Gottes Souveränität bei der Erlösung des Menschen (2)
Gottes Einladung an den verlorenen Menschen

Roy A. Huebner

© SoundWords, online seit: 23.10.2007, aktualisiert: 01.03.2024

Leitverse: Lukas 14,15-24

Das große Gastmahl in Lukas 14 im Gegensatz zu Matthäus 22

Matthäus betont dispensationale Veränderungen und dispensationale Verbindungen der berichteten Ereignisse und Lehren, während Lukas mehr die moralischen Verbindungen der Ereignisse und die moralische Tragweite der Lehren betont. Dies schließt moralische Aspekte in Bezug auf Lehre und Verhalten bei Matthäus nicht aus, ebenso wenig wie es dispensationale Aspekte im Lukasevangelium ausschließt. Jedes Evangelium betont andere Eigenschaften.

Folglich entsprechen die Merkmale des Gleichnisses im Matthäusevangelium dem dispensationalen Charakter dieses Evangeliums. In Matthäus 22,7 können wir die regierungsmäßigen Folgen für Israel sehen, nämlich die Zerstörung Jerusalems (70 n.Chr.). Wir sehen hier Gutes und Böses hereingebracht (und das Endgericht über das Böse) sowie Sklaven (Plural). Die Sklaven (Plural) stellen in diesem Gleichnis die menschliche Kraft dar, durch die Menschen zu dem Hochzeitsfest gebracht werden.

Im Gegensatz dazu gibt es im Lukasevangelium nur einen einzigen Sklaven, der hier ein Bild für den Heiligen Geist ist. In den Einzelheiten der vorgebrachten Entschuldigungen sehen wir ein anderes bemerkenswertes Kennzeichen bei Lukas. Jeder moralische Zustand des Menschen bezüglich der Einladung Gottes wird hier offenbar. Darüber hinaus finden wir, dass der einzige Sklave sie bringt und sie nötigt zu kommen. Vom göttlichen Standpunkt aus betrachtet, sehen wir nun deutlich, dass eine Einladung an den verlorenen Menschen nicht ausreicht. Es ist Gott selbst, der durch den Geist handelt, um die Gäste zum großen Gastmahl zu bringen. Besondere Betonung liegt hier auf dem moralischen Zustand des Menschen in Bezug auf Gottes Einladung. Da niemand auf die Einladung reagiert, nimmt Gott es souverän auf sich, selbst sein Haus für sein großes Gastmahl mit Menschen zu füllen (Lk 14,23).

Gottes Souveränität bei Lukas, Matthäus und Johannes

Und nun sehen wir, wie Gottes Souveränität im Lukasevangelium herausgestellt wird. Wir sollten beachten, dass das Wort „ein gewisser“ [certain] ein charakteristisches Wort in diesem Evangelium ist. Es lenkt unsere Aufmerksamkeit auf Gottes besonderes, souveränes Handeln hinsichtlich des moralischen Zustandes des Menschen in den Umständen, in denen er sich befindet. Souverän wendet Er sich diesen besonderen Situationen, Umständen und Menschen zu. Dieses Gleichnis betont den verlorenen Zustand des Menschen; dennoch wird Gottes Absicht, sein Haus für das große Gastmahl mit Gästen zu füllen, durch die Tatsache der Verlorenheit des Menschen nicht zunichtegemacht.

Im Matthäusevangelium sehen wir nicht nur große dispensationale Veränderungen und Gottes dispensationales Handeln, sondern auch seine göttliche Regierung (Mt 22,7). In diesem Evangelium liegt der Schwerpunkt sowohl auf regierungsmäßigen als auch auf dispensationalen Aspekten. Gottes Souveränität zeigt sich in seinem regierungsmäßigen Handeln und in seinen Regierungswegen als auch dispensational in seinen Wegen.

Im Johannesevangelium sehen wir das Handeln das Vaters und des Sohnes (natürlich immer in der Kraft des Geistes). Wir sehen, dass der Vater sich durch den Geist ganz im Sohn offenbart. Denn Er ist es, der die Menschen zum Sohn zieht und Ihm diese gibt, und der Sohn gibt diesen Menschen, die so zu Ihm gezogen und Ihm gegeben werden, ewiges Leben. Dies ist ein anderer Aspekt der Souveränität Gottes, was die Errettung betrifft.

Das Gleichnis in Lukas 13–14

Lukas 13–14 ist ein Teil von Ereignissen und Gleichnissen, die moralisch miteinander verbunden sind, und zwar insofern, als sie den moralischen Zustand des verlorenen Menschen ans Licht bringen sowie Gottes souveränes Handeln mit dessen moralischem Zustand und sein souveränes, gnädiges und barmherziges Eingreifen zu seiner eigenen Ehre und zur Rettung jener, die Er zu segnen beabsichtigt.

Lukas 13: Sechs Lektionen über den völlig verderbten Zustand des Menschen

[1. Alle sind Sünder – Buße tun oder umkommen]

Lk 13,1-5: 1 Zu derselben Zeit waren aber einige zugegen, die ihm von den Galiläern berichteten, deren Blut Pilatus mit ihren Schlachtopfern vermischt hatte. 2 Und er antwortete und sprach zu ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer mehr als alle Galiläer Sünder waren, weil sie Derartiges erlitten haben? 3 Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen. 4 Oder jene achtzehn, auf die der Turm von Siloam fiel und sie tötete: Meint ihr, dass sie mehr als alle Menschen, die in Jerusalem wohnen, schuldig waren? 5 Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen.

Die Lektion, die wir hier lernen sollen: Alle Menschen sind Sünder und gehen verloren, es sei denn, sie tun Buße. Wir erfahren hier nichts über den grundlegenden Ursprung der Buße. Der Herr benutzte diese Vorfälle, um das kommende Gericht darzustellen. Jeder Mensch ist tatsächlich und vollkommen verdorben.

[2. Das Gleichnis vom Feigenbaum – Gottes Geduld]

Lk 13,6-9: 6 Er sagte aber dieses Gleichnis: Es hatte jemand einen Feigenbaum, der in seinem Weinberg gepflanzt war; und er kam und suchte Frucht daran und fand keine. 7 Er sprach aber zu dem Weingärtner: Siehe, seit drei Jahren komme ich und suche Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine; hau ihn ab, wozu macht er auch das Land unnütz? 8 Er aber antwortet und sagt zu ihm: Herr, lass ihn noch dieses Jahr, bis ich um ihn herum gegraben und Dünger gelegt habe; 9 und wenn er etwa Frucht bringt, gut, wenn aber nicht, so kannst du ihn künftig abhauen.

Gott ist geduldig, aber der Mensch muss beschnitten werden. Das bevorrechtigte Israel, der kultivierte Feigenbaum, war ohne Frucht und sollte abgehauen werden. Während seines Dienstes hier suchte Er Frucht, aber die Pflege des Menschen brachte keine Frucht für Gott hervor. Der Weingärtner ist ein Bild des Heiligen Geistes, der sagte, dass Er dem Baum ein weiteres Jahr geben wolle; während dieser Zeit wolle Er ihn kultivieren. Am Ende der drei Jahre, als Er nach der Frucht schaute, fand die Kreuzigung statt, und das Jahr der Gnade, das zu diesem Zeitpunkt begann, endete mit der Steinigung des Stephanus (Apg 7). In Lukas 19,14 gibt es einen Hinweis auf Stephanus: Er nämlich ist der Botschafter, den die Bürger dem Mann, der in ein anderes Land zog, hinterhersandten. Durch sein Martyrium wird Stephanus nach oben in die Herrlichkeit gesandt, hinter dem verworfenen Christus her, der nun in der Herrlichkeit weilt. Die Bürger wollten Christus nicht hier unten haben und ebenso wenig wollten sie Ihn in der Herrlichkeit haben.

Wir dürfen nicht vergessen, dass das bevorrechtigte Israel ein Teil der Erprobung des ersten Menschen war, um zu sehen, ob der Mensch wiederherzustellen sei. Das Kreuz war das Ende der Erprobung. Das besondere Jahr der Gnade, das bis zur Steinigung des Stephanus andauerte, sollte diesen Zustand bestätigen. Der Verdorbenheit des Menschen wird durch Pflege nicht abgeholfen.

[3. Heilung einer Frau am Sabbat]

Lk 13,10-17: 10 Er lehrte aber am Sabbat in einer der Synagogen. 11 Und siehe, da war eine Frau, die achtzehn Jahre einen Geist der Schwäche hatte; und sie war zusammengekrümmt und ganz unfähig, sich aufzurichten. 12 Als aber Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Frau, du bist befreit von deiner Schwäche! 13 Und er legte ihr die Hände auf, und sogleich richtete sie sich auf und verherrlichte Gott. 14 Der Synagogenvorsteher aber, unwillig, dass Jesus am Sabbat geheilt hatte, hob an und sprach zu der Volksmenge: Sechs Tage sind es, an denen man arbeiten soll; an diesen nun kommt und lasst euch heilen und nicht am Tag des Sabbats. 15 Der Herr aber antwortete ihm und sprach: Ihr Heuchler! Löst nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe und führt ihn hin und tränkt ihn? 16 Diese aber, die eine Tochter Abrahams ist, die der Satan gebunden hatte, siehe achtzehn Jahre, sollte sie nicht von dieser Fessel gelöst werden am Tag des Sabbats? 17 Und als er dies sagte, wurden alle seine Widersacher beschämt; und die ganze Volksmenge freute sich über all die herrlichen Dinge, die durch ihn geschahen.

Obwohl alle gesündigt haben und die Herrlichkeit Gottes nicht erreichen, und obwohl der Mensch keine Frucht hat und abgehauen werden muss, hat Gott (Hilfs-)Quellen in sich selbst. Hier wird offenkundig, dass der Mensch völlig unfähig ist, sich selbst in irgendeiner Weise zu helfen. Dies wird durch den Zustand der Frau deutlich, die „zusammengekrümmt und ganz unfähig [war], sich aufzurichten“. Dies geht weiter als Lukas 13,1-5, wo wir sehen, dass es keinen Unterschied zwischen den Menschen gibt – so wie Römer 3,22 es darlegt – und dass alle Buße brauchen. Viele Christen meinen irrtümlicherweise, dass sie Glauben haben können, um zu glauben und Buße zu tun. Sie sind jedoch nicht fähiger dazu als die Frau, die sich nicht selbst aufrichten und ihren Kopf nicht zu Gott emporheben konnte. Darüber hinaus ist die Macht des Feindes hier eingeschlossen (Lk 13,16) im Zustand des Menschen. So wie der Turm auf die achtzehn Menschen fiel, so war die Frau achtzehn Jahre gebunden. In der Schrift wird die Zahl drei in Verbindung damit benutzt, dass etwas Bestimmtes deutlich gemacht wird, und die Zahl sechs ist oft verbunden mit dem Bösen. Achtzehn ist drei mal sechs und weist (im Zusammenhang mit dem Thema in Lukas 13) auf die Manifestation des Bösen (die Zahl Drei) und auf den moralischen Zustand des Menschen hin (die Zahl Sechs). Und der Herr heilt sie erst, als das böse Herz des Menschen, der etwas findet, was er für religiös inakzeptabel hält, Einspruch erhebt gegen diesen Ausfluss der souveränen Gnade (Lk 13,14).

Der Herr macht sie als Tochter Abrahams bekannt (Lk 13,16). Gewiss gehörte sie zur leiblichen Nachkommenschaft Abrahams, aber ebenso sicher bezog sich der Herrn nicht darauf (denn im völkischen Sinn gab es viele kranke Töchter Abrahams), sondern darauf, dass sie von Abrahams Glauben war. Dies sagt Er gleicherweise von Zachäus (Lk 19,9). Glücklicherweise gehörten sie der gleichen Familie an: dem geistlichen Samen Abrahams.

Der Vorsteher der Synagoge, der Repräsentant des Zustandes Israel, hasste die Gnade, die durch den Herrn Jesus deutlich wurde. Dies ist das Kennzeichen jener, die sich zu ihrer Errettung an Werke halten. Der Herr tadelte den Heuchler. J.G. Bellett sagte über den Herrn Jesus: „Wir haben es mit einem wahrhaftigen Freund tun, nicht mit einem schmeichelnden Freund.“ [Wortspiel im Engl. zwischen faithful = „wahrhaftig“ und flattering = „schmeichelnd“.]

Der Mensch in seiner totalen Verdorbenheit ist nicht fähig, sich selbst aufzurichten. Wir sehen dies ebenfalls in dem Vorsteher der Synagoge, der sich nicht über jene Worte aufrichten konnte, die er in Vers 14 äußerte.

[4. Die Gleichnisse vom Senfkorn und Sauerteig]

Lk 13,18-21: 18 Er sprach nun: Wem ist das Reich Gottes gleich, und wem soll ich es vergleichen? 19 Es ist gleich einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und in seinen Garten warf; und es wuchs und wurde zu einem großen Baum, und die Vögel des Himmels ließen sich in seinen Zweigen nieder. 20 Und wiederum sprach er: Wem soll ich das Reich Gottes vergleichen? 21 Es ist gleich einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und in seinem Garten warf; und es wuchs und wurde zu einem großen Baum, und die Vögel Himmels ließen sich in seinen Zweigen nieder. Und wiederum sprach er: Wem soll ich das Reich Gottes vergleichen? Es ist gleich einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.

Wie sollte das Königreich Gottes (in der geheimnisvollen Form, die es gegenwärtig hat) in den Händen solcher sein, die gegen seine Heilung der Frau am Sabbat protestierten? Im ersten Gleichnis ist es wie ein irdisches Königreich, wo die Diener Satans sind (dargestellt durch die darin wohnenden Vögel). Hier wird der Mensch besonders erwähnt, was also auf den öffentlichen Aspekt des Königreiches hinweist. Das zweite Gleichnis beschreibt die bekennende Kirche (die Frau stellt den inwendigen Aspekt dar), die die Nahrung des Volkes Gottes durchsäuert; die drei Maß Mehl stellen besonders die Lehre Christi dar. So ist der Mensch! Die Religion des völlig verlorenen Menschen ist vom Teufel und voll von Bösem.

[5. Die enge Pforte – Erste und Letzte]

Lk 13,22-30: 22 Und lehrend durchzog er nacheinander Städte und Dörfer, während er nach Jerusalem reiste. 23 Es sprach aber jemand zu ihm: Herr, sind es wenige, die errettet werden? 24 Er aber sprach zu ihnen: Ringt danach, durch die enge Tür einzugehen; denn viele, sage ich euch, werden einzugehen suchen und es nicht vermö1Mo 25 Von da an, wenn der Hausherr aufsteht und die Tür verschließt und ihr anfangt, draußen zu stehen und an die Tür zu klopfen und zu sagen: Herr, tu uns auf!, und er antworten und zu euch sagen wird: Ich kenne euch nicht, woher ihr seid – 26 dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben vor dir gegessen und getrunken, und auf unseren Straßen hast du gelehrt. 27 Und er wird sagen: Ich sage euch, ich kenne euch nicht, woher ihr seid; weicht von mir, alle ihr Übeltäter. 28 Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein, wenn ihr Abraham und Isaak und Jakob und alle Propheten sehen werdet in dem Reich Gottes, euch aber hinausgeworfen. 29 Und sie werden kommen von Osten und Westen und von Norden und Süden und im Reich Gottes zu Tisch liegen. 30 Und siehe, es sind Letzte, die Erste sein werden, und es sind Erste, die Letzte sein werden.

Und so kommt die Frage auf: „Herr, sind es wenige, die errettet werden?“ Der Herr Jesus antwortete auf solch eine Frage niemals direkt. Vielmehr ging Er auf den moralischen Zustand des Fragestellers ein. Er ist mehr am Fragenden als an der Frage interessiert. Deshalb richtet Er sich an das Gewissen des Fragenden. Er zeigt dem Menschen seine eigene Verantwortung. Ob der Mensch auch wirklich dieser Verantwortung nachkommen kann, ist eine andere Sache. Außerdem ist es eine Tatsache, dass sehr viel Religiosität in Wirklichkeit das Wirken der Ungerechtigkeit ist (Lk 13,27). Solche Menschen haben die Religion Kains. Sie setzen das Blut beiseite (Heb 11,4). Sie sind ausgeschlossen von der Freude des zukünftigen kommenden Königreiches Gottes auf Erden, obwohl dort Menschen vom Osten und Westen sein werden – zweifellos Heiden. Alle jene, die das Königreich genießen, kommen durch die enge Pforte (Lk 13,23). Das Zu-Tisch-Liegen ist ein Bild für die kostbare Gemeinschaft in der Gnade Gottes, die über alles Böse im Menschen erhaben ist.

[6. Die Feindschaft des Herodes – Klage über Jerusalem]

Lk 13,31-35: 31 In derselben Stunde kamen einige Pharisäer herzu und sagten zu ihm: Geh hinaus und zieh von hier weg, denn Herodes will dich töten. 32 Und er sprach zu ihnen: Geht hin und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe Dämonen aus und vollbringe Heilungen heute und morgen, und am dritten Tag werde ich vollendet. 33 Doch ich muss heute und morgen und am folgenden Tag weiterziehen; denn es geht nicht an, dass ein Prophet außerhalb Jerusalems umkommt. 34 Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen wie eine Henne ihre Brut unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! 35 Siehe, euer Haus wird euch überlassen. Ich sage euch aber: Ihr werdet mich nicht sehen, bis die Zeit kommt, dass ihr sprecht: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“

„Einige“ Pharisäer wollten den Herrn durch Einschüchterung von den Wegen Gottes abbringen. Beachten wir, dass sie tatsächlich den Fuchs der Henne vorzogen. So ist der moralische Zustand des menschlichen Herzens. Aber sein Weg (und der richtige Zeitpunkt) war unter souveräner Kontrolle, und Er würde bis zum festgesetzten Tag auf diesem Weg bleiben, in dem Wissen, dass dieser Weg bis zum Kreuz führte. Dann würde der Herr unserer Errettung vollendet werden (Lk 13,32).

Er würde in Jerusalem verurteilt werden, das die Propheten tötet (so wie sie Stephanus ein Jahr später steinigten). Der böse Wille des Menschen offenbart sich in der Aussage: „Ihr habt nicht gewollt“ (Lk 13,34). Der Herr sagte: „Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen.“ Aber es war die Zeit der Erprobung des ersten Menschen und sein Zustand kam ans Licht. Die Zeit wird kommen, wenn Jerusalems Kinder versammelt werden – so wie das neue Israel unter dem neuen Bund. Auch in der Errettung Israels, die noch kommen wird, handelt Gott trotz des „Ihr habt nicht gewollt“ souverän: „Ich sage euch aber: Ihr werdet mich nicht sehen, bis die Zeit kommt, dass ihr sprecht: ,Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!‘“ (Lk 13,35). Er wird sie in das Band des Bundes hineinbringen (Hes 20,37), wenn Er die Gottlosigkeit von Jakob abwenden wird (Röm 11,26). Dann wird ganz Israel errettet werden – sie werden alle Gerechte sein (Jes 60,21). Wenn die Errettung von dem vermeintlich freien Willen des Menschen abhinge, wäre es sehr sonderbar, dass sie alle gerecht sein werden. Es liegt vielmehr an Gottes souveränem Handeln als am Willen des Menschen. Vielmehr unternimmt es Gott zu ihren Gunsten – gemäß der siebenfachen Wiederholung „Ich werde“ in 1. Mose 17 und in 2. Mose 16. Er vollbringt dies, wenn Er seine bedingungslosen Verheißungen an Israel unter dem Neuen Bund erfüllt. Dies wird Er tun, obwohl das Haus Israel jetzt völlig in Trümmern liegt. Doch in der Zwischenzeit gibt es „einen Überrest nach Auswahl der Gnade“ (Röm 11,5). Israel wird als Nation angenommen werden (Röm 9,4). Ihnen Sicherheit zu erwirken, geschieht nicht durch menschlichen Willen.

Lukas 14: Fünf Lektionen, wie Gott durch souveränes Eingreifen Menschen zu seinem großen Gastmahl bringt

[1. Heilung eines Wassersüchtigen am Sabbat]

Lk 14,1-6: 1 Und es geschah, als er am Sabbat in das Haus eines der Obersten der Pharisäer kam, um zu essen, dass sie ihn belauerten. 2 Und siehe, ein gewisser wassersüchtiger Mensch war vor ihm. 3 Und Jesus hob an und sprach zu den Gesetzgelehrten und Pharisäern und sagte: Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen, oder nicht? Sie aber schwiegen. 4 Und er fasste ihn an und heilte ihn und entließ ihn. 5 Und er sprach zu ihnen: Wer ist unter euch, dessen Esel oder Ochse in einen Brunnen fallen wird und der ihn nicht sogleich herausziehen wird am Tag des Sabbats? 6 Und sie vermochten nicht, darauf zu antworten.

Der Sohn des Menschen hat das göttliche Vorrecht der Souveränität, zu heilen, wie Er will. Der Herr beantwortete seine eigene Frage, ob es erlaubt sei, am Sabbat zu heilen. Als die Gesetzgelehrten und Pharisäer schwiegen, heilte Er den wassersüchtigen Mann. Dann befragte Er sie erneut und wandte sich wiederum an ihren Seelenzustand. In ihrem Seelenzustand spiegeln sie genau das wieder, was der Zustand des wassersüchtigen Mannes repräsentiert. Er hatte ein Ödem, eine Schwellung. Der Mensch ist von sich selbst eingenommen, in seinem eigensinnigen Stolz des Herzens angefüllt mit „Selbst“. Aber göttliche Macht kann diesem Zustand abhelfen. Die Worte sind so wunderbar: „Und er fasste ihn an und heilte ihn und entließ ihn.“ Es war allein sein Handeln. Es ist traurig, festzustellen, dass auch Christen ein geistliches Ödem haben können. Im schlimmsten Fall wird es als Narzissmus bezeichnet. Doch Derselbe hat heute ein Heilmittel dafür.

[2. Ehrsucht und Demut]

Lk 14,7-11: 7 Er sprach aber zu den Geladenen ein Gleichnis, da er bemerkte, wie sie die ersten Plätze wählten, und sagte zu ihnen: 8 Wenn du von jemand zur Hochzeit geladen wirst, so lege dich nicht auf den ersten Platz, damit nicht etwa ein Angesehenerer als du von ihm geladen ist und 9 der, der dich und ihn geladen hat, kommt und zu dir sprechen wird: Mache diesem Platz – und dann wirst du anfangen, mit Beschämung den letzten Platz einzunehmen. 10 Sondern wenn du geladen bist, so geh hin und lege dich auf den letzten Platz, damit, wenn der, der dich geladen hat, kommt, er zu dir spricht: Freund, rücke höher hinauf. Dann wirst du Ehre haben vor allen, die mit dir zu Tisch liegen; 11 denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Beachten Sie nun, wie sich der Zustand des geistlichen Ödems bei denen offenbart, die eingeladen sind. Ihre Seelen sind mit „Selbst“ angefüllt und so wählen sie die ersten Plätze. Wo Demut sein sollte, ist Selbsterhöhung. Er nutzt die Gelegenheit, um den großen moralischen Grundsatz im Handeln Gottes (Lk 14,11) aufzuzeigen. Er selbst ist dafür das beste Beispiel. Der Herr äußert sich über das Gastmahl des Menschen:

Es ist sein Mahl (das Mahl des Menschen). Dazu lädt er „Freunde, Brüder, Verwandte und reiche Nachbarn ein“, das heißt solche von ähnlicher moralischer Stellung wie er selbst. Hat jemals jemand den anderen „in Demut … höher [geachtet] als sich selbst“? Nein, sondern jeder, der von sich selbst eingenommen ist, sucht sich den besten Platz. Welch eine Szene für Gottes Absicht! Menschen mit Herzen, wie sie sich vor Ihm zeigen, erheben Anspruch auf einen hohen Platz! Wo immer wir auch hingehen und den Erstbesten fragen, den wir treffen – wir werden feststellen, dass er ein Gast beim Mahl der Pharisäer ist und nach dem besten Platz Ausschau hält, es sei denn, dass ihm von Gott gezeigt wurde, dass das Herz „arglistig … mehr als alles, und verdorben ist“. Er wird dir den Himmel als eine schiefe Ebene vorstellen, und alle geben ihr Bestes, um einen guten Platz zu ergattern.

Dies ist die natürliche Religion; sie entspricht den ungläubigen Sadduzäern ebenso wie den orthodoxen Pharisäern, denn die natürliche Religion bewegt niemals das Gewissen noch rührt sie das Herz … Darüber hinaus wird der Charakter derjenigen, die bei diesem Festmahl sitzen, durch die Worte des Herrn „Geh hin und lege dich auf den letzten Platz“ aufgezeigt. Gnade sucht und begegnet ihrem Mangel und macht ihnen ihren verderbten Zustand bewusst, und sie sind gedemütigt. Sie können jubeln, weil sie „wissen, dass sie ewiges Leben haben“ (1Joh 5,13); sie wissen, dass sie „die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden“ (Kol 1,14), aber sie wandeln mit gesenktem Kopf, weil sie ebenso wissen und oft fühlen, „dass in [ihnen], das ist in [ihrem] Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18). Diese sind es, die fähig sind, andere „höher zu achten als sich selbst“, nicht im Wort, aber in Wahrheit.[1]

„Derjenige, der sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ bedeutet, dass Gott zu seiner Zeit souverän eingreifen wird. Das ist ein allgemeiner moralischer Grundsatz. Und nur auf diese Weise geschieht eine solche Erhöhung.

[3. Die Auswahl der Gäste]

Lk 14,12-14: 12 Er sprach aber auch zu dem, der ihn geladen hatte: Wenn du ein Mittagsmahl oder ein Abendessen machst, so lade nicht deine Freunde noch deine Brüder noch deine Verwandten noch reiche Nachbarn, damit nicht etwa auch sie dich wieder einladen und dir Vergeltung werde. 13 Sondern wenn du ein Mahl machst, so lade Arme, Krüppel, Lahme, Blinde, 14 und glückselig wirst du sein, weil sie nichts haben, um dir zu vergelten; denn dir wird vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten.

Bevor der Herr das große Gastmahl Gottes behandelt, spricht Er zunächst von den Grundlagen, auf die Gott seine Auswahl der Sünder souverän gründet. Im nächsten Gleichnis finden wir, dass Gottes Einladung zu dem großen Gastmahl allein nicht genug ist, um jemand zum großen Gastmahl herbeizubringen. Hier aber stellt der Herr für den Gastgeber im Hinblick auf die kommende Auferstehung des Gerechten einen Handlungsgrundsatz auf. Dann nämlich wird die Zeit der Belohnung sein. Aber der Mensch möchte irgendwie schon jetzt belohnt werden. Gottes Eingreifen (souverän) beginnt mit seiner Auswahl der Gäste, ohne eine Belohnung in Betracht zu ziehen.

[4. Das Gleichnis vom großen Gastmahl]

Lk 14,15-24: 15 Als aber einer von denen, die mit zu Tisch lagen, dies hörte, sprach er zu ihm: Glückselig, wer Brot essen wird im Reich Gottes! 16 Er aber sprach zu ihm: Ein gewisser Mensch machte ein großes Gastmahl und lud viele. 17 Und er sandte seinen Knecht zur Stunde des Gastmahls aus, um den Geladenen zu sagen: Kommt, denn schon ist [alles] bereit. 18 Und sie fingen alle ohne Ausnahme an, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn mir ansehen; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. 19 Und ein anderer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe hin, um sie zu erproben; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. 20 Und ein anderer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet, und darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam herbei und berichtete dies seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und bring die Armen und Krüppel und Blinden und Lahmen hier herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast, und es ist noch Raum. 23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Wege und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, damit mein Haus voll werde; 24 denn ich sage euch, dass keiner jener Männer, die geladen waren, mein Gastmahl schmecken wird.

In Vers 15 lesen wir, dass jemand sagt: „Glückselig, wer Brot essen wird im Reich Gottes!“ (d.h. im Tausendjährigen Reich).[2] Darauf antwortet der Herr mit einem Gleichnis, um zu zeigen, dass der Mensch dies nicht zu den Bedingungen Gottes tun will. Wie nun Gott Gäste zu dem Gastmahl bringt, werden wir weiter unten in den Einzelheiten sehen.

[5. Nachfolge]

Lk 14,25-35: 25 Es gingen aber große Volksmengen mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen: 26 Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein. 27 Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein. 28 Denn wer unter euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuvor hin und berechnet die Kosten, ob er das Nötige zur Ausführung hat? – 29 damit nicht etwa, wenn er den Grund gelegt hat und nicht zu vollenden vermag, alle, die es sehen, anfangen, ihn zu verspotten, 30 und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und vermochte nicht zu vollenden. 31 Oder welcher König, der auszieht, um sich mit einem anderen König in Krieg einzulassen, setzt sich nicht zuvor hin und beratschlagt, ob er imstande sei, dem mit zehntausend entgegenzutreten, der gegen ihn kommt mit zwanzigtausend? 32 Wenn aber nicht, so sendet er, während er noch fern ist, eine Gesandtschaft und bittet um die Friedensbedingungen. 33 So kann nun keiner von euch, der nicht allem entsagt, was er hat, mein Jünger sein. 34 Das Salz nun ist gut; wenn aber auch das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gewürzt werden? 35 Es ist weder für das Land noch für den Dünger tauglich; man wirft es hinaus. Wer Ohren hat, zu hören, der höre!

Gottes souveränes Eingreifen bringt Menschen an den Ort der Jüngerschaft. Tatsächlich gibt es dort auch solche, die bekennen, Christen zu sein, es aber in Wirklichkeit nicht sind. Wie alle Gläubigen sind sie am Ort des Bekenntnisses, also am Ort der Jüngerschaft – und an diese wendet sich der Herr. Nun ist aber jetzt nicht der Zeitpunkt, auf die Lehren des Herrn einzugehen, die sich darauf beziehen.

Das Gleichnis vom großen Gastmahl

Lk 14,15-24: 15 Als aber einer von denen, die mit zu Tisch lagen, dies hörte, sprach er zu ihm: Glückselig, wer Brot essen wird im Reich Gottes! 16 Er aber sprach zu ihm: Ein gewisser Mensch machte ein großes Gastmahl und lud viele. 17 Und er sandte seinen Knecht zur Stunde des Gastmahls aus, um den Geladenen zu sagen: Kommt, denn schon ist [alles] bereit. 18 Und sie fingen alle ohne Ausnahme an, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn mir ansehen; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. 19 Und ein anderer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe hin, um sie zu erproben; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. 20 Und ein anderer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet, und darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam herbei und berichtete dies seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und bring die Armen und Krüppel und Blinden und Lahmen hier herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast, und es ist noch Raum. 23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Wege und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, damit mein Haus voll werde; 24 denn ich sage euch, dass keiner jener Männer, die geladen waren, mein Gastmahl schmecken wird.

Das Königreich Gottes ist nahe herbeigekommen

Einer derjenigen, die mit dem Herrn am Tisch waren, drückt aus, wie glückselig der sei, der Brot essen wird im Königreich Gottes. Er hatte dabei das Königreich unter der Herrschaft des Messias im Sinn, die Herrschaft Gottes auf Erden. Wir nennen es das Tausendjährige Reich. Sowohl Johannes der Täufer als auch der Herr hatten verkündet, dass das Königreich nahe herbeigekommen war. Wie war jedoch der moralische Zustand der Zuhörer? Erst als Gott in der Seele souverän Glauben gewirkt hatte, wurde das Königreich, wie es ihnen in der Person des erniedrigten Herrn Jesus vorgestellt wurde, zurückgewiesen. Tatsächlich lehnten die meisten Ihn ab, doch Einzelne nahmen Ihn durch Gottes Gnade an. (Dieses Thema haben wir in ausführlich in Elements of Dispensational Truth, Bd. 1, betrachtet.) In diesem Gleichnis sehen wir den moralischen Zustand jedes Einzelnen, der Ihn verwarf, verglichen mit der Antwort Gottes darauf.

Irgendjemand sprach von der glückseligen Zukunft, wenn der Messias regieren würde. Es gab jedoch noch ein anderes Festmahl, das Gott zwischenzeitlich,vor diesem gesegneten Tag auf Erden, im Auge hatte: Sünder sollten zu seinem großen Mahl kommen.

Ein Bedürfnis in Gottes Herzen

In Matthäus 22,1-10 wird gesagt, dass das Festmahl für Gottes Sohn gemacht wurde. Aber im Lukasevangelium soll das große Mahl Gottes eigenes Herz befriedigen. Er muss sein eigenes Verlangen befriedigen, nämlich sein Verlangen, zu geben, zu segnen und sich an der Fürsorge für jene, die Er segnen würde, zu erfreuen. Der unverbesserliche Zustand des Menschen soll seine Absicht nicht verhindern dürfen.

Die Entschuldigungen

Nur drei Entschuldigungen: In der Tat zeigen die Entschuldigungen den Menschen sozusagen in einem „guten Licht“. Es waren keine Entschuldigungen, um böse Taten zu vollbringen. Es waren alles für den Menschen ganz natürliche Dinge und sie haben ihren Platz in der richtigen Reihenfolge. Das Böse lag in der Weigerung, die Einladung zu anzunehmen. Diese Entschuldigungen decken den Zustand der Seele hinsichtlich der Antwort des Menschen auf Gottes Einladung auf. Wenn alles von der Einladung abhängt, würde kein Gast zu dem großen Mahl kommen. Das Haus wäre vollkommen leer. Tatsächlich „fingen [sie] alle ohne Ausnahme an, sich zu entschuldigen“ (Lk 14,18). Jeder der Letztgenannten weigerte sich zu kommen, aber nur drei Entschuldigungen werden aufgezählt. Warum nur drei? Weil sie den dreifachen Charakter dessen zusammenfassen, was den gefallenen und vollkommen verlorenen Menschen beherrscht. Wir sehen diese drei Dinge im Garten Eden und in der Versuchung des Herrn in der Wüste. In 1. Johannes 2,16 werden sie als die Beweggründe dargestellt, die die Welt kennzeichnen. Diese Beweggründe sind Veranlagungen in dem, was wir die alte Natur (d.h. das Fleisch) nennen. Sie wurden durch den Fall des Menschen erworben und treiben seitdem den Menschen an. Die alte Natur beherrscht den Menschen. Sein Wille ist diesen Beweggründen untertan. Sie haben Macht über die Person – über das „Ich“. Der Wille ist voreingenommen gegenüber Gott. Er ist in der Tat moralisch nicht frei, um Gott zu erwählen. Der Wille ist der Knecht der alten Natur und wird durch diese drei Beweggründe angetrieben, der eine mehr von diesem, der andere mehr von einem anderen.

Die Schrift unterscheidet Geist, Seele und Leib im Menschen (1Thes 5,23; Heb 4,12). In seiner Seele wird der Mensch von Gott als das verantwortliche „Ich“ angesehen; dort wohnt der Wille. W. Kelly bemerkt:

Aber die Schrift zeigt völlig klar und deutlich, dass sein Platz in der Seele ist. Der Geist ist die innere Fähigkeit, durch die der Mensch gegenüber Gott verantwortlich ist; aber die verantwortliche Persönlichkeit steckt in der Seele; und der Leib ist das äußere Gefäß, das das Ergebnis zeigt, entweder durch Gnade für Gottes Willen oder durch Selbstwillen im Dienst Satans. Zur Seele gehört das Wirken des Willens und gegenwärtig auch – nämlich seit dem Fall des Menschen – das instinktive Wissen um Gut und Böse; so dass man fortgelockt wird durch die fleischlichen Lüste, die den Menschen herabsetzten, ebenso wie die Vernunftschlüsse und jede Höhe, die sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes (2Kor 10,4.5). Deshalb lesen wir von der Seelen-Rettung oder der „Rettung der Seelen“.[3]

Die Seele ist der Sitz der Gefühle und Triebe. Der Wille ist gegenüber Gott moralisch gebunden durch die drei Beweggründe in der alten Natur, die das Selbst und nicht Gott als Gegenstand haben. Demnach ist der Mensch am innersten Ort seines verantwortlichen Wesens Gott gegenüber moralisch gebunden. Wenn das Haus zum großen Gastmahl voller Gäste sein soll – ja sogar wenn nur eine einzige Person da sein soll –, dann muss Gott souverän handeln, um das zu erreichen, denn der Mensch will nicht kommen, wie wir sehen werden.

Einen anderen Grund, den es zu beachten gilt, ist die Tatsache, dass die Einladung zum großen Gastmahl nicht bedeutet, dass der Mensch fähig ist, auf diese Einladung zu reagieren. Das große Gastmahl ist die Freude an und die Gemeinschaft in der Gnade Gottes, die allein dem Bedürfnis des Menschen begegnet. Die Gnade ist das Gegenteil vom Gesetz, das etwas vom Menschen fordert. Das Gesetz verlangt vom Menschen, Gott etwas zu bringen; Gottes Gnade dagegen bringt dem Menschen alles. Der Mensch konnte das Gesetz nicht halten. Genau das sagt die Schrift in Römer 8:

  • Röm 8,7: Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht.

Die eigenwillige Schlussfolgerung des Fleisches (beim Christen), Gott befehle dem Menschen nicht, etwas zu tun, wozu er nicht fähig sei, ist also ganz und gar falsch.[4] Wenn sie dieser Tatsache ins Gesicht sehen, werden sich manche herausreden wollen und sagen: „Aber diese Unfähigkeit, Gott untertan zu sein, war unter dem Gesetz, nicht unter Gnade.“ Der entgegengesetzte Grundsatz ist: „Gott verlangt nicht von Menschen, wozu er nicht fähig ist.“ Wenn wir damit konfrontiert werden, dass die Schrift diesen Gedanken klar und deutlich widerlegt, warum dann die Grundlage ändern? Wie können wir hoffen, aus dem Wort zu lernen, wenn wir an solch ein Verhalten gebunden sind? Haben wir niemals gelernt, was es wirklich bedeutet, dass Gott den Menschen in seinem gefallenen adamitischen Zustand der Verantwortlichkeit erprobt, um zu sehen, ob er wiederherzustellen ist, und wie Er dabei enthüllt, was dieser Mensch ist? Haben wir nicht die Lektion gelernt, dass der Mensch moralisch weit entfernt ist von Gott, dass er nämlich völlig verloren ist? Der verdorbene Mensch kann genauso wenig auf die Einladung der Gnade antworten, wie er den von Mose gegebenen Geboten Gottes gehorsam sein konnte. Bevor wir die drei Entschuldigungen betrachten, ist an dieser Stelle eine Belegstelle über die Erprobung des Menschen unter dem Gesetz angebracht.

Obwohl Gott die Person nicht ansieht, gibt Er dennoch acht auf die Wege, die Er selbst festgesetzt hat. Umso weniger entschuldigt das den fehlenden Glauben aufseiten der Juden. Gott versagt nie – der Mensch immer. Der bevorrechtigte Mensch (in der Person der Juden, und zwar während der Erprobung, um zu sehen, ob der Mensch wiederherstellbar wäre) zeigt umso mehr nur seinen Unglauben. Die Botschaft an sie war: „Kommt, denn schon ist alles bereit.“ So lädt die Gnade ein. Das Gesetz macht aus dem Menschen einen führenden und verantwortlich Handelnden; der Mensch muss dieses tun, darüber hinaus darf er jenes nicht tun. Der Mensch soll Gott mit seinem ganzen Herzen lieben und mit seiner ganzen Seele und mit seiner ganzen Kraft und mit seinem ganzen Verstand; aber das Gebot – so wie es ist – ist gänzlich nutzlos und fruchtlos, weil in diesem Fall der Mensch ein Sünder ohne Liebe ist. Kein Gesetz hat jemals Liebe hervorgebracht oder hervorgerufen. Es mag fordern, aber es kann keine Liebe hervorbringen; es liegt nicht in der Natur oder Macht des Gesetzes, dies zu tun. Gott wusste das ganz und gar; und im Evangelium wird Er selbst derjenige, der handelt. Er ist es, der liebt, der gemäß der Kraft dieser Liebe seinen eingeborenen Sohn gibt, mit ewigem Leben in Ihm – ebenso, um für die Sühnung der Sünde zu sterben. Das Gesetz bewies, dass der Mensch, obwohl er verantwortlich ist, keine Kraft hatte, dem Gesetz nachzukommen. Aufgrund der Sünde war er unfähig, Gottes Willen zu tun; aber sein Stolz war derart, dass er seine Unfähigkeit oder ihre Ursache nicht bemerkte oder bemerken wollte. Wäre er bereit gewesen, dies zuzugeben, würde Gott ihm Gnade erwiesen haben. Aber der Mensch fühlte nicht die Notwendigkeit der Gnade, ebenso wenig wie er seine eigene Schuld und seine Kraftlosigkeit fühlte, dem Gesetz zu entsprechen. So ignoriert er den Ruf, zu kommen, obwohl alles bereits bereitet war.[5]

Wir wollen nun die drei Entschuldigungen betrachten und dabei nicht vergessen, dass wir verstehen sollten, was wir – und nicht nur die Juden – von Natur aus als gefallene Menschen sind.

Entschuldigung 1

  • Lk 14,18: Der Erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn mir ansehe; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt.

Seine Antwort war höflich, aber ziemlich dumm. Dennoch denkt er, sie sei vernünftig genug, um ihn zu entschuldigen. Zuerst hat er gekauft und nachher geht er hin, um es anzusehen. Trotzdem – er hatte eine Einladung und hätte das Land zu einem späteren Zeitpunkt ansehen können. Er musste es sehen; das ist die Lust der Augen.

Darüber hinaus gibt es die Welt, den Teufel und das Fleisch. Es war die Welt, die den Ersten überwältigt.

Entschuldigung 2

  • Lk 14,19: Und ein anderer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe hin, um sie zu erproben; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt.

Auch er gab eine höfliche Antwort, obwohl sie ebenso dumm war wie die erste Antwort. Er hätte die Ochsen später „erproben“ können. Beachten wir, dass er sie erproben musste. Dies ist der Hochmut des Lebens. Außerdem stellen Ochsen in der Schrift den Dienst dar. Vielleicht wird ein Mensch durch religiöse oder humanistische Arbeit verführt und umgarnt. In der Schrift kann die Zahl Fünf benutzt werden, um Verantwortlichkeit aufseiten des Menschen aufzuzeigen. All dies kann als eine bequeme, eigennützige Ausrede dienen, um Gottes Einladung zu seinem großen Gastmahl abzulehnen.

Als der schirmende Cherub in Hesekiel 28 sich selbst erhob, war dies die erste bedeutende Handlung, die aus Stolz kam. Es war die Sünde des Teufels, die diesen Mann überkam.

Entschuldigung 3

  • Lk 14,20: Und ein anderer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet, und darum kann ich nicht kommen.

Es wurde bemerkt, dass

es so etwas wie ein „moralisches Nicht-Können“ sowie ein „körperliches Nicht-Können“ gibt. Im ersten Fall ist unser Wille (unser Wollen), unser Sinn, unsere Gedanken, und der, der uns durch diese Dinge beherrscht, oft stärker als unsere Einsicht und unser Verständnis. Es ist ein furchtbarer Zustand, wenn unser Sein, das abhängig von Gott ist, in Frage gestellt ist. „Ich habe eine Frau geheiratet, und darum kann ich nicht kommen“ sagte alles aus über das Bedürfnis von Herz und Willen und war kein Beweis für äußerliche Fähigkeit.[6]

Auch war es keine so höfliche Antwort wie in den beiden ersten Fällen. Hier haben wir die Lust des Fleisches. Die Ehe war von Gott eingesetzt und sollte in Ehren gehalten werden „und das Ehebett; denn Hurer und Ehebrecher wird Gott richten“ (Heb 13,4). Aber die Ehe ist keine Entschuldigung, um Gottes Einladung abzulehnen. Dieser Mann wurde durch das Fleisch überwältigt.

Noch eine andere Wahrheit zeigt sich in dieser Antwort des Menschen „Ich kann nicht kommen“. Die beiden ersten Fälle veranschaulichen die Worte des Herrn Jesus in Johannes 5:

  • Joh 5,40: Und ihr wollt nicht zu mir kommen, damit ihr Leben habt.

Dieser dritte Fall veranschaulicht die Worte des Herrn Jesus in Johannes 6:

  • Joh 6,44: Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zieht.

Interessanterweise ist die Reihenfolge von Johannes 5, vor Johannes 6, die Reihenfolge dieser drei Fälle hier: (1) „will nicht“ und (2) „kann nicht“. „Kann nicht“ drückt die Unfähigkeit aus, etwas zu tun. „Will nicht“ zeigt die Feindseligkeit des Willens unter der Herrschaft der alten Natur und ihrer drei starken Beweggründe. Aus diesem Grund „kann“ der Mensch „nicht“. Er ist ein Sklave der Sünde im Fleisch.

Beachten Sie nun, dass diese Entschuldigungen den Menschen nicht als jemand darstellen, der in schlimme Gewohnheiten oder Handlungen verwickelt ist. Er wird als dargestellt als jemand, der seinen Alltagsbeschäftigungen nachgeht. Wir müssen lernen, dass der Mensch in seinem besten Zustand nicht zu dem großen Gastmahl kommen wird, obwohl er eingeladen ist. Beachten Sie, dass Land, Ochsen und Ehefrauen Gaben Gottes sind. Diese Dinge sind keine Sünde. Sie sind natürlich. Wir bemerken ein Fortschreiten in diesen drei natürlichen Dingen. Ein Mann kauft ein Stück Land. Dann pflügt er es. Und er heiratet und wünscht sich ein Zuhause. Diese Dinge sind an sich nicht sündig, aber der Mensch benutzt sie, um die Einladung Gottes sündhaft abzulehnen. Und so machte er aus Gottes Gaben eine Entschuldigung, um nicht zu Gottes gnädigen, großen Gastmahl zu kommen. Wie eindrucksvoll zeigt dieses Gleichnis den moralischen Zustand des Menschen, der völlig verloren ist! Er möchte sein Teil hier, abseits von Gottes großem Gastmahl. Er will Gottes Gnade nicht.

Diese drei Beschäftigungen werden also als Entschuldigungen benutzt, um Gottes Einladung anzunehmen. Beachten Sie, dass Adam im Garten Eden war, um ihn zu bebauen und zu bewahren und um mit seiner Frau zusammen zu sein. Doch seit dem Sündenfall werden genau diese Dinge von den Menschen als Entschuldigung benutzt, um die Einladung der Gnade abzulehnen. Die drei Entschuldigungen sind sozusagen eine moralische Zusammenfassung der Art und Weise, wie der Mensch es ablehnt, zu kommen; und sie weisen auf die totale Verdorbenheit des Menschen hin. Wie wir sahen, schließen die Entschuldigungen die Welt, den Teufel und das Fleisch ein. Darüber hinaus werden die drei Kräfte, die die alte Natur beherrschen und die in 1. Johannes 2,16 genannt werden, ebenfalls in den drei Entschuldigungen gesehen, so wie sie im Garten Eden und in den Versuchungen des Herrn in der Wüste gesehen werden.

Das Haus wird voll mit solchen, die auf einer anderen Grundlage als einer Einladung hereingebracht werden

Die Israeliten hatten den ersten Anspruch auf das große Gastmahl, aber der Großteil der Führer und der Nation lehnte den Herrn Jesus ab. Sie wurden erprobt, indem ihnen in seiner demütigen Person das Königreich angeboten wurde und die Führer und das Volk zum großen Gastmahl eingeladen wurden. Gottes Einladung deckt den moralischen Zustand des Herzens des Menschen auf. Die Schlussfolgerung ist:

  • Lk 14,24: Denn ich sage euch, dass keiner jener Männer, die geladen waren, mein Gastmahl schmecken wird.

Diejenigen, die Gottes Gnade abgelehnt haben, erwartet die Schrecklichkeit ewiger, bewusster Bestrafung. Das ist die moralische Folge der Einladung Gottes an den Menschen, denn wir müssen erkennen, dass Israel nur der Stellvertreter des „ersten Menschen“ war, des Menschen im gefallenen Zustand Adams, der zwar unter dem Gesetz, aber unter den günstigsten Umständen erprobt wurde.

Ebenso wie in dem Fall „wer immer kommen will“ lehnt der Mensch ab. Gott hindert niemand daran, zu kommen. Der Mensch gibt sich dem Eigensinn hin, anstatt zu kommen. Das ist allgemein so. Aber Gott möchte, dass sein Haus voll wird. Beachten Sie die Antwort auf die Ablehnung: „Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht …“[7] Er wendet sich von den Eingeladenen ab und möchte, dass der Diener handelt, damit sein Haus voll werde. Noch ist Platz da, denn der Hausherr ist noch nicht erschienen, um die Tür zu schließen (Lk 13,25).

Beachten Sie wiederum, dass es nur einen Diener gibt. Es ist ein Fehler, Gottes menschliche Diener hier hineinzubringen. Es ist der Geist Gottes, der dem einen Diener entspricht. In diesem Gleichnis werden wir nicht darüber belehrt, wie Christen evangelisieren sollen. Gott ist Licht und Gott ist Liebe. Dieses Gleichnis spricht darüber, wie Gott sich selbst als Liebe zufriedenstellt. Wir wissen, dass es Liebe war, die für das Opfer Christi sorgte. Gott ist Licht und als solches wurde Christus für uns gerichtet. Gott, der damit zufriedengestellt und verherrlicht ist, ist gerecht, wenn Er den Glaubenden rechtfertigt. Er ist gerecht, wenn Er durch den Geist Menschen nötigt, zum großen Gastmahl zu kommen. Gott ist Liebe und Er will auf ewig Gegenstände seiner souveränen Gnade bei sich haben.[8]

Neben Israel und seinen Führern haben wir zwei weitere Personengruppen, die in diesem Gleichnis gezeigt werden. Die zweite Gruppe finden wir in den Versen 21 und 22 und sie bezieht sich auf Gottes Wirken hinsichtlich Einzelner aus Israel. Während dies heutzutage immer noch weiter geschieht, hatte es eine besondere Anwendung auf das Zeugnis in der Apostelgeschichte bis zu der Steinigung des Stephanus. In Matthäus 21,31 warnt der Herr die Hörer, dass die Zöllner und die Huren ihnen vorangingen in das Reich Gottes. Hier in diesem Gleichnis sind es der Arme, der Verkrüppelte, der Lahme und der Blinde. Zweifellos benutzt die Schilderung den Zustand dieser Menschen, um moralische Zustände und nicht die eigentlichen körperlichen Verfassungen darzustellen. Da ist Armut – kein Besitz; körperliche Verstümmelung – und damit Unfähigkeit, Gott zu dienen; Lähmung – Unfähigkeit, vor Gott annehmbar zu wandeln; Blindheit – ohne göttliches Licht in der Seele. Der Diener, der gesandt wird, das heißt der Geist Gottes, kann dies in seinem souveränen Handeln in unseren Seelen aufdecken, um Menschen zum großen Gastmahl zu bringen. Aber diese Gruppe hat besonders das Wirken des Geistes in den Einzelnen in Israel im Blick. Deshalb lesen wir in Römer 11,5 von einem „Überrest nach Auswahl der Gnade“. Dies sind natürlich die Auserwählten Israels, während die Führer und die Masse verworfen sind.

Die dritte Gruppe sind die Heiden (Lk 14,23). Die Reihenfolge: zuerst die Juden und dann die fernen Heiden (Apg 13,46; 28,23-28):

  • Apg 2,39: Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen, die in der Ferne sind, so viele irgend der Herr, unser Gott, herzurufen wird.

  • Eph 2,13: Jetzt aber in Christus, seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut des Christus nahe geworden.

Also gibt es eine moralische Reihenfolge in den Wegen Gottes, wie wir gerade gesehen haben.

Nötige sie hereinzukommen, damit mein Haus voll werde

Der Tod Christi wird in diesem Gleichnis nicht geschildert. Wir sind aber überzeugt, dass dies die Grundlage der Gnadenerweise dem Menschen gegenüber ist. Das große Gastmahl ist der Genuss und das Feiern seiner Gnade. Das Haus ist ein Bild des Ortes, wo Gottes Ordnung und sein Wille erfüllt werden.

Gepriesen sei Gott, sein Haus wird voll werden. Die Ablehnung seiner Einladung durch den Menschen kann das Ziel der Gnade nicht verhindern. Christen, die an den moralisch freien Willen des Menschen glauben (ebenso wie z.B. Philosophen und Freidenker) fühlen sich beleidigt bei der Vorstellung, Gott breche den Willen des Menschen. „Gott kann den freien Willen des Menschen nicht brechen“, wird gesagt. Nun, der angeblich freie Wille des Menschen ist – moralisch gesprochen – nur die Freiheit, zu wählen, welche Entschuldigung er vorbringt, wenn er Gottes Einladung zum großen Gastmahl ablehnt. Gerade hier sehen wir das Wirken des menschlichen Willens. In den Worten „bring herein“ (Lk 14,21) und „nötige sie hereinzukommen“ (Lk 14,23) sehen wir Gottes Willen, durch den Geist. Es ist offensichtlich, dass „nötigen“ in diesem Zusammenhang verstanden werden muss als ein Handeln, das sich unterscheidet von der Einladung, zu kommen. Und ganz offensichtlich ist körperliche Gewalt damit nicht gemeint. Im Licht von Philipper 2,13 ist es leicht erklärt:

  • Phil 2,13: Denn Gott ist es, der ihn euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, zu seinem Wohlgefallen.
    [“… for it is God who works in you both the willing and the working according to his good pleasure”; Übersetzung nach Darby.]

In Hinblick auf die Worte „wirkt“ [work] und „das Wirken“ [the working] sagt die Fußnote von J.N. Darby zu der Übersetzung dieser Verse:

Innere Wirksamkeit von Kraft, obwohl gesehen in den Ergebnissen, so wie in Matthäus 14,2 und Kolosser 1,29. Nicht dasselbe wie das „bewirkt“ in Philipper 2,12.

Johannes 1,11-13 und Jakobus 1,18 zeigen, dass der Wille des Menschen ausgeschlossen ist und dass die neue Geburt durch den Willen Gottes geschieht. Gott pflanzt souverän eine neue Natur ein, die seinen Willen liebt. Nicht der Wille des Menschen beginnt das gute Werk (noch vollendet er es):

  • Phil 1,6: Der, der ein gutes Werk in euch angefangen hat, wird es vollenden bis auf den Tag Jesu Christi.

J.G. Bellett schreibt:

Es muss mehr sein als eine Einladung. Gott muss sowohl die Stühle als auch den Tisch füllen. Er muss sowohl seine Gäste nötigen hineinzukommen als auch den Tisch füllen. Er sendet seinen Diener und sagt: „Nötige sie hereinzukommen, damit mein Haus voll werde.“ Das ist ein Blick in den Himmel. Haben Sie jemals in Ihrem Leben einen solchen Platz gekannt? Das prächtigste Fest, das es überhaupt gibt, und kein Einziger, der nicht genötigt worden wäre, hereinzukommen! Und findet Gott sich damit ab? Wenn nur der Sohn gesandt worden wäre, würde es keinen einzigen Gast gegeben haben. Wenn nur der Geist gesandt worden wäre, würde es kein Fest gegeben haben. Welch eine wunderbare Entfaltung der Liebe Gottes! Wenn Sie jemand eine Freundlichkeit erweisen möchten, hätten Sie es gern, wenn der andere abgeneigt ist? Nein, Sie würden ihn nicht wieder fragen, sondern sagen: Lass ihn gehen, dass er das bekommt, was er mehr schätzt. Aber es gibt die zweifache Sendung des Sohnes und des Geistes. Der Sohn bereitet das Fest vor, der Geist die Gäste. So gibt es nun nicht einen einzigen Gast, der nur eingeladen wäre, sondern sie alle sind genötigt worden zu kommen. Welch eine armselige Zurschaustellung des Herzens! Einer hat ein Stück Land gekauft, ein anderer fünf Joch Ochsen. Alles andere, nur nicht das Fest des Herrn. Dies ist der Gegensatz zwischen dem Tisch Gottes und dem des Menschen.[9]

Ein anderer schreibt:

Lieber Leser, denk einen Augenblick daran, was Gott die Erlösung gekostet hat. Und sollte der Eine, der so treu „das Werk vollendet, das ihm gegeben war“, etwa nichts bekommen? Soll das gehorsame Lamm leer ausgehen und der „brüllende Löwe“ alles bekommen, weil der Wille des Menschen dem Bösen zugeneigt ist? Wahrlich, dies würde aus dem Menschen den Töpfer und aus Gott den Ton machen (Röm 9,20.21). Gott sei Dank ist es nicht so. Dein Blut, dein Kreuz, deine Qual, Herr Jesus, waren nicht vergeblich, denn Gott hat bestimmt, dass du „von der Mühsal … Frucht sehen und [dich] sättigen“ wirst (Jes 53,11). Folglich wird der Diener mit der Ermahnung ausgesandt: „Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und bring die Armen“ etc. Der Befehl wird ausgeführt, der Diener kehrt zurück mit der Antwort: „Es ist noch Raum“, und wieder wird er ausgesandt mit dem Befehl: „Geh hinaus auf die Wege und Zäune und nötige sie hereinzukommen.“ In seiner Liebe sichert Gott die Rettung für eine verlorene Welt. Die Welt antwortet mit Ablehnung. In Treue zu seinem Sohn wird Er nun durch Auserwählung dafür sorgen, dass sein Haus voll wird. Seine souveräne Gnade will nun Menschen aus der Welt herausrufen (Joh 17). Unbegreifliche Wege Gottes! Der kurzsichtige Mensch mag aufgrund von Teilen der Wahrheit, die er vom Rest abtrennt, religiöse Parteiungen bilden, aber als Ganzes betrachtet – wie wunderbar ist die Wahrheit! Jeder einzelne Gerettete ist ein direktes Werk des souveränen und gnädigen Willens Gottes. Dieser Wille schränkt nicht eine Rettung ein, die freier ist als die Luft, sondern offenbart stattdessen nur, wie halsstarrig der Mensch die Rettung ablehnt.

So manch einer mag hier fragen: Wird denn ein Sünder gegen seinen Willen gerettet? Darauf antworte ich: Warum warst du wochen- und monatelang in Leid und Elend, bevor du Frieden mit Gott fandest? Dein Wille, dein elender, böser (sündhafter) Wille musste gebrochen werden, bevor du dich dem Willen Gottes beugtest und von Jesus Christus gerettet wurdest. Es war nicht nötig, dass du so leiden musstest. Für Gott war das alles fruchtlos. Christus hat alles getan. Der Gute Hirte kümmerte sich um dich, während du Ihm standgehalten hast, solange du konntest. Alle Kinder Gottes werden eines Tages feststellen, dass sie bei ihrer Errettung so gehandelt haben, und ihr Verhalten auf der Erde ist von ihrer Erkenntnis zu Beginn kein bisschen beeinflusst worden.[10]

Betrachten Sie noch einmal den letzten Satz. Es wurde bemerkt, dass, je näher wir (praktisch gesehen) bei Gott sind, umso mehr den moralischen Abstand zwischen Gott und dem Menschen in seinem verlorenen Zustand erkennen.

Wie zitierte doch Charles Stanley von Rotherham eine Strophe eines Kirchenliedes:

Nicht nur, dass das große Mahl vorbereitet ist, sondern die Ausgestoßenen von den Gassen und Hecken werden genötigt hereinzukommen. Oh, wie sie singen: Dieselbe Liebe, die das Fest bereitete, nötigte[11] mich hereinzukommen, andernfalls hätte ich mich geweigert, daran teilzunehmen, und wäre in meiner Sünde umgekommen.[12][13]

C.H. Mackintosh sagte, dass jeder von uns gebracht oder genötigt wurde; andernfalls wären wir draußen geblieben:

In jedem Band der Menschheitsgeschichte über die Geschichte der menschlichen Rasse lesen wir somit in jedem Absatz, auf jeder Seite, in jedem Abschnitt, in jeder Zeile von der völligen Verdorbenheit des Menschen, seiner äußersten Entfremdung von Gott. Wir sind klar und deutlich belehrt, dass er (falls er sich selbst überlassen ist) sich niemals an Gott wenden könnte und würde, obwohl er sich ganz gewiss an Ihn wenden und Werke der Buße tun sollte. Und wenn wir uns völlig daran halten, lernen wir aus dem Gleichnis unseres Herrn über das große Gastmahl in Lukas 14, dass am Tisch nicht ein einziger Gast zu finden ist, der nur eingeladen war. Alle, die dort sitzen, wurden „gebracht“ oder „genötigt“. Keiner wäre gekommen, wenn er sich selbst überlassen gewesen wäre. Gnade, freie Gnade, muss sie drängen hineinzukommen, und genau so geschieht es – gepriesen sei der Gott aller Gnade![14]

Was die Ansicht betrifft, Gott könne den freien Willen des Menschen nicht brechen, wenn auch Philipper 2,10.11 nicht den Ausdruck benutzt, dass jedes Knie genötigt sein wird, sich zu beugen – meinen Sie, der ewig Unbußfertige werde sich freiwillig beugen? Oder wird Gott seinen vermeintlich moralisch freien Willen brechen und ihn zwingen, es zu tun? Wird es irgendeines Menschen Wille sein, in die bewusste, ewige Strafe einzugehen? Ist Gott im Begriff, seinen freien Willen zu brechen, indem Er ihn bewusster, ewiger Strafe aussetzt? Wie gesegnet ist es, die eigene totale Verdorbenheit der menschlichen Natur einzugestehen und dass Gott zu unseren Gunsten souverän eingegriffen hat, um uns zu nötigen hereinzukommen. Er hat unseren moralisch gebundenen Willen durch den sanften Zwang souveräner Gnade überwunden. Den Grundsatz aus Philipper 2,13 findet man ebenso im Römerbrief:

  • Röm 9,16: So liegt es nun nicht an dem Wirkenden oder an dem Laufenden, sondern an Gott.

„Nicht an dem Wollenden“ zeigt, dass Gnade von Gott nicht durch irgendetwas, was im Menschen ist, erreicht wird. „Noch an dem Laufenden“ zeigt dagegen, dass kein Handeln aufseiten des Menschen sich Gottes Gnade sichern kann. Seine Gnade wird souverän gegeben.

  • Jak 1,18: Nach seinem eigenen Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt.

Dies ist die neue Geburt, die wir im nächsten Kapitel betrachten werden. Hier stellen wir fest, dass Er uns durch das Wort Gottes geboren hat. Es wird zusammen mit Glauben souverän in unsere Seelen hineingepflanzt.

Worin liegt das Problem, zuzugeben, dass der Mensch vollkommen verloren ist, was auch seine völlige moralische Unfähigkeit, zu kommen, mit einbezieht? Wie jemand einmal bemerkt hat: „Je näher wir praktisch bei Gott sind, umso mehr sehen wir die ungeheure moralische Entfernung zwischen dem natürlichen Menschen und Gott.“

Das Wort nötigen

An dieser Stelle sollten wir unsere Aufmerksamkeit auf ein Phänomen richten: Solche, die an den moralisch freien Willen Gott gegenüber glauben, versuchen nämlich, den Schriftgebrauch solcher Worte wie „nötigen“ und „tot“ (was den geistlichen Zustand des Menschen Gott gegenüber beschreibt) zu verdrehen. Betrachten wir einige Beispiele, die das Wort „nötigen“ betreffen. Wenn wir Johannes 5,24.25 und Epheser 2,1-5 betrachten, werden wir die Verdrehung der sich ergänzenden Worte „tot“ und „lebendig machen“ bemerken. Was das Wort „nötigen“ betrifft – warum sonst würde N. Crawford über die Notwendigkeit, die Vorstellung über den freien Willen Gott gegenüber aufrechtzuerhalten, schreiben:

Aber nötigt der Heilige Geist Sünder, gegen ihren Willen zu kommen? Nein, aber durch seine erweckende {Was ist das? Er kann nicht Lebendig-Machung meinen.} und überführende Kraft macht Er sie willens und besorgt, dem kommenden Zorn zu entfliehen (Joh 16,8-11).

Wir dürfen in das Wort „nötigen“ (anankazo) niemals den Gedanken der „unwiderstehlichen Gnade“ hineinlesen. Der Geist gebraucht keinen Zwang, aber Er drängt Sünder ungeachtet ihres Widerstrebens zu kommen und drängt sie durch sein geduldiges Mühen.[15]

Was ist „erwecken“? Sowohl in Johannes 5 als auch in Epheser 2 finden wir zwei korrelative Begriffe, tot und lebendig machend. Wenn die Toten erweckt sind, sind sie ipso facto [allein durch diese Tatsache] lebendig gemacht; und wenn sie somit aus dem geistlichen Tod Gott gegenüber lebendig gemacht sind, so ist dies das anfängliche Werk in der Seele, und ipso facto ist die Person willens gemacht und somit genötigt, zum großen Gastmahl zu kommen. Außerdem ist es semantischer Unsinn, zu sagen: „Der Geist übt keinen Zwang aus, aber Er nötigt Sünder zu kommen.“

„Nötigen“ [constrain] bedeutet:

  1. Jemand zwingen oder drängen; mit unwiderstehlicher Macht drängen …
  2. Durch Gewalt einschränken; an der Flucht oder am Handeln hindern; binden oder einschränken …
  3. Durch Gewalt oder Anstrengung etwas bekommen oder hervorrufen oder bewirken, als Zustimmung oder Einverständnis eines anderen.[16]

Andere sagen uns, dass Gott Sünder nicht „zwingt [coerce]“. Warum das Wort „zwingen“ benutzen, wenn die Schrift „nötigen [compel]“ benutzt? Das gleiche Wörterbuch sagt über zwingen [coerce]:

  1. Durch Gewalt hindern; jemand durch Gewalt vom Handeln abhalten, besonders durch Justizbehörden; hemmen, unterdrücken.
  2. Zwingen; nötigen.

Im Grunde bedeutet der Einwand, dass der Mensch in der Lage sei, zu wählen, an Gott zu glauben. Es ist die Vorstellung vom moralisch freien Willen Gott gegenüber, gleichgültig, wie diese Idee verkleidet ist, was den Geist Gottes betrifft. Dieser Gedanke bedeutet tatsächlich, dass Gott bei der Errettung von Sündern eigentlich nicht souverän ist. In Wirklichkeit bedeutet es eine Missachtung solcher Bibelstellen wie Johannes 1,18, Johannes 1,13 etc. Mit souveräner Gnade bei der Errettung meinen wir, dass es die Gnade ist, welche die Oberhand gewinnt über den Sünder. Die neue Geburt ist das Ergebnis des souveränen Handelns des Willens Gottes, der eine neue Natur und Glauben hineinpflanzt und Buße gewährt. Das Nötigen des Geistes ist sanfter Zwang der Gnade. Ohne dem würden wir in die Hölle fahren.

Der Herausgeber von Truth and Tidings, Dr. A.J. Higgins, schrieb:

Nach dem Bild Gottes gemacht ist er ein aus freien Stücken Handelnder (Sept. 2001, S. 229).[17]

So sagt N. Geisler:

Da der freie Wille ein Teil des Bildes Gottes ist … {op. tit., S. 259, 22001}.

Diese falsche Vorstellung über das Bild haben wir in Kapitel 1 behandelt. Der bekannte „progressive Dispensationalist“ Darrell L. Bock drückt in einem Satz aus, wie ihm die Lehre aus dem Gleichnis über das souveräne Handeln des Geistes und den vollkommen verlorenen Zustand des Menschen entgeht:

Er ist nicht dabei, irgendjemand zu zwingen zu kommen, wie seine Reaktion auf die ursprünglich Geladenen zeigt.[18]

Nun, warum sagt er „nicht … erzwingen“ anstatt zu sagen, dass Gott nicht „jemand nötigen“ würde zu kommen? Das gleiche Wörterbuch sagt über erzwingen [force]:

1. Nötigen; jemand (einen Menschen oder ein Tier) mit Gewalt dazu bringen, etwas zu tun; so wie Herren ihre Sklaven zur Arbeit zwangen.

Gottes Nötigung hier ist überhaupt nicht das Gleiche wie die des Menschen. Indem Er lebendig macht (lebendig machen aus dem geistlichen Tod; das heißt jene lebendig machen, die keine moralische Fähigkeit Gott gegenüber haben), befreit Gott gnädigerweise den versklavten, an die alte Natur geknechteten Willen, indem Er eine neue Natur einpflanzt, so dass der Wille, der nun durch die neue Natur geleitet wird, den Willen Gottes liebt und tut. Das ist der Anfang des Werkes, auf das in Philipper 1,6 Bezug genommen wird. Lebendigmachung ist begleitet von Glauben, und zwar von dem Glauben, der von Gott gleichzeitig in diese Person eingepflanzt wird. Gott hat also in ihm das Wollen als auch das Wirken von Philipper 2,13 gewirkt. Die Person wurde folglich zu einem Teilhaber an der göttlichen Natur gemacht und ist fähig zur Buße. Lebendigmachung, begleitet von Glauben (der vielleicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles ergriffen hat, was er ergreifen sollte), geht der Buße voraus. Mit der neuen Natur hat nun die Person die moralische Fähigkeit, Buße zu tun. Sie will nun Buße tun. Gott hat die Bereitschaft dazu in ihr bewirkt. Das ist es, was das Wort „nötigen“ mit einbezieht. All das umfasst die Erkenntnis, dass der Mensch durch seinen angeblich moralisch freien Willen Gott gegenüber die Einladung Gottes nicht annimmt.

Jene, die glauben, der Mensch habe die moralische Fähigkeit, Glauben auszuüben und dem Evangelium zu glauben, betrachten dies natürlich nicht in dieser Art und Weise. Sie setzen Glauben (es ist menschlicher Glaube, kein von Gott eingepflanzter Glaube) vor „Wiedergeburt“ (wir würden stattdessen von „Lebendigmachung“ reden). Wenn Gott uns von unserer Versklavung an die Sünde im Fleisch in der im oben angeführten Abschnitt beschriebenen Art und Weise freisetzt, wird dies von jenen, die an den freien Willen des Menschen glauben, als eine Verletzung der menschlichen Freiheit betrachtet. Dieser Gedanke ist verwunderlich und kann nur bestehen, wenn man behauptet, der Mensch sei eigentlich nicht tot und habe somit keine Lebendigmachung nötig und er sei nicht der Sklave der Sünde im Fleisch, sondern vielmehr moralisch dazu in der Lage, zwischen Glauben und Nicht-Glauben zu wählen. Damit leugnet man, dass der Mensch völlig verloren ist. In Wirklichkeit bejaht all dies, dass der Mensch eigentlich auf Gottes Einladung antwortet, und verneint, dass irgendeiner genötigt ist, zu dem großen Gastmahl zu kommen. Das ist der Kern der Arminianismus und des Semi-Pelagianismus.

Letztendlich hat für den Gebrauch eines Wortes der Kontext eine Bedeutung, und „nötigen“ sollte in diesem Gleichnis in seiner Bedeutung gesehen werden im Gegensatz zu der Einladung, die ohne Ausnahme abgelehnt wird.

Der Ruf der Einladung und der (wirksame) Ruf in Kraft

Wir haben gesehen, dass alle, die eingeladen wurden, es ablehnten, zu kommen – ohne Ausnahme. Ist dies nicht eine ernste Lektion über den völlig verlorenen Zustandes des Menschen? Wir wollen dies als einen Ruf der Einladung oder als den Evangeliumsruf bezeichnen, um ihn von dem Ruf an jene, die zum Kommen genötigt werden, zu unterscheiden. Was diese betrifft, so wollen wir diesen Ruf einen wirksamen Ruf oder den Ruf in Kraft oder den Ruf des Zwanges oder den Ruf der göttlichen Auswahl nennen, der eine lebendig machende Kraft über jene einschließt, die Gott gegenüber geistlich tot sind. Und diese Bezeichnungen werden uns helfen, folgenden Vers zu verstehen:

  • Mt 22,14: Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.
    (Vgl. Mt 20,26).

„Chapter 2: God’s Invitation to ruined Man“
aus God’s Sovereignty and Glory in the Election and Salvation of Lost Men
Jackson (Present Truth Publishers) 2003

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Anmerkungen

[1] P.J. Loizeaux, „Man’s Supper and God’s. Lukas 14“ in Helps by the Way, New Series, Jg. 2, 1880, S. 322–324.

[2] Was diese Person sagte, bezog sich auf die irdische Berufung Israels. Gott wird einmal auf der Erde herrschen und dies wird auf eine menschliche Weise das Glück des Menschen sein. An ihrem eigenen Platz ist das richtig und angemessen, aber der Herr war dabei, durch Gnade eine andere Berufung einzuführen, nämlich die himmlische Berufung (Heb 3,1). Das große Gastmahl ist verbunden mit der Änderung, eine neue Berufung einzuführen, während die irdische Berufung Israels aufgeschoben ist, bis Gottes gegenwärtiges Handeln vollendet ist.

[3] The Bible Treasury, New Series, Jg. 4, 1871, S. 79.

[4] Denken Sie an die absurde Behauptung, die Samuel Fisk anführt: „Gottes Befehle befähigen jemand …“ (Divine Sovereignty and Human Freedom, Neptune (Loizeaux) 1973, S. 50.

[5] The Bible Treasury, Jg. 8, S. 179.

[6] H.P., The Present Testimony, Jg. 8, S. 318.

[7] Hier lesen wir von „Ärger“ aufgrund der Ablehnung des Menschen, zu seinem Gnadenerweis zu kommen. Im Gegensatz dazu finden wir in Lukas 15 „Freude“ im Zusammenhang mit dem dreifachen Gleichnis, das die göttlichen Personen zeigt, die damit beschäftigt sind, Sünder zu finden und sie – wohin? – ins Haus zu bringen.

[8] Gott ist Licht, und jene, die nicht beim großen Gastmahl sind, werden in die äußerste Finsternis (beachten Sie den Gegensatz) geworfen.

[9] J.B. Bellett, Notes on the Gospel of Luke, Oak Park (Bible Truth Publishers) o.J., S. 57.

[10] „A Savour of Rest“ in Helps by the Way, New Series, Jg. 2, 1880, S. 326–328.

[11] Als Antwort auf die Frage, wie der Diener (der Heilige Geist) nötigt, schreibt Harold Spurgeon Paisley (1924–2015):

Er nötigt, indem er bei jenen Eingeladenen, die arm, versehrt, lahm und blind sind, das Gefühl ihrer eigenen Bedürftigkeit hervorruft; und indem Er das tut, bringt Er sie in ihrem Elend dazu, zu dem Fest zu kommen, damit dem abgeholfen werde. (H.S. Paisley, Words in Season, Nov. 2001, S. 235)

„Jene Eingeladenen“, das heißt alle, ohne Ausnahme, entschuldigten sich, wie wir das im Gleichnis sahen. Alle anderen wurden „gebracht“ und „genötigt“. Neben seiner Verzerrung der Tatsachen führt er den Choral an und ändert das Wort „nötigen“ [force] in „ziehen“ [draw]. Wenn wir Gottes Souveränität im Johannesevangelium betrachten, werden wir sehen, dass alle, die vom Vater gezogen werden, zu Christus kommen, und nur jene, die vom Vater gezogen werden, kommen tatsächlich. Das „Ziehen“ des Vaters ist beteiligt am „Nötigen“ durch den Geist und am „Lebendigmachen“ der toten Sünder durch den Sohn.

[12] Übersetzt aus dem dem Lied „How sweet and awful was the place“ von Isaac Watts (1674–1748): Twas the same love that spread the feast, | that sweetly forced me in, | else I had still refused to taste, | and perished in my sin.

[13] Selected Writings of Charles Stanley, Bd. 1, S. 188, St. Louis (Bible Truth Publishers) o.J.

[14] C.H. Mackintosh, Responsibility and Power, Short Papers.

[15] N. Crawford, „Luke“ in The Ritchie New Testament Commentaries Series,  Kilmarnock (Ritchie) 1989, S. 250.

[16] Aus Webster’s New Twentieth Century Dictionary of the English Language Unabridged, 21975.

[17] Siehe die Anmerkungen zu dem Thema über das Bild Gottes in Kapitel 1.

[18] Darell L. Bock, Lukas 9:51-24:53, Grand Rapids (Baker) 1996, S. 1277.


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