Der „neue Mensch“ und der Heilige Geist
Epheser 4,17–5,2

Edward Lawrence Bevir

© SoundWords, online seit: 03.10.2013, aktualisiert: 22.04.2022

Leitverse: Epheser 4,17–5,2

Die Ermahnung in Epheser 4,17–5,2 erfolgt auf der Grundlage der neuen Schöpfung. Wir finden darin den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit („neu“ in dem Sinn, dass etwas nie zuvor existiert hatte), und sie berücksichtigt auch den Besitz des Heiligen Geistes. Sie ist voller Kraft und Macht; dies lässt sich dadurch verstehen, dass der Heilige Geist Gottes in den Heiligen wohnt, und zwar ungetrübt. Sie werden dazu ermahnt, Ihn nicht zu betrüben (Eph 4,30).

Eph 4,17-24: Dies nun sage und bezeuge ich im Herrn, dass ihr fortan nicht wandelt, wie auch die Nationen wandeln, in Eitelkeit ihres Sinnes, verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verhärtung ihres Herzens, die, da sie alle Empfindung verloren, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, um alle Unreinheit mit Gier auszuüben. Ihr aber habt den Christus nicht so gelernt, wenn ihr wirklich ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist: dass ihr, was den früheren Lebenswandel betrifft, abgelegt habt den alten Menschen, der nach den betrügerischen Begierden verdorben wird, aber erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung und angezogen habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.

Der zu Beginn des Abschnitts beschriebene Zustand der Heiden ist absolut schrecklich. Hier geht es nicht nur um ihre entsetzlichen Praktiken wie in Römer 1, sondern um den moralischen Zustand ihres Herzens und ihres Sinnes. Es ist sehr oft herausgestellt worden, dass die Blindheit und Verstockung des Herzens die Ursache für die Verdunklung des Verstandes ist. Einige der hellsten und leistungsfähigsten Köpfe der Heiden liefern den traurigen Nachweis, so verdunkelt zu sein. Fremd dem Leben Gottes – dem Leben, das wir in Jesus, dem Fleisch gewordenen Gott, sehen – haben sie nichts mit Ihm gemein. Dies ist der allgemeine Zustand des heidnischen Lebenswandels – ihr Verstand ist umwölkt aufgrund ihrer völlig fehlgeleiteten Gefühle und die Folge davon sehen wir in Vers 19: „Da sie alle Empfindung verloren, haben sie sich selbst der Ausschweifung hingegeben, um alle Unreinheit mit Gier auszuüben.“

Doch die Heiligen stehen auf einer gänzlich neuen Grundlage; das „Ihr aber“ in Vers 20 ist stark hervorgehoben. Da ist das Ablegen des alten Menschen und das Anziehen des neuen Menschen. Es ist nicht bloß eine Veränderung der Verhaltensweise (das werden wir im Folgenden sehen), sondern das gründliche Ablegen und Verwerfen des alten, verdorbenen Menschen; der neue Geist der Gesinnung und das Anziehen des neuen Menschen (kainon = „neu, frisch“), der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit. Es geht nicht um Veränderung oder Verbesserung, wie viele Leute sagen, sondern um eine neue Schöpfung; und wir haben diese neue Grundlage eingenommen.

Nun kommt das Wesen der Gerechtigkeit und Heiligkeit in all der herausragenden Kraft des Heiligen Geistes zum Vorschein, und das nicht nur beim Ablegen des Bösen, sondern beim Hervorbringen des wirklich Guten. Es erfordert die Kraft des Geistes, zueinander Wahrheit zu reden auf der Grundlage der Tatsache, dass wir untereinander Glieder am Leib sind. Die Macht des Heiligen Geistes, der bereit ist, uns in die Wahrheiten des einen Leibes einzuführen und sie zu verwirklichen, wird kaum begriffen. Dies ist wirklich die Einheit des Geistes, nicht nur die bloße Tatsache, dass es einen Geist gibt, sondern dass auch seine Kraft in dem einen Leib erlebt wird.

Eph 4,26: Zürnt, und sündigt nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn.

Vers 26 bezieht sich auf gerechten Zorn. Der neue Mensch rügt die Ungerechtigkeit und die Schuld; doch wieder: Welch eine Kraft ist hier nötig! Es ist das Gegenteil von Gleichgültigkeit dem Bösen gegenüber; gerechter Zorn wird durch gewisse Erscheinungen des Bösen hervorgerufen. Man kann dazu nicht schweigen; doch wie groß ist die Gefahr, zu weit zu gehen! Wie oft hat solch ein Ausbruch gerechten Zorns in Sünde gemündet, weil wir nicht vollständig unter der Kontrolle des Heiligen Geistes standen! Ein Christ beendet seinen Tag ohne Ärger und Gereiztheit!

Ich erinnere mich daran, wie ich einmal einen älteren Christen fragte, wie er es geschafft hatte, so lange zu leben, wo er doch so oft ungerechtfertigt angegriffen wurde. Seine Antwort war, dass er 45 Jahre lang jeden Tag alles in tiefer Seelenruhe bei dem Herrn lassen konnte, ungeachtet der Empörung, die oft so viel Ungerechtigkeit hervorrief. So nimmt man dem Feind den Angriffspunkt, der schon oft einen gereizten Geist ausgenutzt hat. In diesem ganzen Abschnitt des Wortes Gottes finden wir den Heiligen Geist in den Heiligen und Satan in den Kindern des Ungehorsams.

Eph 4,28: Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, damit er dem Bedürftigen etwas zu geben habe.

Es heißt oft von Vers 28, dass er die wahre Kraft des Christentums zeige. Aus dem Dieb wird ein Geber, und nicht nur ein Geber, der etwas von seinem Überfluss abgibt, sondern jemand, der arbeitet, um die finanziellen Mittel zu erwerben, damit er anderen geben kann. Was für eine wundervolle Verwandlung! Es erforderte geistliche Kraft in Paulus, aufzubleiben und Zelte zu machen für seinen eigenen Lebensunterhalt und für die Bedürfnisse anderer, und er war vor seiner Bekehrung kein Dieb gewesen. Der Heilige Geist allein kann wirkliche Tugenden hervorbringen und wahre Hingabe – das genaue Gegenteil von dem, was vorher war.

Eph 4,29: Kein faules Wort gehe aus eurem Mund hervor, sondern was irgend gut ist zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade darreiche.

Dann ist es nicht nur so, dass faule oder schlechte Worte unterbunden werden, sondern das wirklich Gute, nämlich eine den jeweiligen Bedürfnissen entsprechende Erbauung, wird hervorgebracht. Nicht einfach gute Worte, sondern Worte, die für den jeweiligen Anlass geeignet sind; und dies setzt offensichtlich die Kraft des Heiligen Geistes voraus. Wir haben schon oft Dinge gesagt, die zwar für sich selbst genommen gut waren, aber zu dem Anlass, wo wir sie sagten, nicht gebraucht wurden; so ähnlich wie ein Philanthrop, an den ich mich erinnere, der Essen und Arznei (beides für sich selbst genommen ausgezeichnet) verteilte, ohne das Befinden der Empfänger zu berücksichtigen.

Eph 4,30: Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, durch den ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung.

Dies entspricht ganz unserem Thema; und mögen wir auf diese Weise wandeln bis zum Ende unseres Daseins auf Erden!

Eph 4,31–5,2: Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit. Seid aber zueinander gütig, mitleidig, einander vergebend, wie auch Gott in Christus euch vergeben hat. Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder.

Die Verse Epheser 4,31.32 und Epheser 5,1.2 gehören zusammen, und so wie von Gerechtigkeit, Heiligkeit und Wahrheit die Rede war, finden wir jetzt Liebe und Gnade im Blickpunkt. Es geht nicht bloß darum, dass Bitterkeit und Wut usw. weggetan werden sollen samt aller Bosheit (es gibt nichts Boshaftes in dem neuen Menschen), sondern darum, dass man in der Kraft des Heiligen Geistes praktische Liebe erweist, indem man die beiden göttlichen Vorbilder nachahmt. Dies ist ein höchst wunderbarer Abschnitt.

Gütig und mitleidig zueinander zu sein, so wie Gott uns vergeben hat in Christus! Die Art und Weise, wie der verlorene Sohn empfangen wurde, ist viel besprochen worden, und mit einer immer frischen Erinnerung an seine Vergebung werden wir dazu ermahnt, Gott nachzuahmen. (Es ist kein Zeichen für Fortschritt, die Vergebung seiner Sünden vergessen zu haben, sondern ganz das Gegenteil.) Nachahmer Gottes zu sein als geliebte Kinder, ist das allerhöchste Erscheinungsbild der Gnade. Kann irgendetwas überraschender sein als diese Gemeinschaft geliebter Kinder, die so wandeln, mit einem solchen Vorbild, inmitten einer Welt wie der unseren?

Eph 5,2: Und wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat.

Jetzt wird uns noch ein weiteres göttliches Vorbild vorgestellt. Unser gesegneter Herr zeigte in seinem gesamten Leben hier unten dasselbe unermüdliche Interesse, dieselbe Liebe für die Seinen bis ganz zum Ende hin, als Er sich selbst für uns hingab als vollkommenes Opfer für Gott. Wenn wir wirklich Ihn vor Augen haben und seine geduldige Art mit seinen Jüngern, wiewohl sie oft so wenig Interesse an Ihm zeigten (Joh 16,5.6), dann werden wir in Liebe wandeln und danach streben, unsere glücklichen Beziehungen zu den geliebten Kindern Gottes aufrechtzuerhalten. Dies ist das echte Nachahmen Jesu Christi.

Wir haben also den neuen Menschen und in dem Heiligen Geist eine neue Kraft – Gerechtigkeit, Wahrheit, Heiligkeit und Liebe, die sich in einem Wandel erweist, der durch seine Schönheit auffällt, nicht, „wie auch die Nationen wandeln“ (Eph 5,17); einen neuen Menschen, göttliche Kraft und ein göttliches Vorbild. Möge der Herr es uns schenken, so zu wandeln!


Originaltitel: „The New Man and the Holy Ghost“
in The Christian’s Friend and Instructor, Jg. 19, 1892, S. 53–56

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