Die Versöhnung Absaloms (17)

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© Soundwords, online seit: 02.05.2017, aktualisiert: 05.05.2020

2Sam 14,1-33: 1 Und Joab, der Sohn der Zeruja, merkte, dass das Herz des Königs nach Absalom stand. 2 Da sandte Joab nach Tekoa und ließ von dort eine kluge Frau holen; und er sprach zu ihr: Stell dich doch trauernd und zieh Trauerkleider an und salbe dich nicht mit Öl, und sei wie eine Frau, die schon viele Tage über einen Toten trauert; 3 und geh zum König hinein und rede zu ihm nach diesem Wort. Und Joab legte ihr die Worte in den Mund. 4 Und die tekoitische Frau sprach zum König, und sie fiel auf ihr Gesicht zur Erde und beugte sich nieder und sprach: Hilf, o König! 5 Und der König sprach zu ihr: Was hast du? Und sie sprach: Ach, ich bin eine Witwe, und mein Mann ist gestorben. 6 Und deine Magd hatte zwei Söhne, und sie zankten sich beide auf dem Feld, und niemand war da, der rettend dazwischentrat; und der eine schlug den anderen und tötete ihn. 7 Und siehe, die ganze Familie ist gegen deine Magd aufgestanden, und sie sprechen: Gib den heraus, der seinen Bruder erschlagen hat, damit wir ihn töten für die Seele seines Bruders, den er ermordet hat, und auch den Erben vertilgen! Und so wollen sie meine Kohle auslöschen, die mir übrig geblieben ist, um meinem Mann weder Namen noch Überrest auf dem Erdboden zu lassen. 8 Da sprach der König zu der Frau: Geh in dein Haus, und ich werde deinetwegen gebieten. 9 Und die tekoitische Frau sprach zum König: Auf mir, mein Herr König, und auf dem Haus meines Vaters sei die Ungerechtigkeit; der König aber und sein Thron seien schuldlos! 10 Und der König sprach: Wer gegen dich redet, den bring zu mir, und er soll dich fortan nicht mehr antasten. 11 Und sie sprach: Der König gedenke doch des Herrn, deines Gottes, damit der Bluträcher nicht noch mehr Verderben anrichte und sie meinen Sohn nicht vertilgen! Und er sprach: So wahr der Herr lebt, wenn von den Haaren deines Sohnes eines auf die Erde fällt! 12 Und die Frau sprach: Lass doch deine Magd ein Wort zu meinem Herrn, dem König, reden! 13 Und er sprach: Rede! Da sprach die Frau: Und warum hast du so etwas gegen Gottes Volk im Sinn? Denn da der König dieses Wort geredet hat, ist er wie schuldig, weil der König seinen Verstoßenen nicht zurückholen lässt. 14 Denn wir müssen gewiss sterben und sind wie Wasser, das auf die Erde geschüttet ist, das man nicht wieder sammeln kann; und Gott nimmt nicht das Leben weg, sondern er sinnt darauf, dass der Verstoßene nicht von ihm weg verstoßen bleibe. 15 Und nun, dass ich gekommen bin, um dieses Wort zum König, meinem Herrn, zu reden, ist, weil das Volk mich in Furcht versetzt hat. Da dachte deine Magd: Ich will doch zum König reden, vielleicht wird der König das Wort seiner Magd tun; 16 denn der König wird erhören, um seine Magd aus der Hand des Mannes zu erretten, der mich und meinen Sohn zusammen aus dem Erbteil Gottes vertilgen will. 17 Und deine Magd dachte: Das Wort meines Herrn, des Königs, möge doch zur Beruhigung sein; denn wie ein Engel Gottes, so ist mein Herr, der König, um das Gute und das Böse anzuhören; und der Herr, dein Gott, sei mit dir! 18 Da antwortete der König und sprach zu der Frau: Verhehle mir doch ja nichts, wonach ich dich fragen will! Und die Frau sprach: Möge doch mein Herr, der König, reden! 19 Und der König sprach: Ist die Hand Joabs mit dir in all diesem? Und die Frau antwortete und sprach: So wahr deine Seele lebt, mein Herr König, wenn zur Rechten oder zur Linken zu weichen ist von allem, was mein Herr, der König, redet! Denn dein Knecht Joab, er hat es mir geboten, und er hat deiner Magd alle diese Worte in den Mund gelegt. 20 Um das Aussehen der Sache zu wenden, hat dein Knecht Joab dieses getan; aber mein Herr ist weise, gleich der Weisheit eines Engels Gottes, dass er alles weiß, was auf der Erde vorgeht. 21 Und der König sprach zu Joab: Sieh doch, ich habe dies getan; so geh hin, hole den Jüngling, Absalom, zurück. 22 Da fiel Joab auf sein Angesicht zur Erde und beugte sich nieder und segnete den König; und Joab sprach: Heute weiß dein Knecht, dass ich Gnade gefunden habe in deinen Augen, mein Herr König, weil der König das Wort seines Knechtes getan hat. 23 Und Joab machte sich auf und ging nach Gesur, und er brachte Absalom nach Jerusalem.  24 Aber der König sprach: Er soll sich zu seinem Haus wenden und mein Angesicht nicht sehen. Und Absalom wandte sich zu seinem Haus und sah das Angesicht des Königs nicht. 25 Und in ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom; von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehl an ihm. 26 Und wenn er sein Haupt scheren ließ – es geschah nämlich Jahr für Jahr, dass er es scheren ließ, denn es war ihm zu schwer, und so ließ er es scheren –, so wog sein Haupthaar zweihundert Sekel, nach dem Gewicht des Königs. 27 Und Absalom wurden drei Söhne geboren und eine Tochter, ihr Name war Tamar; sie war eine Frau, schön von Aussehen. 28 Und Absalom wohnte zwei volle Jahre in Jerusalem; und er sah das Angesicht des Königs nicht. 29 Da sandte Absalom zu Joab, um ihn zum König zu senden; aber er wollte nicht zu ihm kommen. Und er sandte noch ein zweites Mal, aber er wollte nicht kommen. 30 Da sprach er zu seinen Knechten: Seht, das Feldstück Joabs ist an meiner Seite, und er hat dort Gerste; geht hin und zündet es mit Feuer an! Und die Knechte Absaloms zündeten das Feldstück mit Feuer an. 31 Da machte Joab sich auf und kam zu Absalom ins Haus und sprach zu ihm: Warum haben deine Knechte das Feldstück, das mir gehört, mit Feuer angezündet? 32 Und Absalom sprach zu Joab: Siehe, ich habe zu dir gesandt und dir sagen lassen: Komm her, dass ich dich zum König sende, um ihm zu sagen: Warum bin ich von Gesur gekommen? Es wäre besser für mich, ich wäre noch dort. Und nun möchte ich das Angesicht des Königs sehen; und wenn eine Ungerechtigkeit an mir ist, so töte er mich! 33 Da begab sich Joab zum König und berichtete es ihm. Und er rief Absalom; und er kam zum König und warf sich auf sein Gesicht zur Erde nieder vor dem König, und der König küsste Absalom. 

Die Geschichte der Versöhnung Absaloms, des Sohnes Davids, in 2. Samuel 14 zeigt uns wichtige Prinzipien der Versöhnung durch

  • Elemente, die wir bei unserer Versöhnung wiederfinden
  • Elemente, die dort fehlen
  • Gegensätze.

Dazu wollen wir dieses Kapitel etwas näher betrachten.

Davids Sohn Absalom hatte Amnon, einen anderen Sohn Davids, getötet. Auch wenn Amnon an seinem eigenen Tod nicht schuldlos war – er hatte Absaloms Schwester vergewaltigt und sie danach nicht einmal geheiratet –, so war doch Absaloms Tat kaum etwas anderes als Mord. Um einer Bestrafung zu entgehen, flüchtete er ins Ausland. Dennoch liebte David seinen Sohn, und so lesen wir: „Und der König David sehnte sich, zu Absalom hinauszuziehen“ (2Sam 13,39).

Absalom ist unter anderem ein Bild eines Sünders heute, der – auch wenn er vor zweitausend Jahren nicht selbst am Kreuz stand – vor Gott auf der Seite der Mörder seines Sohnes steht, solange er sich nicht bekehrt hat. Daher lastet dieser Mord auch auf ihm. Und so wie Absalom in einem fernen Land weit weg von David war, so befindet sich der Sünder heute auch in weiter Entfernung von Gott im Herrschaftsgebiet Satans und der Sünde.

Davids Neffe und Heerführer Joab wollte eine Versöhnung zwischen Absalom und David zustande bringen. Wir wissen nicht, welche Motive ihn bewegten. War es Liebe? Oder war es eher ein politisch genialer Schachzug, um sich nicht nur der Gunst des Königs, sondern auch des möglichen Erben zu versichern (zumindest geht es in der Geschichte, die er erzählt, um den Erben [vgl. 2Sam 14,7])? Jedenfalls war Joab selbst bereit, an der Versöhnung mitzuarbeiten, und er holte sich auch eine weise Frau von Tekoa zu Hilfe.

Wir finden also drei Personen, die beteiligt sind, um eine Versöhnung zustande zu bringen, und eine Person, die versöhnt werden musste: David, Joab und die Frau von Tekoa sind alle drei daran beteiligt, Absalom zurückzubringen; darin sind sie letztlich eines Sinnes. So wie Davids Herz sich nach einer Versöhnung mit Absalom sehnte (2Sam 14,1), so sehnt sich auch das Herz Gottes des Vaters nach einer Versöhnung des Sünders (vgl. Lk 15,20; 2Kor 5,20). Joab wollte David die Freude der Versöhnung seines Sohnes machen und war bereit, einiges dafür zu tun. Und so wie Joab bereit war, selbst bis nach Gesur zu gehen, um Absalom zurückzuholen, so wurde der Sohn Gottes selbst Mensch und kam auf die Erde und ging an den Ort, wo wir geistlicherweise waren – im Tod[1] –, um den Wunsch des Vaters zu erfüllen und Sünder zurückzubringen. Noch eine dritte Person war beteiligt: Die Frau von Tekoa arbeitete am Herzen Davids, um ihn für eine Versöhnung bereitzumachen. In gleicher Weise ist heute der Heilige Geist in den Herzen tätig, um diese Bereitschaft zu bewirken (siehe auch Lk 15,8.9, wo die Frau in dem Gleichnis ein Bild vom Heiligen Geist ist). Doch an dieser Stelle begegnen wir einem entscheidenden Unterschied: Der Herr Jesus und der Heilige Geist müssen bei dem Vater nicht Fürsprache einlegen oder, mit Ehrfurcht gesagt, „Überzeugungsarbeit“ leisten, um Ihn uns gnädig zu stimmen. Vielmehr wirkt der Heilige Geist auf der anderen Seite: nämlich bei uns – die wir uns durch unsere Sünden von Gott entfernt hatten –, um uns dahin zu bringen, das Versöhnungsangebot Gottes anzunehmen (2Kor 5,18-21). Insofern hätte Joab zu der Frau besser gesagt: „Geh zu Absalom“, statt: „Geh zum König.“ Es war Absaloms Herz, das eine große Veränderung erfahren musste: Er hätte ebenso Buße tun müssen wie einst sein Vater, der nach dem Mord an Uria Buße getan hatte.

Auch die Rede der Frau aus Tekoa zeigt einen Unterschied auf zum Wirken des Geistes Gottes, um heute Sünder zu überführen. Im Blick auf die Ursache für das Zerwürfnis, das eine Versöhnung nötig machte, sagte sie nur: „Und deine Magd hatte zwei Söhne, und sie zankten sich beide auf dem Feld, und niemand war da, der rettend dazwischentrat; und der eine schlug den anderen und tötete ihn“ (2Sam 14,6). Hier ist nicht klar, wer der Schuldige ist; die Schuldfrage steht im Hintergrund. Bei einer Versöhnung muss die Schuldfrage jedoch zwingend geklärt und in Ordnung gebracht werden. Leider war auch genau das der Punkt, den David später bei der Versöhnung mit seinem Sohn vernachlässigte: Das Thema der Schuld Absaloms wurde überhaupt nicht angesprochen.

„Und Gott … sinnt darauf, dass der Verstoßene nicht von ihm weg verstoßen bleibe“ (2Sam 14,14). Diese Worte beschreiben eindrücklich, wie sehr Gottes Herz sich nach der Versöhnung des Menschen sehnt. Doch das ist nur die eine Seite der Wahrheit; die andere Seite lautet: „Aber keineswegs hält er für schuldlos den Schuldigen“ (2Mo 34,7). Gott bringt diese beiden sich widerstreitenden Grundsätze im stellvertretenden Opfer seines Sohnes zusammen. Damit bekommt die Gnade die Möglichkeit, den Schuldigen auf einer gerechten Grundlage zu begnadigen und ihn zurückzubringen. Doch diese Seite – die Seite der Gerechtigkeit – suchen wir in 2. Samuel 14 vergeblich. Und daher ist das Ergebnis dieser Versöhnung auch katastrophal: Absalom stiftet eine Rebellion gegen seinen eigenen Vater an und versucht, ihn umzubringen.

Die Ursache für Absaloms Rebellion und seinen Gedanken, David umzubringen, liegt auch in der Geschichte Davids selbst. Diesen Schwachpunkt in der Geschichte Davids nutzte Joab aus. David hatte selbst einen Mord begangen und war damit der Rache eines Bluträchers ausgesetzt. Daher „legte Joab ihr [der Frau von Tekoa] die Worte in den Mund“ (2Sam 14,3) und lässt sie sagen: „Der König gedenke doch des Herrn, deines Gottes, damit der Bluträcher nicht noch mehr Verderben anrichte und sie meinen Sohn nicht vertilgen!“ Und ohne zu klären, ob es sich um Mord oder Totschlag handelt, ohne also die Frage der Schuld anzugehen, gebietet David schnell: „So wahr der HERR lebt, wenn von den Haaren deines Sohnes eines auf die Erde fällt!“ (2Sam 14,11). Damit übergeht er Gottes Anweisung, dass nicht nur ein Mörder, sondern selbst ein Totschläger noch Zuflucht in einer Zufluchtsstadt suchen musste (4Mo 35,11). Wie können wir uns auf der einen Seite freuen, dass Gott bei der Versöhnung fünf nicht gerade sein lässt, sondern dass Er nach den Grundsätzen seiner eigenen Gerechtigkeit handelt! Und auf der anderen Seite können wir Ihm auch danken für die Zuflucht(sstadt), die Er uns in Christus bereitet hat.

Nachdem David sich einmal zu dieser Entscheidung hatte hinreißen lassen, macht die Frau ihn auf sein widersprüchliches Handeln aufmerksam: Wenn du in diesem Fall so handelst, dann darfst du doch im Fall Absalom nicht anders handeln! – David hatte schon in dem geschilderten Fall der Magd mit den beiden Söhnen die Schuldfrage außer Acht gelassen. Jetzt konnte er bei Absalom kaum anders handeln. Doch was handelte er sich damit ein, dass er bei dem Thema Versöhnung nicht die Frage der Schuld berücksichtigte!

So wie Davids Herz seinem Sohn Absalom zugetan war, so war das Herz Gottes des Vaters uns zugetan; auch für und an uns hat sich der Heilige Geist bemüht, und der Sohn Gottes hat den Willen Gottes ausgeführt. Das Bild in 2. Samuel 14 bleibt weit hinter dem zurück, was mit uns geschehen ist: „Der König sprach: Er [Absalom] soll sich zu seinem Haus wenden und mein Angesicht nicht sehen. Und Absalom wandte sich zu seinem Haus und sah das Angesicht des Königs nicht“ (2Sam 14,24). Joab konnte Absalom nicht weiter bringen als nur bis zu seinem eigenen Haus. Die Arme des Vaters, der Ring, die Schuhe und das beste Kleid, das gemästete Kalb und die Feier im Haus des Vaters – so wie wir es in Lukas 15 finden – gab es für Absalom nicht. Für Absalom gab es kein „nahe geworden“ (Eph 2,13).

Wir dagegen sind „Hausgenossen Gottes“ geworden (Eph 2,19), „angenehm gemacht in dem Geliebten“ (Eph 1,6). Aber nicht nur das, sondern wir haben eine vollständige Sinnesänderung erfahren: Von Feinden Gottes sind wir zu solchen geworden, die Gott und den Herrn Jesus lieben. Absaloms Herz dagegen war nicht im Geringsten verändert. Kurz nach seiner Rückkehr ließ er das Weizenfeld seines Wohltäters Joab anzünden, und seine Gedanken wie sein Verhalten David gegenüber brauchen wir ja nicht weiter zu erwähnen.

Wie dankbar können wir für das sein, was Gott in uns gewirkt hat, damit unser Herz, unser Wille und unser Verstand auch erneuert wurden. Wie dankbar können wir sein, dass wir „nicht [mehr] im Fleisch“ sind (Röm 8,9), dessen Gesinnung „Feindschaft ist gegen Gott ist“ (Röm 8,7). Wie dankbar können wir sein, dass wir stattdessen „einen Geist der Sohnschaft“ empfangen haben, „in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15), und dass wir zu unserem Herrn sagen können: „Herr, du … erkennst, dass ich dich lieb habe“ (Joh 21,17)!

Welche Lektion können wir für uns aus der Geschichte mit David und Absalom lernen? Wenn Feinde Gottes versöhnt werden sollen, kann es nicht ohne Buße gehen. Wenn der Sohn Gottes für eine Versöhnung sterben musste (Röm 5,10[2]), dann muss anerkannt werden, warum dieser Tod notwendig war. Keinesfalls sind alle Menschen einfach so versöhnt worden, wie zum Beispiel der schwedische Erweckungsprediger Carl Olof Rosenius meint.[3]

Auch die Versöhnung unter Christen muss diesen Grundsatz beachten: Zuerst muss die Schuldfrage geklärt sein und der Schuldige seine Schuld bekennen. Eine Versöhnung muss nach dem Maßstab der Versöhnung des Menschen mit Gott ablaufen. Wenn die Schuldfrage nicht geklärt wird, zeigt Versöhnung auch nicht die Ergebnisse, die wir bei der Versöhnung des Menschen mit Gott finden: Zuneigung und Gemeinschaft.[4] Dann geht jeder oft seinen eigenen Weg weiter, ohne dass auch nur im Geringsten die Trennungsgründe behandelt und beseitigt worden wären. Voraussetzung für Versöhnung ist nicht nur, dass jemand die Hand der Versöhnung ausstreckt. Das ist auch unbedingt wichtig. Voraussetzung für die Versöhnung ist auch die Vergebung, und Voraussetzung für die Vergebung ist das Bekenntnis. Wir sehen dieses Prinzip deutlich in 1. Johannes 1,9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt“, oder auch in Lukas 17,3: „Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergib ihm.“

In der Apostelgeschichte und bei Paulus finden wir durchaus auch den Gedanken einer vergebenden Haltung, wenn noch kein Bekenntnis vorliegt. Als Stephanus gesteinigt wird, bittet er den Herrn, seinen Mördern diese Sünde nicht zuzurechnen (Apg 7,60). Diese vergebende Haltung finden wir auch im Epheserbrief: „Seid aber zueinander gütig, mitleidig, einander vergebend, wie auch Gott in Christus euch vergeben hat“ (Eph 4,32). Im Kolosserbrief heißt es ähnlich: „Zieht nun an, als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Sanftmut, Langmut, einander ertragend und euch gegenseitig vergebend, wenn einer Klage hat gegen den anderen; wie auch der Christus euch vergeben hat, so auch ihr“ (Kol 3,12.13). Hier wird im Griechischen für „vergeben“ ein anderes Wort gebraucht als in 1. Johannes 1,9 oder in Lukas 17,3 (aphiēmi). Das hier gebrauchte Wort charizomai findet sich zum Beispiel mit der Übersetzung „schenken“ in Lukas 7,42: „Da sie aber nichts hatten, um zu bezahlen, schenkte er es beiden.“ In charizomai steckt also der Gedanke, Gnade zu erweisen.

Beide Aspekte – Gnade, ein unverdientes Geschenk, und Bekenntnis – sind bei der Versöhnung wichtig: Auf der einen Seite hat Gott uns Gnade erwiesen, indem Er in der Gabe des Sohnes den ersten Schritt zum Werk der Versöhnung tat; auf der anderen Seite war unsererseits ein Bekenntnis notwendig (s. 1Joh 1,9), damit Gott uns vergeben konnte.

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Anmerkungen

[1] Vergleiche 2. Samuel 14,2: „Stell dich doch trauernd und zieh Trauerkleider an und salbe dich nicht mit Öl, und sei wie eine Frau, die schon viele Tage über einen Toten trauert.“

[2] „Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes …“

[3] „Christus [hat] alle versöhnt und aller Sünden weggenommen.“
Carl Olof Rosenius in Gerecht in Jesus – Freigesprochen von aller Sünde [27.4.2017].

[4] Diese Ziele werden natürlich in den seltensten Fällen sofort erreicht. Oft ist ein langer Wachstumsprozess notwendig.

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