Der Brief an die Philipper (2)
Kapitel 2

John Nelson Darby

© SoundWords, online seit: 11.07.2004, aktualisiert: 29.04.2023

Leitverse: Philipper 2

Verse 1-4

Phil 2,1-4: Wenn es nun irgendeine Ermunterung gibt in Christus, wenn irgendeinen Trost der Liebe, wenn irgendeine Gemeinschaft des Geistes, wenn irgend innerliche Gefühle und Erbarmungen, so erfüllt meine Freude, dass ihr gleich gesinnt seid, dieselbe Liebe habend, einmütig, eines Sinnes, nichts aus Streitsucht oder eitlem Ruhm tuend, sondern in der Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst; ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen.

Der Apostel Paulus wünschte, dass die Freude der Philipper völlig und die Einheit unter ihnen vollkommen sein möchte. Denn infolge seiner Abwesenheit war ein Same der Uneinigkeit und Unzufriedenheit aufgekeimt. Ihre Liebe hatten sie durch die Gabe, die sie dem Apostel gesandt hatten, auf eine schöne und deutliche Weise an den Tag gelegt. Ermunterung in Christus, Trost der Liebe, Gemeinschaft des Geistes, innerliche Gefühle und Erbarmungen hatten sie in diesem Zeugnis der Zuneigung gezeigt und ihm große Freude bereitet. Er bittet sie nun, diese Freude durch die völlige Befestigung des gleichen Bandes der Liebe untereinander zu erfüllen, einerlei gesinnt, einmütig und eines Sinnes zu sein, dieselbe Liebe zueinander zu haben und nicht zu erlauben, dass irgendwie Streitsucht oder eitler Ruhm sich geltend macht. Das war der Wunsch des Apostels. Indem er ihre Liebe zu ihm anerkennt, wünscht er, dass ihr Glück durch die Vervollkommnung dieser Liebe unter ihnen selbst völlig werden möge. Dadurch würde seine eigene Freude erfüllt werden. Eine schöne und rührende Liebe! Es war eine Liebe in ihm, die doch nur an sie dachte, obwohl er selbst auch empfänglich war für ihre Liebe. Mit welcher Zartheit fand eine Güte, die den Tadel zurückhielt, auf diese Weise einen Weg für das, was wirklich ein Tadel war. Und er musste diesen Tadel auch aussprechen, denn ein Herz, das der Bruderliebe die Liebe hinzufügte (2Pet 1,7), konnte nicht anders! Das Mittel zu dieser Einmütigkeit unter den Heiligen, das Mittel zur Aufrechterhaltung dieser Liebe war die Selbstverleugnung, die Niedriggesinntheit und der Geist, der sich selbst erniedrigt, um anderen zu dienen.

Verse 5-11

Phil 2,5-11: Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war, der, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen gegeben, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.

Das war es, was sich vollkommen in Christus gezeigt hatte im Gegensatz zu dem ersten Adam. Dieser suchte sich durch einen Raub Gott gleich zu machen, als er in der Gestalt eines Menschen war und trachtete danach, sich auf Kosten Gottes zu erheben (indem er zugleich ungehorsam war bis zum Tod). Christus dagegen, als Er in Gestalt Gottes war, entkleidete sich selbst in Liebe all seiner äußeren Herrlichkeit, der Gestalt Gottes, und nahm die Gestalt eines Menschen an. Und selbst als Er in dieser Gestalt war, erniedrigte Er sich noch. Es war ein zweiter Schritt, den Er in dieser Selbsterniedrigung tat. Als Gott entäußerte Er sich, als Mensch erniedrigte Er sich und wurde gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott Ihn auch hoch erhoben; denn wer sich selbst erhöht, soll erniedrigt werden, wer aber sich selbst erniedrigt, soll erhöht werden. Vollkommene Liebe, herrliche Wahrheit, wunderbarer Gehorsam! Ein Mensch ist durch das gerechte Urteil und die Hand Gottes zur Rechten des Thrones der göttlichen Majestät erhoben worden. Welch eine Wahrheit ist die Person Christi! Welch eine Wahrheit dieses Herniedersteigen und Hinaufsteigen, wodurch Er als Erlöser und Herr der Herrlichkeit alles erfüllt! Gott kam auf die Erde in Liebe, der Mensch stieg hinauf in Gerechtigkeit; vollkommene Liebe im Herniederkommen und zugleich vollkommener Gehorsam durch Liebe.

Was seine Person betrifft, so war Er von aller Ewigkeit her würdig, dort zu sein. Doch jetzt ist Christus als Mensch von Gott zu seiner Rechten erhoben. Dass Er dort ist, ist eine Tat der Gerechtigkeit vonseiten Gottes. Und wir können daran teilnehmen, indem wir uns seiner Herrlichkeit freuen, auch darüber freuen, dass wir durch Gnade bezüglich unseres eigenen Platzes daran teilhaben. Seine Erniedrigung selbst ist ein Beweis, dass Er Gott ist. Gott allein konnte seinen ersten Zustand in den unumschränkten Rechten seiner Liebe verlassen; für jedes Geschöpf ist es Sünde, das zu tun. Diese Erniedrigung ist zugleich vollkommene Liebe. Aber dieser Beweis ist gegeben und diese Liebe vollendet in der Tatsache, dass Er Mensch wurde. Welch einen Platz in sich hat Er für uns erworben! Aber der Apostel denkt hier nicht an uns, die wir deren Früchte sind, sondern an Ihn. Er freut sich in dem Gedanken an die Erhöhung Christi. Gott hat Ihn zu dem höchsten Platz erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, damit jedes Knie, der himmlischen und irdischen und sogar der höllischen Wesen, sich beugen muss vor diesem erhöhten Menschen; ja jede Zunge muss bekennen, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (Phil 2,9-11).

Man wird bemerken, dass in dieser Stelle Christus als Herr dargestellt wird und nicht seine Gottheit an sich. Seine Gottheit ist freilich der Haupt-Ausgangspunkt. Alles hat in Wirklichkeit dort seinen Ursprung: die Liebe, die Selbstentäußerung, die Erniedrigung, das wunderbare Herabsteigen. Nichts von alledem hätte ohne seine Gottheit stattfinden können oder hätte irgendeinen Wert gehabt; aber hier wird Er als der Herr betrachtet, vollkommen in seiner Person in der Position, in die Er als Mensch eintrat. Es ist der, der sich selbst erniedrigte, und der, nachdem Er zu dem niedrigstmöglichen Platz hinabgestiegen war, von Gott hoch erhoben wurde; es ist Christus, der, ohne sich zu erheben, Gott gleich sein konnte, der sich aber selbst entäußerte und sogar in den Tod hinabstieg. Von Ihm spricht der Apostel, von Jesus, dem Herrn über alles, der in dieser Position des erhöhten Menschen in der ganzen Schöpfung zur Verherrlichung Gottes des Vaters als Herr anerkannt werden wird.

Beachten wir auch, dass uns Christus hier nicht als unser Vorbild dargestellt wird in dem, was Er infolge seiner Unterwerfung unter den Willen Gottes in der von Ihm eingenommenen Stellung litt. Wir sind berufen, Ihm in seiner freiwilligen Erniedrigung nachzufolgen, in der Tatsache, dass Er in Liebe den letzten, den niedrigsten Platz einnahm. Die Liebe dient, die Liebe erniedrigt sich selbst, nimmt gern den geringsten Platz ein (den geringsten für den Hochmut des Menschen), um zu dienen und findet Wohlgefallen daran. Christus handelte aus Liebe. Er wollte dienen. Christus erwählte den untersten Platz, Er, der imstande war, sich selbst zu erniedrigen. Und wir?

Verse 12.13

Phil 2,12.13: Daher, meine Geliebten, wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein als in meiner Anwesenheit, sondern jetzt viel mehr in meiner Abwesenheit, bewirkt euer eigenes Heil mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, zu seinem Wohlgefallen.

Das Herz des Apostels wird immer weit, wenn er von dem Herrn Jesus spricht. Doch jetzt wendet er sich zu denen, um die er sich sorgte. Er hatte von der Selbstverleugnung und der Erniedrigung Christi gesprochen, als einem Mittel zur Bewahrung der Eintracht, das jeden Anlass zu fleischlicher Eifersucht wegnehmen würde. Das hatte ihn auch dahin geleitet, von dem Gehorsam Christi im Gegensatz zu dem ersten Adam und dem Fleisch zu reden. Jetzt wendet er auch diesen Grundsatz zur Belehrung der Philipper an: „Daher, meine Geliebten“, sagt er, „wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid“ – und nun wird die Wirkung seiner Abwesenheit und Entfernung vom Werk eingeführt – „nicht allein als in meiner Anwesenheit, sondern jetzt viel mehr in meiner Abwesenheit, bewirkt euer Heil mit Furcht und Zittern; denn“, fügt er hinzu, „Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken“ (Phil 2,12.13). Das will sagen: Während der Apostel unter ihnen war, hatte er gearbeitet; jetzt standen sie selbst im Kampf mit dem Feind, ohne die Hilfe der Anwesenheit und der geistlichen Kraft des Apostels zu haben. Aber Gott selbst wirkte in ihnen. Sie sollten deshalb, da sie in einem solchen Kampf standen, einen umso größeren Ernst beweisen, indem einerseits Gott selbst für sie beschäftigt war und für diesen Kampf in ihnen wirkte und andererseits sie persönlich und unmittelbar gegen die Macht des Feindes zu streiten hatten.

Der Augenblick war nicht dazu angetan, sich ihrer wenigen Gaben in Abwesenheit der Gabe des Apostels, die sie in den Schatten gestellt hatte, zu rühmen noch auch miteinander zu streiten. Andererseits aber, wenn die Philipper auch des Apostels beraubt waren, waren sie doch nicht Gottes beraubt. Gott selbst wirkte in ihnen. Das ist der Hauptgrundsatz und der große Trost des Briefes. Die Christen, der wichtigen Hilfe des Apostels beraubt, waren unmittelbarer auf Gott geworfen. Der Apostel selbst, von der Versammlung getrennt, findet seinen Trost in Gott, und er übergibt die Versammlung, weil er sich nicht selbst um sie kümmern konnte, Gott selbst, in dem auch er diesen Trost gefunden hatte. Es muss hier sorgfältig beachtet werden, dass der 12. Vers das genaue Gegenteil von einer Ermahnung zu eigenem Wirken ist, im Gegensatz zu der wirksamen Kraft Gottes. „Eure eigene“ steht im Gegensatz zu Paulus in seiner Abwesenheit; früher hatte er für sie gearbeitet, jetzt aber wirkte Gott in ihnen sowohl das Wollen als auch das Wirken. Sie sollten wirken, weil Gott in ihnen wirkte, wenn Paulus abwesend war.

Ich habe schon angeführt, dass die Seligkeit, ja jede Segnung in diesem Brief, stets als am Ende der Laufbahn des Christen liegend betrachtet wird, sogar die Offenbarung seiner Gerechtigkeit. Philipper 3,9 ist ein Beispiel davon. Im Neuen Testament wird der Christ in zweifacher Weise gesehen. Er ist in Christus – da gibt es keinen Fortschritt, keine Frage mehr; er ist angenommen in Ihm: ein vollständiger, vollkommener, gegenwärtiger Zustand. Aber er ist auch ein Pilger auf der Erde, einer, der das Ziel zu erreichen hat: So wird er stets in dem Brief an die Philipper betrachtet. Das gibt Anlass zu jeder Art von Ermahnung und Warnung und zu mancherlei „Wenn“. Auf diese Weise lernt der Christ Gehorsam und Abhängigkeit, die beiden Charakterzüge des neuen Menschen. Aber hierdurch wird er zu der sicheren und unfehlbaren Treue Gottes geleitet, die ihn bis ans Ende bringen wird, und er ist aufgefordert, auf sie zu rechnen. Das finden wir zum Beispiel auch in 1. Korinther 1,8: „[Jesus Christus] wird euch auch befestigen bis ans Ende, dass ihr untadelig seid an dem Tag unseres Herrn Jesus Christus.“ Diese Stelle führe ich an, weil die Korinther sehr schlecht vorangingen; aber es gibt eine Menge ähnlicher Stellen. Fleiß und Ernst sollen den Wandel des Christen kennzeichnen in diesen Umständen, in denen unmittelbare Verbindung mit Gott und persönlicher Kampf mit dem Feind verwirklicht werden müssen.

Verse 14-16

Phil 2,14-16: Tut alles ohne Murren und zweifelnde Überlegungen, damit ihr untadelig und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter dem ihr scheint wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens, mir zum Ruhm auf den Tag Christi, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin noch auch vergeblich gearbeitet habe.

Der Apostel kommt dann auf den Geist der Sanftmut und des Friedens zurück, in dem die Früchte der Gerechtigkeit gesät werden:

  1. „Tut alles“, sagt er, „ohne Murren
  2. und zweifelnde Überlegungen,
  3. damit ihr untadelig
  4. und lauter seid,
  5. unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts,
  6. unter dem ihr scheint wie Lichter in der Welt,
  7. darstellend das Wort des Lebens.“

Das ist eine sehr bemerkenswerte Stelle, weil jeder einzelne Punkt dieser Stelle eine genaue Darstellung dessen ist, was Christus war. Welcher Art auch die Umstände sein mögen, in denen die Versammlung sich befindet, so sollte, was sie selbst betrifft, dieses Verhalten stets ihr Zustand und ihr Wandel sein. Die dazu notwendige Gnade ist immer in Christus vorhanden. Einheit des Geistes unter ihnen durch Gnade und ein Wandel Gott gemäß, damit sie wie himmlische Lichter scheinen möchten inmitten der Finsternis dieser Welt: Das war der Wunsch des Apostels für seine geliebten Philipper. Dann würden sie stets das Wort des Lebens verwirklichen und es damit darstellen. Auf diese Weise lieferten sie durch die Standhaftigkeit und die praktische Ausübung ihres Glaubens den Beweis, dass er nicht vergeblich gelaufen und gearbeitet hatte. Ja, sie selbst würden sein Ruhm an dem Tage Christi sein. Oh, wenn nur die Versammlung in solcher Weise vorangegangen wäre! Doch wie dem auch sein mag, Christus wird verherrlicht werden.

Verse 17.18

Phil 2,17.18: Aber wenn ich auch als Trankopfer über das Opfer und den Dienst eures Glaubens gesprengt werde, so freue ich mich und freue mich mit euch allen. Ebenso aber freut auch ihr euch, und freut euch mit mir.

Der Apostel verbindet auf diese Weise seine Arbeit und seinen Lohn an dem Tage Christi mit der Segnung der Versammlung. Er würde in seinem Tod nicht davon getrennt sein. Diese Verbindung der Gefühle des Herzens mit dem Glauben ist sehr rührend. Paulus bietet sich (d.h. sein Leben) dar, wie ein Trankopfer über das Opfer und den Dienst des Glaubens der Philipper gesprengt zu werden. Sie hatten ihre Hingabe an Christus gezeigt, indem sie seines Knechtes gedacht hatten, und er betrachtet ihren ganzen Glauben als ein dem Heiland und Gott dargebrachtes Opfer. Er betrachtet sie, das Volk Christi, als den wesentlichen Bestandteil des Opfers, als die Hauptsache, sich selbst jedoch nur als ein Trankopfer, indem sein Leben über das Opfer ausgegossen wurde. Es war möglich, dass er sein Leben in dem Dienst des Evangeliums, dem die Philipper sich ihrerseits weihten, dahingeben musste und das würde dann ein Siegel auf ihrem Opfer sein, das Gott durch dieses heilige Band zwischen dem Apostel und ihnen gewidmet war . Paulus freute sich, wenn sein Leben so dahingegeben werden sollte: Das würde sein Werk für die Nationen krönen. Er wünschte auch, dass die Philipper sich in demselben Geist auch darüber freuen möchten. Ihr und sein Glaube sowie ihr gemeinsamer Dienst, der Gott dargebracht wurde und Ihm wohlgefällig war, waren ein und dieselbe Sache. Und der höchste Beweis, der davon geliefert werden konnte, sollte die Quelle der heiligsten Freude sein. Diese Welt war ja nicht der wirkliche Schauplatz dessen, was vorging. Was wir hier in Verbindung mit dem göttlichen Werk sehen, ist nur die Außenseite. Der Apostel spricht die Sprache des Glaubens, der die Dinge stets so sieht, wie sie vor Gott sind.

Verse 19-24

Phil 2,19-24: Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich gutes Mutes sei, wenn ich eure Umstände kenne. Denn ich habe keinen Gleichgesinnten, der von Herzen für das Eure besorgt sein wird; denn alle suchen das Ihre, nicht das, was Jesu Christi ist. Ihr kennt aber seine Bewährung, dass er, wie ein Kind dem Vater, mit mir gedient hat an dem Evangelium. Diesen nun hoffe ich sofort zu senden, wenn ich überschaue, wie es um mich steht. Ich vertraue aber im Herrn darauf, dass auch ich selbst bald kommen werde.

Dennoch hörte seine wachsame Sorge nicht auf, obwohl er die Philipper Gott übergab. So ist es immer. Die Liebe und der Glaube, der alles Gott übergibt, hören nicht auf, Gott gemäß an das zu denken, was Ihm teuer ist. So belehrt auch Johannes, während er in seinem ersten Brief (Phil 2) sagt, dass die Kindlein in Christus nicht bedürfen, von jemand belehrt zu werden, die Gläubigen dennoch mit aller Zärtlichkeit und Vorsorge. Auch in unserem Kapitel hofft der Apostel – voll heiliger Sorge für diese Seelen, die Christus teuer waren –, Timotheus bald zu senden, damit er ihre Umstände erfahre. Aber die Lage, in welcher Paulus und das Werk Gottes sich befanden, tritt auch hier deutlich hervor: Er sandte Timotheus, weil er niemand anderes hatte, in dessen Herz dieselben Gefühle für die Philipper aus derselben Quelle der Liebe hervorkamen. Alle suchten ihre eigenen Interessen und nicht die Jesu Christi. Welch eine Übung für den Glauben! Aber auch welch eine Gelegenheit zur Ausübung des Glaubens! Doch was Timotheus betraf, so sollten die geliebten Philipper ihn mit einem Herzen aufnehmen, das dem Vertrauen des Apostels entsprach. Sie wussten, wie er dem Apostel im Evangelium gedient hatte. Die Bande der Liebe im Evangelium sind – Gott sei dafür gepriesen! – nur umso stärker, wenn alles erkaltet. Und lasst uns beachten, dass Gott sein Werk fortsetzte, als hinsichtlich des gemeinsamen Zeugnisses der Gemeinde alles fehlte wegen einer Kälte, die das Herz des Apostels niederdrückte. Gott ermüdet nämlich nicht in seinem Werk. Doch dieses Band der Liebe fehlte keineswegs zwischen Paulus und den Philippern.

Sobald Paulus wusste, wie es mit ihm gehen würde, wollte er Timotheus zu ihnen senden; doch wie er bereits gesagt hatte, er hatte Vertrauen im Herrn, dass er selbst bald kommen würde.

Verse 25-30

Phil 2,25-30: Ich habe es aber für nötig erachtet, Epaphroditus, meinen Bruder und Mitarbeiter und Mitstreiter, aber euren Abgesandten und Diener meines Bedarfs, zu euch zu senden, da ihn ja sehnlich nach euch allen verlangte und er sehr beunruhigt war, weil ihr gehört hattet, dass er krank war. Denn er war auch krank, dem Tod nahe; aber Gott hat sich über ihn erbarmt, nicht aber über ihn allein, sondern auch über mich, damit ich nicht Traurigkeit auf Traurigkeit hätte. Ich habe ihn nun desto eiliger gesandt, damit ihr, wenn ihr ihn seht, wieder froh werdet und ich weniger betrübt sei. Nehmt ihn nun auf im Herrn mit aller Freude, und haltet solche in Ehren; denn um des Werkes willen ist er dem Tod nahe gekommen, indem er sein Leben wagte, damit er den Mangel in eurem Dienst für mich ausfüllte.

Aber es gab noch eine andere Person, die der Apostel nicht übergehen konnte: Epaphroditus, der von den Philippern gekommen war, um ihm den Beweis ihrer Liebe zu überbringen. Er, der als treues Werkzeug und Ausdruck dieser Liebe zur Erfüllung ihres Dienstes sein Leben gewagt hatte, hatte an einer gefährlichen Krankheit gelitten. Dieses schöne Zeugnis christlicher Liebe strahlt hier auf allen Seiten hervor. Epaphroditus rechnet so auf die Liebe der Philipper, dass er ganz traurig ist, weil sie gehört hatten, dass er krank war. Er rechnet auf die Gefühle, die sie gegen ihn hegten, auf den Platz, den er in ihrer Liebe hatte. Würde es nicht ebenso sein bei einem liebenden Sohn, wenn er erfährt, dass seine Mutter eine solche Nachricht über ihn erhalten hätte? Er würde sich beeilen, ihr seine Wiederherstellung mitzuteilen, um ein Herz zu beruhigen, dessen Liebe er kennt. Das ist christliche Liebe: zärtlich und einfach. Sie vertraut, weil sie rein und ohne Argwohn ist. Sie bewegt sich im Licht Gottes; sie wandelt mit Ihm und in den Gefühlen, die Christus als Mensch offenbart hat. Göttliche Liebe steigt ohne Zweifel höher. Aber brüderliche Liebe, die als die Frucht jener göttlichen Liebe unter den Menschen tätig ist, zeigt sich auf diese Weise in Gnade. Der Apostel entspricht dieser Liebe der Philipper zu Epaphroditus, der sie belehrt und in dem Herrn für sie gearbeitet hat (der Heilige Geist bringt auch das hier in Erinnerung), und sendet Epaphroditus zurück. Er will damit dieses Gefühl in den Herzen der Philipper beleben und stärken. Er selbst nimmt daran teil und bringt Gottes eigene zärtliche Liebe hinein. Paulus würde Traurigkeit auf Traurigkeit gehabt haben (und er hatte schon viele), wenn die Philipper ihren geliebten Arbeiter und Boten durch die Dienste, die dieser ihnen erwiesen hatte, verloren hätten; aber Gott hatte sich über Epaphroditus und über den Apostel selbst erbarmt. Jedoch wollte der Apostel, dass die Philipper völlig davon versichert werden sollten, wenn sie Epaphroditus wieder bei sich sehen würden. Mit dieser einen Sorge weniger würde es ihm dann auch selbst wieder besser gehen. Welch ein Bild gegenseitiger Liebe und herzlicher Teilnahme!

Beachten wir auch die Weise, wie Gott in Rücksicht auf den Apostel hierbei mitmacht. Was uns hier dargestellt wird, sind seine Erbarmungen, nicht die Ratschlüsse seiner Liebe, sondern Erbarmungen, die Gottes würdig sind, und Zuneigungen, denen Er unter den Menschen seine Anerkennung gibt. Manche haben Angst bei solchen Beziehungen zu den Arbeitern und wenn man ihnen einen solchen Wert beilegt. Das ist auch verständlich, weil die Versammlung sich in der Tat von einer falschen Abhängigkeit von Menschen losreißen muss. Aber hier war der Apostel nicht anwesend, sein Kraftentfaltung und äußere Organisation fehlte. Deswegen zeigt der Geist Gottes die Tätigkeit dieser inneren Gefühle und Bande zur Belehrung der Gemeinde auf. Zugleich erkennt Er alles an, was von dem zerstörten ursprünglichen Verhältnis und den äußeren Banden noch vorhanden war (Aufseher und Diener). Er schafft diese nicht von neuem, sondern Er erkennt das an, was noch davon bestand. Nur in dem ersten Vers dieses Briefes spricht der Heilige Geist von diesen äußeren Banden – mehr war nicht nötig. Aber die inneren Bande bespricht Er ausführlich, nicht als Lehre, sondern als eine Tatsache. Gott selbst, der Apostel, sein treuer Timotheus, der wertgeschätzte Diener der Philipper (der ihnen so teuer war) und der Mitarbeiter des Paulus, des Knechtes des Herrn, die Philipper selbst – alle bilden ein Glied in dieser kostbaren und schönen Kette der Liebe. Die Schönheit des christlichen Lebens wird so in jedem Teil dieses Kapitels entfaltet:

  • die Zartheit, mit der der Apostel seinen Tadel wegen des Geistes der Uneinigkeit ausspricht;
  • die Sendung des Timotheus, sobald er den Philippern mitteilen kann, wie es um ihn steht, während er den Epaphroditus sofort zu ihnen zurücksendet, weil sie gehört hatten, dass er krank gewesen sei.

Diese Güte und Rücksicht gegen andere steht – man beachte es – mit einem Christus in Verbindung, der sich erniedrigte. Ein demütiger Christus, der von der Gestalt Gottes bis zum Tod hinabstieg, ist die Quelle der demütigen Güte – das ist das Thema von Kapitel 2. Ein erhöhter Christus, zu dem man in der Herrlichkeit aufschaut, ist die Quelle einer Kraft, die alles für Verlust und Dreck achtet, um Ihn zu gewinnen – das ist das Thema von Kapitel 3.

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Übersetzung: S. Bauer

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