Psalm 109

Hamilton Smith

© Soundwords, online seit: 01.10.2016, aktualisiert: 17.01.2021

Die Wege Gottes in Verbindung mit dem Weg Christi in Erniedrigung

Dieser Psalm blickt prophetisch in die Zeit, wenn der wiederhergestellte Überrest der Juden nicht nur heidnischen Feinden begegnen muss wie im vorigen Psalm. Zu der Zeit werden sie auch die Feindschaft ungläubiger Juden erfahren, die vom Antichristen angeführt werden.

Diese Prüfungen, die den jüdischen Überrest noch erwarten, hat Christus in den Tagen seiner Erniedrigung bereits erlebt. Daher gibt dieser Psalm einerseits eine Prophezeiung für den Überrest der Juden und zeigt auf der anderen Seite auch Gottes Wege mit Christus in der Erniedrigung (Ps 109,27). In diesen Wegen wurde den Bösen erlaubt, angetrieben von Satan, gegen Christus auftreten zu dürfen – den heiligen Dulder, der selbst ins Gebet ging und darauf wartete, dass Gott für ihn eintrat.

Verse 1-5

Ps 109,1-5: 1 Dem Vorsänger. Von David, ein Psalm. Gott meines Lobes, schweige nicht! 2 Denn der Mund des Gottlosen und der Mund des Truges haben sich gegen mich geöffnet, mit Lügenzunge haben sie zu mir geredet;  3 und mit Worten des Hasses haben sie mich umgeben und haben gegen mich gekämpft ohne Ursache. 4 Für meine Liebe feindeten sie mich an; ich aber bin stets im Gebet.  5 Und sie haben mir Böses für Gutes erwiesen und Hass für meine Liebe.

Die Eröffnungsverse stellen in ergreifender Weise Erfahrungen dar, in die nur Christus vollständig in seiner Erniedrigung eingedrungen ist. In den Wegen Gottes gab es eine Zeit, als Gott in der Gegenwart der Anschuldigungen schwieg, die Menschen auf den häuften, der ausschließlich zur Ehre Gottes hier war. Während Er sich dem Gericht hingibt, schaut der heilige Dulder auf Gott und wartet auf Ihn, dass Er für Ihn eintritt.

Das schuldige Volk, angeführt durch den Mund des verruchten Mannes (Einzahl), sprach mit „einer Lügenzunge“ gegen Christus. Die lügenden Lippen, die falsche Anklage gegen Christus erhoben, wurden von Herzen angetrieben, die Christus hassten. Es gab in Christus keinen Grund für diesen Hass. In Christus war nur Liebe, die sich in guten Taten gegenüber seinen Feinden ausdrückte. In Gegenwart des grundlosen Hasses der Juden gab Er sich dem Gebet hin, während seine Feinde Böses gegen den ersannen, dessen Liebe nur ihren Hass hervorrief. Ihre Feindseligkeit rief keinen Widerstand durch Christus hervor: Sie bewirkte nur vollkommene Unterwerfung, die alles von Gott entgegennahm, und vollkommene Abhängigkeit, die alles im Gebet zu Gott brachte.

In den zukünftigen Tagen muss der jüdische Überrest der Feindschaft des Volkes angeführt vom Antichristen begegnen, und wie großartig werden sie getröstet und gestärkt werden durch die Erkenntnis, dass Christus diesen Pfad schon beschritten hat, auf den sie nun treten sollen.

Verse 6-20

Ps 109,6-20: 6 Bestelle einen Gottlosen über ihn, und ein Widersacher stehe zu seiner Rechten! 7 Wenn er gerichtet wird, gehe er schuldig aus, und sein Gebet werde zur Sünde! 8 Seine Tage seien wenige, sein Amt empfange ein anderer! 9 Seine Söhne seien Waisen, und seine Frau sei Witwe!  0 Und mögen seine Söhne umherschweifen und betteln und fern von ihren verwüsteten Wohnungen nach Brot suchen!  11 Der Wucherer umgarne alles, was er hat, und Fremde mögen seine Arbeit rauben!  12 Er habe niemand, der ihm Güte bewahre, und niemand sei seinen Waisen gnädig! 13 Seine Nachkommen mögen ausgerottet werden; im folgenden Geschlecht erlösche ihr Name! 14 Gedacht werde vor dem Herrn der Ungerechtigkeit seiner Väter, und nicht werde ausgelöscht die Sünde seiner Mutter! 15 Sie seien beständig vor dem Herrn, und er rotte ihr Gedächtnis aus von der Erde! 16 Weil er nicht daran dachte, Güte zu üben, und den elenden und armen Mann verfolgte und den, der verzagten Herzens war, um ihn zu töten. 17 Und er liebte den Fluch, so komme er auf ihn! Und er hatte kein Gefallen an Segen, so sei er fern von ihm! 18 Und er zog den Fluch an wie sein Kleid, so dringe er wie Wasser in sein Inneres und wie Öl in seine Gebeine! 19 Er sei ihm wie ein Gewand, in das er sich hüllt, und zu einem Gürtel, womit er stets sich gürtet! 20 Das sei der Lohn meiner Widersacher vonseiten des Herrn, und derer, die Böses reden gegen meine Seele!

Diese Verse zeigen den Ruf nach Gericht gegen die Widersacher Christi. Judas war ein besonderes Beispiel für den Hass, der die Demut von Christus ausnutzte, um „den elenden und armen Mann“ zu verfolgen und den Betrübten zu ermorden. Daher hat der Geist Gottes die Ausdrücke aus diesen Versen auf Judas bezogen (Lk 22,47.48; Apg 1,20). Vers 20 zeigt dennoch, dass es hier nicht nur um eine besonders boshafte Einzelperson geht, sondern um alle „Widersacher“ des Herrn, die Böses gegen seine Seele gesprochen haben.

Zweifellos betrachten diese Verse nicht nur Judas und das schuldige Volk in den Tagen von Christus’ Erniedrigung, sondern auch den Antichristen und die abtrünnige Masse der Juden unter seiner Leitung in den zukünftigen Tagen. Der Feind, der in diesen Versen betrachtet wird, wird als vom Satan angetrieben gesehen. Wir wissen, dass dies bei Judas der Fall war und in der Person des kommenden Antichristen so sein wird. Wir erfahren das Gericht, das über solche kommen wird. Seiner Tage werden wenige sein (Ps 109,8), seine Nachkommen sollen verlassen werden (Ps 109,910), sein Besitz ist verloren (Ps 109,11) und er hat die Möglichkeit zur Barmherzigkeit völlig verwirkt (Ps 109,12-15).

Dieses überwältigende Gericht trifft jeden, der keine Barmherzigkeit gezeigt hat, der den armen und bedürftigen Mann verfolgt hat und den erschlug, dessen Herz durch den grundlosen Hass der Menschen zerbrochen war (Ps 109,16). Der Fluch, den er liebte, trifft ihn selbst; der von ihm verschmähte Segen wird weit von ihm hinweggetan. Das Gewand der Flüche, mit dem er sich bekleidete, soll er für immer tragen (Ps 109,17-19). Das wird das Gericht über diejenigen sein, die grundlos seine Liebe und Güte mit Füßen traten, als Christus in seiner Erniedrigung der arme und bedürftige Mann wurde, die gegen Ihn redeten (Ps 109,2), die gegen Ihn logen (Ps 109,2), die gegen Ihn kämpften (Ps 109,3), die Ihm nur Böses vergalten (Ps 109,5), die Ihn verfolgten und zuletzt „den, der verzagten Herzens war, töteten“ (Ps 109,16).

Verse 21-29

Ps 109,21-29: 21 Du aber, Herr, Herr, wirke für mich um deines Namens willen; weil deine Güte gut ist, errette mich!  22 Denn ich bin elend und arm, und mein Herz ist verwundet in meinem Innern.  23 Wie ein Schatten, wenn er sich streckt, gehe ich dahin, werde weggescheucht wie die Heuschrecke.  24 Meine Knie wanken vom Fasten, und mein Fleisch ist abgemagert.  25 Und ich bin ihnen zum Hohn geworden; wenn sie mich sehen, schütteln sie ihren Kopf.  26 Hilf mir, Herr, mein Gott! Rette mich nach deiner Güte,  27 damit sie wissen, dass dies deine Hand ist, dass du, Herr, es getan hast.  28 Mögen sie fluchen, du aber segne! Stehen sie auf, so lass sie beschämt werden und deinen Knecht sich freuen!  29 Lass meine Widersacher mit Schande bekleidet werden und sich in ihre Schmach hüllen wie in ein Gewand!

Dem Ruf nach Gericht über die Feinde folgt ein Gebet an Gott, für den Frommen zu handeln. Das Gebet beginnt mit der höchsten Bitte – der Aufrechterhaltung dessen, was Gottes Namen zusteht. Dann folgt der Klageruf über die überwältigende Not des Gottesfürchtigen (Ps 109,22-25). Ebendiese Not, die den gemeinen Menschen die Gelegenheit zur Verfolgung gab, weckt die befreiende Barmherzigkeit Gottes (vgl. Ps 109,16.20).

Bei der dritten Bitte um Hilfe geht es darum, dass offenbar wird, dass der Herr diese Leiden erlaubt hat und dass seine Hand die Errettung bereithält. Gott lässt alles zu in seinen wunderbaren Wegen mit Christus, damit der Fromme gesegnet würde (Ps 109,28) und die Feinde beschämt würden (Ps 109,9).

Verse 30.31

Ps 109,30.31: 30 Ich werde den Herrn sehr preisen mit meinem Mund, und inmitten vieler werde ich ihn loben. 31 Denn er stand zur Rechten des Armen, um ihn zu retten von denen, die seine Seele richteten.

Die abschließenden Verse sehen das Ergebnis des Eingreifens Gottes voraus. Christus wird nicht nur den Herrn preisen, sondern der Anführer des Lobpreises mitten unter der Menge des Volkes Gottes werden. Satan mag den Gottlosen zur Seite stehen, während sie den Frommen in seiner Erniedrigung unterdrücken: Der Herr ist zur Rechten des Armen, „um ihn zu retten von denen, die seine Seele richteten“.

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Übersetzung: Johann Gossen


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