Der Prediger (3)
Kapitel 2,12-23: Ist Weisheit wirklich besser als Torheit?

Willem Johannes Ouweneel

© SoundWords, online seit: 09.03.2007, aktualisiert: 05.10.2018
 

2   Meine ersten Untersuchungen
(Prediger 2,1–8,8)

   


Prediger 2,12-23

2.2   Zweite Untersuchung
(Prediger 2,12-23)

 

Negativ:
Sich abmühen hilft nicht, denn das Ergebnis der eigenen Mühe muss man doch anderen überlassen

Positiv:
Innerhalb der Grenzen des zeitlichen Lebens ist Weisheit gegenüber Torheit möglicherweise doch von Vorteil
 

2,12 Und ich wandte mich, um Weisheit und Unsinn und Torheit zu betrachten. Denn was wird der Mensch tun, der nach dem König kommen wird?

Nun, ich werde bei der Untersuchung über den Sinn des Lebens das Thema wechseln. Ich begebe mich wieder auf die Suche nach der wahren Lebensweisheit, natürlich im Zusammenhang mit der Dummheit (Unverstand, Torheit), denn die beiden sind Gegenstücke: Das eine erklärt das andere. Ich habe bereits gesagt, wie fruchtleer das Leben ist, weil in endloser Folge ein Geschlecht auf das andere folgt. Worüber ich mich nunmehr wundere, ist dies: Auch wenn ich König bin, muss ich genauso wie alle anderen Menschen trotzdem einmal sterben. Aber wie soll es dann weitergehen? Welchen Nachfolger werde ich haben? Wird er ebenso weise sein wie ich? Wie wird er dem gegenüberstehen, was ich alles aufgebaut habe? Wozu soll ich mich eigentlich in diesem kurzen Leben abquälen, wenn mein Nachfolger womöglich ein Tor ist, der mein ganzes Lebenswerk wieder niederreißt? Welchen Sinn hätte all meine Weisheit dann letztendlich gehabt?

2,13 Und ich sah, dass die Weisheit den Vorzug hat vor der Torheit, wie der Vorzug des Lichts vor der Finsternis.

Ach, ich habe natürlich auch schon erfahren, dass im normalen Leben die Weisheit doch mehr Vorteile bringt als die Torheit, genauso wie Licht vorteilhafter ist als Finsternis.

2,14 Der Weise hat seine Augen in seinem Kopf, der Tor aber wandelt in der Finsternis. Und ich erkannte zugleich, dass ihnen allen einerlei Geschick widerfährt;

So wandelt der Weise mit weit geöffneten Augen im Licht, während der Tor in der Finsternis herumtastet, da seine Augen verschlossen sind. Das macht natürlich einen sehr großen Unterschied. Aber ich möchte gerne darauf hinweisen, dass dieser Unterschied doch gleichzeitig wieder relativ ist. Letztendlich erfährt der Weise dasselbe Schicksal wie der Tor; auch er muss zuletzt alles zurücklassen, was er aufgebaut hat.

2,15 und ich sprach in meinem Herzen: Gleich dem Geschick des Toren wird es auch mir widerfahren, und wozu bin ich dann überaus weise gewesen? Und ich sprach in meinem Herzen, dass auch das Eitelkeit sei.

Ja, es wurde mir bewusst, dass das auch für mich selbst gilt. Auch ich muss einmal sterben, genauso wie der Tor. Und welchen Nutzen hat es dann, dass ich so weise war? Was habe ich damit letztlich erreicht? All meine Weisheit wird sich schlussendlich als vergänglich erweisen; kein bleibender Nutzen steckt in der Weisheit. Durch meine Weisheit habe ich in meinem Leben wohl viel aufgebaut, aber was bleibt nach meinem Tod davon übrig? Was werden meine Nachfolger damit tun? Werden sie mein Andenken in Ehren halten? Wird meine Weisheit noch lange nach meinem Tod nachwirken und so einen guten Einfluss auf die Generationen nach mir haben? Das kann man vergessen.

2,16 Denn dem Weisen wie dem Toren wird keine ewige Erinnerung zuteil, weil in den kommenden Tagen alles längst vergessen sein wird. Und wie stirbt der Weise gleich dem Toren hin!

An den Tor denkt nach seinem Tod schon bald niemand mehr zurück, aber gilt dies für den Weisen nicht ebenfalls? Traurig, aber wahr: Der Weise stirbt zum Schluss ebenso gut wie der Tor, und dann ist es im Grunde aus mit seinem Einfluss.

2,17 Da hasste ich das Leben; denn das Tun, das unter der Sonne geschieht, missfiel mir; denn alles ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind.

Als ich darüber nachdachte, bekam ich einfach Abscheu vor dem Leben. Ich sagte bereits, dass ich wahrhaftig sehr viel genossen habe; aber oft überkam mich auch ein Gefühl von Sinnlosigkeit. Alle Schinderei in diesem irdischen, zeitlichen Leben ist Mühe und Kummer. Man versucht etwas aufzubauen; man versucht, so weise wie möglich zu sein – aber letztendlich bringt es genauso viel hervor wie der Lärm des Toren. Das ganze Leben ist – wenn man es einmal horizontal betrachtet – im Tiefsten ohne bleibenden Sinn und ohne Wert. Man versucht, den Sinn zu fassen zu bekommen, aber es ist so, als ob man versucht, den Wind zu fangen.

2,18 Und ich hasste all meine Mühe, womit ich mich abmühte unter der Sonne, weil ich sie dem Menschen hinterlassen muss, der nach mir sein wird.

Ich fing an, nicht nur vor dem Leben als solchem, sondern auch vor meiner Plackerei in diesem irdischen Leben Abscheu zu bekommen. Mir wurde bewusst, dass ich all die Ergebnisse meiner Mühen nachher dem Mann hinterlassen muss, der mir nachfolgen würde – und welch ein Mann würde das sein?

2,19 Und wer weiß, ob er weise oder töricht sein wird? Und doch wird er über all meine Mühe walten, womit ich mich abgemüht habe und worin ich weise gewesen bin unter der Sonne. Auch das ist Eitelkeit.

Vielleicht wäre er weise, aber er könnte genauso gut ein großer Tor sein. Aber ob er weise oder töricht ist, er wird die Macht haben über alles, wofür ich mich abgerackert habe und worin ich versucht habe, weise zu sein auf dieser Erde. Was für ein sinnloses Treiben!

2,20 Da wandte ich mich, zu verzweifeln wegen all der Mühe, womit ich mich abgemüht hatte unter der Sonne.

Man fragt sich einfach verzweifelt, wofür man das alles tut. Wofür quält man sich auf der Erde eigentlich noch so ab?

2,21 Denn da ist ein Mensch, dessen Mühe mit Weisheit und mit Kenntnis und mit Tüchtigkeit geschieht; und doch muss er sie einem Menschen als sein Teil abgeben, der sich nicht darum gemüht hat. Auch das ist Eitelkeit und ein großes Unglück.

Man tut sein Bestes, so weise und tüchtig man es eben kann, und nachher muss man alle Erfolge einem Mann hinterlassen, der dafür nie einen Tropfen Schweiß vergossen hat und der das ganze Lebenswerk spielend zugrunde richten könnte. Auch das ist sinn- und nutzlos, ja, es ist ein großes Elend.

2,22 Denn was hat der Mensch von all seiner Mühe und vom Trachten seines Herzens, womit er sich abmüht unter der Sonne?

Denn was hat ein Mensch nun von seiner Mühe und von all seinen rastlosen Aktivitäten, mit denen er sich auf dieser Erde abquält? Behält er davon etwas Bleibendes übrig?

2,23 Denn alle seine Tage sind Kummer, und seine Geschäftigkeit ist Verdruss; sogar bei Nacht ruht sein Herz nicht. Auch das ist Eitelkeit.

All seine Quälerei bringt nur Schmerz und Ärgernis mit sich. Nachts kann er nicht einmal schlafen, denn selbst dann lassen ihn seine Beschäftigungen nicht in Ruhe. Und das bringt dann wieder neues Ärgernis. Aber das Schlimmste ist: Letztendlich macht sich ein anderer mit den Erfolgen all meiner Mühen auf und davon. Was ist das doch allesamt für ein sinnloses Treiben.

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Übersetzt aus Bode des Heils in Christus

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