,5). Bis heute ist es den Israeliten nicht möglich, ihre Feste nach der Vorschrift des Alten Testamentes zu feiern.

In den westlichen Ländern kennen wir kaum noch solche Zeiten, in denen die Zusammenkünfte verboten wurden. Im Zweiten Weltkrieg haben es noch etliche Christen buchstäblich erlebt. Trauern wir noch darüber, wenn wir einmal durch eine Krankheit oder andere Umstände die Zusammenkünfte der Gläubigen nicht besuchen können? Oder lassen wir gern einmal eine Stunde ausfallen und haben es nötig, ermahnt zu werden, „unser Zusammenkommen nicht zu versäumen, wie es bei einigen Sitte ist“? Vielleicht haben wir nötig, „einander zu ermuntern, und das umso mehr, je mehr ihr den Tag näher kommen seht“ (Heb 10,25).

Verse 19.20

Zeph 3,19.20: 19 Siehe, ich werde zu jener Zeit mit allen deinen Bedrückern abrechnen und die Hinkenden retten und die Vertriebenen sammeln; und ich werde sie zum Lob und zum Namen machen in allen Ländern ihrer Schmach. 20 In jener Zeit werde ich euch herbeibringen und zu der Zeit euch sammeln; denn ich werde euch zum Namen und zum Lob machen unter allen Völkern der Erde, wenn ich eure Gefangenschaft vor euren Augen wenden werde, spricht der HERR.

In Verbindung mit dem Wiederkommen des Herrn Jesus in Macht und großer Herrlichkeit heißt es: „Er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Winden her, von dem einen Ende der Himmel bis zu ihrem anderen Ende“ (Mt 24,31).

Es wird keiner zurückbleiben, auch die „Hinkenden“ wird Gott durch seine Engel sammeln, jene, die nicht mehr so gut laufen können, die im Leben stark gehandicapt waren. Gott hat ein Auge für solche, die nicht mehr so schnell vorankommen, die irgendwie auf ihrer Reise mit Gott ins Stocken geraten sind. Auch wir werden aufgefordert: „Darum ‚richtet auf die erschlafften Hände und die gelähmten Knie, und ‚macht gerade Bahn für eure Füße‘, damit nicht das Lahme vom Weg abkomme, sondern vielmehr geheilt werde“ (Heb 12,12.13).

Israel wird im zukünftigen Friedensreich eine Vorrangstellung einnehmen, Gott wird „sie zum Lob und zum Namen machen in allen Ländern ihrer Schmach“. Das wird uns auch in anderen Bibelstellen bestätigt: „Der HERR wird dich zum Haupt machen und nicht zum Schwanz, und du wirst nur immer höher kommen“ (5Mo 28,13). „So spricht der HERR der Heerscharen: In jenen Tagen, da werden zehn Männer aus allerlei Sprachen der Nationen ergreifen, ja, ergreifen werden sie den Rockzipfel eines jüdischen Mannes und sagen: ‚Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist‘“ (Sach 8,23). „Es wird geschehen am Ende der Tage, da wird der Berg des Hauses des HERRN feststehen auf dem Gipfel der Berge und erhaben sein über die Hügel. Und alle Nationen werden zu ihm strömen; und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt und lasst uns hinaufziehen zum Berg des HERRN, zum Haus des Gottes Jakobs!“ (Jes 2,2.3).

Gott wird die Schmach der Gefangenschaft wenden und in Freude verwandeln. Die Erde wird im zukünftigen Friedensreich voll seiner Herrlichkeit sein. Gott wird seine Verheißungen an Israel erfüllen. Ihr Teil ist irdischer Natur. Das Teil der Gemeinde/Versammlung ist himmlischer Art.

Die Versammlung wird in der heutigen Zeit auch eher unbekannt und abgelehnt ihren Weg gehen müssen, sogar unbekannt und abgelehnt von dem, was sich im Allgemeinen „Kirche“ nennt. Doch die Zeit ist nahe, dass der Herr Jesus „die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellen wird, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und untadelig sei“ (Eph 5,27). Gott wird „sie zum Lob und zum Namen machen“; es heißt in Offenbarung 3,9: „Ich werde sie zwingen, dass sie kommen und sich niederwerfen werden vor deinen Füßen und erkennen, dass ich dich geliebt habe.“ Die Versammlung wird die Kennzeichen der Herrlichkeit Gottes tragen: „Die heilige Stadt, Jerusalem, herabkommend aus dem Himmel von Gott; und sie hatte die Herrlichkeit Gottes“ (Off 21,10.11). Aber wir wollen nicht an die Herrlichkeit der Versammlung denken, sondern dass sie nichts anderes als die Herrlichkeit des Herrn wiederstrahlen wird:

Dich zu schaun in Herrlichkeit,
Gegenstand der höchsten Ehren,
ruhmgekrönt in Ewigkeit –
ist das Ziel, das wir begehren.
Und wenn wir nach dieser Zeit
dort mit Dir verherrlicht stehen,
wird doch jeder in uns sehen,
Herr, nur Deine Herrlichkeit.
(Julius Löwen, 1822–1907)

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Anmerkungen

[1] Man könnte annehmen, dass Zephanja 3,7 im Blick auf die Nationen gesagt würde, aber das Wort „Zucht“ oder „Züchtigung“ wird in den prophetischen Schriften meistens auf das Volk Israel bezogen und korrespondiert auch mit Zephanja 3,2.

[2] Kommentar über das Alte Testament, Keil/Delitzsch, Bd. 1, S. 486.

[3] Es geht hier weniger um die Feinde (Mehrzahl), sondern um den einen großen Feind, den Teufel.

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