Das Leben und Wirken Jeremias (2)
Jeremia 7–12; 26

Willem Johannes Ouweneel

© SoundWords, online seit: 01.03.2006, aktualisiert: 19.10.2022

Leitverse: Jeremia 7–12; 26

Einleitung

Die sechs Kapitel, die wir im ersten Teil betrachtet haben, bilden eine Einheit, und wahrscheinlich umfasst der größte Teil dieser sechs Kapitel Weissagungen, die Jeremia zur Zeit Josias gesprochen hat; zum Teil gehören sie vielleicht schon der Zeit Jojakims an. Aber hier ab Kapitel 7 da sind wir tatsächlich in viel späterer Zeit, denn aus Kapitel 26 – und fast alle Ausleger sind sich darüber einig, dass diese beiden Kapitel dieselben Ereignisse beschreiben –, aus Jeremia 26,1 geht hervor, dass dieses Ereignis aus Kapitel 7 und 26 im Anfang der Regierung Jojakims, des Sohnes Josias, stattgefunden hat. Da machen wir also einen großen Sprung jetzt in der Geschichte Jeremias. Aus Jeremia 25,3 geht hervor, dass er während der ganzen Zeit der Regierung Josias gesprochen, geredet, geweissagt hat. Er wurde im 13. Jahre Josias berufen und Jeremia hat 31 Jahre regiert. Daraus geht also hervor, dass das eine Periode von etwa 18 Jahren war, dass Jeremia schon geredet, geweissagt hatte inmitten des Volkes. In dieser Zeit, wo wir jetzt angekommen sind, ist er sicher kein junger Knabe mehr, sondern ein Mann etwa zwischen 35 und 45 Jahre alt. Wir können das nur so ganz grob andeuten.

Wir wissen, wie Josia gestorben ist. Leider ganz am Ende dieses schönes Lebens dieses gottesfürchtigen Königs, da sehen wir, dass er Widerstand leisten möchte, dem Pharao Nego gegenüber. Es ist wichtig, zu verstehen, dass die großen Mächte, wozwischen Israel sich befand zu jener Zeit, auf der einen Seite Assyrien gewesen war, aber so zur Zeit Josias wurde schon die Macht Babyloniens immer größer, und das assyrische Reich war schon zerfallen. Ninive war auch schon zerstört. Und die andere Großmacht war Ägypten. In Kapitel 2 werden die beiden Mächte angedeutet. Es gab in Juda eine pro-assyrische, später eine pro-babylonische Partei und eine pro-ägyptische Partei. Sie stützten sich politisch auf die ein oder andere Macht, aber nicht auf die Macht Gottes. Der Pharao Nego war ein mächtiger Mann, und er zog wider den König von Babel. Aber Josia meinte, er müsste sich ihm in den Weg stellen, und dabei ist er umgekommen.

Dann wurde sein Sohn Joahas König nach ihm. Im Buch Jeremia wird er mit dem Namen Schallum angedeutet. Dieser Joahas hat aber nur drei Monate regiert. Wir können das alles in den letzten Kapiteln des zweiten Buches Könige lesen. Dieser Joahas wurde dann nach drei Monaten von dem Pharao Nego abgesetzt und von diesem nach Ägypten geführt.

Und ein Bruder von ihm, also ein anderer Sohn Josias, Eljakim, wurde von Nego Jojakim genannt und von diesem zum König gemacht. Also, Jojakim war sicher kein selbständiger König, sondern von Ägypten abhängig. Aber zu gleicher Zeit wurde die Macht Nebukadnezars immer größer. Und wir werden später sehen, dass halbwegs der Regierung Jojakims die große Entscheidung zwischen diesen beiden Großmächten stattfand. Durch eine gewaltige Schlacht. Es war eine dieser Schlachten, die die Geschichte der Menschheit grundsätzlich geändert haben. In dieser Schlacht von Karkemis, worüber wir auch später in diesem Buch lesen werden, wurden die Ägypter geschlagen und wurde der König von Babel der große Sieger. Das war dann schon Nebukadnezar, obwohl er zu jener Zeit noch nicht direkt König war; sein Vater war noch König, aber der starb im selben Jahr, und Nebukadnezar wurde sein Nachfolger. Das sind die Hintergründe, und man muss die verstehen, um dieses Buch auch einigermaßen verstehen zu können.

Aber hier sind wir noch im Anfang der Regierung Jojakims. Er hat elf Jahre regiert von 609 bis 598. Und 605 fand diese große Schlacht zwischen Ägypten und Babylonien statt. Im Anfang seiner Regierung trat Jojakim wieder öffentlich auf. Und das ist seine bekannte Tempelpredigt, wie sie in Jeremia 7 und 26 genannt wird. Man muss dabei verstehen, dass Jojakim ein gottloser Mann war. Er kehrte zum Götzendienst seiner Vorfahren zurück. Alles, was Josia in seiner großen Arbeit der Wiederherstellung aufgebaut hatte, wurde von diesem König wieder abgebrochen. Und er diente den Götzen, er baute sich auch einen großen Palast mit Fronarbeitern, wie wir das in Kapitel 22 von ihm lesen, und dieser arrogante Mann, obwohl er noch sehr jung war, viel jünger als Jeremia, wurde einer der großen Feinde Jeremias. Dieser Mann kannte Gott nicht, fürchtete sich nicht vor ihm.

Kapitel 7,1-3

Jer 7,1-3: Das Wort, welches vonseiten Jahwes zu Jeremia geschah, also: Stelle dich in das Tor des Hauses Jahwes, und rufe daselbst dieses Wort aus und sprich: Höret das Wort Jahwes, ganz Juda, die ihr durch diese Tore eingehet, um Jahwe anzubeten. So spricht Jahwe der Heerscharen, der Gott Israels: Machet gut eure Wege und eure Handlungen, so will ich euch an diesem Orte wohnen lassen.

Und da kommt plötzlich dieser Jeremia so ganz in den Vordergrund. Bis jetzt hatte er überall unter dem Volk gepredigt, aber wir hören noch nichts von großem Widerstand. Bis jetzt haben wir in den ersten sechs Kapiteln von seiner Verkündigung gelesen. Aber kaum oder gar nicht von Widerstand, von Reaktionen. Aber jetzt in Kapitel 7 macht er einen kühnen Schritt, wozu Gott selbst ihm den Auftrag gab. Er stellte sich jetzt in den Tempel, in eines der Tore des Tempels, wo er jetzt eine Predigt hielt, wider den Tempel selbst. Und damit verletzt man den Israeliten in seinem tiefsten Inneren. Wenn man den Tempel angreift, dann greift man Israel in seinem Herzen an. Und darin sehen wir auch, dass Jeremia wieder dem Herrn Jesus so ähnlich ist. Ist es nicht merkwürdig, dass der Herr Jesus von Kajaphas verurteilt wurde, ebendeswegen weil zwei Zeugen von Ihm sagten, dass Er gesagt hätte, dass man diesen Tempel abreißen sollte und Er würde ihn in drei Tagen wieder aufbauen. Sie verstanden nicht, dass sich das auf seinen Körper bezog, sondern sie meinten, dass Er von dem Tempel des Herodes gesprochen hatte. Welch eine Beleidigung meinten sie in ihrer Heuchlerei, eine Beleidigung für den Tempel, ja für Gott selbst.

Und tatsächlich, nach dem Gesetz Moses war das eine Verleumdung. Wenn die Beschuldigung richtig gewesen wäre, eine Verleumdung, eine Gotteslästerung, wofür tatsächlich die Todesstrafe gegeben werden sollte. Genau das finden wir hier bei Jeremia. Wir lesen hier, dass Gott selbst ihm den Auftrag gab, vielleicht zur Gelegenheit eines großen Festes, wo ja Tausende von Israeliten zu dieser Gelegenheit im Tempel anwesend waren. Und da sollte er sich in das Tor stellen, wo eine große Volksmenge zu erreichen wäre, und da musste er sprechen: „Höret das Wort Jahwes, ganz Juda, die ihr durch diese Tore eingehet, um Jahwe anzubeten.“ Und da sagt Gott zu ihnen in Vers 3: „Machet gut eure Wege und eure Handlungen“, das heißt: Verbessert eure Wege und eure Handlungen, so will ich euch an diesem Orte wohnen lassen. Gott meinte: Das ist gar nicht selbstverständlich, dass ich euch an diesem Ort wohnen lassen werde. Und das ist hier der springende Punkt.

Israel meinte, dass sie in diesen schweren politischen Zeiten nichts zu befürchten hatten. Sie dachten mit Stolz und Freude daran zurück, wie in einem vergangenen Jahrhundert unter Hiskia die große assyrische Macht unter der Leitung von Sanherib auch vor den Toren Jerusalems gestanden hatte und wie der Engel des Verderbens 185.000 Mann in einer Nacht erschlagen hatte. Und warum war das so? Weil doch hier in Jerusalem der Tempel stand! Weil hier doch das Volk Gottes wohnte! Weil hier doch Gott inmitten seines Volkes wohnte! In dieser Stadt, in diesem Tempel wohnte Jehova selbst. Wer konnte dann je diesen Ort angreifen? So sprachen sie in ihrer Heuchlerei, die sie ja selbst Gott gar nicht liebten, die gar nicht mehr Gott dienten. Sie meinten eben, fast aus Aberglauben könnte man sagen, dass, weil der Tempel in Jerusalem stand, Jerusalem nichts passieren könnte von dem, was Samaria zum Beispiel passiert war. Der Tempel steht doch hier. Und so redeten sie, in heiligem Ernst, so wie die Engel im Himmel dreimal das „heilig“ aussprechen, so sprachen sie dreifach „der Tempel Jehovas ist dies“. Das ist Gottes eigener Tempel, Er wird nie zulassen, dass sein Tempel, sein Haus, von Feinden zerstört wird. Hier sind wir sicher. Hier kann uns in dieser Stadt nichts passieren.

Kapitel 7,4-7

Jer 7,4-7: Und verlasset euch nicht auf Worte der Lüge, indem man spricht: Der Tempel Jahwes, der Tempel Jahwes, der Tempel Jahwes ist dies! Sondern wenn ihr eure Wege und eure Handlungen wirklich gut machet, wenn ihr wirklich Recht übet zwischen dem einen und dem anderen, den Fremdling, die Waise und die Witwe nicht bedrücket, und unschuldiges Blut an diesem Orte nicht vergießet, und anderen Göttern nicht nachwandelt euch zum Unglück: so will ich euch an diesem Orte, in dem Lande, das ich euren Vätern gegeben habe, wohnen lassen von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Und dann sagt Jeremia zu ihnen: Das ist ein Wort der Lüge. Es waren „Worte der Lüge“, die von den falschen Propheten gesprochen wurden. Er sagt in Vers 4: „Verlasset euch nicht auf Worte der Lüge, indem man spricht: Der Tempel Jahwes, der Tempel Jahwes, der Tempel Jahwes ist dies! Sondern“, und dann führt er das Volk zurück zu den Worten Moses, zu den Anfängen, zu den Pfaden der Vorzeit, zu dem Gesetz, und er sagt: „Sondern wenn ihr eure Wege und eure Handlungen wirklich gut machet, wenn ihr wirklich Recht übet zwischen dem einen und dem anderen, den Fremdling, die Waise und die Witwe nicht bedrücket, und unschuldiges Blut an diesem Orte nicht vergießet, und anderen Göttern nicht nachwandelt euch zum Unglück: so will ich euch an diesem Orte, in dem Lande, das ich euren Vätern gegeben habe, wohnen lassen.“ Aber sonst nicht. Hier kommt ein Mann, noch immer verhältnismäßig jung, und rüttelt sie auf in ihrer falschen Sicherheit.

Liebe Geschwister, sehen wir dasselbe nicht in der ganzen Geschichte der Christenheit, und vielleicht auch ab und zu in unseren eigenen Herzen? Die römisch-katholische Kirche hat das doch von sich selbst gedacht: Was könnte ihr passieren? Sie war die allgemeine christliche Kirche und doch, wir wissen, was Gott von Thiatyra sagt, und da hat ein großes Werk der Reformation begonnen. Nun, das war ein Werk Gottes, aber das, was daraus hervorging, auch dort sehen wir diesen selben Geist. Das ist die Kirche, die Gott in der Zeit der Reformation unseren Vätern gegeben hat. Was kann uns passieren? Und viele treue Gläubige wollen eben aus diesem Grund, noch gar nicht aus den bösen Gründen, die wir hier finden, in dieser Kirche bleiben. Es war doch einmal die Kirche der Väter. Ja, aber das war die katholische Kirche ganz viel früher auch. Und kann es uns nicht passieren? Das Zeugnis sind doch wir. Ja, solange wir beim Worte Gottes bleiben. Solange wir handeln und leben, persönlich und gemeinsam, nach den Pfaden der Vorzeit. Und wenn nicht, dann könnten auch wir sagen: Der Tempel Gottes ist dies, die Versammlung des lebendigen Gottes. Das ist ja der Tempel im Neuen Testament. Dann könnten wir sagen: Der Tisch des Herrn ist dies, oder: Das Zeugnis ist dies. Aber wenn das Wort Gottes nicht mehr aufrechterhalten wird, wenn die Herzen nicht mehr bei dem Worte Gottes bleiben, wenn es nur noch ein äußerer Gottesdienst ist. Meinen wir denn, dass wir die große Ausnahme sein würden in der Geschichte des Volkes Gottes auf dieser Erde? In der Geschichte dieser Welt? Gott beraubt durch seinen Propheten sein Volk von dieser falschen Sicherheit, und Er weist auf ein Beispiel hin, so wie wir solche Beispiele in der Christenheit haben, die uns zeigen, dass das, was treu angefangen hat, aber von dem Herrn abweicht, sein Wort verlässt, den Boden seines Wortes verlässt, wo man vielleicht den Namen weiterführen kann und die Ansprüche weiter erheben kann, aber Gott kann sich zu solch einer Gesellschaft nicht länger bekennen.

Kapitel 7,4-7

Jer 7,8-15: Siehe, ihr verlasset euch auf Worte der Lüge, die nichts nutzen. Wie? Stehlen, morden und Ehebruch treiben und falsch schwören und dem Baal räuchern und anderen Göttern nachwandeln, die ihr nicht kennet! Und dann kommet ihr und tretet vor mein Angesicht in diesem Hause, welches nach meinem Namen genannt ist, und sprechet: Wir sind errettet damit ihr alle diese Gräuel verübet! Ist denn dieses Haus, welches nach meinem Namen genannt ist, eine Räuberhöhle geworden in euren Augen? Ich selbst, siehe, ich habe es gesehen, spricht Jahwe. Denn gehet doch hin nach meiner Stätte, die zu Silo war, woselbst ich zuerst meinen Namen wohnen ließ, und sehet, was ich ihr getan habe wegen der Bosheit meines Volkes Israel. Und nun, weil ihr alle diese Werke getan habt, spricht Jahwe, und ich zu euch geredet habe, früh mich aufmachend und redend, ihr aber nicht gehört habt; und ich euch gerufen, ihr aber nicht geantwortet habt: So werde ich diesem Hause, welches nach meinem Namen genannt ist, worauf ihr euch verlasset, und dem Orte, den ich euch und euren Vätern gegeben, ebenso tun, wie ich Silo getan habe. Und ich werde euch wegwerfen von meinem Angesicht, so wie ich alle eure Brüder, den ganzen Samen Ephraims, weggeworfen habe.

Und auch hier gibt Jeremia solch ein Beispiel. Zunächst beschreibt er, was sie wirklich alles getan hatten: „Ihr verlasset euch auf Worte der Lüge, die nichts nützen“, sagt er in Vers 8. Das sind die Worte der falschen Propheten. „Stehlen, morden und Ehebruch treiben und falsch schwören“, das taten sie alles. Und dann meinten sie trotzdem, Vers 10: „Ihr tretet vor mein Angesicht in diesem Hause, welches nach meinem Namen genannt ist, und sprechet: Wir sind errettet damit ihr alle diese Gräuel verübet!“ Errettet auch ganz im buchstäblichen Sinn. Wenn einmal die Feinde kommen würden, seien es die Ägypter oder die Assyrer oder die Babylonier, wir ziehen uns einfach in Jerusalem zurück, denn da steht doch der Tempel.

Ich sage, es ist wirklich Aberglaube, genau so wie sie einmal die Bundeslade in das Heer hinausgeführt hatten, gegen die Philister, aus Aberglauben, als ob es etwas war, was an sich schützen könnte, obwohl die Herzen Gott schon verlassen hatten. Und darum sagt Jeremia: „Ist denn dieses Haus, welches nach meinem Namen genannt ist, eine Räuberhöhle geworden?“ Denn das machen Räuber. Die haben so ihre Höhlen, wo sie sich verstecken können, wenn die Autoritäten, die Behörden, ihnen nachjagen. Dort können sie sich verstecken mit ihrer Beute. „Ihr seid Räuber und ihr meint, dass ihr euch verstecken könnt, so dass die Feinde euch nichts machen können.“ Wieder die Beziehung zu dem Herrn Jesus, der einmal so in dem Tempel und wider den falschen Tempeldienst gesprochen hat und gesagt hat: „Ihr habt aus diesem Ort eine Räuberhöhle gemacht“ (Mt 21). So groß ist die Übereinstimmung in dem Zeugnis Jeremias und des Herrn Jesus.

Und dann kommt dieses ernste Wort in Vers 12. Jetzt kommt das Beispiel aus der Geschichte. Wie wichtig ist es, dass wir die Geschichte kennen, dass wir sehen, wie Gott in der Vergangenheit gehandelt hat, damit wir daraus lernen. Er sagt: „Gehet doch hin nach meiner Stätte, die zu Silo war.“ Wir wissen, da stand nicht nur die Stiftshütte, da war auch ein Haus gebaut worden. Wir können das aus den ersten Kapiteln in 1. Samuel entnehmen. Und was war aus diesem Haus geworden? Da schlief Samuel, der kleine Knabe, in diesem Haus. Da wohnte Eli in diesem Haus. Aber indirekt geht aus 1. Samuel 4 hervor, dass, als diese Schlacht wider die Philister verloren war, die Philister diese Stätte und dieses Haus in Silo zerstört hatten. Es steht nicht direkt dort, aber wir lesen es zum Beispiel in Psalm 78,60.61. Und wir lesen es hier in Jeremia. Gott hatte dieses Haus zu Silo zerstört. Obwohl Er dort seinen Namen hatte wohnen lassen. Aber als das Volk Ihn verlassen hatte, da gab Gott dieses Haus auf. Nun, das stach Ihm ins Herz.

Schon einmal war ein Haus Gottes in Israel zerstört worden. Zwar nicht so ein schönes Haus wie dieser Tempel von Salomo. Aber Gott würde auch diesmal genau so sein Haus zerstören lassen, wenn sein Volk nur noch einen heuchlerischen Gottesdienst dort betrieb. So sagt er: „Und nun, weil ihr alle diese Werke getan habt, … und ich zu euch geredet habe, … ihr aber nicht gehört habt; und ich euch gerufen, ihr aber nicht geantwortet habt: So werde ich diesem Hause“, hier, der Tempel, wo wir jetzt stehen, sagt Jeremia, Gott wird diesem Haus, „welches nach meinem Namen genannt ist, worauf ihr euch verlasset“, vertraut, euer Vertrauen setzt, als ob ihr hier nicht verletzt werden könntet von den Feinden, „dem Orte, den ich euch und euren Vätern gegeben, ebenso tun, wie ich Silo getan habe. Und ich werde euch wegwerfen von meinem Angesicht.“

Kapitel 26,1-19

Jer 26,1-19: Im Anfang der Regierung Jojakims, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, geschah dieses Wort vonseiten Jahwes also: So spricht Jahwe: Tritt in den Vorhof des Hauses Jahwes und zu allen Städten Judas, welche kommen, um anzubeten im Hause Jahwes, rede alle die Worte, welche ich dir geboten habe, zu ihnen zu reden; tue kein Wort davon. Vielleicht werden sie hören und ein jeder von seinem bösen Wege umkehren: So werde ich mich des Übels gereuen lassen, welches ich ihnen zu tun gedenke wegen der Bosheit ihrer Handlungen. Und sprich zu ihnen: So spricht Jahwe: Wenn ihr nicht auf mich höret, dass ihr in meinem Gesetz wandelt, welches ich euch vorgelegt habe, dass ihr auf die Worte meiner Knechte, der Propheten, höret, welche ich zu euch sende, früh mich aufmachend und sendend (ihr habt aber nicht gehört): so will ich dieses Haus wie Silo machen, und diese Stadt werde ich zum Fluche machen allen Nationen der Erde. Und die Priester und die Propheten und alles Volk hörten Jeremia diese Worte reden im Hause Jahwes. Und es geschah, als Jeremia alles zu Ende geredet, was Jahwe geboten hatte, zu dem ganzen Volke zu reden, da ergriffen ihn die Priester und die Propheten und alles Volk und sprachen: Du musst gewisslich sterben. Warum hast du im Namen Jahwes geweissagt und gesprochen: Dieses Haus wird wie Silo werden, und diese Stadt verwüstet, ohne Bewohner? Und alles Volk versammelte sich gegen Jeremia im Hause Jahwes. Und als die Fürsten von Juda diese Worte hörten, gingen sie hinauf aus dem Hause des Königs zum Hause Jahwes und setzten sich in den Eingang des neuen Tores Jahwes. Und die Priester und die Propheten redeten zu den Fürsten und zu allem Volke und sprachen: Diesem Manne gebührt die Todesstrafe, denn er hat wider diese Stadt geweissagt, wie ihr mit euren Ohren gehört habt. Und Jeremia redete zu den Fürsten und zu allem Volke und sprach: Jahwe hat mich gesandt, um wider dieses Haus und wider diese Stadt all die Worte zu weissagen, welche ihr gehört habt. Und nun machet gut eure Wege und eure Handlungen, und höret auf die Stimme Jahwes, eures Gottes: so wird Jahwe sich des Übels gereuen lassen, welches er über euch geredet hat. Ich aber, siehe, ich bin in eurer Hand; tut mir, wie es gut und wie es recht ist in euren Augen. Doch wisset bestimmt, dass ihr, wenn ihr mich tötet, unschuldiges Blut bringen werdet auf euch und auf diese Stadt und auf ihre Bewohner; denn in Wahrheit, Jahwe hat mich zu euch gesandt, um alle diese Worte vor euren Ohren zu reden. Und die Fürsten und alles Volk sprachen zu den Priestern und zu den Propheten: Diesem Manne gebührt nicht die Todesstrafe; denn er hat im Namen Jahwes, unseres Gottes, zu uns geredet. Und es erhoben sich Männer von den Ältesten des Landes, und sie sprachen zu der ganzen Versammlung des Volkes und sagten: Micha, der Moraschtiter, hat in den Tagen Hiskias, des Königs von Juda, geweissagt und zu dem ganzen Volke von Juda gesprochen und gesagt: So spricht Jahwe der Heerscharen: „Zion wird als Acker gepflügt werden, und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen und der Berg des Hauses zu Waldeshöhen werden“. Haben denn Hiskia, der König von Juda, und ganz Juda ihn getötet? Hat er nicht Jahwe gefürchtet und Jahwe angefleht, so dass Jahwe sich des Übels gereuen ließ, welches er über sie geredet hatte? Und wir wollen eine so große Übeltat wider unsere Seelen begehen!

Jetzt geht es weiter in Kapitel 26. Da haben wir die Reaktion des Volkes. Und sie sind zutiefst beleidigt. Und, liebe Geschwister, ich sage das aufs Neue: Ich habe es mitgemacht, dass ich in Vorträgen so geredet habe, wie ich das heute Abend getan habe, und gesagt habe: Wenn wir das Wort Gottes verlassen, wenn wir den Boden der Wahrheit verlassen, dann ist das Zeugnis nicht mehr das Zeugnis, dann sind wir nicht mehr am Tisch des Herrn. Dann haben wir nicht das Recht zu sagen, dass wir uns auf dem Boden der Schrift versammeln. – Und ich habe es auch mitgemacht, dass Brüder zwar nicht beleidigt, aber höchst entsetzt waren. Sie konnten das nicht verstehen. Aber ist es so schwierig, zu verstehen, dass, wenn wir den Boden des Wortes verlassen, Gott sich nicht länger zu uns bekennen kann? Und vielleicht denken wir in diesem Moment: Ja, theoretisch hast du Recht, aber in der Praxis kann uns das natürlich nicht passieren. Sind wir uns so sicher? Oder reizt uns das vielleicht doch ein wenig, dieser Gedanke, wie das auch bei dem Volke der Fall war? Wir wollen doch auch dieser Geschichte lernen.

Nun, wir sehen, was das Volk tat, in Kapitel 26. Wir lesen, dass die Priester und Propheten – es gab Propheten, viele falsche Propheten waren es, und die Priester, das sind ja die Vertreter dieses Gottesdienstes, das sind die religiösen Führer des Volkes – sehr böse reden und sagen: „Du musst gewisslich sterben.“ Sie sind da sehr fromm dabei. Sie können sich auf das Gesetz berufen, habe ich schon gesagt. Sie konnten Jeremia aus dem Worte Gottes zeigen: Das und das und das muss mit dir geschehen. Aber ihre Beschuldigung war völlig heuchlerisch. Sie hatten seine Botschaft nicht in ihr Herz aufgenommen. „Warum hast du so gesprochen: Dieses Haus wird wie Silo werden, und diese Stadt verwüstet, ohne Bewohner? Und alles Volk versammelte sich gegen Jeremia im Hause Jahwes.“

Das war das erste Mal, dass sein Leben bedroht war und nicht das letzte Mal. Es würde später noch viel schlimmer für ihn werden. Denn was hier geschah, war Folgendes: Sobald diese Unruhe entstand, kamen die Fürsten, das heißt hier die Hofbeamten, aus dem Palast des Königs. Der König selbst ist hier noch nicht erschienen. Er war noch ein junger Mann. Vielleicht hat er auch noch nicht so viel Macht, es war gerade am Anfang seiner Regierung. Seine Hofbeamten müssen hier sicher noch viel mehr Macht gehabt haben. Er musste sich noch durchsetzen. Also, es sind nur diese Richter, die da kommen, diese Fürsten traten als Richter in Israel auf, und sie gingen aus dem Palast zum Tempel und setzten sich dort in den Eingang des neuen Tores Jehovas, wo also Jeremia stand. Und jetzt, vor diesen offiziellen Richtern, wird Jeremia angeklagt, von den Priestern und den Propheten. Und sie sagen: „Diesem Manne gebührt die Todesstrafe.“ Sie konnten dieses Urteil nicht aussprechen, sie waren nur Ankläger. „Denn er hat wider diese Stadt geweissagt, wie ihr mit euren Ohren gehört habt.“ Und, liebe Geschwister, wie schön ist das Zeugnis Jeremias. Achten wir sehr genau darauf, was Jeremia spricht.

Kapitel 26,20-24

Jer 26,20-24: Und es war auch ein Mann, der im Namen Jahwes weissagte, Urija, der Sohn Schemajas, aus Kirjath-Jearim; und er weissagte wider diese Stadt und wider dieses Land nach allen Worten Jeremias. Und als der König Jojakim und alle seine Helden und alle Fürsten seine Worte hörten, suchte der König ihn zu töten. Und als Urija es hörte, fürchtete er sich und floh, und er kam nach Ägypten. Da sandte der König Jojakim Männer nach Ägypten, Elnathan, den Sohn Akbors, und Männer mit ihm nach Ägypten. Und sie brachten Urija aus Ägypten und führten ihn zu dem König Jojakim; und er erschlug ihn mit dem Schwerte und warf seinen Leichnam auf die Gräber der Kinder des Volkes. Doch die Hand Achikams, des Sohnes Schaphans, war mit Jeremia, dass man ihn nicht in die Hand des Volkes gab, um ihn zu töten.

Ich sage zwischendurch, komme nicht darauf zurück, dass wir am Ende dieses Kapitels in Vers 20-24 einen anderen Propheten sehen, von dem wir weiter nichts hören in der Schrift, nur einige Verse, ein Gegensatz. Sein Name ist Urija, der Sohn Schemajas. Auch er weissagte. Er war ein echter Kollege von Jeremia, ein guter Mann. Ein echter Prophet, er war nicht ganz der einzige, aber welch ein Unterschied. Urija weissagte auch wider die Stadt und wider das Land, und als der König das hörte und alle Fürsten, da suchte der König ihn zu töten. Und da heißt es in Vers 21: „Und als Urija es hörte, fürchtete er sich und floh.“ Ich kann nicht beweisen, dass das eben der Grund ist, dass er tatsächlich kurz danach getötet wurde. Seine Furcht und seine Flucht, damit erreichte er genau das Entgegengesetzte. Und ich habe so den Eindruck, dass der Heilige Geist uns diese beiden Männer in diesem Kapitel vorstellt. Der eine fürchtete sich und floh.

Liebe Geschwister, ich kann das so gut verstehen. Wenn man uns zu töten suchen würde, was würden wir sein? Man denkt so oft bei solchen Geschichten: Wie würde ich nun sein? Wie würdest du sein in solch einer Begebenheit? Und darum erwähne ich das so, um jetzt das Zeugnis von Jeremia schätzen zu können. Er spricht mutig, nicht übermutig, nicht feige, sondern mutig. Er spricht auch ernst. Er beruft sich auf die Berufung Gottes. Er sagte: „Jahwe hat mich gesandt, um wider dieses Haus und wider diese Stadt all die Worte zu weissagen, welche ihr gehört habt.“ Und dann wiederholt er seinen Aufruf: „Und nun machet gut eure Wege und eure Handlungen, und höret auf die Stimme Jahwes, eures Gottes: so wird Jahwe sich des Übels gereuen lassen.“ Es war also noch nicht eine absolute Aussage gewesen über den Tempel, es war nur noch eine Warnung. Sie konnten und durften sich noch bekehren, noch Buße tun. Aber dann seinen Mut: „Ich aber, siehe, ich bin in eurer Hand; tut mir, wie es gut und wie es recht ist in euren Augen.“ Bei allen Märtyrern der Geschichte, auch der christlichen Geschichte, ist das oft das Eindrucksvolle. Sie versuchten nicht, der Strafe zu entgehen, sondern mutig traten sie der Strafe entgegen. „Tut mit mir, wie ihr wollt. Doch wisset bestimmt, dass ihr, wenn ihr mich tötet, unschuldiges Blut auf euch bringen werdet und auf diese Stadt und auf ihre Bewohner. Denn in Wahrheit“ – da haben wir den echten Propheten, der unter den gefährlichen Umständen nicht seine Berufung, seine Aufgabe zerleuchtet – „in Wahrheit, Jehova hat mich zu euch gesandt, um alle diese Worte vor euren Ohren zu reden.“ Und Jeremia ist hier noch kein Märtyrer geworden, aber das wusste er nicht von vornherein. Aber die Richter sind ihm hier gnädig gewesen, und das durfte er auch aus der Hand Gottes annehmen.

Die Richter, und wieder steht hier: „alles Volk“, das ist so merkwürdig hier bei dem Volk. Wir kennen das ja. Das Volk ruft einmal „Hosanna“, und einige Tage später ruft das Volk „Kreuziget ihn“. Hier haben wir genau dasselbe. Zuerst stand da, Vers 9 am Ende: „Alles Volk versammelte sich gegen Jeremia.“ Und hier in Vers 16 steht das ganze Volk auf der Seite der Fürsten. Und das Volk spricht mit den Fürsten: „Diesem Manne gebührt nicht die Todesstrafe, denn er hat im Namen Jahwes, unseres Gottes, zu uns geredet.“ Und da kommen einige Männer, die hinterher dieses Urteil bestätigen, und sie berufen sich auf einen anderen Propheten, den wir sehr gut kennen, denn wir haben ein Buch von ihm in der Schrift. Das Buch Micha, genannt nach diesem Mann, Micha, dem Moraschtiter. Und ganz ausnahmsweise haben wir hier sogar ein Zitat aus einem Buch im Alten Testament in einem anderen Buch. Hier haben wir ein Zitat aus Micha 3,12 in Vers 18. Das Wichtige in diesem Zitat ist, dass daraus hervorgeht, dass schon einhundert Jahre früher ein Mann wider den Tempel und wider die Stadt geredet hatte und gewarnt hatte, dass Gott einmal Gericht darüber bringen würde. Und diese Männer sagen: Hiskia hat doch auch nicht diesen Mann, diesen Micha getötet. Im Gegenteil, sie haben Buße getan. Vers 19: „Hat er [Hiskia] nicht Jahwe gefürchtet und Jahwe angefleht, so dass Jahwe sich des Übels gereuen ließ. So lasst uns hören auf Jeremia!“ So ging die Sache noch gut aus. Aber warten wir nur, bis Jojakim, der junge König, mehr Macht gewinnen wird. Kehren wir jetzt zu Kapitel 7 zurück.

Kapitel 7,16-20

Jer 7,16-20: Du aber, bitte nicht für dieses Volk und erhebe weder Flehen noch Gebet für sie, und dringe nicht in mich; denn ich werde nicht auf dich hören. Siehst du nicht, was sie in den Städten Judas und auf den Straßen von Jerusalem tun? Die Kinder lesen Holz auf, und die Väter zünden das Feuer an; und die Weiber kneten den Teig, um Kuchen zu bereiten für die Königin des Himmels und anderen Göttern Trankopfer zu spenden, um mich zu kränken. Kränken sie mich, spricht Jahwe, nicht vielmehr sich selbst zur Beschämung ihres Angesichts? Darum spricht der Herr, Jahwe, also: Siehe, mein Zorn und mein Grimm wird sich über diesen Ort ergießen, über die Menschen und über das Vieh, und über die Bäume des Feldes und über die Frucht des Landes; und er wird brennen und nicht erlöschen.

Es war nur eine Unterbrechung. Bis Vers 16 in Kapitel 7 haben wir einen ganz ernsten Auftrag an Jeremia, der noch einige Male wiederholt wird. Es heißt in 7,16: „Du aber, bitte nicht für dieses Volk und erhebe weder Flehen noch Gebet für sie, und dringe nicht in mich; denn ich werde nicht auf dich hören.“ Liebe Freunde, das bewegt unsere Herzen. Wenn es mit einem Volk, dem Volk Gottes, so schlimm wird, dass Gott sagt: Die Zeit, um Fürbitte zu tun, ist vorbei. Und wenn noch Fürbitte getan wird, da werde ich nicht mehr hören. – Wir werden später sehen, in Kapitel 18, dass Jeremia trotzdem sagt: „Gedenke, dass ich vor dir gestanden habe, Gutes über sie zu reden und deinen Grimm von ihnen abzuwenden.“ Jeremia hat es doch getan. Ich meine, das ist ein ganz besonderer Ungehorsam. Wenn Gott zu ihm sagt: „Bitte nicht mehr für das Volk“, und Jeremia hat ständig doch für dieses Volk gefleht. Ich möchte sagen, das ist ein rührender Ungehorsam. Aber es zeigt uns zu gleicher Zeit, wie Gott über dieses Volk gedacht hat.

Und man fragt sich manchmal: Was haben wir heute noch für ein Gebet für die Christenheit? Wir wissen, dass das Gericht feststeht, die Schrift beschreibt uns das Gericht. Wie können wir noch beten für die Christenheit? Außer natürlich, dass wir beten, dass noch viele aus der Gewalt der bösen Mächte, die jetzt in der Christenheit tätig sind, befreit werden. Aber für die Christenheit im Großen und Ganzen könnte man kaum eine andere Aussage erwarten als das, was Gott hier sagt. Hier ist der Anlass, der Dienst der Königin des Himmels. Viel später, nach der Zerstörung Jerusalems, werden wir noch, so Gott will, darauf zurückkommen. Das war wohl die Muttergöttin der Assyrer. Und es ist ergreifend, zu sehen, dass dieser selbe Name der alten Muttergöttin in der römischen Kirche Maria gegeben worden ist. Sie wird noch immer „Königin des Himmels“ genannt. Und geschichtlich ist das nachzuweisen. Es war der ursprüngliche Name der Muttergöttin, die in der römischen Kirche überall diese Götzen übernommen hat und christliche Namen gegeben hat. Noch immer haben auch wir es mit einem „Volk Gottes“ zu tun, wo dieser „Königin des Himmels“ gedient wird. Diese „Königin des Himmels“ hat mit der biblischen Maria gar nichts zu tun.

Kapitel 7,21-28

Jer 7,21-28: So spricht Jahwe der Heerscharen, der Gott Israels: Füget eure Brandopfer zu euren Schlachtopfern und esset Fleisch. Denn ich habe nicht mit euren Vätern geredet und ihnen nicht betreffs des Brandopfers und des Schlachtopfers geboten, an dem Tage, da ich sie aus dem Lande Ägypten herausführte; sondern dieses Wort habe ich ihnen geboten, und gesagt: Höret auf meine Stimme, so werde ich euer Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein; und wandelt auf dem ganzen Wege, den ich euch gebiete, auf dass es euch wohl gehe. Aber sie haben nicht gehört und ihr Ohr nicht geneigt, sondern haben gewandelt in den Ratschlägen, in dem Starrsinn ihres bösen Herzens; und sie haben mir den Rücken zugekehrt und nicht das Angesicht. Von dem Tage an, da eure Väter aus dem Lande Ägypten auszogen, bis auf diesen Tag habe ich alle meine Knechte, die Propheten, zu euch gesandt, täglich früh mich aufmachend und sendend. Aber sie haben nicht auf mich gehört und ihr Ohr nicht geneigt; und sie haben ihren Nacken verhärtet, haben es ärger gemacht als ihre Väter. Und wenn du alle diese Worte zu ihnen redest, so werden sie nicht auf dich hören; und rufst du ihnen zu, so werden sie dir nicht antworten. So sprich denn zu ihnen: Dies ist das Volk, welches auf die Stimme Jahwes, seines Gottes, nicht hört und keine Zucht annimmt; die Treue ist untergegangen und ist ausgerottet aus ihrem Munde.

In Vers 21-28 wird wieder über Gehorsam gesprochen, der besser ist als Schlachtopfer, wir haben das bereits gesehen.

Kapitel 7,29-34

Jer 7,29-34: Schere deinen Haarschmuck und wirf ihn weg, und erhebe ein Klagelied auf den kahlen Höhen: Denn Jahwe hat das Geschlecht seines Grimmes verworfen und verstoßen. Denn die Kinder Juda haben getan, was böse ist in meinen Augen, spricht Jahwe; sie haben ihre Scheusale in das Haus gestellt, welches nach meinem Namen genannt ist, um es zu verunreinigen. Und sie haben die Höhen des Topheth gebaut, welches im Tale des Sohnes Hinnoms ist, um ihre Söhne und ihre Töchter im Feuer zu verbrennen, was ich nicht geboten habe und mir nicht in den Sinn gekommen ist. Darum siehe, Tage kommen, spricht Jahwe, da man nicht mehr Topheth, noch Tal des Sohnes Hinnoms, sondern Würgetal sagen wird; man wird im Topheth begraben aus Mangel an Raum. Und die Leichname dieses Volkes werden dem Gevögel des Himmels und den Tieren der Erde zur Speise sein, und niemand wird sie wegscheuchen. Und ich werde in den Städten Judas und auf den Straßen von Jerusalem aufhören lassen die Stimme der Wonne und die Stimme der Freude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut; denn das Land soll zur Einöde werden.

Und wir finden weitere Sünden des Volkes, wie sie ihre Kinder opferten, so wie die Assyrer es taten.

Kapitel 8,1-3

Jer 8,1-3: In jener Zeit, spricht Jahwe, wird man die Gebeine der Könige von Juda und die Gebeine seiner Fürsten und die Gebeine der Priester und die Gebeine der Propheten und die Gebeine der Bewohner von Jerusalem aus ihren Gräbern herausnehmen. Und man wird sie ausbreiten vor der Sonne und vor dem Monde und vor dem ganzen Heere des Himmels, welche sie geliebt und welchen sie gedient haben, und denen sie nachgewandelt sind, und welche sie gesucht und vor denen sie sich niedergebeugt haben; sie werden nicht gesammelt noch begraben werden, zu Dünger auf der Fläche des Erdbodens sollen sie werden. Und der Tod wird dem Leben vorgezogen werden von dem ganzen Rest, der von diesem bösen Geschlecht übriggeblieben ist an allen Orten, wohin ich die Übriggebliebenen verstoßen haben werde, spricht Jahwe der Heerscharen.

Und in Kapitel 8,1-3 haben wir den Sternendienst. Sie verehrten die Sterne, die Himmelskörper, Sonne, Mond und Sterne.

Kapitel 8,4-17

Jer 8,4-17: Und sprich zu ihnen: So spricht Jahwe: Fällt man denn und steht nicht wieder auf? Oder wendet man sich ab und kehrt nicht wieder zurück? Warum kehrt sich dieses Volk Jerusalems ab in immerwährender Abkehr? Sie halten fest am Truge, sie weigern sich umzukehren. Ich habe gehorcht und zugehört: Sie reden, was nicht recht ist; da ist keiner, der seine Bosheit bereue und spreche: Was habe ich getan! Allesamt wenden sie sich zu ihrem Laufe, wie ein in den Kampf stürmendes Ross. Selbst der Storch am Himmel kennt seine bestimmten Zeiten, und Turteltaube und Schwalbe und Kranich halten die Zeit ihres Kommens ein; aber mein Volk kennt das Recht Jahwes nicht. Wie möget ihr sagen: Wir sind weise, und das Gesetz Jahwes ist bei uns? Siehe, fürwahr, zur Lüge hat es gemacht der Lügengriffel der Schriftgelehrten. Die Weisen werden beschämt, bestürzt und gefangen werden; siehe, das Wort Jahwes haben sie verschmäht, und welcherlei Weisheit haben sie? Darum werde ich ihre Weiber anderen geben, ihre Felder anderen Besitzern. Denn vom Kleinsten bis zum Größten sind sie insgesamt der Gewinnsucht ergeben; vom Propheten bis zum Priester üben sie allesamt Falschheit, und sie heilen die Wunde der Tochter meines Volkes leichthin und sprechen: Friede, Friede! und da ist doch kein Friede. Sie werden beschämt werden, weil sie Gräuel verübt haben. Ja, sie schämen sich keineswegs, ja, Beschämung kennen sie nicht. Darum werden sie fallen unter den Fallenden; zur Zeit ihrer Heimsuchung werden sie straucheln, spricht Jahwe. Wegraffen werde ich sie, spricht Jahwe. Keine Trauben am Weinstock und keine Feigen am Feigenbaum, und das Blatt ist verwelkt: So will ich ihnen solche bestellen, die sie verheeren werden. Wozu bleiben wir sitzen? Versammelt euch, und lasst uns in die festen Städte ziehen und dort umkommen! Denn Jahwe, unser Gott, hat uns zum Untergang bestimmt, und uns mit bitterem Wasser getränkt, weil wir gegen Jahwe gesündigt haben. Man hofft auf Frieden, und da ist nichts Gutes; auf die Zeit der Heilung, und siehe da, Schrecken. Von Dan her wird das Schnauben seiner Rosse gehört; vom Schall des Wieherns seiner starken Rosse erzittert das ganze Land. Und sie kommen und verzehren das Land und seine Fülle, die Städte und ihre Bewohner. Denn siehe, ich sende unter euch Schlangen, Basilisken, gegen welche es keine Beschwörung gibt; und sie werden euch beißen, spricht Jahwe.

Und dann in Jeremia 8,4-17 haben wir das Selbstbehagen des Volkes, wie sie sich selbst gefielen und wie Gott Strafe über sie bringt. Das ist ein schönes, wichtiges Wort hier in Vers 7, worauf ich gerne hinweisen möchte. Da sehen, wie der Mensch dümmer werden kann als die Tiere des Feldes. Jeremia 8,7: „Selbst der Storch am Himmel kennt seine bestimmten Zeiten, und Turteltaube und Schwalbe und Kranich halten die Zeit ihres Kommens ein.“ Ich sagte gestern schon, wir finden sehr viele Gleichnisse aus der Natur in Jeremia, ich kann gar nicht alle aufzeigen, aber hier dieses schöne. Wir sagen natürlich: Das sind nur Instinkte. Aber trotzdem sind es Gesetze Gottes. Gesetze hat Er nicht nur den Menschen gegeben, sondern auch den Tieren. Wir denken, wir haben einen eigenen Willen, der Mensch kann gehorchen oder ungehorsam sein. Das zeigt eben seine hohe Stellung. Aber wenn er ungehorsam ist, zeigt es zugleich seine niedrige Stellung. Der Mensch ist viel höher als die Tiere. Seine Gesetze sind nicht einfach hineingeschaffene Instinkte. Seine Gesetze sind moralische Gesetze, welchen er gehorchen kann, welchen er aber auch ungehorsam sein kann. Aber wenn er ungehorsam ist, dann sinkt er unter das Niveau der Tiere. Wir haben das in den ersten Versen des Buches Jesaja genauso. Da wird zu dem Volk gesagt: Selbst die Tiere gehorchen Gott noch besser als ihr. Ihr seid dümmer und unvernünftiger als die Tiere. Mein Volk kennt das Recht Jehovas nicht. Wie möget ihr sagen, wir sind weise und das Gesetz Jehovas ist bei uns.

Liebe Geschwister, hier haben wir ein zweites Ding, worauf sie sich berufen konnten: Wir sind es, denn wir haben den Tempel Jehovas und wir haben das Gesetz Jehovas. – Oh, ich fürchte mich so vor diesem „Wir haben“. Und überall, wo ich jemanden sagen höre unter uns: Wir haben den Tisch des Herrn, da sage ich: Wenn das so wäre, dann wäre es nicht mehr der Tisch des Herrn. Er hat seinen Tisch, und wir dürfen dankbar und glücklich sein, dass wir unseren Platz an diesem Tisch einnehmen dürfen. Aber wir haben nichts. Wenn wir es haben, dann ist es unser Tisch geworden. Und dieses „Wir haben“, wir sollten uns so davor fürchten. Es ist dieser Geist: Wir haben den Tempel, was kann uns geschehen. Wir haben das Gesetz Jehovas. – So können wir es auch sagen: Wir haben das Wort Gottes. Wir haben ein herrliches Schrifttum über das Wort Gottes. Wir haben wunderbare Betrachtungen. – Und das Herz kann leicht stolz auf all diese großen Vorrechte werden, ohne dass das Herz dieses Wort noch wirklich zu sich nimmt. Ohne dass die Betrachtungen überhaupt noch gelesen werden. Wir haben mehr Betrachtungen als je. Aber ob sie genauso fleißig studiert werden wie früher, das kann man sich fragen. Was nützt das alles, wenn wir das alles haben und wenn wir es nicht anwenden, auf unsere Herzen, auf unsere Gewissen, in unserem Leben.

Wir haben das Gesetz. Das Gesetz ist bei uns. – Als ob sie automatisch dadurch schon weise wären. „Siehe, fürwahr“, sagen sie, „zur Lüge hat es gemacht der Lügensack Jeremia, hat es gemacht der Lügengriffel der Schriftgelehrten.“ Wir haben das erste Mal in der Schrift, dass von Schriftgelehrten geredet wird, die wir so gut aus den Evangelien kennen. Da gab es auch gute. Esra war ein ganz guter Schriftgelehrter. Aber es gab auch von Anfang an solche, die die Schrift eigentlich studierten, aber mit ihren Herzen weit von Gott entfernt waren. „Die Weisen werden beschämt, bestürzt und gefangen werden. Siehe, das Wort Jehovas haben sie verschmäht, und welcherlei Weisheit haben sie.“ Ist das nicht ernst? Das sind keine Leute, die sagen: Das Wort Gottes interessiert mich nicht. Nein, das sind sogar Schriftgelehrte. Professionelle Schriftgelehrte, Theologen könnte man sagen. Solche, die tatsächlich das Wort Gottes studieren. Und der Geist Gottes sagt hier: Zur gleichen Zeit schmähen sie das Wort Gottes. Sie studieren es, sie nennen sich Schriftgelehrte, aber ihre Griffel – es ist heutzutage mehr als je der Fall auch in der Christenheit –, ihre Griffel sind Lügengriffel. Was sie schreiben, sind Lügen über das Wort Gottes.

Und auch in der Geschichte der Versammlungen hat es Lügengriffel gegeben, wodurch es Trennungen gegeben hat. Dadurch, dass Schriftgelehrte unter uns auch Lügengriffel benutzt haben. Diese Dinge kommen manchmal so ganz nah an uns. Irrlehre hat es auch unter uns gegeben. Lügengriffel und solche, die meinten, weise zu sein. Aber sie schmähten die klaren Aussagen des Wortes Gottes. Und da heißt es: „Welcherlei Weisheit haben sie denn noch?“ Und dann, liebe Geschwister, am Ende dieses Kapitels, in Kapitel 8, da haben wir aufs Neue solch einen Abschnitt, der so rührend ist, wo wir die inneren Gefühle des Jeremias selbst wiederfinden.

Kapitel 8,18–9,1

Jer 8,18-9,1: O meine Erquickung im Kummer! Mein Herz ist siech in mir. Siehe, die Stimme des Geschreis der Tochter meines Volkes kommt aus fernem Lande: „Ist Jahwe nicht in Zion, oder ist ihr König nicht darin?“ Warum haben sie mich gereizt durch ihre geschnitzten Bilder, durch Nichtigkeiten der Fremde? „Vorüber ist die Ernte, die Obstlese ist zu Ende, und wir sind nicht gerettet!“ Ich bin zerschlagen wegen der Zerschmetterung der Tochter meines Volkes; ich gehe trauernd einher, Entsetzen hat mich ergriffen. Ist kein Balsam in Gilead, oder kein Arzt daselbst? Denn warum ist der Tochter meines Volkes kein Verband angelegt worden? O dass mein Haupt Wasser wäre und mein Auge ein Tränenquell, so wollte ich Tag und Nacht beweinen die Erschlagenen der Tochter meines Volkes! O dass ich in der Wüste eine Wandererherberge hätte, so wollte ich mein Volk verlassen und von ihnen wegziehen! Denn sie sind allesamt Ehebrecher, eine Rotte Treuloser.

Das heißt, Jeremia sieht schon mit seinem prophetischem Auge das Volk im fernen Lande der Gefangenschaft. Und er hört: „Ist Jehova nicht in Zion, oder ist ihr König nicht darin?“ Gott selbst ist der König. Wie ist es dann alles gegangen? Ist Gott nicht mehr der König seines Volkes? So werden sie reden, aber sie werden selbst die Antwort geben können. Es ist wegen ihrer eigenen Schuld. Und sofort gibt Gott selbst die Antwort: „Warum haben sie mich gereizt durch ihre geschnitzten Bilder? Durch Nichtigkeiten der Fremde?“ Und da sagt das Volk wieder: „Vorüber ist die Ernte, die Obstlese ist zu Ende, und wir sind nicht gerettet!“ Das heißt, jede günstige Gelegenheit haben wir verpasst, und wir sind nicht gerettet. Aber sie hätten gerettet werden können, hätten sie Buße getan zur angenehmen Zeit. Und da spricht Jeremia wieder: „Ich bin zerschlagen wegen der Zerschmetterung der Tochter meines Volkes.“ Diese Tochter ist das Volk selbst, mit einer Tochter verglichen. Wie wir das gestern sahen, dass sie eine Braut von Gott war. „Ich gehe trauernd einher“, sagt der Prophet, „Entsetzen hat mich ergriffen. Ist kein Balsam in Gilead, oder kein Arzt daselbst?“ Schon in 1. Mose 37 lesen wir von diesem berühmten Balsam aus Gilead. Auch später, am Ende dieses Buches, haben wir das wieder. Dieser Balsam war berühmt, man suchte diesen Balsam. Man ging hin, um ihn zu erwerben, um Heilung zu finden. Und der Prophet sagt: „Mein Volk ist krank und ich selbst.“ Er macht sich eins mit diesem Volk.

Er sagt in Vers 19: „Mein Herz ist siech, ist krank in mir. Gibt es denn keine Heilung? Es muss doch Heilung geben!“ Und wenn wir solche Nöte selbst kennen, wo solche Nöte auch unter uns vorkommen können, Abweichungen vom Worte Gottes, da ist es die große Bitte: „Gibt es denn keinen Balsam in Gilead?"“ Und die Antwort ist: „Ja.“ Der Herr selbst ist der Arzt. Er selbst ist es, der mit seinem Balsam Heilung bringen kann. Aber dann müssen die Herzen sich vor Ihm beugen. Dann müssen sie sich seinem Wort öffnen. Dann müssen sie auf das hören, was seine Diener zu sagen haben. Da gibt es Balsam. Er ist der große Heilmeister seines Volkes.

„Warum ist der Tochter meines Volkes kein Verband angelegt worden? O dass mein Haupt Wasser wäre und mein Auge ein Tränenquell, so wollte ich Tag und Nacht beweinen die Erschlagenen der Tochter meines Volkes!“ Dieser Vers ist einer der rührendsten im ganzen Buch. Es ist einer dieser Verse, wodurch Jeremia „der weinende Prophet“ genannt worden ist. Er möchte, dass sein Haupt ganz Wasser wäre, so dass er Tag und Nacht, ununterbrochen, weinen könnte über sein Volk. Da ist er wieder dem Herrn Jesus ähnlich, von welchem wir lesen in Lukas 19, als Er die Stadt sah, dass Er über sie weinte. Dann heißt es dort in Vers 42: „Und sprach: Wenn auch du erkannt hättest, und selbst an diesem deinem Tage, was zu deinem Frieden dient!“ Ich lese das deshalb, weil es in Jeremia 8,15 hieß: „Man hofft auf Frieden und da ist nichts Gutes.“ Und deshalb weint der Prophet, wie der Herr Jesus geweint hat.

Liebe Geschwister, darf ich das mal so sagen, wer möchte nicht mal einen Dienst für den Herrn tun? Es ist gut, wenn Brüder den Wunsch haben, einen Dienst für den Herrn tun zu können, fürs Volk Gottes. Aber welcher Dienst könnte nützlich sein, wenn man das Volk Gottes nicht auf dem Herzen trägt. Wenn man nicht weiß um Tränen für das Volk Gottes. Einen Dienst zu tun, ist nicht, einfach Besuche machen, eine Botschaft zu bringen, als ob das eine Aufgabe wäre, wie in einem menschlichen, irdischen Beruf, wo es nur um das Gehalt geht, wo man vielleicht gar nicht selbst interessiert ist. Einen Dienst zu tun unter dem Volke Gottes bedeutet, das Volk auf dem Herzen zu tragen. Und wer kein wirkliches, echtes, tiefes Interesse hat für das Volk Gottes, ist nicht geeignet, solch einen Dienst zu tun. Und jeder Bruder, und in gewisser Hinsicht auch jede Schwester an ihrer Stelle, die einen Dienst für den Herrn tun möchte, muss sich fragen, nicht nur: Was bedeutet der Herr für mich? Das ist die erste große Frage.

Aber die zweite Frage ist: Was bedeutet Gottes Volk für mich und ganz besonders die Gläubigen, mit welchen ich auch praktisch den Weg der Gemeinschaft gehe? Was bedeutet das Zeugnis für mich? Trage ich es auf meinem Herzen? Habe ich mal Tränen geweint über die Nöte unter dem Volke Gottes? Das können wir von Jeremia lernen. Ich habe gestern schon gesagt, er war nicht einfach ein Rekorder, der wiedergab, was Gott ihm sagte, ohne selbst hineinbezogen zu sein. Und daher bewegt dieser Vers unser Herz so sehr. Wenn man heutzutage sieht, wie das Volk Gottes dran ist, ich meine ganz allgemein gesprochen, auf der ganzen Erde, die ganze Versammlung des lebendigen Gottes, aber auch die, mit welchen wir praktisch den Weg der Gemeinschaft gehen, was es alles wird. Wenn man daran denkt, dass der Herr noch ausbleiben würde, wir hätten noch zwanzig Jahre vor uns. Man muss nicht daran denken, was in zwanzig Jahren, menschlich gesprochen, aus dem Zeugnis werden könnte. Wer weiß da nicht von Tränen über das Volk Gottes. Es ist sein Volk, aber wer das Volk auf seinem Herzen trägt, der möchte manchmal weinen, wie Jeremia es getan hat.

Und zu gleicher Zeit, es scheint fast ein Widerspruch, sagt er im nächsten Vers: „O dass ich in der Wüste eine Wandererherberge hätte, so wollte ich mein Volk verlassen und von ihnen wegziehen!“ Wie kann man das verstehen? Jeremai 8,23 und 9,1 direkt nebeneinander. In Jeremia 8,23 trägt er das Volk auf seinem Herzen; in 9,1 redet er von ihren Sünden. Das Volk Gottes auf seinem Herzen zu tragen, bedeutet nie, dass man die Sünden des Volkes Gottes verzeihen möchte. Nie. Wir sagen es oft: Gott hasst die Sünde, aber Er liebt den Sünder. Das ist ein großer Unterschied. Wir lieben das Volk Gottes, aber wir sollten nie seine Sünden lieben. Und so sagt Jeremia, sobald er an ihre Sünden denkt: Ich möchte nichts mit ihnen zu tun haben. Ich möchte in die Wüste gehen, ich möchte ganz alleine sein. Wenn es eine Wandererherberge gäbe, möchte ich dort wohnen, um einfach die Sünden des Volkes nicht anzusehen. Das ist beides möglich, in zwei Versen nebeneinander, das Volk Gottes zu lieben und seine Sünden zu hassen. Das ist der wahre Geist des Dieners Gottes.

Kapitel 9,2-8

Jer 9,2-8: Und sie spannen ihre Zunge, ihren Bogen, mit Lüge, und nicht nach Treue schalten sie im Lande; denn sie schreiten fort von Bosheit zu Bosheit, und mich kennen sie nicht, spricht Jahwe. Hütet euch ein jeder vor seinem Freunde, und auf keinen Bruder vertrauet; denn jeder Bruder treibt Hinterlist, und jeder Freund geht als Verleumder einher. Und sie betrügen einer den anderen, und Wahrheit reden sie nicht; sie lehren ihre Zunge Lügen reden, sie mühen sich ab, verkehrt zu handeln. Deine Wohnung ist mitten unter Trug. Vor Trug weigern sie sich, mich zu erkennen, spricht Jahwe. Darum, so spricht Jahwe der Heerscharen: Siehe, ich will sie schmelzen und läutern; denn wie sollte ich anders handeln wegen der Tochter meines Volkes? Ihre Zunge ist ein mörderischer Pfeil, man redet Trug; mit seinem Munde redet man Frieden mit seinem Nächsten, und in seinem Innern legt man ihm einen Hinterhalt. Sollte ich solches nicht an ihnen heimsuchen? spricht Jahwe; oder sollte an einer Nation wie diese meine Seele sich nicht rächen?

Und er spricht weiter über ihre Verdorbenheit, über das Gericht Gottes.

Kapitel 9,19-15

Jer 9,19-15: Über die Berge will ich ein Weinen und eine Wehklage erheben, und über die Auen der Steppe ein Klagelied. Denn sie sind verbrannt, so dass niemand hindurchzieht und man die Stimme der Herde nicht hört; sowohl die Vögel des Himmels als auch das Vieh sind entflohen, weggezogen. Und ich werde Jerusalem zu Steinhaufen machen, zur Wohnung der Schakale, und die Städte von Juda zur Wüste machen, ohne Bewohner. Wer ist der weise Mann, dass er dieses verstehe, und zu wem hat der Mund Jahwes geredet, dass er es kundtue, warum das Land zu Grunde geht und verbrannt wird gleich der Wüste, so dass niemand hindurchzieht? Und Jahwe sprach: Weil sie mein Gesetz verlassen haben, das ich ihnen vorgelegt, und auf meine Stimme nicht gehört, und nicht darin gewandelt haben, sondern dem Starrsinn ihres Herzens und den Baalim nachgegangen sind, was ihre Väter sie gelehrt haben. Darum, so spricht Jahwe der Heerscharen, der Gott Israels: Siehe, ich will sie, dieses Volk, mit Wermut speisen und sie mit bitterem Wasser tränken, und sie unter die Nationen zerstreuen, die sie nicht gekannt haben, weder sie noch ihre Väter; und ich will das Schwert hinter ihnen her senden, bis ich sie vernichtet habe.

Ab Vers 9 spricht er über den zukünftigen Untergang Jerusalems.

Kapitel 9,16-21

Jer 9,16-21: So spricht Jahwe der Heerscharen: Gebet acht, und rufet Klageweiber, dass sie kommen, und schicket zu den weisen Frauen, dass sie kommen und eilends eine Wehklage über uns erheben, damit unsere Augen von Tränen rinnen und unsere Wimpern von Wasser fließen. Denn eine Stimme der Wehklage wird aus Zion gehört:„Wie sind wir verwüstet! Wir sind völlig zu Schanden geworden; denn wir haben das Land verlassen müssen, denn sie haben unsere Wohnungen umgestürzt“. Denn höret, ihr Weiber, das Wort Jahwes, und euer Ohr fasse das Wort seines Mundes; und lehret eure Töchter Wehklage und eine die andere Klagegesang. Denn der Tod ist durch unsere Fenster gestiegen, er ist in unsere Paläste gekommen, um das Kind auszurotten von der Gasse, die Jünglinge von den Straßen. Rede: So spricht Jahwe: Ja, die Leichen der Menschen werden fallen wie Dünger auf der Fläche des Feldes und wie eine Garbe hinter dem Schnitter, die niemand sammelt.

Und ab Vers 16 ist es diesmal sogar ein Klagelied von Gott selbst. In den nächsten Versen kommt die Stimme der Wehklage, und da wird das Wort Gottes über sie gesprochen, Worte des Gerichts. Und dann: Es ist wirklich ein Buch von Gegensätzen, schlagartig kann der Ton in diesem Buch sich ändern.

Kapitel 9,22-25

Jer 9,22-25: So spricht Jahwe: Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, und der Starke rühme sich nicht seiner Stärke, der Reiche rühme sich nicht seines Reichtums; sondern wer sich rühmt, rühme sich dessen: Einsicht zu haben und mich zu erkennen, dass ich Jahwe bin, der Güte, Recht und Gerechtigkeit übt auf der Erde; denn daran habe ich Gefallen, spricht Jahwe. Siehe, Tage kommen, spricht Jahwe, da ich heimsuchen werde alle Beschnittenen mit den Unbeschnittenen: Ägypten und Juda und Edom und die Kinder Ammon und Moab, und alle mit geschorenen Haarrändern, die in der Wüste wohnen; denn alle Nationen sind unbeschnitten, und das ganze Haus Israel ist unbeschnittenen Herzens.

Da heißt es plötzlich in Vers 22: „So spricht Jahwe: Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, und der Starke rühme sich nicht seiner Stärke, der Reiche rühme sich nicht seines Reichtums; sondern wer sich rühmt, rühme sich dessen: Einsicht zu haben und mich zu erkennen, dass ich Jahwe bin, der Güte, Recht und Gerechtigkeit übt auf der Erde; denn daran habe ich Gefallen.“

In diesen drei Bezeichnungen in Vers 22 haben wir die ganze Welt vor uns.

  1. Unsere Welt besteht aus Weisen, das sind Gelehrte, Wissenschaftler. Und wir wissen, wie eine große Mehrheit der heutigen Wissenschaft abtrünnig ist. Darum bedeutet, ich glaube, ich darf etwas drüber sagen. Darum bedeutet die Wissenschaft für solche, die nicht von dem Herrn geleitet werden, eine große Gefahr, welche Wissenschaft es auch sein möge. Es ist die erste große Gefahr, und die Wissenschaft durchdringt alle Bereiche unserer heutigen Gesellschaft. Wir haben fast tagtäglich damit zu tun. Entweder mit den Früchten oder Ergebnissen, oder direkt mit den Gelehrten dieser Welt. Es ist die Weisheit, die sich rühmt ihrer Weisheit.

  2. Und dann: „Der Starke rühme sich nicht seiner Stärke.“ Das ist das Zweite, womit wir zu tun haben: Macht, Gewalt. Unsere Zeitungen schreiben hauptsächlich, sie haben auch Seiten über die Wissenschaft, aber die meisten Seiten handeln von der Politik. Über das große Machtspiel dieser Welt. Und auch wir sind daran interessiert, aus prophetischer Sicht ist das in Ordnung. Aber das Machtspiel, das ist reizend, das ist eindrucksvoll, das interessiert uns. Wir wollen gerne wissen, was da oben am Gipfel vorangeht. Und da meinen auch wir so leicht, dass es die Starken der Welt sind, die durch ihre Gewalt, durch ihre politische Macht, das Schicksal dieser Welt entscheiden. So leicht geschieht das.

  3. Und dann: „Der Reiche rühme sich nicht seines Reichtums.“ Wie groß ist doch der Reichtum dieser Welt und wie groß seine Rolle. Wir kennen das deutsche Wirtschaftswunder, was das für Deutschland bedeutet hat. Wir wissen, was Geld überhaupt in dieser Welt zu bedeuten hat. Was der Preis vom Dollar oder Gold zu bedeuten hat. Unsere Welt stützt sich darauf. Diese drei Dinge, die Gelehrtheit oder Wissenschaft, die politische Macht und die Macht des Geldes, der Reichtümer, des Besitztums, sind alle drei Mächte, worauf auch wir uns leicht stützen könnten. Sagen wir nicht zu schnell, dass das bei uns gar nicht der Fall ist. Geld, Macht, Gelehrtheit, das ist die Welt von heute. Und so schlicht, so schön steht es hier, was die Aufgabe des Gläubigen ist: Wer sich rühmt, wenn man schon rühmen möchte, gut, dann rühme man sich dessen, Einsicht zu haben und mich zu erkennen. Diese Einsicht ist nicht dieselbe Gelehrtheit wie in Vers 22. Das ist die göttliche Weisheit, das ist die Einsicht in das Wort Gottes. Das ist die Weisheit, die zu unterscheiden weiß zwischen Gutem und Bösem. Das ist die Weisheit, die Gott kennt, der Güte, Recht und Gerechtigkeit übt auf der Erde. Daran hat Gott Gefallen und nicht an dem Götzendienst, welcher irgend er auch sein möge.

Kapitel 10,1.2

Jer 10,1.2: Höret das Wort, welches Jahwe zu euch redet, Haus Israel! So spricht Jahwe: Lernet nicht den Weg der Nationen, und erschrecket nicht vor den Zeichen des Himmels, weil die Nationen vor ihnen erschrecken.

In Kapitel 10 tut Gott etwas, was wir in Jesaja dreimal finden, und hier auch in Jeremia 10: Gott verspottet die Götzen. Manchmal, wir sind ja in so einer höflichen Zeit in mancher Hinsicht, wenn man sieht, wie Luther seine Gegner angriff, das würden wir gar nicht gerne sehen heute. Die Brüder der vergangenen Jahrhunderte taten das noch viel schärfer. Wir sind ganz höfliche Menschen, wir tun das nicht. Und wenn wir so reden würden, da würde man heute sagen: Hör mal, so darf man doch nicht über andere Religionen reden. Das ist doch nicht tolerant, das ist nicht höflich, das ist nicht anständig. Aber Gott macht diese Götzen wirklich vollkommen lächerlich. In Jesaja 44 ist das fast noch stärker wie hier der Fall. Aber hier haben wir das auch schon. Gott warnt vor den Wegen der Nationen in Vers 2, vor den Zeichen des Himmels. Da haben wir die ganze Beurteilung der Astrologie, die auch heute solch eine Rolle spielt, noch immer, und die aus diesem alten babylonischen Götzendienst stammt.

Kapitel 10,3-5

Jer 10,3-5: Denn die Satzungen der Völker sind Nichtigkeit; denn Holz ist es, das einer aus dem Walde gehauen hat, ein Werk von Künstlerhänden, mit dem Beile verfertigt. Er schmückt es mit Silber und mit Gold; mit Nägeln und mit Hämmern befestigen sie es, dass es nicht wanke; sie sind wie eine gedrechselte Säule und reden nicht; sie werden getragen, denn sie gehen nicht. Fürchtet euch nicht vor ihnen; denn sie können nichts Böses tun, und Gutes zu tun steht auch nicht bei ihnen.

Und dann geht es in Vers 3 um diese Götzen, um diese Nichtigkeiten. Das ist ein übliches Wort für die Götzen. In der Mitte von Vers 3 heißt es: „Denn Holz ist es, das einer aus dem Walde gehauen hat.“ Jetzt passen wir mal auf, wie Götzen gemacht werden: „Ein Werk von Künstlerhänden, mit dem Beile verfertigt. Er schmückt es mit Silbern und mit Gold; mit Nägeln und mit Hämmern befestigten sie es, dass es nicht wanke; sie sind wie eine gedrechselte Säule.“ Alle modernen Übersetzungen lesen hier ganz etwas anderes. Sie lesen hier: Sie sind wie eine Vogelscheuche in einem Gurkenfeld. Nun, das ist wirklich Spott. So eine Vogelscheuche stellt ja auch nichts dar, ist nur eine Puppe. Man muss so dumm sein wie die Vögel, um sich dadurch verscheuchen zu lassen. Und sie stehen auch ohne Bewegung dort. Mit so einer Puppe kann man nichts machen. Nun sagt Gott: So sind diese Götzen. Sie stehen da, rühren sich nicht, bewegen sich nicht, antworten nicht, hören auch nicht, sehen nicht. – Und trotzdem beugt der Mensch sich davor nieder. Sie reden nicht, sie werden getragen, denn sie können selbst nicht gehen. Doch heutzutage werden in katholischen Ländern solche Bilder bei Prozessionen herumgetragen, und die Leute werfen sich noch immer auf die Straße. Was hat sich eigentlich schrecklich wenig geändert in der Geschichte, wenn es um die großen, tiefmoralischen Grundsätze des falschen Gottesdienstes geht. „Fürchtet euch nicht vor ihnen; denn sie können nichts Böses tun, und Gutes zu tun, steht auch nicht bei ihnen“, sagt Gott. Sie können gar nichts tun. Man hat sie ja selbst gemacht.

Kapitel 10,6-9

Jer 10,6-9: Gar keiner ist dir gleich, Jahwe; du bist groß, und groß ist dein Name in Macht. Wer sollte dich nicht fürchten, König der Nationen? Denn dir gebührt es. Denn unter allen Weisen der Nationen und in allen ihren Königreichen ist gar niemand dir gleich, sondern sie sind allzumal dumm und töricht; die Unterweisung der Nichtigkeiten ist Holz. Dünngeschlagenes Silber wird aus Tarsis gebracht und Gold aus Uphas, ein Werk des Künstlers und der Hände des Goldschmieds; blauer und roter Purpur ist ihr Gewand, ein Werk von Kunstfertigen sind sie allesamt.

Und dann kommt der Gegensatz: „Gar niemand ist dir gleich, Jahwe; du bist groß, und groß ist dein Name in Macht. Wer sollte dich nicht fürchten, König der Nationen?“ Das ist ein Ausdruck, den wir in Offenbarung 15 wiederfinden und der aus diesem Kapitel kommt. Er ist der König, nicht nur von Israel, der König der Nationen. Er ist der König all dieser Völker, obwohl diese Völker meinen, ihren Götzen dienen zu müssen. „Dir gebührt es. Niemand ist dir gleich, sondern die Götzen sind allzumal dumm und töricht. Oder die Nationen, die Unterweisung der Nichtigkeiten ist Holz. Dünngeschlagenes Silber aus Tarsis und Gold aus Uphas, ein Werk des Künstlers.“ Ja, sie machen schon schöne Arbeiten, sogar noch heute kann man sich darüber verwundern, wie in falschen Religionen die schönsten Arbeiten gemacht worden sind. Die feinsten, aus künstlerischer Sicht, herrliche Arbeiten. Aber zu einem bösen Zwecke, um Götzen daraus zu machen, um sich davor niederzubeugen. So ist es genau mit: „Roter und blauer Purpur ist ihr Gewand, ein Werk von Kunstfertigen sind sie allesamt.“ Das wird hier anerkannt.

Kapitel 10,10-16

Jer 10,10-16: Aber Jahwe, Gott, ist Wahrheit; er ist der lebendige Gott und ein ewiger König. Vor seinem Grimm erbebt die Erde, und seinen Zorn können die Nationen nicht ertragen. So sollt ihr zu ihnen sprechen: Die Götter, die den Himmel und die Erde nicht gemacht haben, diese werden verschwinden von der Erde und unter diesem Himmel hinweg. Er hat die Erde gemacht durch seine Kraft, den Erdkreis festgestellt durch seine Weisheit und die Himmel ausgespannt durch seine Einsicht. Wenn er beim Schalle des Donners Wasserrauschen am Himmel bewirkt und Dünste aufsteigen lässt vom Ende der Erde, Blitze zum Regen macht und den Wind herausführt aus seinen Vorratskammern: Dumm wird jeder Mensch, ohne Erkenntnis; beschämt wird jeder Goldschmied über das Götzenbild; denn sein gegossenes Bild ist Lüge, und kein Geist ist in ihnen. Nichtigkeit sind sie, ein Werk des Gespöttes: Zur Zeit ihrer Heimsuchung gehen sie zu Grunde. Jakobs Teil ist nicht wie diese; denn er ist es, der das All gebildet hat, und Israel ist der Stamm seines Erbteils; Jahwe der Heerscharen ist sein Name.

„Ein Werk von Kunstfertigen. … Aber Jahwe, Gott, ist Wahrheit; er ist der lebendige Gott und ein ewiger König.“ Vers 16 sagt: „Er ist es, der das All gebildet hat, und Israel ist der Stamm seines Erbteils; Jahwe der Heerscharen ist sein Name.“

Kapitel 10,17-20a

Jer 10,17-20a: Raffe dein Gepäck zusammen aus dem Lande, du Bewohnerin der Festung! Denn so spricht Jahwe: Siehe, ich werde diesmal die Bewohner des Landes hinwegschleudern und sie ängstigen, damit sie sie finden. Wehe mir ob meiner Wunde! Schmerzlich ist mein Schlag. Doch ich spreche: Ja, das ist mein Leiden, und ich will es tragen. Mein Zelt ist zerstört, und alle meine Seile sind zerrissen;

Und plötzlich verändert sich der Ton des Propheten wieder. Jetzt sieht er wieder, als ob die Gefangenschaft nahe ist, als ob die Belagerung Israels fast zu Ende ist .„Raffe dein Gepäck zusammen aus dem Lande, du Bewohnerin der Festung!“ Du musst ja ziehen, sagt er gleichsam. Du musst in Gefangenschaft gehen. „Denn so spricht Jahwe: Siehe, ich werde diesmal die Bewohner des Landes hinwegschleudern und sie ängstigen, damit sie sie finden.“ Und dann plötzlich hören wir wieder sein Herz reden: „Wehe mir ob meiner Wunde! Schmerzlich ist mein Schlag. Doch ich spreche: Ja, das ist mein Leiden, und ich will es tragen. Mein Zelt ist zerstört, und alle meine Seile sind zerrissen.“ Wer redet hier? So wie ich gestern sagte, in einem anderen Abschnitt in Kapitel 4. Man meint, es ist Juda, der spricht, oder Jeremia. Und es ist beides wahr. Der Geist Jeremias macht sich eins mit seinem Volk. Es ist seine Stimme, aber er spricht, was Juda hätte aussprechen sollen. Oder der treue Überrest.

Kapitel 10,20b-22

Jer 10,20b-22: meine Kinder sind von mir weggezogen und sind nicht mehr. Da ist niemand, der ferner mein Zelt ausspannt und meine Zeltbehänge aufrichtet. Denn die Hirten sind dumm geworden und haben Jahwe nicht gesucht; darum haben sie nicht verständig gehandelt, und ihre ganze Herde hat sich zerstreut. Horch! Ein Gerücht: Siehe, es kommt, und dein großes Getöse vom Lande des Nordens, um die Städte Judas zur Wüste zu machen, zur Wohnung der Schakale.

Da haben wir die Babylonier, die überall aus dem Norden über das Volk kommen.

Kapitel 10,23-25

Jer 10,23-25: Ich weiß, Jahwe, dass nicht beim Menschen sein Weg steht, nicht bei dem Manne, der da wandelt, seinen Gang zu richten. Züchtige mich, Jahwe, doch nach Gebühr; nicht in deinem Zorne, dass du mich nicht aufreibest. Ergieße deinen Grimm über die Nationen, die dich nicht kennen, und über die Geschlechter, die deinen Namen nicht anrufen! Denn sie haben Jakob aufgezehrt, ja, sie haben ihn aufgezehrt und ihn vernichtet und seine Wohnung verwüstet.

Und dann dieses Wort, noch merkwürdiger: „Ich weiß, Jahwe, dass nicht beim Menschen sein Weg steht“, das heißt, der Mensch kann nicht selbst über seinen Weg entscheiden. „Nicht bei dem Manne, der da wandelt, seinen Gang zu richten“, und darum wende ich mich an dich, sagt er gleichsam. „Züchtige mich, Jahwe.“ Er macht sich eins mit dem Volk, als ob er selbst schuldig wäre. So wie Daniel es tat, in Daniel 9: „Wir haben gesündigt.“ – „Züchtige mich, Jahwe, doch nach Gebühr“, mach nicht ein Garaus mit mir. „Nicht in deinem Zorne, dass du mich nicht aufreibest. Ergieße deinen Grimm über die Nationen, die dich nicht kennen, und über die Geschlechter, die deinen Namen nicht anrufen!“ Nicht über uns! Wir haben es zwar verdient, aber mach nicht ein Ende mit uns. Mach doch lieber ein Ende mit den Nationen, die uns so bedrängt haben, „die dich nicht kennen, und über die Geschlechter, die deinen Namen nicht anrufen!“. Sie haben Jakob aufgezehrt, ja sie haben ihn aufgezehrt und ihn vernichtet und seine Wohnung verwüstet. Hier sind wir ans Ende eines Abschnittes des Buches gekommen, in Kapitel 10.

Kapitel 11,1-17

Jer 11,1-17: Das Wort, welches vonseiten Jahwes zu Jeremia geschah, also: Höret auf die Worte dieses Bundes und redet zu den Männern von Juda und zu den Bewohnern von Jerusalem! Und du, sprich zu ihnen: So spricht Jahwe, der Gott Israels: Verflucht sei der Mann, der nicht hört auf die Worte dieses Bundes, welchen ich euren Vätern geboten habe an dem Tage, da ich sie herausführte aus dem Lande Ägypten, aus dem eisernen Schmelzofen, indem ich sprach: Höret auf meine Stimme und tut diese Worte, nach allem, was ich euch gebiete, so werdet ihr mein Volk, und ich werde euer Gott sein; auf dass ich den Eid aufrechthalte, den ich euren Vätern geschworen habe, ihnen ein Land zu geben, das von Milch und Honig fließt, wie es an diesem Tage ist. Und ich antwortete und sprach: Amen, Jahwe! Und Jahwe sprach zu mir: Rufe alle diese Worte aus in den Städten Judas und auf den Straßen von Jerusalem, und sprich: Höret die Worte dieses Bundes und tut sie! Denn ich habe euren Vätern ernstlich bezeugt an dem Tage, da ich sie aus dem Lande Ägypten heraufführte, bis auf diesen Tag, früh mich aufmachend und bezeugend, indem ich sprach: Höret auf meine Stimme! Aber sie haben nicht gehört und ihr Ohr nicht geneigt, sondern sie wandelten ein jeder in dem Starrsinn ihres bösen Herzens. Und ich brachte über sie alle Worte dieses Bundes, welche ich zu tun geboten, und die sie nicht getan haben. Und Jahwe sprach zu mir: Es hat sich eine Verschwörung gefunden unter den Männern von Juda und unter den Bewohnern von Jerusalem. Sie sind zurückgekehrt zu den Missetaten ihrer ersten Väter, die sich geweigert haben, auf meine Worte zu hören; und sie selbst sind anderen Göttern nachgegangen, um ihnen zu dienen. Das Haus Israel und das Haus Juda haben meinen Bund gebrochen, den ich mit ihren Vätern gemacht habe. Darum, so spricht Jahwe: Siehe, ich bringe über sie ein Unglück, dem sie nicht werden entgehen können; und sie werden zu mir schreien, aber ich werde nicht auf sie hören. Und die Städte von Juda und die Bewohner von Jerusalem werden hingehen und zu den Göttern schreien, welchen sie geräuchert haben; aber retten werden diese sie nicht zur Zeit ihres Unglücks. Denn so zahlreich wie deine Städte sind deine Götter geworden, Juda; und nach der Zahl der Straßen von Jerusalem habt ihr der Schande Altäre gesetzt, Altäre, um dem Baal zu räuchern. Du aber, bitte nicht für dieses Volk und erhebe weder Flehen noch Gebet für sie; denn ich werde nicht hören zu der Zeit, da sie wegen ihres Unglücks zu mir rufen werden. Was hat mein Geliebter in meinem Hause zu schaffen, da die Vielen Arglist üben? Wird heiliges Fleisch deine Bosheit von dir wegnehmen? Dann mögest du frohlocken. Einen grünen Olivenbaum, schön an herrlicher Frucht, hatte Jahwe dich genannt; bei dem Lärm eines großen Getümmels legte er Feuer an ihn, und es brachen seine Äste. Und Jahwe der Heerscharen, der dich gepflanzt, hat Böses über dich geredet wegen der Bosheit des Hauses Israel und des Hauses Juda, die sie verübt haben, um mich zu reizen, indem sie dem Baal räucherten.

In Kapitel 11 fängt der Prophet an, aufs Neue über den Bund zu reden, den Gott mit seinem Volk geschlossen hatte, und spricht über den Bruch dieses Bundes. Er bekommt den Auftrag, öffentlich zu reden, wie Vers 6 zeigt: „in den Städten Judas und auf den Straßen von Jerusalem“. Und aufs Neue sagt Gott in Vers 14: „Du aber, bitte nicht für dieses Volk und erhebe weder Flehen noch Gebet für sie.“

Kapitel 11,18-23

Jer 11,18-23: Und Jahwe hat es mir kundgetan, und ich erfuhr es; damals zeigtest du mir ihre Handlungen. Und ich war wie ein zahmes Lamm, das zum Schlachten geführt wird; und ich wusste nicht, dass sie Anschläge wider mich ersannen:„Lasst uns den Baum mit seiner Frucht verderben und ihn aus dem Lande der Lebendigen ausrotten, dass seines Namens nicht mehr gedacht werde!“ Aber du, Jahwe der Heerscharen, der du gerecht richtest, Nieren und Herz prüfst, lass mich deine Rache an ihnen sehen; denn dir habe ich meine Rechtssache anvertraut. Darum, so spricht Jahwe über die Männer von Anathoth, welche nach deinem Leben trachten und sprechen: Du sollst nicht weissagen im Namen Jahwes, damit du nicht durch unsere Hände sterbest– darum, so spricht Jahwe der Heerscharen: Siehe, ich suche sie heim; die Jünglinge werden durchs Schwert sterben, ihre Söhne und ihre Töchter werden vor Hunger sterben, und sie werden keinen Überrest haben; denn ich bringe Unglück über die Männer von Anathoth, das Jahr ihrer Heimsuchung.

Und dann hören wir in Vers 18 etwas, was uns wieder ganz direkt etwas erzählt über das persönliche Leben Jeremias: „Und Jahwe hat es mir kundgetan.“ Was dieses „es“ bedeutet, wird gleich ersichtlich in den nächsten Versen: „Und ich erfuhr es; damals zeigtest du mir ihre Handlungen.“ Wer diese „ihre“ sind, wird auch direkt deutlich: „Und ich war wie ein zahmes Lamm, das zum Schlachten geführt wird; und ich wusste nicht, dass sie Anschläge wider mich ersannen.“ Es waren die Männer von Anathoth. Sie waren es, die Anschläge wider Jeremia gemacht hatten. Vielleicht waren auch diese Männer beleidigt. Jeremia hatte ja gegen all diese Höhen gesprochen, die Wiederherstellung Josias hat all die Höhen abgeschafft. Und so konnten die Priester in Anathoth, die zwar nicht in Jerusalem dienen konnten, wenn sie aus dem Geschlecht von Abjatar waren, wie ich gestern sagte, die konnten doch immerhin auf dieser Höhe in Anathoth dienen. Das war alles von ihnen genommen. Was es auch sein möge, sie haben Jeremia jedenfalls gehasst.

Erinnert uns das nicht an den Herrn Jesus, wo es gerade die Männer von Nazareth waren, die Ihn von der Höhe abwerfen wollten in Lukas 4? Und Jeremia sagt das, er war wie ein zahmes Lamm, das zur Schlachtung geführt wurde. Wie wir das vom Herrn Jesus lesen, in Jesaja 53, dass Er wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt wurde. Jeremia hat es gar nicht entdeckt, dass seine eigenen Stadtgenossen Anschläge wider ihn machten. Gott hatte es ihm offenbaren müssen. Sie hatten gesprochen, in Vers 19: „Lasst uns den Baum mit seiner Frucht verderben.“ Jeremia war ja nicht verheiratet, also hatte er auch keine Kinder. Wenn sie ihn also töten würden, würden sie auf einmal mit ihm abgerechnet haben. Er hatte keine Söhne, die seine Botschaft fortsetzen könnten. Man würde den Baum mit seiner Frucht verderben und ihn, Jeremia, aus dem Land der Lebendigen ausrotten, dass seines Namens nicht mehr gedacht werde. Denn wenn man Kinder hat, wird des Namens wohl gedacht.

„Aber du, Jahwe der Heerscharen, der du gerecht richtest, Nieren und Herz prüfst, lass mich deine Rache an ihnen sehen; denn dir habe ich meine Rechtssache anvertraut.“ Es ist herrlich, wenn man es geistlich fertig bringt, seine Rache, seine Rechtssache, in die Hand Gottes zu legen. Liebe Geschwister, das ist eines der Dinge, die uns am schwersten fallen. Auch unter Brüdern. Wenn Brüder auch gegen uns, so wie wir wenigstens das Gefühl haben, Anschläge machen, die wir nicht verstehen können, die uns trübe machen, unsere Sache nicht immer selbst zu bekämpfen, für uns selbst zu kämpfen, sondern in die Hand Gottes zu leben. Das ist sehr schwierig, das ist leicht gesagt, aber schwierig zu verwirklichen. Jeremia schaffte es. „Darum, so spricht Jahwe über die Männer von Anathoth, welche nach deinem Leben trachten und sprechen: Du sollst nicht weissagen im Namen Jahwes, damit du nicht durch unsere Hände sterbest– darum, so spricht Jahwe der Heerscharen: Siehe, ich suche sie heim; die Jünglinge werden durchs Schwert sterben, ihre Söhne und ihre Töchter werden vor Hunger sterben, und sie werden keinen Überrest haben; denn ich bringe Unglück über die Männer von Anathoth, das Jahr ihrer Heimsuchung.“ Das wurde natürlich alles erfüllt, als die Babylonier kamen und tatsächlich die Bevölkerung wegführen. Aber er spricht noch weiter zu Gott. Und jetzt kommen wir wieder zu einem ganz ernsten Abschnitt, der uns dem Inhalt nach so sehr vertraut ist.

Kapitel 12,1-4

Jer 12,1-4: Du bist gerecht, Jahwe, wenn ich mit dir hadere; doch von deinen Urteilen möchte ich mit dir reden: Warum ist der Weg der Gesetzlosen glücklich, sind sicher alle, die Treulosigkeit üben? Du hast sie gepflanzt, sie haben auch Wurzel geschlagen; sie kommen vorwärts, tragen auch Frucht. Du bist nahe in ihrem Munde, doch fern von ihren Nieren. Du aber, Jahwe, du kennst mich, du siehst mich und prüfst mein Herz gegen dich. Reiße sie hinweg wie Schafe zur Schlachtung, und weihe sie für den Tag des Würgens! Wie lange soll das Land trauern und das Kraut des ganzen Feldes welken? Wegen der Bosheit seiner Bewohner sind Vieh und Gevögel dahin; denn sie sprechen: Er wird unser Ende nicht sehen.

„Du bist gerecht, Jahwe, wenn ich mit dir hadere.“ Es war ein Hadern, es war ein Ringen mit Gott, aber in welchem Ringen er von vornherein die Gerechtigkeit Gottes anerkannt hatte. Aber wenn man auch die Gerechtigkeit Gottes anerkennt, so kann man doch seine Fragen haben. Ich habe gestern über diese Warum-Fragen gesprochen, die uns manchmal so viel Not machen, wenn wir das Handeln Gottes nicht verstehen können. Hier haben wir solch eine Frage. Eine Frage, die in dem ganzen Buch Hiob immer wieder gestellt wird. Eine Frage, die David im Psalm 37 gestellt hat. Eine Frage, die Asaph in Psalm 73 gestellt hat. Eine Frage, die Habakuk in seinem Buch gestellt hat. Es ist diese Frage, so steht sie hier: „Warum ist der Weg der Gesetzlosen glücklich, sind sicher alle, die Treulosigkeit üben?“ Wie ist das zu verstehen? Und da sagt er: „Du hast sie gepflanzt.“ Wenn Gottlose gottlos sein können, dann ist das, das habe ich gestern in einem anderen Zusammenhang gesagt, unter der Zulassung Gottes. Ja, sie sind ja selbst nur von Gott in diese Welt gebracht, Er hat sie gepflanzt, sie haben auch Wurzeln geschlagen, sie kommen vorwärts, tragen auch Frucht. Es ist doch Gott, der das alles zulässt!

Warum, wenn Gott jetzt einen Diener nimmt und ihm sagt: „Rede wider das Volk“, warum macht Gott es so kompliziert? Gott hätte doch das Volk sofort wegnehmen können, Er hätte doch die Gottlosen ausrotten können aus dem Volk! Warum lässt Gott das bestehen? Ich könnte noch einen Schritt weitergehen. Wenn es Gott ist, der die Herzen überführt und zur Buße bringt, warum tat Gott das dann nicht mit dem ganzen Volk? Warum? Warum? „Du bist nahe in ihrem Munde“, sie sprechen gern von dir, „doch fern von ihren Nieren“, das heißt, mit ihrem Inneren haben sie nichts mit dir zu tun. „Du aber, Jahwe, du kennst mich, du siehst mich und prüfst mein Herz gegen dich. Reiße sie hinweg wie Schafe zur Schlachtung, und weihe sie für den Tag des Würgens! Wie lange soll das Land trauern und das Kraut des ganzen Feldes welken? Wegen der Bosheit seiner Bewohner sind Vieh und Gevögel dahin; denn sie sprechen: Er wird unser Ende nicht sehen.“ – „Er“, das ist entweder Gott oder vielleicht Jeremia selbst. – Jeremia werden wir töten, er wird das nicht erleben, wenn wir mal ans Ende kommen, er wird nicht mehr dabei sein! – Und was ist hier die Antwort Gottes? Bei Asaph ist die Antwort, dass er in das Heiligtum Gottes hineinging und das Ende der Gottlosen sah. In Hiob war die Antwort Gottes, dass Gott groß ist und Hiob klein. Und dass kleine Menschen das Tun Gottes eben nicht verstehen können.

Kapitel 12,5.6

Jer 12,5.6: Wenn du mit Fußgängern liefest, und sie dich ermüdeten, wie wolltest du denn mit Rossen wetteifern? Und wenn du auf ein Land des Friedens dein Vertrauen setzest, wie willst du es denn machen in der Pracht des Jordan? Denn auch deine Brüder und deines Vaters Haus, auch sie sind treulos gegen dich, auch sie rufen dir nach aus voller Kehle. Glaube ihnen nicht, wenn sie freundlich mit dir reden.

Hier ist die Antwort eine, ich würde fast sagen, böse Antwort. Gott ist zornig. Aber in dieser Hinsicht, nicht weil Jeremia hier etwas Verkehrtes gesagt hat, die Fragen waren berechtigt. Aber Gott sagt zu Jeremia: Du hast noch gar nichts mitgemacht! Nein, wirklich nicht! Sie haben Anschläge wider dich gemacht, aber das ist noch nicht das Schlimmste. Sie haben dich noch nicht angefasst! Natürlich, du hast schon einmal vor dem Richter gestanden, aber sie haben dich doch freigesprochen. Was hat du nun wirklich mitgemacht bis jetzt?“ – Gott sagt es in Vers 5 so: „Wenn du mit Fußgängern liefest, und sie dich ermüdeten, wie wolltest du denn mit Rossen wetteifern?“ Bis jetzt bist du nur mit Fußgängern gegangen, und jetzt bist du schon müde? Jetzt beklagst du dich schon, Jeremia, bei mir? Wie wird es denn sein, wenn du bald mit Rossen wetteifern musst? Da wirst du rennen müssen. Und wenn du dann müde wirst, da habe ich Verständnis dafür. Ist das nicht hart? Ja und nein. Gott bereitet seinen Diener vor auf viel, viel Schlimmeres. Er war in diesem Augenblick noch nicht in der Grube gewesen, wo einige Meter Schlamm drin waren und wo er sich so langsam wegsinken fühlte, ohne Boden unter den Füßen. Wo er wirklich den Tod vor Augen hatte und gar nicht mehr mit einer Erlösung rechnen durfte. Das kommt später. Da würde er mit Rossen wetteifern. Es war ja alles noch ein Gehen mit Fußgängern.

Es hört sich hart an, liebe Geschwister, aber wenn wir so etwas mal erleben und wir sind dann so leicht erschüttert, denken wir manchmal daran, was manche Gläubigen erleben müssen? Manchmal hört sich das wie eine billige Antwort an, aber auf der anderen Seite ist es mal gut, sich zu überlegen, wie wenig die meisten von uns in Wirklichkeit mitgemacht haben. Oder viele von uns. Wenn wir das vergleichen … Ich habe vor kurzem gelesen, das hat mich sehr getroffen – wisst ihr liebe Geschwister, in welchem Jahrhundert die meisten Märtyrer für den christlichen Glauben gestorben sind? Das ist im 20. Jahrhundert. Da sind mehr Menschen für den christlichen Glauben gestorben als in allen vergangenen Jahrhunderten zusammen. Aber wir waren nicht dabei. Es ist uns noch gutgegangen. Wir können uns gar nicht vorstellen, was es hieße, Jahrzehnte im Gefängnis sitzen zu müssen. Gemartert zu werden, gefoltert zu werden.

Gott bereitet seinen Diener auf Schlimmeres vor. Er würde später Anlass haben, noch ganz andere Warum-Fragen zu stellen. „Und wenn du auf ein Land des Friedens dein Vertrauen setzest, wie willst du es denn machen in der Pracht des Jordan?“ – Wenn du dich schon ängstigst auf dem freien Feld, wie wird es dann sein in der Pracht des Jordan, wo die Löwen stecken, wo es wirklich gefährlich wird? Wo sich die wilden Tiere hinter jedem Baum befinden können, da bist du wirklich in Gefahr. Jetzt bist nur auf freiem Feld. – Und Gott wird noch härter mit seinem Diener. Ist Gott so hart? Der Gott, dem wir heute begegnet sind. Der Gott, der sagt: „Bittet nicht für mein Volk.“ Der zu Jeremia sagt: Du hast noch gar nichts mitgemacht. Der in Vers 6 sogar zu ihm sagt, was er noch gar nicht wusste. Bis jetzt waren es die Männer aus Anathoth, er wusste noch nichts von seinen Verwandten, und Gott sagt: „Denn auch deine Brüder und deines Vaters Haus, auch sie sind treulos gegen dich.“ Er schleudert ihm das hart ins Gesicht, so hört sich das doch an: Es wird noch viel schlimmer mit dir, Jeremia. Du bist betrübt, dass die Männer deiner eigenen Stadt gegen dich sind. Ich sage dir, deine eigenen Brüder, dein eigenes Haus, deine Familie, sie sind alle wider dich. Du stehst ganz alleine, Jeremia. Es wird Zeit, dass du wach wirst und siehst, dass du ganz alleine stehst, mit mir. Mit mir. Und das müsste dir genügen, Jeremia. – Das ist hart. Oder ist es die Liebe Gottes, die ihn rüttelt und sagt: Ich bin doch bei dir. Was macht es aus, diese Männer von Anathoth? Was macht es dir aus, wenn deine Verwandten dich verlassen? Und wenn sie dich hassen und töten wollen? Ich bin bei dir! Glaube ihnen nicht! Sie rufen dir nach aus voller Kehle. Glaube ihnen nicht, wenn sie freundlich mit dir reden!

Kapitel 12,7-13

Jer 12,7-13: Ich habe mein Haus verlassen, mein Erbteil verstoßen, ich habe den Liebling meiner Seele in die Hand seiner Feinde gegeben. Mein Erbteil ist mir geworden wie ein Löwe im Walde; es hat seine Stimme gegen mich erhoben, darum habe ich es gehasst. Ist mir mein Erbteil ein bunter Raubvogel, dass Raubvögel rings um dasselbe her sind? Auf! Versammelt alle Tiere des Feldes, bringet sie zum Fraße herbei! Viele Hirten haben meinen Weinberg verderbt, mein Ackerstück zertreten; sie haben mein köstliches Ackerstück zur öden Wüste gemacht. Man hat es zur Öde gemacht: Verwüstet trauert es um mich her. Das ganze Land ist verwüstet, weil niemand es zu Herzen nahm. Über alle kahlen Höhen in der Steppe sind Verwüster gekommen; denn ein Schwert von Jahwe frisst von einem Ende des Landes bis zum anderen Ende des Landes: Kein Friede allem Fleische! Sie haben Weizen gesät und Dornen geerntet; sie haben sich erschöpft und nichts ausgerichtet. So werdet zu Schanden an euren Erträgen vor der Glut des Zornes Jahwes!

Und dann fängt Gott selbst an zu klagen. Er klagt über sein Erbteil in Vers 7, über den Liebling seiner Seele, die Er in die Hand seiner Feinde gegeben hat. Liebe Geschwister, wenn wir weinen über das Volk Gottes, lasst uns dann immer noch bedenken, dass es Gottes Volk ist und nicht unser Volk. Das heißt, wenn einer Grund hätte, dann wäre es noch viel mehr der Herr selbst, denn es handelt sich um sein Volk, um sein Zeugnis, um seine Versammlung, um seine Kirche, wenn man will. Es handelt sich um das, was Er gebaut hat und was Menschen so schwer verdorben hatten. Wenn wir weinen, ist es immer noch um das Volk eines anderen. Um das Volk des Herrn. Gott klagt hier über sein Erbteil: „Ist mir mein Erbteil ein bunter Raubvogel, dass Raubvögel rings um dasselbe her sind? Auf! Versammelt alle Tiere des Feldes, bringet sie zum Fraße herbei! Viele Hirten haben meinen Weinberg verderbt, mein Ackerstück zertreten“, so geht es weiter.

Kapitel 12,14-17

Jer 12,14-17: So spricht Jahwe über alle meine bösen Nachbarn, welche das Erbteil antasten, das ich mein Volk Israel habe erben lassen: Siehe, ich werde sie aus ihrem Lande herausreißen, und das Haus Juda werde ich aus ihrer Mitte reißen. Und es soll geschehen, nachdem ich sie herausgerissen habe, werde ich mich ihrer wieder erbarmen und sie zurückbringen, einen jeden in sein Erbteil und einen jeden in sein Land. Und es soll geschehen, wenn sie die Wege meines Volkes wirklich lernen, so dass sie bei meinem Namen schwören: So wahr Jahwe lebt! Gleichwie sie mein Volk gelehrt haben, bei dem Baal zu schwören, so sollen sie inmitten meines Volkes aufgebaut werden. Wenn sie aber nicht hören, so werde ich selbige Nation ausreißen, ausreißen und vertilgen, spricht Jahwe.

Und dann am Ende, womit wir schließen wollen, die letzten Verse dieses Kapitels, da ist plötzlich wieder, wie ich gestern sagte, so ein Edelstein über eine weite Zukunft. So plötzlich bricht ein Lichtstrahl durch und scheint hell auf das Tausendjährige Reich. So einmal plötzlich. Gott gibt uns solche Tröstungen manchmal völlig unerwartet. Er sagt dies in Vers 14: „So spricht Jahwe über alle meine bösen Nachbarn“. Vielleicht besser: So spricht Jahwe: in Bezug auf alle meine bösen Nachbarn. – Es sind Gottes Nachbarn, es ist ja sein Volk. Er identifiziert sich, Er macht sich eins mit diesem Volk, es sind seine Nachbarn. Und Er sagt von ihnen: „Welche das Erbteil antasten, das ich mein Volk Israel habe erben lassen: Siehe, ich werde sie aus ihrem Lande herausreißen, und das Haus Juda werde ich aus ihrer Mitte reißen.“ Also, alle stehen sie gleich, sie sind alle gleich sündig. Er wird sie alle der Macht Nebukadnezars übergeben. Und dann kommt es: „Und es soll geschehen, nachdem ich sie herausgerissen habe, werde ich mich ihrer wieder erbarmen und sie zurückbringen, einen jeden in sein Erbteil und einen jeden in sein Land.“ Nach der babylonischen Zeit ist das in ganz kleiner Weise in Erfüllung gegangen, aber es ist hier die Zukunft, liebe Freunde. Eine Zukunft, die immer noch nicht in Erfüllung gegangen ist, wenn es hier heißt: „Und es soll geschehen, wenn sie die Wege meines Volkes wirklich lernen, so dass sie bei meinem Namen schwören: So wahr Jahwe lebt! Gleichwie sie mein Volk gelehrt haben, bei dem Baal zu schwören, so sollen sie inmitten meines Volkes aufgebaut werden.“ Ist das nicht wunderbar? Da klagt zuerst Jeremia und dann Jahwe selbst. Alles scheint verloren. Und da sagt Gott: Und da schau jetzt, Jeremia, weit in die Zukunft. Da siehst du eine Zeit vor dir, wo mein Volk der Mittelpunkt der Erde sein wird, wo alle Nationen wiederhergestellt werden. So weit sie den Weg meines Volk wirklich lernen. – Da sagt Sacharja 8, dass zehn Männer den Rockzipfel eines jüdischen Mannes greifen werden und zu ihm sagen: Wir wollen mit dir gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit dir ist.

Es hört sich manches so traurig an, was ich gesagt habe, und es ist ein trauriges Buch. Ich kann es nicht besser machen, nicht fröhlicher machen. Es ist das traurigste Buch neben Hiob im Alten Testament, und dann diese Freudenzeichen. Gott lässt uns in den traurigsten Augenblicken nie ohne Freudenzeichen. Seine herrliche Zukunft, wenn alle Nationen die herrliche Regierung des großen Sohnes Gottes genießen werden. Auch wir freuen uns auf diese Zeit!

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