Was ist Bekehrung? (1)
Die Notwendigkeit der Bekehrung

Charles Henry Mackintosh

online seit: 04.09.2016, aktualisiert: 12.01.2021

Leitverse: 1. Thessalonicher 1,1-10

1Thes 1,1-10: Paulus und Silvanus und Timotheus der Versammlung der Thessalonicher in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus: Gnade euch und Friede! Wir danken Gott allezeit für euch alle, indem wir euch erwähnen in unseren Gebeten, unablässig gedenkend eures Werkes des Glaubens und der Bemühung der Liebe und des Ausharrens der Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus, vor unserem Gott und Vater, wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung. Denn unser Evangelium war nicht bei euch im Wort allein, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in großer Gewissheit, wie ihr wisst, was wir unter euch waren um euretwillen. Und ihr seid unsere Nachahmer geworden und die des Herrn, indem ihr das Wort aufgenommen habt in vieler Drangsal mit Freude des Heiligen Geistes, so dass ihr allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden seid. Denn von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht allein in Mazedonien und in Achaja, sondern an jedem Ort ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden, so dass wir nicht nötig haben, etwas zu sagen. Denn sie selbst berichten von uns, welchen Eingang wir bei euch hatten und wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat – Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn.

Einleitung

Das erste Kapitel des ersten Briefes an die Thessalonicher liefert uns eine schöne und treffende Beschreibung von dem, was wir wahre Bekehrung nennen können. Wir schlagen vor, diese Beschreibung gemeinsam mit dem Leser zu studieren. Es wird sicher eine interessante und gewinnbringende Betrachtung werden. Sie wird eine deutliche und klare Antwort auf die Frage liefern, die über diesem Artikel steht, nämlich, „Was ist Bekehrung?“.

Es handelt sich hier auch keinesfalls um ein unbedeutendes Thema. Es ist gut, in Tagen wie diesen, eine göttliche Antwort auf solch eine Frage zu haben. Wir hören heutzutage eine Menge über die Frage der Bekehrung; und wir werden Gott herzlich für jede wirklich zu Ihm bekehrte Seele preisen.

Geburt, Erziehung und Religion ersetzen niemals eine Bekehrung

Wir brauchen wohl kaum zu sagen, dass wir an die unbedingte Notwendigkeit einer göttlichen Bekehrung glauben. Mag ein Mensch sein, was er will, ob Jude oder Grieche, Protestant oder Katholik, mag seine Nationalität, seine kirchliche Stellung, sein Glaubensbekenntnis sein oder lauten, wie es will: Er muss bekehrt werden, sonst ist er auf dem breiten Weg zu einer ewigen Verdammnis.

Niemand ist, in dem göttlichen Sinn dieses Wortes, von Geburt ein Christ noch kann er zu einem Christen erzogen werden. Es ist ein verhängnisvoller Irrtum und ein Betrug des Erzfeindes der Seelen, wenn jemand glaubt, durch Geburt oder Erziehung ein Christ zu sein oder durch die Wassertaufe oder durch irgendwelche religiösen Zeremonien zu einem Christen gemacht werden zu können. Ein Mensch wird nur dadurch ein Christ, dass er in göttlicher Weise bekehrt wird. Worin diese Bekehrung besteht, werden wir im Laufe unserer Betrachtung sehen. Vor allen Dingen möchten wir die Aufmerksamkeit des Lesers, sei er bekehrt oder noch unbekehrt, auf die dringende und absolute Notwendigkeit einer wahren Bekehrung zu Gott richten.

Die Frage der Bekehrung wird verdrängt

Das kann nicht übersehen werden. Die größte Torheit, deren sich ein unsterbliches Wesen, das einer nie endenden Ewigkeit entgegengeht, schuldig machen kann, besteht darin, dass es die ernste Frage seiner Bekehrung vernachlässigt und sie zu vergessen oder doch ihre Wichtigkeit abzuschwächen sucht. Im Vergleich mit diesem hochwichtigen Gegenstand ist alles andere von geringer Bedeutung. Die mannigfaltigen Gegenstände, welche die Gedanken des Menschen beschäftigen und alle seine Kräfte in Anspruch nehmen, sind nichts als ein wenig Staub auf der Waage, wenn man sie mit der großen, bedeutsamen Frage der Bekehrung der Seele zu Gott vergleicht. All die Spekulationen des geschäftlichen Lebens, all die verschiedenen Methoden der Kapitalanlage, die fesselnde Frage nach der profitablen Investition, all die Jagden der Vergnügungsjäger – das Theater, das Konzert, der Ballsaal, der Billardraum, der Kartentisch, der Würfelbecher, die Rennstrecke, das Jagdrevier, der Schankraum[1] – all diese zahl- und namenlosen Dinge, nach denen das arme, unbefriedigte Herz verlangt und an die es sich klammert, all das ist gleich der Morgenwolke, gleich dem Schaum auf dem Wasser, gleich dem Rauch, der aus dem Schornstein emporwirbelt; es vergeht und lässt nichts als eine öde Leere im Herzen des Menschen zurück. Das Herz bleibt unbefriedigt, die Seele unerrettet, weil unbekehrt.

Der Tod kommt unvermeidlich

Und was dann? Ja, was dann? Erschütternde Frage. Was von alledem bleibt am Ende dieses geschäftigen Treibens, des Ringens  um Vorrang und Ehre, dieser Geldmacherei und Vergnügungssucht? Ach, der Mensch muss dem Tod begegnen. „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben“ [Heb 9,27]. Hier gibt es keine Ausnahme, kein Entrinnen. Alle die Schätze des Weltalls sind nicht imstande, von diesem unbarmherzigen Feind einen Augenblick Aufschub zu erlangen. Nicht die größte ärztliche Geschicklichkeit, nicht die sorgfältigste Pflege vonseiten liebender Freunde und Verwandten, nicht ihre Tränen, ihre Seufzer und Klagen vermögen den gefürchteten Augenblick zu verzögern oder den König der Schrecken zu bewegen, sein furchtbares Schwert in die Scheide zu stecken. Der Tod kann durch keine Kunst der Menschen beseitigt werden. Es muss der Moment kommen, in dem die Verbindung, die zwischen dem Herzen und all den schönen und faszinierenden Facetten des menschlichen Lebens besteht, gekappt wird. Törichterweise, geliebte Freunde, reizende Beschäftigungen, begehrte Gegenstände, alles muss aufgegeben werden. Tausend Welten könnten den Schlag nicht verhindern. Dem Tod muss direkt in die Augen geschaut werden. Das ist ein schreckliches Geheimnis – ein enormer Fakt – eine harte Realität. Drohend steht er vor jedem unbekehrten Menschen, sei es Mann, Frau oder Kind, unter dem Himmelszelt; und es ist nur eine Frage der Zeit – Stunden, Tage, Monate oder Jahre –, wann die Grenzlinie überschritten werden muss, die die Zeit, mit all ihrer leeren Sinnlosigkeit, ihrem düsteren Streben, von der Ewigkeit mit ihrer erstaunlichen Wirklichkeit, trennt.

Nach dem Tod kommt das Gericht

Und was dann? Lass die Schrift antworten. Nichts anderes kann die Antwort geben. Die Menschen würden so antworten wollen, wie es ihren eigenen, eitlen Vorstellungen entspricht. Der Mensch möchte uns weismachen, dass nach dem Tod Vernichtung kommt. Und wenn er nun kommt, was dann? Der Mensch möchte sich gerne glauben machen, dass nach dem Tod eine völlige Vernichtung eintritt, und deshalb ruft er aus: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir!“ [Jes 22,13] Welch eitles, fruchtloses Bemühen! Ein törichter Traum der menschlichen Einbildung, die durch den Gott dieser Welt verblendet ist. Wie könnte eine unsterbliche Seele vernichtet werden? Der Mensch kam im Garten Eden in den Besitz eines ewig lebenden Geistes. „Der Mensch wurde eine lebendige Seele“ (1Mo 2,7). Die Seele muss immerdar leben. Ob bekehrt oder unbekehrt, sie hat die Ewigkeit vor sich. Von welch überwältigender Macht ist dieser Gedanke! Kein menschliches Denken kann seine Größe fassen. Sie geht weit über das Verständnis, aber nicht über den Glauben hinaus.

Lasst uns auf die Stimme Gottes achten. Was lehrt die Schrift über den Zustand nach dem Tod? Eine Zeile der Heiligen Schrift ist völlig genügend, um zehntausend Beweise und Behauptungen des menschlichen Verstandes über den Haufen zu werfen. Hat der Tod eine völlige Vernichtung zur Folge? Nein! „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, und danach das Gericht“ [Heb 9,27]. Beachten wir wohl diese Worte „Danach das Gericht“. Sie beziehen sich indessen nur auf solche, die in ihren Sünden sterben, das heißt nur auf Ungläubige. Für den Christen ist das Gericht für immerdar vorübergegangen, wie die Schrift in zahlreichen Stellen lehrt. Es ist wichtig, dies zu beachten, da die Menschen zu behaupten wagen, dass, weil nur in Christus Leben ist, alle, die außerhalb von Christus sind, vernichtet werden.

Doch so spricht das Wort Gottes nicht. Es gibt ein Gericht nach dem Tod. Und was wird die Folge dieses Gerichts sein? Wieder ist es die Schrift, die uns in ebenso klarer wie feierlicher und eindringlicher Sprache darüber in Kenntnis setzt: „Und ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie gefunden. Und ich sah die Toten, die Großen und die Kleinen, vor dem Thron stehen, und Bücher wurden geöffnet; und ein anderes Buch wurde aufgetan, welches das des Leben ist. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken. Und das Meer gab die Toten, die in ihm waren, und der Tod und der Hades gaben die Toten, die in ihnen waren, und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken. Und der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen. Dies ist der zweite Tod, der Feuersee. Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buch des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen“ (Off 20,11-15).

Dieses alles ist so klar, wie Worte es machen können, und gibt keinen Anlass zu Zweifel oder Ungewissheit. Für alle, deren Namen im Buch des Lebens sind, gibt es durchaus kein Gericht. Diejenigen aber, deren Namen sich nicht in diesem Buch finden, werden gerichtet werden nach ihren Werken. Und was ist ihr Los? Vernichtung? O nein, sondern „der Feuersee“; und das für immer und ewig.

Wie schrecklich ist dieser Gedanke! Sicherlich sollte er jede Seele antreiben, ernstlich zu erwägen, wie dringend notwendig ihre Bekehrung zu Gott ist. Dies ist der einzige Weg, dem zukünftigen Gericht zu entrinnen. Eine unbekehrte Person, wer und was sie auch sein mag, hat Tod, Gericht und den Feuersee vor sich, und jeder Pulsschlag bringt sie jenen schrecklichen Wirklichkeiten näher. So sicher wie die Sonne morgen früh zur bestimmten Zeit aufgehen wird, ebenso sicher wird jeder Leser dieser Zeilen über kurz oder lang in die Ewigkeit hinübergehen; und wenn sein Name nicht in das Buch des Lebens eingeschrieben ist, wenn er nicht bekehrt und in Christus ist, so wird er sicher und gewiss nach seinen Werken gerichtet werden, und die unausbleibliche Folge dieses Gerichts wird der See sein, „der mit Feuer und Schwefel brennt“ [Off 19,20], und das für die Dauer der unendlichen Jahre der dunklen und trostlosen Ewigkeit. Oh, die schreckliche Eintönigkeit der Hölle.

Die Gefahr beachten

Vielleicht wird der Leser sich darüber wundern, dass wir so lange bei diesem schrecklichen Thema verweilen. Er mag sich versucht fühlen zu fragen: „Wird das die Menschen bekehren?“ Gewiss nicht; es kann sie aber wohl dazu führen, zu erkennen, dass es nötig ist, sich zu bekehren. Es kann sie dahin führen, die große Gefahr zu sehen, in der sie sich befinden. Es kann sie dazu bringen, dem kommenden Zorn entfliehen zu wollen. Warum wies der Apostel Paulus den Felix auf „das kommende Gericht“ hin [Apg 24,25]? Natürlich um ihn zu überzeugen, von seinen bösen Wegen umzukehren und zu leben. Warum stellte der Herr seinen Zuhörern so oft die ernste Wirklichkeit der Ewigkeit vor? Warum sprach Er so häufig von dem Wurm, der nicht stirbt, und dem Feuer, das nicht erlischt [Mk 9,44.46.48]? Ohne Zweifel, um in ihnen ein Gefühl von der Gefahr, in der sie schwebten, zu erwecken und sie zu bewegen, zu dem einzigen Bergungsort ihre Zuflucht zu nehmen.

Sollten wir weiser sein als Er? Sollten wir davor zurückschrecken, unseren Lesern oder Zuhörern mit allem Ernst dieselben feierlichen Wahrheiten vorzuhalten? Sollten wir aus Furcht, das Ohr einer gebildeten Welt zu verletzen, es nicht wagen, offen und laut zu erklären, dass alle, die unbekehrt sterben, einmal ausnahmslos vor dem großen weißen Thron stehen und in dem Feuersee ihren Platz finden werden? Gott wolle uns davor bewahren! Wir rufen jedem unbekehrten Leser dieser Zeilen zu: Schenke deine ungeteilte Aufmerksamkeit der über alles wichtigen Frage der Errettung deiner Seele! Lass dich durch nichts verleiten, sie zu vernachlässigen! „Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele einbüßt? Oder was wird ein Mensch als Lösegeld geben für seine Seele?“ [Mt 16,26]

Bekehrung hier auf der Erde oder Verdammnis danach

Lieber Leser, wenn du unerrettet und unbekehrt bist, dann lass dir von uns ernstlich raten, diese Dinge zu durchdenken und dich zu bekehren, um dich retten zu lassen. Das ist der einzige Weg, Teil seines Königreiches zu werden. Das sagt uns unser Herr Jesus Christus sehr deutlich; nicht ein Strich und Jota seiner heiligen Aussagen wird jemals verlorengehen. Himmel und Erde werden vergehen, aber seine Worte niemals. Keine Macht der Erde und der Hölle, der Menschen und des Teufels kann jemals die Worte unseres Herrn Jesus Christus zunichtemachen. Eine von diesen beiden Möglichkeiten für dich: Bekehrung hier auf der Erde oder Verdammnis danach.

So sieht es aus, wenn wir vom Wort Gottes geleitet sind. Könnten wir daher irgendeine unbekehrte Seele, mit der wir, mündlich oder schriftlich, in Kontakt kommen, zu ernst, zu vehement, zu hartnäckig auf die unentbehrliche Notwendigkeit des Momentes des Entfliehens von dem kommenden Zorn hinweisen? Damit sie zu dem gesegneten Retter flieht, der mit offenen Armen dasteht, um jeden zu empfangen, der kommt; dieser Retter sagt in seiner wunderbaren Gnade: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ [Joh 6,37].

Ohne Bekehrung kein Zugang zum Reich der Himmel

Die Bekehrung ist also eine unbedingte Notwendigkeit. In der vorangegangenen Betrachtung haben wir versucht, die unbedingte Notwendigkeit der Bekehrung, egal, in welchem Fall, darzulegen. Für jeden, der sich unter die heilige Autorität des Wortes Gottes beugt, gibt es in Bezug auf diesen Punkt keine Schwierigkeit. „Wahrlich ich sage euch, wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen“ (Mt 18,3).

Diese Stelle bezieht sich in ihrer ganzen moralischen Kraft auf jeden Sohn und jede Tochter des gefallenen Adam. Es gibt nicht eine einzige Ausnahme von der Regel unter all den tausend Millionen, welche diese Erde bevölkern. Ohne Bekehrung kann unmöglich die Rede davon sein, in das Reich der Himmel einzugehen. Jede unbekehrte Seele ist außerhalb des Königreichs Gottes. Es macht gar nichts aus, wer oder was ich bin. Bin ich unbekehrt, so befinde ich mich im „Reich der Finsternis“, unter der Macht Satans, in meinen Sünden und auf dem Weg zur Hölle.

Vielleicht bin ich eine Person von tadellosen Sitten, von fleckenlosem Ruf, vielleicht ein gelehrter Professor der Theologie, ein Arbeiter im Weinberg des Herrn, ein Prediger, ein Diakon, ein Ältester, ein Pastor oder Bischof; vielleicht übe ich viel Wohltätigkeit, gebe zu allen religiösen und mildtätigen Stiftungen bedeutende Beiträge. Vielleicht werde ich gesucht und geehrt von allen wegen meines persönlichen Wertes und meines moralischen Einflusses – ich mag dies alles sein und tun, ich mag alle guten Eigenschaften besitzen, die ein menschliches Wesen nur haben kann, und dennoch unbekehrt sein und mich infolgedessen außerhalb des Reiches der Himmel, in dem Reich Satans und auf dem breiten Weg befinden, der in dem See endet, der mit Feuer und Schwefel brennt.

Tadelloses Verhalten ist keine Bekehrung

Das ist die einfache und offensichtliche Bedeutung und Kraft der Worte des Herrn in Matthäus 18,3. Es gibt keine Möglichkeit, dem auszuweichen. Die Worte sind so klar wie ein Sonnenstrahl. Wir können nicht darüber hinweggehen. Sie lasten mit, im wahrsten Sinne des Wortes, großem Ernst auf jeder unbekehrten Seele auf dem Erdenrund. „Wenn ihr nicht umkehrt, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen.“ Die Worte des Herrn richten sich mit gleicher Kraft an den verkommensten Trunkenbold, der über die Straße wankt, wie an den unbekehrten Blaukreuzler, der sich seiner Enthaltsamkeit rühmt und sich damit brüstet, dass er sich soundso viele Monate und Jahre hindurch des Genusses berauschender Getränke völlig enthalten hat. Sie sind beide gleich weit außerhalb des Reiches der Himmel, beide in ihren Sünden, beide auf dem Weg zur ewigen Verdammnis.

Vielleicht hat der eine sich von der Völlerei zur Mäßigkeit bekehrt, und dies ist, in moralischer und gesellschaftlicher Hinsicht, gewiss etwas Großes, sich von Trunkenheit zu Mäßigkeit bekehren, ist aber nicht Bekehrung zu Gott. Es ist kein Umkehren von der Finsternis hin zum Licht, es ist nicht der Eintritt in das Reich des geliebten Sohnes Gottes.  Es gibt nur den einen Unterschied zwischen den beiden, nämlich dass der Antialkoholiker auf seine Abstinenz baut, sich seiner moralischen Korrektheit brüstet und sich damit selbst in dem sinnlosen Gedanken betrügt, dass bei ihm alles richtig sei, während das in Wirklichkeit nicht das Fall ist. Der Trunkenbold liegt eindeutig und unverkennbar falsch. Jeder weiß, dass kein Trunkenbold das Reich Gottes erben wird; aber genauso wenig ein unbekehrter Antialkoholiker. Beide stehen außerhalb.

Bekehrung ist absolut notwendig für den einen, genauso wie für den anderen; und das gilt für alle Klassen, Stände und Schichten der menschlichen Gesellschaft. In Bezug auf diese große Frage gibt es da keinen Unterschied. Es bleibt für alle bestehen, mag ihr äußerer Charakter oder ihr sozialer Status sein, was er ist ‒ „Wenn ihr nicht umkehrt, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen.“

Bin ich wirklich bekehrt?

Wie außerordentlich wichtig ist daher für jeden Menschen die Frage: „Bin ich bekehrt?“ Kein Mensch ist imstande, den feierlichen Ernst dieser Frage auszudrücken. Und dennoch lassen Tausende, ja Millionen, Woche für Woche, Jahr für Jahr dahinschwinden, ohne ein einziges Mal ernstlich daran zu denken, diese Frage in Ordnung zu bringen. Verrät das nicht den höchsten Grad von Gleichgültigkeit? Wenn ein Mensch sich um seine irdischen Angelegenheiten nicht kümmerte und sein Geschäft in großer Unordnung verkommen ließe, so würden wir ihn gewiss schlimmer Nachlässigkeit und Sorglosigkeit beschuldigen, aber was sind die wichtigsten zeitlichen Angelegenheiten im Vergleich mit dem ewigen Heil und mit den Interessen der unsterblichen Seele? Aber was sind die dringendsten und wichtigsten zeitlichen Angelegenheiten verglichen mit der Errettung der Seele? Alle Anliegen der Zeit sind wie die Spreu auf dem sommerlichen Dreschplatz, wenn sie mit den Interessen der unsterblichen Seele – den großen Tatsachen der Ewigkeit – verglichen werden.

Folglich ist es für jeden in allerhöchsten Maß unvernünftig, eine einzige Stunde zu ruhen, ohne die klare und feste Versicherung, dass er wirklich zu Gott bekehrt ist.

Ein Bekehrter

Eine bekehrte Seele hat die Grenzlinie überschritten, die die Erretteten von den Unerretteten trennt, die Kinder des Lichts von den Kindern der Dunkelheit, die Versammlung Gottes von der gegenwärtigen bösen Welt. Der Bekehrte hat Tod und Gericht hinter sich und die Herrlichkeit vor sich. Er ist so völlig gewiss, dass er einst im Himmel sein wird, wie wenn er sich schon dort befände; ja, im Geist ist er schon dort. Er hat ein unumstößliches Anrecht darauf. Er kennt Christus als seinen Heiland, Gott als seinen Vater und Freund, den Heiligen Geist als seinen Tröster, Führer und Lehrer und den Himmel als seine herrliche und glückselige Heimat. Wer ist imstande, die Fülle der Segnung zu beschreiben, bekehrt zu sein! „,Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben‘; uns  [den Gläubigen] aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes“ (1Kor 2,9.10).


Originaltitel: „Was ist Bekehrung?“
aus Botschafter des Heils in Christo, 1880, S. 189–196
Ergänzungen nach dem Original „Conversion: What is it?“
aus Miscellaneous Writings, Bd. 3

Übersetzung: Philipp-Richard Schulz

Nächster Teil

Anmerkungen

[1] Anm. der Red.: Heute würde hier wohl Kino, Fußballstadion, Musical, Popkonzert, Bar stehen.

Weitere Artikel des Autors Charles Henry Mackintosh (60)


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen