Er ist wahrhaftig auferstanden
Die Berichte aus den vier Evangelien

Werner Mücher

© W. Mücher, online seit: 01.01.2001, aktualisiert: 30.04.2021

Leitverse: Matthäus 28; Markus 16; Lukas 24; Johannes 20

Die Auferstehung des Herrn Jesus ist eins der festen Fundamente des christlichen Glaubens. Nur der Glaube an einen gestorbenen und auferstandenen Herrn öffnet Menschen den Weg zur Errettung und zur ewigen Herrlichkeit. Die Auferstehung des Herrn Jesus selbst finden wir nicht beschrieben in Gottes Wort – wie sollte das auch möglich sein –, aber die Tatsache und auch die Begleitumstände werden sehr wohl mitgeteilt. Es ist der Mühe wert, noch einmal nachzulesen, was die Evangelisten über die Ereignisse in Verbindung mit der Auferstehung des Herrn geschrieben haben.

Bei einem Vergleich der einzelnen Berichte scheint es auf den ersten Blick Widersprüche zu geben. Wir wollen deshalb in diesem Beitrag den Versuch machen, die einzelnen Begebenheiten in ihrer Reihenfolge zu behandeln.

Maria Magdalene und die andere Maria gehen Samstagabend zur Gruft

Der Bericht über die Ereignisse in Verbindung mit der Auferstehung beginnt im Evangelium nach Matthäus mit den Worten: „Aber spät am Sabbat, in der Dämmerung des ersten Wochentages, kamen Maria Magdalene und die andere Maria, um das Grab zu besehen“ (Mt 28,1). Manche meinen, dass sich diese Angabe auf den Sonntagmorgen, den Morgen der Auferstehung, bezieht, doch ein Vergleich mit Markus 16,1 lässt wohl keinen Zweifel daran, dass Maria Magdalene und die andere Maria an dem Samstagabend noch einmal zum Grab gegangen sind. Die „andere Maria“ war wohl Joses’ Mutter (Mk 15,47). Von beiden Frauen lesen wir in Markus 15,47, dass sie in dem Augenblick, als der Leib Jesu in die Gruft gelegt wurde, anwesend waren. Maria Magdalene fällt von Anfang an durch eine starke Anteilnahme an den Geschehnissen auf. Vermutlich stand sie auch die meiste Zeit, als der Herr am Kreuz hing, bei dem Kreuz (Joh 19,25).

In Markus 16,1 ist die Rede davon, dass Maria Magdalene und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome ebenfalls an dem Samstagabend wohlriechende Spezereien kauften, mit denen sie den Herrn salben wollten. Sie konnten das erst jetzt tun, weil der Sabbat nun zu Ende war. Es war ihre Absicht, die Einbalsamierung am nächsten Morgen vorzunehmen (vgl. Mk 16,2-8).

Maria Magdalene kommt sehr früh am nächsten Morgen zur Gruft

Wie viele Eindrücke hat Maria Magdalene in den vergangenen Tagen und besonders am letzten Tag zu verarbeiten gehabt. Ob sie wohl in dieser Nacht viel geschlafen hat? Sie hat an all dem Geschehen zutiefst Anteil genommen. Wir wissen ja, dass Maria früher einmal von sieben Dämonen besessen gewesen war, bevor sie dem Herrn Jesus begegnete und Er diese Dämonen von ihr austrieb (Lk 8,2; Mk 16,9). Sicher hat sie den Herrn Jesus in einer ganz besonderen Weise geschätzt und geliebt. Wie sehr hatte Er ihr Leben verändert. Sehr früh steht sie an diesem neuen Morgen auf. Sie weiß noch nicht, was kurz zuvor geschehen ist. Sie verlässt das Haus und begibt sich wieder zur Gruft. Es ist noch dunkel. Doch was ist das? Wie sie der Gruft immer näher kommt, sieht sie, dass der große Stein von der Gruft weggenommen ist. Was hat das zu bedeuten? Davon muss sie natürlich den Jüngern berichten.

Andere Frauen kommen zur Gruft

Inzwischen ist die Sonne aufgegangen. Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome haben sich auf den Weg gemacht, um den Leib des Herrn zu salben. Maria Magdalene ist bereits bei der Gruft. Die Frauen unterhalten sich unterwegs, wie wohl der Stein weggewälzt werden kann. Es ist alles so unfassbar für sie, dass der Herr vor zwei Tagen am Kreuz hingerichtet worden ist. Plötzlich blicken sie auf. Was ist das? Der Stein ist ja bereits weggewälzt.

Wie sie weitergehen und in die Gruft eintreten, sehen sie dort einen jungen Mann sitzen.[1] Entsetzen packt die Frauen. Doch der Engel spricht sie mit den Worten an: „Entsetzt euch nicht; ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hingelegt hatten. Aber geht hin, sagt seinen Jungem und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat“ (Mk 16,2-7). Er ist auferstanden? Voller Entsetzen und Furcht fliehen die Frauen von der Gruft. Für den Augenblick können sie über das Erlebte nicht berichten.

Petrus und Johannes laufen zur Gruft

Ob Maria Magdalene diesen Ausspruch des Engels an die Frauen noch gehört hat, können wir nicht mit Bestimmtheit sagen. Jedenfalls hat sie sich nach einer Zeit von der Gruft entfernt und ist zu Petrus und Johannes gelaufen, um ihnen das Erlebte zu erzählen: „Sie haben den Herrn aus der Gruft weggenommen, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben“ (Joh 20,1-3). Sie sagt: „Wir wissen nicht“, sie schließt offensichtlich die anderen Frauen mit ein, die inzwischen gekommen waren. Sie muss diese also an der Gruft getroffen haben, bevor diese dann voller Furcht flohen.

Nachdem Maria Petrus und Johannes das Geschehene berichtet hat, machen sich beide unverzüglich auf den Weg zur Gruft. Johannes kann es nicht abwarten. Er läuft schneller als Petrus. Auf Petrus liegt eine schwere Last. Es ist etwas mehr als 48 Stunden her, dass er den Herrn verleugnet hat. Johannes erreicht als Erster die Gruft und beugt sich, draußen stehenbleibend, in die Gruft hinein. Was sieht er? Das Grab ist leer! Er betrachtet eingehend die leinenen Tücher.

Inzwischen ist auch Petrus angekommen. Er bleibt nicht draußen stehen. Er geht hinein. Er sieht ebenfalls die leinenen Tücher – da liegt auch das Schweißtuch, mit dem das Haupt des Herrn bedeckt war. Es liegt aber nicht bei den leinenen Tüchern, sondern besonders zusammengefaltet an einer anderen Stelle. Was hat das alles zu bedeuten?

Nun betritt auch Johannes die Gruft. Für ihn ist es jetzt klar, dass der Herr auferstanden ist. Er sah und glaubte. Was Petrus in diesen Augenblicken empfunden und gedacht haben mag, wissen wir nicht.

Beide gehen wieder heim. Unerklärbares Verhalten! Maria Magdalene ist zurückgekommen, bleibt draußen an der Gruft stehen und weint. Der Leib ihres Herrn ist nicht mehr da.

Maria Magdalene bleibt allein bei der Gruft

Maria Magdalene befindet sich immer noch in der Nähe der Gruft. Sie weint. Nun bückt sie sich in die Gruft und sieht zwei Engel in weißen Kleidern in der Gruft sitzen; der eine dort, wo das Haupt Jesu gelegen hatte, der andere zu seinen Füßen. Die beiden Engel sprechen Maria mit den Worten an: „Frau, was weinst du?“, worauf Maria antwortet: „Weil sie meinen Herrn weggenommen haben und ich nicht weiß, wo sie ihn hingelegt haben.“

Danach wendet sie sich um und sieht den Herrn, ohne Ihn zu erkennen. Sie meint, Er sei der Gärtner. Sie hat nur ein Verlangen: in den Besitz des Leibes Jesu zu kommen. Der Gedanke, dass Menschen diesen Leib misshandeln könnten, scheint für sie unerträglich. Welch eine Wertschätzung Jesu kommt in all ihrem Handeln und Sprechen zum Ausdruck. Die Frauen waren geflohen. Johannes und Petrus waren wieder nach Hause gegangen. Maria Magdalene ist dort geblieben. Das Verhalten dieser Frau spricht sehr zu unseren Herzen.

Maria Magdalene hatte sicher weitaus weniger Verständnis über die Person Jesu als Maria von Bethanien, die in ihrem richtigen Vorempfinden – ohne dass sie es wohl selbst wusste – den Leib des Herrn eine Woche zuvor im Voraus einbalsamiert hatte. Maria Magdalenes Liebe zum Herrn lässt sie die Gruft nicht verlassen. Sie ist nur von dem einen Gedanken beherrscht, den Leib Jesu zu finden. Ist es da verwunderlich, dass der Herr Jesus sich ihr als erstem Menschen nach seiner Auferstehung offenbart? „Als er aber früh am ersten Wochentage auferstanden war, erschien er zuerst der Maria Magdalene, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte“ (Mk 16,9).

Der Herr Jesus nennt ihren Namen: „Maria!“ Und im selben Augenblick dreht sie sich um und sagt zu Ihm: „Rabbuni!“ Da steht Er, den sie immer noch tot glaubte, lebendig vor ihr. Einmal war Er ihr begegnet, als Er sie aus der Herrschaft der Dämonen befreit hatte. Da lernte sie Ihn als ihren Erretter kennen. Nun begegnet sie Ihm als dem Auferstandenen. Sie ist es, die dann die herrliche Botschaft den Jüngern, die der Herr hier „meine Brüder“ nennt, verkündigen soll, dass Er zu seinem Vater und ihrem Vater und zu seinem Gott und ihrem Gott auffahren würde. Das ist eine Botschaft, deren Tiefe und Glückseligkeit wir in Ewigkeit nicht ausschöpfen können.

Die Frauen berichten nun den Jüngern

Schon einmal hatte Maria Magdalene die Jünger Petrus und Johannes aufgesucht, um ihnen von dem leeren Grab zu berichten. Nun macht sie sich ein zweites Mal auf den Weg, um die Botschaft des Herrn Jesus zu überbringen, wie Er es ihr auf getragen hat. Es kann gut sein, dass sie auf diesem Weg mit den anderen Frauen zusammengetroffen ist, die von der Gruft geflohen waren (Mk 16,8). Lukas berichtet die gleiche Begebenheit, und er ist es auch, der davon schreibt, dass Maria Magdalene und Johanna und Maria, des Jakobus Mutter, zusammen waren und die Apostel über all das, was sie erlebt hatten, informierten (Lk 24,10).

Der Herr erscheint diesen Frauen

Bevor diese vielen Frauen jedoch zu den Jüngern kommen, ist der Herr ihnen auf dem Weg dorthin erschienen: „Als sie aber hingingen, es seinen Jüngern zu verkündigen, siehe, da kam Jesus ihnen entgegen und sprach: Seid gegrüßt!“ Sie fallen vor Ihm nieder und umfassen seine Füße. Nun gibt Er ihnen den Auftrag, dass sie hingehen und seinen Brüdern berichten sollen, dass Er nach Galiläa gehen würde und dass sie Ihn dort sehen würden (Mt 28,9.10). Lukas berichtet davon, wie die Frauen all das, was sie gesehen und gehört hatten, den Aposteln verkündigten (Lk 24,10). Lukas berichtet weiter, dass ihnen all diese Reden wie ein Märchen erschienen und sie nicht glaubten.

Der Herr erscheint dem Petrus

Berichtet Lukas in Kapitel 24,12 (Lk 24,12) von dem gleichen Ereignis, das Johannes in Kapitel 20,2-10 (Joh 20,2-10) beschrieben hat?[2] Oder ist Petrus ein zweites Mal zur Gruft gelaufen, vielleicht mit dem Wunsch, den auferstandenen Herrn dort zu treffen? Wir lassen diese Frage offen. Aus 1. Korinther 15,5 wissen wir jedoch, dass der Herr Jesus im Verlauf dieses Tages dem Petrus ganz allein erschienen ist. Wir nehmen an, dass da die Dinge zur Sprache gekommen sind, die durch die dreimalige Verleugnung des Herrn Jesus zwischen Petrus und dem Herrn standen. Die Szene am See Tiberias, wo der Herr den Petrus offiziell „wiederhergestellt“ hat, hat jedenfalls zu einem späteren Zeitpunkt stattgefunden.

Der Herr erscheint den Emmausjüngern

Lukas berichtet weiter davon, wie an diesem Auferstehungstag zwei Jünger von Jerusalem nach Emmaus unterwegs waren (Lk 24,13-35). Sie waren niedergeschlagen. Auch sie erkannten den Herrn zuerst nicht. Erst nachdem Er ihre Herzen brennend gemacht hatte, indem Er ihnen aus den Schriften die Notwendigkeit seines Todes erklärte und sich stellte, als wolle Er weitergehen, ging Er dann auf ihre dringende Bitte hin mit ihnen und gab sich ihnen durch das Brotbrechen zu erkennen. Glücklichen Herzens brachen sie unverzüglich auf, um das Erlebte den Jüngern in Jerusalem zu berichten. Da waren die zehn Jünger versammelt, Thomas war nicht bei ihnen.[3] Und sowie die beiden Jünger ankommen, um von ihren Erfahrungen zu berichten, hören sie, dass der Herr dem Petrus bereits erschienen ist. Nun erzählen auch die Emmausjünger ihre Erlebnisse.

Der Herr tritt in die Mitte der versammelten Jünger

Sie haben noch nicht zu Ende berichtet, da steht plötzlich der Herr in der Mitte der versammelten Jünger mit den Worten „Friede euch“ (Lk 24,36-49; Joh 20,19-23). Welch ein Augenblick, den Herrn wieder in der Mitte zu haben!

Die Jünger erschrecken, werden von Furcht erfüllt und meinen, einen Geist zu sehen. Das ist ja alles unfassbar. Kann das denn sein? Der Herr kennt ihre Gedanken. Er zeigt ihnen die durchbohrten Hände und Füße. Sie können es vor Freude noch nicht glauben. Es ist alles so unwirklich. All das liegt völlig außerhalb ihres Erfahrungsbereichs. Der Herr kommt ihnen zu Hilfe. Er bittet sie um etwas Essbares. Sie reichen Ihm gebratenen Fisch und eine Honigscheibe. Er isst vor ihren Augen. Niemals werden die Jünger diese Eindrücke und die Worte, die der Herr da zu ihnen gesprochen hat, vergessen.

Welch ein einmaliger Tag in der Geschichte der Menschheit: der Tag der Auferstehung unseres Herrn. „Glückselig sind, die nicht gesehen und geglaubt haben“ (Joh 20,29).


Originaltitel: „Er ist wahrhaftig auferstanden“
aus Folge mir nach, 2/1995, S. 25–28

Anmerkungen

[1] Lukas berichtet, dass zwei Engel in der Gruft waren. Matthäus und Markus erwähnen nur einen Engel, nämlich den, der zu ihnen gesprochen hat. Den anderen lassen sie unerwähnt.

[2] Es ist typisch für Lukas, dass er oft die zeitliche Reihenfolge unbeachtet lässt.

[3] Lukas schreibt zwar von den Elf, die versammelt waren (Lk 24,33), ohne den besonderen Umstand zu erwähnen, dass Thomas nicht anwesend war.


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen