Kein Gewinn oder großer Gewinn?
Prediger 1,16–2,11; 1. Timotheus 6,6

Frank Binford Hole

© SoundWords, online seit: 24.08.2006, aktualisiert: 23.02.2024

Leitverse: Prediger 1,16–2,11; 1. Timotheus 6,6

1Tim 6,6: Die Gottseligkeit aber mit Genügsamkeit ist ein großer Gewinn.

Es ist nicht erst nötig, den Gegensatz dieser beiden Schriftstellen hervorzuheben, denn dieser ist ohne Weiteres sichtbar. Lies noch einmal Prediger 2,11 und dann 1. Timotheus 6,6.

Kein Gewinn

Wenn dein Leben keinen Nutzen, keinen Gewinn haben soll, dann magst du den Fußstapfen Salomos folgen, doch wird dies nicht nur in ehrfurchtsvoller Entfernung, sondern auch in sehr großem Abstand geschehen. Gott gab diesem bemerkenswerten Mann in höchst erstaunlichem Maß Gelegenheit, aus jeder nur möglichen Quelle menschlicher Freude zu trinken, wie wir sie alle nie haben werden. Durch seine hohe Stellung; durch eine ihm besonders verliehene Weisheit; durch seine glänzende geistliche Ausrüstung; durch die Tatsache, dass er König war und dass er in das Königtum eintrat, als es durch die Wirksamkeit und Kämpfe seines großen Vaters David so herrlich dastand; als ungeheuere Reichtümer ihm von allen Seiten zuflossen – da war er imstande, sich jeden denkbaren Luxus zu gestatten, und brauchte sich keinen Genuss zu versagen. Die ganze Welt lag ihm zu Füßen. Wir haben ja seine eigenen Worte vernommen. Er versagte seinem Herzen keine Freude. Er tat alles, wozu er sich entschlossen hatte im vollkommensten Maß. Er war imstande, eine jede Welt zu durchforschen, die es inmitten des großen Alls gibt, soweit sie eben in seinen Tagen bestand. Die mechanische Welt war damals gewiss noch eine sehr kleine im Vergleich zu der heutigen, doch die geistige Welt der Tage Salomos und die des Reichtums, die des Glanzes und die des Ruhmes waren sehr groß.

Ich glaube, dass kein Mensch eine solch wunderbare geistliche Ausrüstung hatte wie Salomo. Seiner Lieder waren tausendundfünf. Eins davon ist uns aufbewahrt worden: das Lied der Lieder; doch das ist nur eins, wenn auch vielleicht das hauptsächlichste unter der großen Zahl. Dann haben wir seine Sprüche, von denen er dreitausend redete. Du hast sicherlich das Buch der Sprüche gelesen. Wenn irgendeiner von uns im Lauf seines langen Lebens einen markigen, kurzen und bündigen Satz von Wert prägen könnte, der die öffentliche Meinung beherrschte und unter die Sprichwörter unserer Sprache aufgenommen würde, hätte er schon etwas getan. Doch, liebe Freunde, Salomo tat dies immer wieder. Er sprach so viele aus, dass wir es sehr schwer finden würden, noch einen hinzuzufügen. Er schuf Sprüche in Massen. Dann redete er über Pflanzen von der Zeder Libanon bis zum Ysop, der aus der Mauer herauswächst, denn er war ein großer Botaniker. Ferner war er ein großer Zoologe, der Säugetiere, Vögel, kriechende Tiere und Fische erforschte und über sie sprach.

Ich beabsichtige nicht, länger bei der Stelle aus dem Prediger zu verweilen, die ich vorgelesen habe, doch man kann daraus ersehen, mit welcher Befähigung er in all diese Dinge einging, mit welcher Weisheit und Kenntnis er sie behandelte. Was aber wunderbar an ihm war: Er hatte Kenntnis über Gott. Die Königin von Scheba kam, um die Weisheit Salomos zu hören. In Verbindung damit haben wir ein sehr bezeichnendes Wort in 1. Könige 10. Sie „hörte den Ruf Salomos“, und das veranlasste sie, zu ihm zu kommen. Doch dieser Ruf hing nicht zusammen mit seiner dichterischen Fähigkeit oder seinem schriftstellerischen Geschick, auch nicht mit seiner großen Kenntnis in naturgeschichtlichen Dingen, sondern „wegen des Namens des HERRN“. So kam sie herzu, um diesen außerordentlichen König zu sehen, der aufgestanden war, über das Volk des HERRN zu herrschen. Sie entdeckte, dass er eine außergewöhnliche Kenntnis über Gott hatte. Er beantwortete ihr alle Fragen, die nicht auf dem Gebiet der Naturgeschichte, des Gartenbaus oder der Dichtkunst lagen, sondern auf Gott Bezug hatten. Und als sie gehört und gesehen hatte, „da geriet sie außer sich“.

So viel von Salomos Weisheit. Doch dann sagte er: „Ich habe mein Herz darauf gerichtet, Unsinn und Torheit zu erkennen.“ Wenn irgendein Vergnügen in einer Sache sei, dann will ich es versuchen. Da wandte er sich dem Wein zu – eine gefährliche Sache; er nahm viele Frauen; er unternahm große Werke; er sammelte Reichtümer. Er nippte nicht nur, sondern er trank in vollen Zügen aus jedem funkelnden Becher. Er gönnte sich jedes nur denkbare Vergnügen. Dabei zerstörte er nicht nur seinen Ruf, sondern verdarb auch in weitem Maß sein Königtum. In all seiner Selbstbefriedigung, in all dem Durchkosten dieser ergötzlichen Dinge, die er sich zugängig machte, war es sein Ruhm, dass er sagen konnte: „Darin bin ich groß.“

Nun, bei all diesen Dingen geriet er in einen sehr oberflächlichen Ungehorsam gegen das Wort Gottes. Wenn wir uns zu 5. Mose 17,14-20 wenden, werden wir finden, dass der Herr, der das Zukünftige kennt, ehe es hervorkommt, Unterweisung für Israels Könige gab. Sie sollten sich nicht die Rosse mehren, weil das für sie bedeutete, nach Ägypten hinabzuziehen, die Verbindung mit dem Land wieder zu eröffnen, aus dem sie herausgebracht worden waren. Auch sollte der König sich nicht die Frauen noch Gold und Silber mehren. David hatte wohl Reichtümer gesammelt, doch er tat dies zur Herrlichkeit des Hauses Gottes, das gebaut werden sollte.

In 1. Könige 10 bis 11 werden wir über all die Taten Salomos unterrichtet. Er sandte nach Ägypten und mehrte sich die Rosse. Allem Anschein nach kamen vor seiner Zeit außer einigen versprengten nur wenige Pferde ins Land. Der Esel war das gewöhnliche Lasttier, und von Absalom wissen wir, dass er auf einem Maultier ritt, als sich sein Haar in den Zweigen einer Terebinthe verfing. Salomo aber hatte seine Rosse und seine Streitwagen. Sein Vater David gewann seine großen Siege ohne Pferde, weil Gott mit ihm war. Salomo hatte Pferde, und von dieser Zeit an gab es in Israel keine Siege mehr. Er mehrte sich Rosse und Frauen und Gold und Silber. Ganz offenkundig tat er diese drei Dinge, die dem König nicht erlaubt waren zu tun. Die Folgen dieser Selbsterhebung, der Meinung, dass der Weg des Lebens der sei, möglichst alles Erreichbare zur Befriedigung des Ichs zu genießen, sind sehr ernst. Bedenke: Du wirst durch Ungehorsam in Widersprüche verwickelt und verlierst die Unterstützung Gottes. Salomo handelte nicht in Unwissenheit gegen Gottes Wort, es leuchtete ihm klar ins Angesicht. So sündigte er mit erhobener Hand.

Ich weiß es zwar nicht, doch es ist sehr wahrscheinlich, dass Salomo recht annehmbare Entschuldigungen für das hatte, was er tat, wenn er 5. Mose 17 las. Er mag gesagt haben: „Ach, diese Unterweisungen des Herrn durch Mose sind vor sehr langer Zeit niedergeschrieben; inzwischen haben sich die Zeiten geändert. All die anderen Völker haben Pferde, und was können wir ohne diese tun, wenn jene mit ihren Streitwagen gegen uns anrücken?“ Ich kann mir die scheinbar anerkennenswerten Gründe gut vorstellen, die ihm hinsichtlich einer jeden dieser drei Einschränkungen einfielen, doch sie waren alle falsch.

Dank sei Gott, ehe Salomo seinen Lauf vollendete, öffnete der Herr ihm das Auge und er wurde geleitet, dieses beweiskräftige Buch zu schreiben, in dem er die Ergebnisse seiner Erfahrungen niederlegt. Er war nicht inspiriert in seinem Tun, doch gewiss war er dies, um die Folgen desselben in „dem Prediger“ zusammenzufassen. Achte auf das, was er sagt. Er hatte im großen Maß alles untersucht in einer Weise, wie es kein anderer tun kann. Andere mögen ein Hundertstel von dem genießen können, was er durchkostete, und was war sein Urteil? „Es gibt keinen Gewinn unter der Sonne.“

Großer Gewinn

Wenden wir uns nun dem Neuen Testament zu. Da begegnet uns ein viel Größerer als Salomo. Er ist bald am Ende seines bemerkenswerten Lebens und durch schweres Leid hindurchgegangen. Auch er war ein Mann mit großen geistigen Fähigkeiten und ebenfalls mit einer wundervollen Begabung vom religiösen Standpunkt aus versehen. Er war das hochwertigste Beispiel seines Zeitalters: ein Pharisäer, ein getreuer Beachter all der Gebräuche und Zeremonien seiner ihm hochheiligen Religion. Er hatte ein gutes Gewissen und den ernsten Willen, Gott zu dienen.

Da kam ein Augenblick in seinem Leben, wo all diese Dinge vergessen waren. Er kam in das Licht Jesu, das ihn von der Herrlichkeit aus umstrahlte. Er wurde blind, und auf diese Weise ließ er das Leben dieser Welt völlig hinter sich. In 2. Korinther 11 kannst du nachlesen, was er alles erduldete: Fünfmal empfing er von den Juden vierzig Streiche weniger einen. Dreimal wurde er mit Ruten geschlagen. Das sind acht schmerzhafte Züchtigungen. Dreimal erlitt er Schiffbruch, und da war das eine Mal noch nicht geschehen, von dem in Apostelgeschichte 27 berichtet wird. Er muss also mindestens viermal Schiffbruch gelitten haben. Eine Nacht und einen Tag brachte er in der Tiefe zu – eingeschlossen, niemand weiß, wo, im Mittelländischen Meer. Bedrängnisse, Verfolgungen, Versuchungen, Qualen mancherlei Art kamen über ihn, in jeder Stunde des Tages und in den besten der Nacht. Doch was kennzeichnet ihn? Das Beste, was er dem Timotheus empfiehlt, ist: „Gottseligkeit aber mit Genügsamkeit ist ein großer Gewinn.“

„Worin besteht diese Gottseligkeit?“, mögen einige fragen. Ich wünsche nicht eine theologische Erklärung zu geben, aber ich kann sagen, dass Gottseligkeit in sehr engem Zusammenhang mit Gottesbewusstsein steht. Ein gottseliger Mensch ist einer, auf dessen Seele Gott eingeprägt ist. Er handelt, er lebt, er denkt in Verbindung mit Gott. Die Furcht Gottes ruht auf seinem Geist.

Erinnere dich an das, was Nehemia sagte, nachdem er von vielen Dingen berichtet hatte, die in seinen Tagen geschehen waren. Er beschreibt die Art und Weise, wie die Landpfleger das Volk bedrückten, indem sie alles Mögliche von ihm verlangen, wozu sie nicht berechtigt waren; selbst ihre Diener übten Herrschaft und Erpressung aus. Dazu sagt Nehemia: „Ich aber tat nicht also, aus Furcht vor Gott.“

Es gibt heute nur wenig Länder, in denen nicht geldlicher Gewinn das hohe Ziel der Politik ist. Wenn du Landpfleger dort wärst, würdest du es sehr leicht finden, dein eigenes Nest warm zu machen und dich in einigen Jahren als ein reicher Mann in das Privatleben zurückzuziehen. Doch was sagt Gott dazu? Wenn ich das Bewusststein habe, dass Er auf mich blickt, dass mein Leben sich völlig unter seinen Augen vollzieht, dann ändert dies alles. Dann ist Gottseligkeit – dieses Gottesbewusstsein, dieses Leben unter dem Auge Gottes, dieses Gott-zum-Trost-und-zur-Herrlichkeit-im-Herzen-Haben – mit Genügsamkeit, die daraus hervorkommt, ein großer Gewinn.

Da hat sich nun ein jeder selbst zu fragen – wir können dies nicht umgehen –: Bin ich es zufrieden, alles aus der Hand Gottes zu nehmen, was Er mir zuteilt, indem ich nicht als großes Ziel vor mir habe, etwas anderes aus mir zu machen, als was ich bin, oder höhere und größere Dinge zu erlangen zu suchen, als ich besitze? Wenn dies der Fall ist, so ist das ein großer Gewinn.

Ich denke nicht, dass der Apostel Paulus diese Worte im Gefängnis schrieb, obwohl seine Gefangennahme nahe bevorstehen mochte. Er führte sein Leben in der Furcht Gottes, völlig zufrieden, wie es in seinem Brief an die Philipper zum Ausdruck kommt, den er im Gefängnis schrieb: „Ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen.“ Paulus hatte einen großen Gewinn gemacht, er hatte Christus gewonnen, und sein Auge ruhte auf der kommenden Herrlichkeit, in der sein großer Gewinn offenbar werden wird. Paulus wird an jenem Tag eine köstlichere Krone als Salomo tragen.

Wenn es erlaubt ist, bei unserem Eintritt in den Himmel an jemand anderen zu denken als an unseren Herrn Jesus Christus, so hoffe ich, dass es mir gestattet sein wird, den Apostel Paulus zu begrüßen. Dabei möchte ich ihm gern sagen: „Dank dir, Paulus, viel tausendmal Dank, dass du dem Herrn Jesus und seinem Evangelium so ergeben warst. Dank dir, dass du durch Feuer und Wasser gingst. Dank dir für dein Gedenken an jene Landstriche, wo meine Vorfahren nur arme Barbaren waren. Ich danke dir für den Eifer, mit dem du das Evangelium angesichts der größten Gegnerschaft vorantrugst, in Gehorsam gegen das Wort des Herrn: ,Gehe hin, denn ich werde dich weit weg zu den Nationen senden.‘ Dank dir für das geduldige Anhören des wütenden Aufschreis: ,Hinweg von der Erde mit einem solchen; denn es geziemt sich nicht, dass er am Leben bliebe!‘“

Das ist Paulus, der eigentlich in der auserlesensten Gesellschaft der Angesehenste seines Zeitalters hätte sein können. Er hatte den Verlust aller Dinge erlitten. Er hatte in der Furcht Gottes gelebt. Gott beherrschte sein Leben. Sagst du etwa: „Es ist alles Verlust“? Im Gegenteil, es ist alles Gewinn – großer Gewinn. Wir werden nie wie Paulus sein, aber wir dürfen in seinen Fußstapfen wandeln; wir sollen seine Nachahmer sein.

Ich möchte mit einem Aufruf schließen. Lasst uns Gott uns weihen, dem Wort gemäß, das wir eben hörten. Lasst uns in diese Dinge eintreten um der Gottseligkeit willen. Lasst uns Gott in diesem Gott vergessenden Zeitalter vor uns haben. Heutzutage ist Gott von allem ausgeschlossen: von den großen Plänen der Welt, besonders in geistigen Dingen. Die Menschen weigern sich, Gott in irgendetwas zu sehen, sie sehen Ihn nicht in der Schöpfung. Sie fühlen sich völlig unabhängig von Ihm und schließen Ihn von allen ihren Vorhaben aus. Die Folge davon ist das Überhandnehmen des Aberglaubens. Jeder Mensch muss etwas haben; wenn er Gott vergisst, dann wird er sich den Dingen des Heidentums zuwenden.

Doch wir sind von denen, die auf den lebendigen Gott vertrauen, der ein Erhalter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen. Wir haben Gott und sein Wort vor uns, das uns gebietet, uns selbst Ihm hinzugeben, damit wir Täter seines Wohlgefallens sind. Abhängig von Ihm, indem wir uns Ihm weihen, werden wir nicht die Verlierenden sein. Nein! Wir werden sagen: „Gott sei Dank! Ich habe einen großen Gewinn gemacht, denn Gottseligkeit ist nützlich sowohl für dieses als auch für das zukünftige Leben.“

Im Blick auf das Wiederkommen des Herrn Jesus Christus und auf die Vergänglichkeit der Welt sowie der Dinge, die in ihr herrschen, welch ein großer Gewinn ist es, durch Gnade mittels des Glaubens mit den Dingen jener Welt verbunden zu sein, in die wir gebracht werden mit unserem Herrn Jesus Christus, wenn Er kommt, Gottes Gesalbter, Gottes Verwalter des kommenden Zeitalters. Oh, liebe Freunde, was wird es sein, wenn Er kommt in all seinem Glanz! Lasst mich euch aber noch ein kleines Geheimnis sagen: Wenn du und ich die Dinge in ihrem rechten Licht betrachten, so ist es schon Herrlichkeit, in den Tagen seiner Verwerfung an seiner Seite zu stehen und in der Sprache eines der Größten in den Tagen Davids zu sagen: „Dein sind wir, Herr Jesus, und an deiner Seite, du Sohn Gottes!“


Originaltitel:  „Keinen Gewinn – Großen Gewinn“,
aus Der Dienst des Wortes , Jg. 11, 1933, S. 21–29.
Engl. Originaltitel: „No profit – Great gain“
in Scripture Truth, Jg. 24, 1932, S. 236–240

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