Der Epheserbrief (4)
Kapitel 4

Hamilton Smith

© Beröa-Verlag, online seit: 06.03.2006, aktualisiert: 06.01.2024

Leitverse: Epheser 4

Der Wandel des Gläubigen

Die letzten drei Kapitel des Briefes bilden den praktischen Teil, in welchem der Apostel ermahnt, würdig der großen Wahrheiten zu wandeln, die in den ersten drei Kapiteln vorgestellt wurden. Es ist zu bemerken, dass wir als Gläubige ermahnt werden, in drei verschiedenen Verbindungen in Übereinstimmung mit unseren Vorrechten und Verantwortlichkeiten zu wandeln:

  1. Wir werden ermahnt zu einem würdigen Wandel im Blick auf unsere Vorrechte in Verbindung mit der Versammlung, da wir Glieder des Leibes Christi sind und durch den Heiligen Geist die Behausung Gottes bilden (Eph 4,1-16).
  2. Wir werden zu praktischer Gottseligkeit ermahnt als Einzelne, die auf ihrem Weg durch eine böse Welt den Namen des Herrn bekennen (Eph 4,17–5,21).
  3. Wir werden ermahnt, in Übereinstimmung mit unseren familiären und sozialen Verbindungen, die zur Schöpfungsordnung gehören, zu wandeln (Eph 5,22–6,9).

Der Wandel des Gläubigen in Verbindung mit der Versammlung

Vers 1

Eph 4,1: Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, dass ihr würdig wandelt der Berufung, mit welcher ihr berufen worden seid,

Wegen seines Zeugnisses von der Gnade Gottes zu den Nationen und der großen Wahrheit des Geheimnisses, dass die Gläubigen aus Juden und Nationen nun einen Leib bilden und mit Christus als Haupt vereinigt sind, hatte der Apostel Verfolgung und Gefängnis erlitten. Er benützt seine Leiden um der Wahrheit willen als Beweggrund, die Gläubigen zu ermahnen, würdig ihrer großen Vorrechte zu wandeln. Unser Leben soll mit unserer Berufung übereinstimmen. Um von diesen Ermahnungen Nutzen haben zu können, müssen wir ein klares Verständnis unserer Berufung haben. Im ersten Kapitel des Briefes wird uns die Berufung entsprechend den Ratschlüssen Gottes vor Grundlegung der Welt vorgestellt, ohne Bezug darauf, wie weit sich alles schon erfüllt hat in der Zeit oder in unseren Seelen Wirklichkeit geworden ist. Es ist der Vorsatz Gottes, dass die Gläubigen „heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe“ zu seinem Wohlgefallen und zu seiner Herrlichkeit. Im zweiten Kapitel sehen wir, wie Gott gehandelt hat, um diese Berufung auf dieser Erde wirksam werden zu lassen, und zwar im Blick auf ihre vollkommene Erfüllung in den kommenden Zeitaltern.

In der Berufung Gottes sind zwei große Wahrheiten mit inbegriffen. Erstens, dass die Gläubigen zu einem Leib gebildet sind, wovon Christus das Haupt ist; zweitens, dass sie „mitaufgebaut werden zu einer Behausung Gottes im Geiste“. Weiter lernen wir in dem Brief den gegenwärtigen Vorsatz Gottes in diesen zwei großen Wahrheiten kennen. Wird die Versammlung als der Leib Christi gesehen, so lesen wir, dass dieser Leib„seine Fülle“ ausmacht (Eph 1,23). Auch in Epheser 4,13 lesen wir von „der Fülle des Christus“, und in Epheser 3,19 lesen wir von „der Fülle Gottes“. Es ist also der Vorsatz Gottes, dass die Versammlung als Leib Christi alle moralischen Vortrefflichkeiten, die den wunderbaren Charakter Christi als Mensch bilden, seine Fülle darstelle. Denn als Haus Gottes soll die Versammlung die Heiligkeit, Gnade und Liebe Gottes seine Fülle darstellen.

Das ist also das hohe Vorrecht, zu dem wir berufen sind: Christus auszuleben, indem wir seine Vortrefflichkeiten darstellen, um Gott in der Fülle seiner Gnade kundzumachen.

In Kapitel 3 lernen wir, dass ein angemessener Seelenzustand, um die Größe unserer Berufung zu verwirklichen, nur in dem Maß möglich ist, wie Christus durch den Glauben im Herzen wohnt und wie Gott „in uns wirkt“. Wenn Christus seinen Platz in unseren Herzen hat, werden wir es als ein großes Vorrecht erachten, hier sein zu dürfen, um seine Wesenszüge zum Ausdruck zu bringen. Wenn Gott in uns wirkt, werden wir uns freuen, von der Herrlichkeit seiner Gnade zu zeugen.

Christus ist als verherrlichter Mensch, als unser auferstandenes Haupt im Himmel, und der Heilige Geist, eine göttliche Person, ist auf der Erde und wohnt in der Mitte der Gläubigen. Wenn uns die Herrlichkeit Christi und die Größe der Person, die in uns wohnt, zum Bewusstsein kommt, geziemt es sich für uns, in würdiger Weise zu wandeln.

Verse 2.3

Eph 4,2.3: … mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens.

In den Versen 2 und 3 fasst der Apostel den Wandel zusammen, der unserer Berufung würdig ist. Wenn wir in der Verwirklichung unserer Vorrechte wandeln  Christus darstellen und in der Gegenwart des Geistes weilen – sollten wir durch diese sieben Eigenschaften gekennzeichnet sein: Demut, Sanftmut, Langmut, Nachsicht, Liebe, Einheit und Frieden.

Das klare Bewusstsein, vor dem Herrn und in der Gegenwart des Geistes zu stehen, muss notwendigerweise zu Demut und Sanftmut führen. Wenn wir unsere Brüder vor uns haben, mögen wir versuchen, etwas aus uns selbst zu machen, aber ist Gott vor uns, erkennen wir unsere Nichtigkeit. In seiner Gegenwart sollten wir durch Demut, die nichts von sich hält und durch Sanftmut, die den anderen Raum lässt, gekennzeichnet sein.

Demut und Sanftmut, die nichts aus sich selbst machen, führen zu Langmut und Nachsicht mit anderen. Es mag Zeiten geben, wo wir finden, dass die anderen nicht immer demütig und sanftmütig sind, aber gerade das erfordert Langmut. Wir mögen Zurücksetzungen und Beleidigung zu erdulden haben und müssen solche ertragen, die so handeln. Aber wir werden ermahnt, dieses Ertragen in Liebe auszuüben. Es ist möglich, dass man viel erträgt, aber mit einem Geist des Hochmuts, der den Bruder, der uns verletzt, mit Verachtung behandelt. Wenn wir schweigen müssen, dann lasst es in Liebe geschehen, die über ein unwürdiges Verhalten trauert.

Darüber hinaus sollen wir Fleiß anwenden, um die Einheit des Geistes in dem verbindenden Band des Friedens zu bewahren. Es ist wichtig, zwischen der Wahrheit von dem einen Leib und der Einheit des Geistes zu unterscheiden. Die Einheit des Leibes ist durch den Heiligen Geist geschaffen, indem Er die Gläubigen mit Christus und untereinander als Glieder des einen Leibes verbindet. Diese Einheit kann nicht angegriffen werden. Da ist auch „ein Geist“, der die Quelle jedes rechten Gedankens, jedes wahren Wortes und jeder guten Tat ist, so dass in dem Leibe eine Gesinnung vorherrschen sollte - die Gesinnung des Geistes.

Es ist diese Einheit des Geistes, die wir mit Fleiß bewahren sollen. In Wahrheit ist gesagt worden: Nach dem Geiste wandeln, können wir als Einzelne; aber um die Einheit des Geistes zu praktizieren, müssen wir mit anderen vorangehen.

Sobald wir begreifen, dass wir Glieder des „einen Leibes“ sind, werden wir sehen, dass wir nicht als isolierte Einzelgänger vorangehen können, sondern als in einem Leibe miteinander verbunden, und als solche sollten wir uns befleißigen, alle von einer Gesinnung geleitet zu werden - von der Gesinnung des Geistes. Diese Einheit des Geistes ist nicht einfach Einheitlichkeit der Gedanken, noch eine Einheit, die durch ein Abkommen oder durch gegenseitige Zugeständnisse zustande gekommen ist. Solche Einheiten können völlig an der Gesinnung des Geistes vorbeigehen.

In den ersten Tagen der Versammlung sehen wir die gesegneten Folgen von Gläubigen, die die Gesinnung des Geistes hatten. Von diesen Heiligen lesen wir, dass sie mit dem Geist erfüllt waren, was zur Folge hatte, dass sie „ein Herz“ und „eine Seele“ waren. Es ist offensichtlich, dass diese Einheit des Geistes nicht bewahrt worden ist. Dennoch, der Geist ist immer noch da, und es gibt immer noch die eine Gesinnung des Geistes. Deshalb bleibt auch die Ermahnung bestehen, dass wir in der Verwirklichung als Glieder des einen Leibes danach streben sollten, die Einheit des Geistes zu bewahren. Der einzige Weg, diese Einheit des Geistes aufrechtzuhalten, besteht darin, dass jeder sein Fleisch richtet. Wenn wir dem Fleisch in unseren Gedanken, Worten und Wegen Raum lassen, wird es sofort ein störendes Element hineinbringen. Jemand hat gesagt: Der Grundsatz des Fleisches ist: jeder für sich selbst. Das bringt keine Einheit zustande. In der Einheit des Geistes ist jeder für den andern da.

Ferner sollen wir uns befleißigen, die Einheit des Geistes in dem Bande des Friedens zu bewahren. Das Fleisch will immer selbst zur Geltung kommen und ist bereit, mit denen zu streiten, die anderer Meinung sind. Wenn wir uns im Blick auf die Gesinnung des Geistes nicht einigen können, dann lasst uns geduldig das Wort Gottes unter der Leitung des Geistes untersuchen, und zwar in einem Geist des Friedens. Wenn zwei Gläubige nicht gleicher Ansicht sind, ist es offensichtlich, dass einer oder beide nicht die Gesinnung des Geistes haben, und die Gefahr ist groß, dass sie miteinander in Streit geraten. Wie nötig ist es also, dass das Bestreben, die Einheit des Geistes zu bewahren, in einem verbindenden Geist des Friedens geschieht. Ein anderer hat gesagt: Was vom Geist kommt, ist immer eins. Warum stimmen wir nicht immer überein? Weil unsere eigenen Gedanken wirksam sind. Wenn wir nur das hätten, was wir aus der Schrift gelernt haben, sollten wir alle gleicher Meinung sein.

Verse 4-6

Eph 4,4-6: Da ist ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in uns allen.

Natürlich steigt die wichtige Frage auf: Was ist die eine Gesinnung des Geistes, die wir mit Fleiß zu bewahren haben? Die Antwort wird uns in den Versen 4 bis 6 vorgestellt. Die eine Gesinnung des Geistes wird in den darin erwähnten sieben Einheiten dargestellt: ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe und ein Gott und Vater aller. Der Geist Gottes ist hier, um unsern Seelen diese großen Wahrheiten kostbar zu machen und sie aufrechtzuhalten. Wenn wir miteinander im Licht dieser Wahrheiten vorangehen, werden wir die Einheit des Geistes bewahren. Hingegen bedeutet jede praktische Verleugnung dieser Wahrheiten oder jedes Abweichen davon ein Abbruch der Einheit des Geistes. So haben wir in diesen Versen die verschiedenen Bereiche vor uns, in denen ein Wandel nach dem Geist zum Ausdruck kommt. Dieser Wandel wird gesehen in Verbindung mit dem einen Leib, dem einen Geist und der einen Hoffnung; das ist der Kreis des Lebens. In Verbindung mit dem Herrn finden wir den Kreis des christlichen Bekenntnisses und in Verbindung mit Gott den Bereich der Schöpfung.

Es ist von größter Bedeutung, dass unsere Gedanken so durch das Wort Gottes geformt werden, dass wir diese drei Einheitskreise, die in den Augen Gottes tatsächlich vorhanden sind, unterscheiden können. Dann haben wir nicht nur das vor uns, was Gott vor sich hat, sondern sind auch fähig, uns über das ernste Abweichen des Christentums von der Wahrheit ein klares Urteil zu bilden.

Zuerst sagt der Apostel: „Da ist ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung.“ Hier ist alles wirklich und lebendig; es ist der Kreis des Lebens. Der eine Leib wird durch den Geist gebildet und geht dem Ziel – der Herrlichkeit – entgegen. Diese Einheit wird von Gott bewahrt. Wir können sie weder durch unsern Fleiß bewahren noch durch unser Versagen zerstören. Hingegen können wir durch ein praktisches Verleugnen dieser großen Wahrheiten die eine Gesinnung des Geistes verfehlen. Dies ist leider im christlichen Bekenntnis geschehen; denn im Licht dieser großen Wahrheit, dass da „ein Leib“ ist, nicht viele, werden all die verschiedenen Körperschaften der Gläubigen, die sich in der Christenheit gebildet haben, verurteilt. Denn „der eine Geist“ verurteilt alle menschlichen Vereinbarungen, durch die der Geist beiseitegesetzt wird. Weiter hat sich die bekennende Kirche in der Welt niedergelassen und ist zu einem Teil der Welt geworden. Folglich leugnet sie die himmlische Hoffnung unserer Berufung.

Zweitens gibt es einen noch weiteren Kreis, der alle die umfasst, die Christus als Herrn bekennen (sei es in Wirklichkeit oder nur dem äußeren Bekenntnis nach). Das ist der Kreis des Bekenntnisses, das gekennzeichnet ist durch die eine Autorität, den Herrn, das eine Bekenntnis des Glaubens, „der Glaube“, in den wir durch die eine Taufe eingeführt sind. Mit dem Herrn verbindet sich Autorität und Verwaltung. Die Anerkennung, dass da nur „ein Herr“ ist, würde jede menschliche Autorität und jedes unabhängige Handeln ausschließen. Wenn wir anerkennen, dass da nur „ein Herr“ ist, können wir keiner Versammlung das Recht zugestehen, eine Zuchthandlung, die in einer andern Versammlung wirklich im Namen des Herrn vollzogen worden ist, nicht zu beachten. So können wir auch hier durch Unabhängigkeit die eine Gesinnung des Geistes verfehlen, indem wir praktisch leugnen, dass da „ein Herr“ ist.

Und drittens haben wir den weitesten Kreis vor uns: den der Schöpfung. Da ist ein Gott, welcher der Vater oder der Ursprung „aller“ ist. Ferner ist es gut für uns, angesichts irgendwelcher Mächte in der Schöpfung zu wissen, dass Gott „über allen“ ist. Außerdem führt Gott seine Pläne „durch alles“ aus, so dass Gott sagen kann: „Wenn du durchs Wasser gehst, ich bin bei dir, und durch Ströme, sie werden dich nicht überfluten; wenn du durchs Feuer gehst wirst du nicht versengt werden, und die Flamme wird dich nicht verbrennen“ (Jes 43,2). Schließlich wirkt Gott in dem Gläubigen, um seinen Vorsatz für den Gläubigen zustande zu bringen. Die Anerkennung dieser großen Wahrheiten wird uns nicht nur dahin führen, die ungläubigen Theorien der Menschen über Evolution abzulehnen, sondern uns auch ermuntern, in allen Umständen und Beziehungen des Lebens, die mit der Schöpfungsordnung verbunden sind, in der rechten Weise zu handeln.

Leider wird in dem großen christlichen Bekenntnis heute jeder dieser Kreise praktisch verleugnet. Der Geist wird durch menschliche Vereinbarungen, der eine Herr durch Unabhängigkeit und der eine Gott durch Vernunftschlüsse des Unglaubens beiseitegesetzt.

In den folgenden Versen scheinen die Ermahnungen in einem besonderen Zusammenhang mit einem jeden dieser Kreise zu stehen. Zuerst werden wir in den Versen 7 bis 16 als Glieder des einen Leibes ermahnt (Eph 4,7-16), dann werden wir in den Versen 17 bis 32 bezüglich unseres Verhaltens als solche, die den einen Herrn anerkennen, ermahnt (Eph 4,17-32). Schließlich geht es in Epheser 5,1 bis 6,9 um Ermahnungen im Blick auf die Beziehungen des Lebens, die in Verbindung mit dem Kreis der Schöpfung stehen.

Vers 7

Eph 4,7: Jedem Einzelnen aber von uns ist die Gnade gegeben worden nach dem Maß der Gabe des Christus.

In diesen einleitenden Versen hat der Apostel den Grund für einen Wandel würdig unserer Berufung gelegt. Nun fährt er fort und spricht von den Vorkehrungen, die getroffen worden sind, damit der Gläubige in Verbindung mit dem ersten Kreis, dem einen Leib, richtig zu wandeln vermag und Christus dem Haupt, immer ähnlicher werden kann. Zuerst spricht der Apostel von der Gabe der Gnade: „Jedem Einzelnen aber von uns ist die Gnade gegeben worden, nach dem Maß der Gabe des Christus.“ Im Gegensatz zu dem, was allen gemeinsam gehört und wovon der Apostel gesprochen hat, haben wir hier das, was „jedem Einzelnen“ gegeben ist. Der eine Geist in Vers 4 und der eine Herr in Vers 5 schließen jede Unabhängigkeit aus (Eph 4,4.5). Der Ausdruck „jeder Einzelne“ in Vers 7 hält unsere Personalität aufrecht. Während jedes Glied seine besondere Funktion hat, dienen alle der Einheit und dem Wohl des ganzen Leibes. In dem natürlichen Körper sind die Funktionen des Auges und der Hand unterschiedlich, und doch handeln beide gemeinsam zum Guten und für den einen Leib. Die „Gnade“ ist der besondere Dienst, zu dem jeder Einzelne bevorrechtigt ist. Es handelt sich nicht unbedingt um eine besondere Gabe, sondern allen ist ein gewisses Maß von Gnade gegeben, damit er anderen in Liebe diene. Die Gnade ist entsprechend dem Maß, in dem Christus sie ausgeteilt hat.

Vers 8

Eph 4,8: Darum sagt er: „Hinaufgestiegen in die Höhe, hat er die Gefangenschaft gefangen geführt und den Menschen Gaben gegeben.“

Zweitens erwähnt der Apostel besondere Gaben, um den geistlichen Fortschritt und das geistliche Wachstum zu fördern. Das Thema wird eingeleitet, indem Christus als „hinaufgestiegen in die Höhe“ vorgestellt wird, denn diese Gaben kommen von einem siegreichen und erhöhten Christus. Um die unumschränkte Macht Christi in der Austeilung von Gaben zu illustrieren, wird eine Anspielung auf die Geschichte Baraks gemacht (Ri 5,12). Als Barak Israel aus der Gefangenschaft befreite, führte er diejenigen gefangen, die das Volk vorher in die Knechtschaft geführt hatten. So hat Christus über alle Macht Satans triumphiert und ist, nachdem Er sein Volk von der Macht des Feindes befreit hat, hinaufgestiegen in die Höhe und gibt jetzt seinem Volk Gaben.

Verse 9.10

Eph 4,9.10: Das aber: Er ist hinaufgestiegen, was ist es anders, als dass er auch hinabgestiegen ist in die unteren Teile der Erde? Der hinabgestiegen ist, ist derselbe, der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, auf dass er alles erfüllte.

Zwei Verse werden eingeschoben, um die Größe des Sieges Christi zu zeigen. Am Kreuz nahm Er den untersten Platz ein, in den die Sünde einen Menschen bringen kann. Von dem tiefsten Platz, wo Er als unser Stellvertreter zur Sünde gemacht wurde, stieg Er zu dem höchsten Platz empor, den ein Mensch einnehmen kann zur Rechten Gottes hinauf.

Vers 11

Eph 4,11: Und er hat die einen gegeben als Apostel und andere als Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer,

Nachdem Christus die Gefangenschaft gefangen geführt hat, indem Er die Macht des Feindes, der uns in Knechtschaft hielt, gebrochen hat, handelt Er nun in Kraft und macht andere zu Werkzeugen seiner Macht. Es ist nicht einfach so, dass Er die Gaben gibt und es uns überlässt, die Gaben unter uns zu verteilen, sondern Er gibt gewisse Männer, die die Gaben ausüben. Er hat nicht die Apostelschaft als Institution gegeben, sondern Er hat Apostel gegeben und in gleicher Weise alle anderen Gaben. Hier haben wir nicht mehr die Gnade, die „jedem Einzelnen“ gegeben ist, sondern die„einen“ und „anderen“, die gegeben sind, um eine Gabe auszuüben. Erstens gab Er Apostel und Propheten, und die Versammlung ist aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten. Die Grundlage ist gelegt, und diese Männer sind nicht mehr. Dennoch haben wir durch die Schriften des Neuen Testamentes immer noch den Nutzen von diesen Gaben.

Die übrigen Gaben: Evangelisten, Hirten und Lehrer, dienen der Auferbauung der Versammlung, nachdem die Grundlage gelegt worden ist. Diese Gaben bestehen fort, solange die Versammlung hier auf Erden ist. Der Evangelist wird zuerst genannt, als diejenige Gabe, durch welche Seelen in den Kreis des Segens gezogen werden. Sind die Gläubigen einmal in die Versammlung gebracht worden, kommen sie unter die Gaben des Hirten und Lehrers. Der Evangelist stellt der Welt Christus vor, der Hirte und der Lehrer bringen Christus vor den Gläubigen. Der Hirte beschäftigt sich mit einzelnen Seelen, der Lehrer legt die Schrift aus. Es ist gesagt worden: Jemand mag lehren, ohne ein Hirte zu sein; aber es ist kaum möglich ein Hirte zu sein, ohne in einem gewissen Sinn zu lehren. Die beiden Gaben sind eng miteinander verbunden und doch nicht dasselbe. Der Hirte gibt nicht einfach geistliche Nahrung, wie der Lehrer, sondern er weidet und hütet die Schafe, er führt sie da und dorthin und trägt Sorge für sie.

Es ist bemerkenswert, dass in diesem Abschnitt keine Wundergaben erwähnt werden. Sie finden da, wo von der Vorsorge des Herrn für seine Versammlung gesprochen wird, kaum einen Platz. Wunder und Zeichen waren am Anfang vorhanden, um die Aufmerksamkeit der Juden auf die Herrlichkeit und Erhöhung Christi sowie auf die Macht seines Namens zu lenken. Die Juden verwarfen dieses Zeugnis, und die Zeichen und Wunder hörten auf. Die Liebe des Herrn jedoch zu seiner Versammlung kann nie aufhören. Die Gaben legen Zeugnis ab von dieser fortdauernden Liebe, wie geschrieben steht: „Niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, gleichwie auch der Christus die Versammlung“ (Eph 5,29).

Vers 12

Eph 4,12: … zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi,

Nachdem der Apostel von den Gaben gesprochen hat, zeigt er uns die drei großen Ziele, wofür die Gaben gegeben worden sind. Sie sind erstens zur Vollendung der Heiligen gegeben oder zur Befestigung jedes einzelnen Gläubigen in der Wahrheit. Zweitens sind sie da für das Werk des Dienstes, wobei jede Form des Dienstes eingeschlossen ist. Drittens sind sie „für die Auferbauung des Leibes Christi“ gegeben. Die Segnung der Einzelnen und das Werk des Dienstes geschehen im Blick auf die Auferbauung des Leibes Christi. Jede Gabe, sei es die des Evangelisten, Hirten oder Lehrers, wird nur dann in der rechten Weise ausgeübt, wenn die Auferbauung des Leibes Christi im Auge behalten wird.

Vers 13

Eph 4,13: … bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Manne, zu dem Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus;

Die folgenden Verse zeigen uns genauer, was der Apostel mit der„Vollendung der Heiligen“ meint. Er spricht nicht von der Vollkommenheit, die das Teil des Gläubigen in der Auferstehungs-Herrlichkeit sein wird, sondern von dem geistlichen Wachstum in der Wahrheit und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, die zur Einheit und zu unserer geistlichen Reife hier auf Erden führen.

Unter Glauben, von dem der Apostel spricht, ist das ganze christliche Glaubensgut zu verstehen. Die Einheit ist nicht die Einheit aufgrund einer gemeinsamen Übereinkunft, wie bei einem Glaubensbekenntnis, auch nicht eine Allianz, die als menschlicher Ausweg gebildet wird, sondern eine Einheit der Gesinnung und des Herzens, die durch ein Erfassen der Wahrheit, wie Gott sie in seinem Wort lehrt, hervorgebracht wird. Mit dem Glauben ist die Erkenntnis des Sohnes Gottes verbunden, denn in Ihm ist Gott völlig offenbart und die Wahrheit in lebendiger Weise dargestellt worden. Alles, was den Glauben angreift oder die Herrlichkeit des Sohnes Gottes in irgendeiner Weise schmälert, hindert die Vollendung der Heiligen.

Die Erkenntnis des Glaubens, wie er im Wort Gottes offenbart und im Sohn Gottes dargestellt wird, führt zu dem erwachsenen Mann, der in all seiner Fülle und Vollkommenheit in Christus als Mensch vorgestellt wird. In dem hier gebrauchten Bild sehen wir einen Christen, der geistlich erwachsen ist und in der vollen Kraft seines Glaubenslebens steht. Dieser Abschnitt scheint alle Gläubigen im Auge zu haben, denn es wird nicht von erwachsenen Männern, sondern von „dem erwachsenen Manne“ gesprochen. Damit wird ausgedrückt, dass alle Christen zusammen eine Einheit, einen vollständig neuen Menschen bilden.

Das Maß des vollen Wuchses dieses erwachsenen Menschen ist nichts weniger als das Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus. In dem Ausdruck „die Fülle“ haben wir den Gedanken der Vollständigkeit. „Der erwachsene Mann“ ist nichts weniger als die Darstellung aller moralischen Herrlichkeiten Christi in den Gläubigen. Der ganze Abschnitt betrachtet die Gläubigen als zu einem Körper vereinigt, um die Fülle des Christus darzustellen.

Im Weiteren besteht der Maßstab, der uns vorgestellt wird, nicht nur darin, dass jeder Wesenszug Christi in den Heiligen gesehen werden sollte, sondern dass er in Vollkommenheit geschaut werde. Man mag einwenden, dass dies hier auf Erden in den Gläubigen nie erreicht werde. Tatsächlich ist es so, aber Gott kann uns keinen Maßstab vorstellen, der geringer wäre als die Vollkommenheit, die in Christus gesehen wird. Wir tun gut daran, uns zu hüten, dem auszuweichen, was Gott vor uns gestellt hat. Wir dürfen unser Zu-kurz-Kommen nicht mit dem Einwand entschuldigen, Gottes Maßstab sei unmöglich zu erreichen.

Vers 14

Eph 4,14: … auf dass wir nicht mehr Unmündige seien, hin und her geworfen und umhergetrieben von jedem Winde der Lehre, die da kommt durch die Betrügerei der Menschen, durch ihre Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum;

Als Folge dieses vollen Wuchses sollten wir in der christlichen Wahrheit nicht länger Unmündige sein, die durch Unwissenheit hin und her geworfen und umhergetrieben werden „von jedem Winde der Lehre, die da kommt durch die Betrügerei der Menschen, durch ihre Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum“. Leider gibt es im christlichen Bekenntnis solche, die mit List und Verschlagenheit die betrügen, die in der Wahrheit nicht befestigt sind. Hinter ihrer falschen Lehre steht gewöhnlich „listig ersonnener Irrtum“. Jedes Mal wenn in der Geschichte des Volkes Gottes eine große Wahrheit entschieden geleugnet wird oder ein besonderer Irrtum bezüglich der Person Christi gelehrt wird, entdeckt man meistens, dass hinter einer einzelnen falschen Lehre ein ganzes System des Irrtums steckt.

Vers 15

Eph 4,15: … sondern die Wahrheit festhaltend in Liebe, lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus,

In Zeiten von Widersprüchen und Wortgefechten besteht die große Gefahr, „hin und her geworfen zu werden“, indem man dem einen und dem andern zuhört. Um uns her sehen wir eine leblose und von gemischten Grundsätzen geprägte Christenheit, die der Verblendung kraftlos gegenübersteht. Unser einziges Bewahrungsmittel gegen allen Irrtum wird nicht in der Kenntnis des Irrtums, sondern im Festhalten der Wahrheit in Liebe gefunden und indem wir einen lebenden Christus vor unseren Seelen haben. Wenn Christus der Gegenstand unserer Zuneigung ist, dann wird jede Wahrheit in Bezug auf Christus in Liebe festgehalten, mit dem Resultat, dass wir in allem zu Ihm hin wachsen werden. Und so werden wir moralisch dem ähnlicher werden, der unsere Zuneigungen fesselt.

Darüber hinaus ist der, in dessen Erkenntnis und zu dessen Ähnlichkeit wir wachsen, das Haupt des Leibes. Alle Weisheit, Kraft und Treue sind in dem Haupt. Um uns her mag alles in Unordnung sein, aber wenn wir Christus als Haupt kennen, werden wir erfahren, dass keine Macht des Feindes und kein Versagen der Gläubigen die Weisheit und Macht des Hauptes angreifen können.

Vers 16

Eph 4,16: … aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.

Der 16. Vers geht von dem, was der Herr in Gnade durch die Gaben wirkt, zu dem über, was Er selbst als das Haupt des Leibes tut. Das, was jedes Gelenk darreicht, ist nicht die Ausübung einer Gabe, denn die Gaben sind nicht jedem gegeben. Aber jeder wahre Christ hat etwas vom Haupt empfangen, um es zum Wohl des ganzen Leibes, d.h. der andern Glieder, beizutragen. Wenn in einem menschlichen Körper jedes Glied unter der direkten Kontrolle des Hauptes steht, werden alle Glieder zusammen zum Wohl des Ganzen handeln. Genauso verhält es sich mit dem Leib Christi. Wenn jedes Glied unter der direkten Leitung Christi stände, würde der Leib wachsen und sich selbst auferbauen in Liebe.

So haben wir im Lauf des Abschnittes gesehen, dass jedem Einzelnen Gnade gegeben wird (Eph 4,7), dass es besondere Gaben gibt (Eph 4,11) und dass das Haupt jedem Glied etwas zum Segen des ganzen Leibes darreicht (Eph 4,16).

Wir stellen auch fest, welch einen breiten Platz die Liebe unter den Christen einnimmt. Wir sollen einander ertragen in Liebe (Eph 4,2); wir sollen die Wahrheit festhalten in Liebe (Eph 4,15), und die Auferbauung des Leibes soll in Liebe geschehen (Eph 4,16).

Der ganze Abschnitt stellt ein wunderbares Bild dessen vor, was die Versammlung nach den Gedanken des Herrn hier auf Erden sein sollte. Wir können uns keine richtige Vorstellung von wahrem Christentum oder von der Versammlung machen, wenn wir auf die Christenheit sehen oder auf alles, was sich unter dem Namen Christi auf Erden abspielt. Um die wahren Gedanken über die Versammlung nach dem Sinn des Herrn zu bekommen, müssen wir unsere Meinungen lösen von all dem, was um uns her zu sehen ist und die Wahrheit, wie sie uns im Wort vorgestellt wird und wie der Sohn Gottes sie ausgelebt hat, vor uns stellen.

Der Wandel des Gläubigen als Bekenner des Herrn

Verse 17-19

Eph 4,17-19: Dieses nun sage und bezeuge ich im Herrn, dass ihr forthin nicht wandelt, wie auch die [übrigen] Nationen wandeln, in Eitelkeit ihres Sinnes, verfinstert am Verstande, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verstockung ihres Herzens, welche, da sie alle Empfindung verloren, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, alle Unreinigkeit mit Gier auszuüben.“

Der Apostel hat uns zu einem Wandel ermahnt, wie er sich für einen Gläubigen in Beziehung zur Versammlung geziemt. Jetzt ermahnt er uns zu einem persönlichen Wandel, wie es sich für einen schickt, der den Herrn in einer bösen Welt bekennt. Er bezeugt uns im Herrn, dessen Name wir bekannt haben, fortan nicht mehr wie die übrigen Nationen zu wandeln. Das führt den Apostel dazu, ein kurzes, aber lebendiges Bild von dem Zustand der Welt der unbekehrten Heiden zu geben. Sie wandeln in Eitelkeit ihres Sinnes und streben nach vergänglichen Dingen. Ihr Verstand ist verfinstert, indem sie völlig unwissend über Gott und das Leben Gottes sind. Sie sind unwissend über Gott, weil ihre Herzen durch das böse Leben, das sie führen, verhärtet sind. Sie haben sich völlig der Ausschweifung hingegeben. Wir lernen daraus, dass die Menschen durch ihr böses Leben dem Herzen nach verhärtet werden; das verstockte Herz verfinstert den Verstand, und die verfinsterte Gesinnung lässt die Menschen eine Beute jeder Eitelkeit werden.

Verse 20-24

Eph 4,20-24: Ihr aber habt den Christus nicht also gelernt, wenn ihr anders ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist: dass ihr, was den früheren Lebenswandel betrifft, abgelegt habt den alten Menschen, der nach den betrügerischen Lüsten verdorben wird, aber erneuert werdet in dem Geiste eurer Gesinnung und angezogen habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.

Im Gegensatz zu diesem eitlen Leben der Unwissenheit der Heidenwelt stellt der Apostel das Leben vor, wie es aus der Erkenntnis der Wahrheit, wie sie „in dem Jesus“ ist, folgt. Es ist darauf hingewiesen worden, dass der Apostel nicht sagt: „wie die Wahrheit in dem Christus ist“. Das würde die Gläubigen und ihre Stellung vor Gott in Christus miteinbeziehen. Er gebraucht den persönlichen Namen Jesus, um uns einen richtigen praktischen Wandel vorzustellen, wie Er ihn auf seinem persönlichen Weg vorgelebt hat. Ein anderer hat dazu gesagt: „Paulus schreibt deshalb Jesus, weil er nicht an einen Platz denkt, den wir in Ihm haben, noch an die Resultate seines Werkes für uns, sondern einfach an sein Beispiel. Jesus ist der Name, den Er trug, als Er hier auf Erden lebte.“

Die Wahrheit, wie sie in Jesus gesehen wurde, war die Wahrheit über den neuen Menschen, denn Er ist der vollkommene Ausdruck des neuen Menschen, der den Charakter Gottes selbst trägt - Gerechtigkeit und wahre Heiligkeit. Die Wahrheit, wie sie „in dem Jesus“ ist, ist also nicht die Verbesserung des alten Menschen, noch die Umwandlung des Fleisches in den neuen Menschen, sondern die Einführung des neuen Menschen, der eine völlig neue Schöpfung ist, die den Charakter Gottes trägt. Der erste Mensch war nicht gerecht, sondern unschuldig. Nichts Böses war in ihm, und er hatte keine Erkenntnis über Gut und Böse. Der alte Mensch weiß, was gut und böse ist, aber er wählt die Ungerechtigkeit und verdirbt sich selbst nach seinen betrügerischen Lüsten. Der neue Mensch hat auch die Erkenntnis von Gut und Böse, aber er ist gerecht und weist deshalb das Böse ab.

Die Wahrheit, die wir in Christus gelernt haben, ist in Jesus zum Ausdruck gekommen. Die Wahrheit, die uns gelehrt worden ist und die wir in Ihm gelernt haben, ist die, dass wir durch das Kreuz den alten Menschen abgelegt und den neuen angezogen haben. Im Licht dieser großen Wahrheit werden wir jetzt, in der Gegenwart, in unserem täglichen Leben im Geiste unserer Gesinnung erneuert. Anstatt die Gesinnung des Fleisches zu haben, die Feindschaft wider Gott ist, haben wir eine erneuerte Gesinnung, die durch Gerechtigkeit und Heiligkeit gekennzeichnet ist und die das Böse zurückweist und das Gute wählt. Der neue Mensch ist nicht ein veränderter alter Mensch, sondern etwas vollständig Neues. Der Ausdruck „erneuert werden“ bezieht sich auf das tägliche Leben des neuen Menschen.

Der Apostel sagt nicht, dass wir den alten Menschen ausziehen sollen; er erklärt: „Ihr habt den alten Menschen abgelegt.“ Mit dem alten Menschen ist am Kreuz abgerechnet worden, und der Glaube nimmt das an, was Christus getan hat. Wir müssen nicht der Sünde sterben, sondern uns als solche betrachten, die in der Person unseres Stellvertreters der Sünde gestorben sind.

Vers 25

Eph 4,25: Deshalb, da ihr die Lüge abgelegt habt, redet Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind Glieder voneinander.

In den verbleibenden Versen des Kapitels wendet der Apostel diese Wahrheit auf unser persönliches Verhalten an. Wir sollen die Handlungen des alten Menschen ablegen und die Charakterzüge des neuen anziehen. Wir sollen die Lüge ablegen und Wahrheit reden, indem wir bedenken, dass wir Glieder voneinander sind. Da dies so ist, hat jemand mit Recht gesagt: „Wenn ich meinen Bruder belüge, so betrüge ich mich selbst.“ Wir sehen auch, wie die große Wahrheit, dass die Gläubigen Glieder des einen Leibes sind, eine praktische Auswirkung auf die kleinsten Einzelheiten unseres Lebens hat.

Vers 26

Eph 4,26: Zürnet, und sündiget nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn,

Wir sollen uns davor hüten, im Zorn zu sündigen. Es gibt einen gerechten Zorn, aber das ist Unwille gegen das Böse, nicht gegen den, der Böses tut. Hinter einem solchen Zorn steht immer die Betrübnis über das Böse. So lesen wir vom Herrn, dass Er auf die bösen Führer in der Synagoge umherblickte „mit Zorn, betrübt über die Verstockung ihres Herzens“ (Mk 3,5). Der Zorn des Fleisches sieht nur sich selbst. Das ist keine Betrübnis über das Böse, sondern Groll gegen den, der einen beleidigt hat. Dieser fleischliche Zorn gegen den Übeltäter wird nur zu Bitterkeit führen, die die Seele mit Gedanken der Vergeltung erfüllt. Wer sich mit solchen Gedanken beschäftigt, ärgert sich ständig und lässt in diesem Sinn die Sonne über seinem Zorn untergehen. Zorn über das Böse wird zu einer Betrübnis führen, die ihre Hilfe in dem Zurückwenden zu Gott findet, wo die Seele zur Ruhe kommt.

Vers 27

Eph 4,27: … und gebet nicht Raum dem Teufel.

Wir werden gewarnt, dass jede Tätigkeit des Fleisches, sei es im Zorn oder auf andere Weise, dem Teufel eine Tür öffnet. Durch sein Selbstvertrauen gab Petrus dem Teufel Raum, so dass er ihn zur Verleugnung des Herrn bringen konnte.

Vers 28

Eph 4,28: Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, auf dass er dem Dürftigen mitzuteilen habe.

Das Leben des neuen Menschen steht in völligem Gegensatz zu dem des alten, so dass der, welcher einst die anderen bestahl, jetzt dem Dürftigen mitteilen kann.

Vers 29

Eph 4,29: Kein faules Wort gehe aus eurem Munde, sondern das irgend gut ist zur notwendigen Erbauung, auf dass es den Hörenden Gnade darreiche.

In unseren Unterhaltungen sollen wir nicht von Dingen reden, die die Gesinnung der Hörer verderben würde, sondern vielmehr von dem, was erbaut, so dass den Hörenden in einem Geist der Gnade gedient wird.

Verse 30.31

Eph 4,30.31: Und betrübet nicht den Heiligen Geist Gottes, durch welchen ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung. Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit.

Im ersten Teil des Kapitels entspringt die Ermahnung zu einem würdigen Wandel der großen Wahrheit, dass alle Gläubigen gemeinsam den Wohnort des Heiligen Geistes ausmachen. Hier werden wir erinnert, dass wir als Einzelne mit dem Heiligen Geist versiegelt sind. Im Blick auf den Tag der Erlösung hat Gott uns als sein Eigentum gekennzeichnet, indem Er uns den Heiligen Geist gegeben hat. Wir sollten uns davor hüten, den Heiligen Geist durch Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei, Lästerung oder irgendeine Bosheit zu betrüben.

Vers 32

Eph 44,32: Seid aber gegeneinander gütig, mitleidig, einander vergebend, gleichwie auch Gott in Christo euch vergeben hat.

Im Gegensatz zu der bösen Rede und der Bosheit des Fleisches sollen wir gütig, mitleidig und einander vergebend sein, und zwar im Bewusstsein, wie Gott uns gegenüber gehandelt hat, indem Er uns um Christi willen vergeben hat.

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Zuerst erschienen in Halte festwww.haltefest.com
und als Buch erschienen in Christus und seine Versammlung
erhältlich bei www.beroea.ch
Bibelverse eingefügt von der SoundWords-Redaktion

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