Das Buch Hiob (2)
Wie menschliche Weisheit das „Warum?“ des Leidens erklären will

Willem Johannes Ouweneel

© SoundWords, online seit: 18.09.2007, aktualisiert: 01.06.2020

Leitverse: Hiob 4–14

Einleitung

Zu Anfang möchte ich euch sagen, dass ich doch von dem abgewichen bin, was ich ursprünglich vorhatte und was auch auf der Einladung zu lesen ist. Ich dachte nämlich, dass es nützlich sei, die Freunde Hiobs einzeln zu behandeln. Das bedeutet aber, dass man ganze Kapitel überschlagen muss. Dafür – da war ich zu eigensinnig – kann man die Reihenfolge dieses Buches nicht einfach durchbrechen. Ich habe also beschlossen, die Reihenfolge des Buches doch einzuhalten, so dass ich – sofern das möglich ist – mit euch die Kapitel 4–14 besprechen möchte. Es wird sich von selbst zeigen, wieso gerade dieser Teil.

Lasst uns etwas aus Hiob 4 lesen, wo Eliphas, der erste und älteste Freund, zu Wort kommt, Hiob 4,12 bis Ende und dann noch aus einem anderen Kapitel, das ich heute Abend zu erreichen gedenke, Kapitel 14. Hier ist es Hiob selbst, der spricht und seinem dritten Freund Antwort gibt: Hiob 14,1-6 und Hiob 14,10-14.

Ich unterstelle, dass wir die Geschichte Hiobs alle kennen. Wir haben uns beim letzten Mal damit befasst, dass Gott eine Streitsache mit Satan über den einen Mann auf Erden hatte, von dem Er sagen konnte, dass er „vollkommen und rechtschaffen und gottesfürchtig und das Böse meidend“ (Hiob 1,1) war. Auf diesen einen Mann hatte Satan es abgesehen. Dieser eine Mann darf durch die Hand Satans erst alles dessen, was er besitzt, beraubt werden und danach darf er auch noch an seinem eigenen Körper angetastet, d.h. krank gemacht, werden. Wir haben gesehen, wie in den ersten zwei Kapiteln des Buches Hiob es vor allem um Gott und Satan geht und wie am Ende von Kapitel 2, wenn Hiob nicht das tut, was Satan gedacht hat – der übrigens gemeint hatte, dass Hiob Gott verwerfen würde –, dass Satan „abdreht“.

Was uns betrifft, liebe Freunde, könnten wir denken, dass damit auch das Buch Hiob zu Ende hätte sein können. Wir hätten denken können, dass, als Satan den Kürzeren gezogen hat, Gott das Leid Hiobs doch wieder hätte wegnehmen und sich seiner erbarmen können. Wir hätten vielleicht gern gesehen und erwartet, dass auf Hiob Kapitel 2 sofort Kapitel 42 gefolgt und damit die Geschichte zu Ende gewesen wäre. Aber nun scheint, dass das alles – so, wie wir das in der Literatur manchmal nennen – eine Rahmenerzählung war. Kapitel 1 und 2 und Kapitel 42 am Ende sind der historische Rahmen, in dem sich ab Hiob 3 erst die eigentliche Dichtung entwickelt. Und erst in dem poetischen großen Mittelteil dieses Buches kommt die eigentliche Geschichte Hiobs an die Reihe. Dort zeigt sich, dass es nicht nur um Gott und Satan geht, sondern um Gott und Hiob selbst. Das andere war nur die Einleitung. Es scheint, dass einiges mehr mit dem Leiden Hiobs los ist.

Die Fragestellung des Buches

Ich habe euch schon gesagt, um welche große Frage sich das Buch Hiob dreht: nämlich warum ein Mensch leiden muss. Es gibt allerlei Antworten darauf, und die wichtigste Antwort, die ich zunächst besprechen muss – ich habe das beim letzten Mal schon getan, aber wir müssen jetzt noch einmal ausführlicher darauf eingehen –, ist die Antwort der Freunde Hiobs. Ich habe das letzte Mal schon gesagt, dass die Theorie, die die Freunde Hiobs zur Sprache bringen, noch immer eine Theorie ist, die in dieser Welt sehr großen Anklang findet. Eine Theorie, die weitverbreitet ist, dass auch Hiob selbst die größte Mühe hat, sich aus den Netzen der Logik seiner Freunde zu befreien. Es gelingt ihm zumindest einigermaßen. Das gelingt ihm allerdings nicht – und das sage ich im Voraus –, indem er der eisernen Logik der Freunde eine noch erhabenere Logik obenauf setzt, sondern es gelingt ihm durch die Kraft seines Glaubens. Er kann sich der Logik seiner Freunde gar nicht widersetzen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt er es auf, das zu versuchen, und liefert sich Gott aus. Das ist eine gewaltige Entwicklung, die man in diesem Buch peu à peu nachvollziehen kann.

Korrektur zu Teil 1

Nun habe ich euch beim letzten Mal etwas über die Freunde Hiobs erzählt, das gar nicht wahr ist. Es gab jemanden, der mich da verbessert hat. Das kommt, wenn man aus dem Kopf zitiert. Aber nun werde ich den Vers lesen – nicht zitieren, sondern lesen –, weil der Vers sehr wichtig ist, um die Kapitel, die wir jetzt vor uns haben, verstehen zu können. Das war Vers 7 aus Kapitel 42. Dort sagt der Herr in der Mitte von Vers 7 zu dem Ältesten – ich sage das nur, weil er immer als Erstes zu Wort kommt –, zu Eliphas, dem Temaniter, dies: „Mein Zorn ist entbrannt gegen dich und gegen deine beiden Freunde; denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet wie mein Knecht Hiob.“ Ich sagte beim letzten Mal: „… nicht geziemend von Hiob geredet“ – das hatten sie zwar auch nicht, aber der Herr sagt: „Ihr habt nicht geziemend von mir geredet wie mein Knecht Hiob.“ Dieser Vers ist sehr wichtig. Denn wenn wir Hiob so hören – ich versichere euch: Christen, die heute so sprechen würden, wie er manchmal geredet hat, würden von ihren Mitgeschwistern ganz schön was zu hören bekommen. Es ist eine harte Sprache, die Hiob Gott gegenüber manchmal wählt. Und doch sagt Gott hier am Ende, dass Hiob recht von Ihm gesprochen hat und dass die drei Freunde Hiobs nicht recht von Gott geredet haben. Das ist eigenartig, denn es sieht so aus, als ob die drei Freunde Hiobs sich gerade deswegen gegen Hiob wenden, um für Gott Partei zu ergreifen. Daran erkennt man, wie sehr ein Mensch irren und auf einem falschen Weg sein kann. Sie dachten, dass sie Gott Hiob gegenüber, der Gott so anklagte, verteidigen mussten. Aber in Wirklichkeit ist Gott später über sie erzürnt und Hiob ist es dann – und in diesem und in vielen anderen Punkten ist er ein Beispiel für den Herrn Jesus selbst –, der ein Opfer für seine Freunde bringen muss, um die Freunde wieder mit Gott zu versöhnen.

Gottes Regierung – keine billige Logik

In welcher Hinsicht haben die Freunde Hiobs nicht geziemend von Gott gesprochen? Man könnte das unter das große Thema zusammenfassen: die Regierung Gottes. Wenn man die Regierung Gottes – und auch das habe ich das letzte Mal bereits berührt – sehr global besieht, kann man sagen, dass Gott ein guter, heiliger und gerechter Gott ist, der das Böse straft und das Gute belohnt. Aber wenn man bei dieser Feststellung stehen bleibt, kann man sich gründlich vertun, weil man dann ganz leicht sagen und die Argumentation umkehren kann: dass nämlich, wenn jemand viel Schlimmes auszuhalten hat – und wir sind uns alle einig, dass auch in unseren schlechten Tagen die Hand Gottes auf die ein oder andere Weise anwesend ist –, deutlich der Zorn Gottes gegen ihn entbrannt ist. Das ist genau das, was die Freunde Hiobs behaupten. Das macht das Lesen des Buches Hiob so schwierig. Denn die Freunde Hiobs und auch Hiob selbst sagen herrliche und wahre Dinge. Es ist nicht so, dass alles, was die Freunde sagen, verwerflich ist. Im Gegenteil! Sie bringen sehr wichtige, schöne und weise Dinge hervor. Davon kann man sogar eine ganze Menge lernen.

Aber man muss schon sehr sorgfältig lesen. Denn manchmal sagen sie auch Dinge, die überhaupt nicht stimmen. Vor allem die wahren und richtigen Dinge, die sie sagen, sagen sie zum falschen Zeitpunkt. Das macht die Sache noch komplizierter. Was meine ich damit? Ich meine damit, dass Gott die Ungerechten und Gottlosen straft und verurteilt. Das stimmt an sich. Aber Gott wird sehr böse auf dich, wenn du das zu einem seiner geliebten Kinder sagst, wenn es schwer zu leiden hat. Wenn du dann mit der billigen Logik einfach unterstellst, dass das Leiden eine Folge von Gottes Zorn oder Gottes Strafe über bestimmte ernste Sünden sein soll … die Hiob getan haben soll …

Ist denn nicht wahr, dass Gott das Böse straft? Ja sicher! Aber es ist eine Wahrheit, die zum richtigen Zeitpunkt ausgesprochen werden muss. Das ist eine Wahrheit, die man über einen Sünder aussprechen muss, der sich um Gott und seine Gebote nicht kümmert und auf dem Weg zum ewigen Verderben ist. Einem solchen musst du sagen, dass Gott ein verzehrendes Feuer ist und dass er einmal mit dem Zorn Gottes in Berührung kommen wird, wenn er so weiterlebt. Aber wenn man es mit einem Kind Gottes zu tun hat oder mit jemandem, von dem Gott selbst gesagt hat, dass er „vollkommen und rechtschaffen und gottesfürchtig und das Böse meidend“ (Hiob 1,1) ist, tastet man seinen Augapfel an. Deswegen ist Gott über die drei Freunde erzürnt. Ich sagte schon, dass es das deswegen so schwierig macht, die Gedankengänge dieses Buches gut verfolgen zu können. Sie sagen so herrliche, lehrreiche Dinge und verwunden schrecklich hart mit den lehrreichen Dingen. Hiob steht dagegen zu Recht auf.

Natürlich kann Leiden die Folge des Zornes Gottes über Sünden sein. Aber unter einer indirekten Regierung Gottes, in welcher wir leben, geht es dem Gottlosen manchmal prächtig und dem Gläubigen manchmal sehr schlecht. Die Gläubigen werden verfolgt, unterdrückt, sind in Schwierigkeiten, in Prüfungen, in Leiden und Sorgen. Wir haben davon in unseren Liedern gesungen. Dieses Leid ist keine Strafe, sondern hat ein ganz anderes Ziel: Das Leid ist eine Prüfung des Glaubens, Glaube, der nicht nur zutage tritt, sondern – weil Leiden vor allem Erziehung bedeutet – gerade im Leid geformt wird. Man sieht es bei Hiob im Verlauf der Kapitel leidlich zutage treten. Am Ende sehen wir dann, dass er zu Gott sagt: Jetzt kenne ich dich erst richtig. Früher war es nur – ich sage mit meinen Worten – Büchererkenntnis, Kopfwissen. Jetzt habe ich dich wirklich gesehen. Da verstand Hiob zumindest etwas, wozu das ganze Leid nötig war.

Die Freunde wussten nicht, dass Leiden auch bedeuten kann, dass Gott mit seinen Kindern einen ganz besonderen, schwierigen, tiefen Weg geht, um sie zu erziehen, so wie wir das in einem Lied singen: „… der uns mittels Leiden erzieht“ und sie gerade durch Leiden bildet und stählt und widerstandsfähig macht und ihnen Kraft geben will, ja, durch das Leiden seinen Kindern bezeugen will, wer Er ist. So, wie Hiob am Ende erzählt: Früher habe ich dich aus der Ferne vernommen, „aber nun hat mein Auge dich gesehen“. Das ist gerade das Tragische bei seinen Freunden, denn von all diesen Dingen hatten sie keine Ahnung. Und ich sagte schon letztes Mal, dass immer noch eine ganze Menge von der Sorte der Freunde Hiobs mit der immer noch knallharten Logik herumlaufen, die unanfechtbar zu sein scheint: Gott straft das Böse und Gott belohnt das Gute. Umgekehrt: Wo jemand in Übel und Trübsal hineingeschlittert ist, ist Gott dabei, ihn zu strafen. Also müssen allerlei verborgene Sünden bei so jemandem vorhanden sein. Ich sage das jetzt sehr grobschlächtig. Die Freunde tun das nicht.

Drei Gesprächsrunden mit den Freunden

Die Freunde versuchen, das dem Hiob sehr leise und vorsichtig klarzumachen. Denn – das wisst ihr sicher – die Freunde und Hiob beginnen das Gespräch in drei Runden. Und nun erzähle ich euch auch, weshalb ich daran gedacht habe, Kapitel 4–14 in groben Zügen mit euch zu durchzunehmen, denn das ist die erste Runde der Besprechung. In Kapitel 4–7 hört man die erste Ansprache von Eliphas und Hiobs Antwort darauf. In Kapitel 8–10 kommt der zweite Freund Bildad zu Wort. Dort findet man dann auch die Antwort, die Hiob ihm gibt. In Kapitel 11–14 kommt Zophar, der dritte Freund, zu Wort und dort finden wir auch die Antwort Hiobs, die er ihm gibt. Danach kommt eine zweite Runde von Kapitel 15–21, in der alle drei Freunde aufs Neue zu Wort kommen und Hiob jedem auch aufs Neue antwortet. Ab Kapitel 22 kommt dann noch eine dritte Runde, in der nur Eliphas und Bildad zu Wort kommen. Wenn Hiob dann Letzterem die Antwort gegeben hat, findet man noch die große Rede Hiobs, die letzten Worte Hiobs in Kapitel 27–31. Danach kommt dann noch der vierte Freund sozusagen aus dem Nichts hervor, Elihu, der eine ganz eigene Geschichte hat und später auch nicht unter den Zorn Gottes fällt. Er hat eine ganz besondere Botschaft für Hiob und spricht eine ganz andere Sprache als die drei ersten Freunde. Darauf kommen wir später zurück. Man hört die Worte von Elihu in Kapiteln 32–37, vier Ansprachen von Elihu. Danach, ab Kapitel 38 kommt Gott selbst zu Wort.

Wenn man die Runden so verfolgt, dann sieht man, wie die Freunde – es waren schlussendlich Freunde, so ganz harte „Chirurgen“ waren es nun auch wieder nicht – ihre Botschaft vorsichtig beginnen auszupacken, deren sie sich selbst auch bewusst sind, dass es eine harte Botschaft ist. Aber als sie merken, dass Hiob darauf irritiert, böse, verzweifelt und mutlos reagiert und von ihrer Botschaft jedenfalls nichts wissen will, sieht man, wie sich die Worte der Freunde verschärfen und sie Hiob direkter anklagen und permanent härter werden, bis dass sie schlussendlich mit erhobenen Zeigefinger vor ihm stehen, um ihm ihre Tadel und Anschuldigungen ins Gesicht zu schleudern.

Was passiert währenddessen mit Hiob? Hiob schrumpft unter allem zusammen. Anfangs – ich sagte es bereits – kann er sich gegen die Argumente seiner Freunde nicht wehren. Er wird durch sie mitgeschleift. Eigentlich akzeptiert er ihre Argumente, ich meine damit dies: Eigentlich hängt er derselben Theorie an. Gott straft das Böse und belohnt das Gute. Aber der Unterschied ist gewaltig: Hiob weiß, dass er Gott gegenüber nicht schuldig ist, dass es keine großen Sünden in seinem Leben gibt, die ein derartiges abscheuliches Leid, eine derartig gewaltige Strafe verdient hätten. Und doch gibt er sich mit den Argumenten seiner Freunde ab: Gott straft das Böse. Nun, hier ist Hiob Zielscheibe der Strafe des Zornes und des Gerichts Gottes und versteht nichts davon. Er untersucht sich selbst. Er durchsucht sein eigenes Herz, sein eigenes Leben und er kann nichts finden, das eine derartige Strafe verdient. Er sagt das Gott, ruft und schreit es Gott zu. Er akzeptiert die Argumentation seiner Freunde, dass Gott das Böse straft und das Gute belohnt, diese einfache Theorie. Aber er wird nicht fertig damit, weil er weiß, dass es bei ihm kein Böses zu bestrafen gibt. Und dennoch straft Gott. Da ertönt das große Warum in diesem Buch: Warum hast du mich zu deinem Ziel, zur Zielscheibe deines Zorns gemacht, ohne dass es dafür eine Begründung gibt?

Wenn man dann die Ansprachen von Hiob, die oft viel länger sind als die seiner Freunde, verfolgt, dann sieht man, dass Hiob stets tiefer in Verzweiflung und Aufstand Gott gegenüber gerät. Darin sündigt er auch. Dort sind wir weit von Kapitel 2 entfernt, wo stand, dass Hiob in dem allem mit seinen Lippen nicht sündigte. Er spricht eine harte Sprache. Aber es ist eine Phase, ein tiefes Tal, durch welches er hindurchgehen muss. Und wenn er sozusagen am Tiefpunkt angekommen ist, sieht man allmählich, zunächst noch in Frageform und später mit viel mehr Entschlossenheit, dass – wenn Hiob eigentlich aufgeben müsste, was seine Argumente, seine Logik, seine Begründungen angeht, wenn er eigentlich seine Niederlage anerkennen müsste, aus der er nicht mehr herauskommt – er das tut, was jeder Gläubige bei solchen Fragen lernen muss: seine Argumente aufgeben und auf den Glauben zurückfallen. Das ist der Punkt, auf den jedes Kind Gottes zurückgeworfen wird. Wir haben alle unsere Warums und unsere Fragen, auch wenn es nicht so ein Kampf und so ein Streit wie bei Hiob sein muss. Keine Antworten auf unsere Fragen, sondern Glaube, der sich dem großen Gott ausliefert, der keine Rechenschaft seiner Taten abliefert und erklärt, was Er tut und was Er meint. Ein Gläubiger wirft sich dann in die Arme Gottes.

Einer der Höhepunkte, der aus diesem Buch natürlich sehr bekannt ist, ist, wenn Hiob in Kapitel 19 ausruft: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Da hat er einen langen, tiefen und dunklen Weg hinter sich, bevor er bei einem solchen Glaubensausspruch anlangt.

Die unterschiedlichen Standpunkte der drei Freunde

Nun, was ist das, was die drei Freunde voneinander unterscheidet? Wenn Gott uns nur die einfache Argumentation hätte vorhalten wollen, hätte Er uns auch lediglich einen Freund ins Bild bringen können. Der hätte das dann vortragen können. Warum nun drei Freunde (abgesehen von dem vierten, auf den wir später noch zurückkommen werden)? Warum drei Freunde? Was ist die Botschaft dieser drei Freunde?

Ich habe euch bis jetzt erzählt, was die Übereinstimmung der Botschaft ist. Aber ich muss euch ab jetzt erzählen, in welcher Hinsicht sich die drei Freunde voneinander unterscheiden. Wenn Gott hier diese drei Freunde ins Bild bringt, könnt ihr sicher sein, dass sie auch alle eine eigene Botschaft zu erzählen haben. Ich habe euch schon gesagt, dass sie nicht recht von Gott sprechen. Wenn ein Mensch nicht geziemend von Gott spricht, bedeutet das, dass er seine Weisheit nicht aus dem geoffenbarten Wort Gottes entnimmt, sondern aus allerlei menschlichen Quellen. Das ist genau, um was es bei den drei Freunden geht und worin sie sich auch unterscheiden.

Auge / Ohr / Herz

Als Einleitung möchte ich einen Vers aus 1. Korinther 2,9 zitieren. Das ist übrigens ein Vers, der aus Jesaja 64 stammt. Ich möchte es aber aus dem Korintherbrief zitieren, weil es da noch klarer steht. Dort zitiert Paulus dieses Wort von Jesaja: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz aufgekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“

Hier sieht man diesen Gegensatz. Hier werden erst drei Erkenntnisquellen genannt, die uns nicht bringen, was wir gern wissen wollen. Im Gegensatz dazu wird uns vorgestellt, was Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben, und was wir durch Gottes eigenes Wort kennenlernen. Demgegenüber stehen drei andere Quellen, aus denen Menschen ihre Erkenntnis schöpfen. Es sind diese drei, die man sogar in derselben Reihenfolge bei Eliphas, Bildad und Zophar wiederfindet: „was keine Auge gesehen“, „was kein Ohr gehört“, „was in keines Menschen Herz aufgekommen ist“. In der gesamten menschlichen Wissenschaft geht es eigentlich um dieselben menschlichen Quellen.

Eliphas: Auge

Die erste könnte man als die menschliche Erfahrung bezeichnen, die menschliche Wahrnehmung, bei der das Auge natürlich eine besondere Rolle spielt: „was kein Auge gesehen hat“.

Es hat Zeiten in der menschlichen Geschichte gegeben, in der der gelehrte Mensch ohne Gott nur darauf vertrauen wollte, was er mit seinen Augen sehen konnte. Alles andere als das, was man mit seinen Sinnen wahrnehmen konnte, war keine vertrauenswürdige Erkenntnis. Das ist bis in unser Jahrhundert der Fall und noch immer eine sehr wichtige Strömung im menschlichen Denken – das menschliche Denken, dass sich nur auf das stützen will, das unmittelbar auf Wahrnehmung zurückzuführen ist, was man persönlich mit seinen Augen gesehen hat.

Eliphas ist so ein Typ. Er erzählt Hiob, was er persönlich erlebt hat, was er persönlich angeschaut hat. Er schöpft aus der Quelle der Wahrnehmung, der menschlichen Erfahrung. Darüber hinaus ist es eine besondere Art der Erfahrung, über die ich euch später erzählen will.

Bildad: Ohr

Bei Bildad findet man das Zweite: „was kein Ohr gehört hat“. Auch das ist eine wichtige Erkenntnisquelle für den modernen Menschen. Das ist, was man vor allem in der Geschichte findet – mit dem Ohr auf die Vergangenheit zu hören. Was haben die früheren Generationen uns zu erzählen? Ein Volk, das nicht aus der Geschichte lebt, wird von seinen Wurzeln abgeschlagen. Darum ist es so wichtig, dass wir unsere historischen Wurzeln kennen, versichern uns diese Menschen. Und in gewissem Sinn haben sie damit auch recht. Was haben uns frühere Generationen mitgeteilt? Wir sind kleine, kurzsichtige Menschen. Bildad sagt: „Wir sind von gestern und wissen nichts“ (Hiob 8,9) – eine äußerst kurze Lebensspanne. Denkst du, dass du in einer so kurzen Lebensspanne alle Kenntnis sammeln kannst, die es gibt? Höre doch auf die Jahrhunderte von Generationen, die vor uns waren. Da ist Weisheit aufgehäuft … Hiob, höre auf die früheren Geschlechter. Bildad ist ein typischer Mann der Tradition, der Überlieferung. Er wird sicher das Wort Jeremias gemocht haben: Frage doch nach den alten Pfaden. Sei doch nicht eigensinnig. Höre auf das, was frühere Generationen uns zu sagen haben. So ein Mann ist Bildad.

Zophar: Herz

Zophar ist von der dritten Sorte: „was in keines Menschen Herz aufgekommen ist“. Diese Strömung hat man in der Geschichte des Denkens auch immer gehabt. Menschen, die nicht so viel Vertrauen in die Wahrnehmung gesetzt haben, weil uns die Augen betrügen können, sondern viel mehr Vertrauen auf den Verstand hatten – vor allem, was Menschen so gerne den „gesunden Menschenverstand“ nennen. Das sind die Menschen, von denen man sagen hört: Das war doch klar. Wer nur etwas Verstand im Kopf hat, der weiß doch … – und dann kommt es. Das sind die Menschen, die einen nicht in die Vergangenheit zu den vorigen Generationen mitnehmen, die nichts von ihren Erfahrungen erzählen, sondern die so gern auf ihre Weisheit, auf ihren gesunden Verstand pochen.

Eliphas, Bildad, Zophar – und Gott?

Wenn drei Menschenkinder, die in der Geschichte der Welt, in der wir leben, Gott nicht berücksichtigen, so sind das nicht diese drei Freunde. Alle drei Freunde wissen uns etwas über Gott zu erzählen. Entlang dieser drei verschiedenen Wege behaupten sie, uns etwas über Gott erzählen zu können. Das ist sehr bemerkenswert. Da wird man erst recht hinhören, was sie zu erzählen haben.

Im Fall von Eliphas dies: Er hat mit seinen Augen etwas gesehen. Er ist ein Mann, der mit seinen Augen wundersame Visionen sieht. Wir haben es soeben in Hiob 4 gelesen, dass er wundersame Visionen, wundersame Offenbarungen geschaut hat. Das wird jetzt ganz unheimlich. Das sind Menschen, die sehr viel Wert auf okkulte Visionen legen. Mir scheint nicht, dass Eliphas hier eine echte Offenbarung Gottes empfangen hat. Ich würde viel lieber annehmen, dass, wenn er wirklich so eine Offenbarung erhalten hat und er sich nichts einbildet oder es für Hiob so verpackt, um es interessanter zu machen … wenn er wirklich so eine Offenbarung gehabt hat, frage ich mich vielmehr, ob Eliphas nicht eher eine okkulte Vision, eine okkulte Offenbarung erhalten hat. Ja, wenn man entlang dieses Weges, dem Weg der Mystik, dem Weg des Okkultismus, meint, eine Offenbarung erhalten und etwas über Gott sagen zu können, dann ist man ernsthaft auf einem Irrweg. Versteht ihr, was Gott sagt? Auch Eliphas hat nicht recht über Gott gesprochen, nicht weil er sich nicht auf das Wort Gottes oder nur halbwegs darauf beruft, sondern weil er sich auf fremdartige Offenbarungen beruft.

Bildad hat auch etwas über Gott zu erzählen. Was er über Gott zu erzählen hat, stammt aus uralten Zeiten. Solche Menschen gibt es heute auch. Die wollen nichts von Okkultismus wissen. Was sie über Gott wissen, ist alles in alten Büchern, in alten Glaubensbekenntnissen, in alten Predigten festgelegt; je älter, desto besser. […] Wundersame Dinge, die mit unserer Zeit in keiner Beziehung mehr stehen. Anders ist das mit dem Wort Gottes, das immer frisch und aktuell ist, das nie veraltet. Das sind die Menschen, die ihre Kenntnis über Gott aus der Vergangenheit nehmen. Sie haben alle ihr „favorisiertes Zeitfenster“. Der eine sucht die Altväter in der Nähe der Reformation, ein anderer will dorthin zurück, der nächste zurück zu den Kirchenvätern und ein weiterer will zum Neuen Testament zurück. Das sind natürlich die Besten. Aber all die anderen suchen gewissermaßen ihr eigenes Steckenpferd in der Vergangenheit. Sie haben persönlich keine Beziehung zu Gott, entlehnen aber ihre Gotteserkenntnis von den Altvätern oder aus sonstigen alten Schriften, eben aus der Tradition. Und wehe, wenn man davon abweicht.

Die dritte Gruppe – Zophar – hat auch etwas über Gott zu erzählen. Das sind die Menschen, die von ihrem gesunden Verstand aus über Gott reden. Kennt ihr die Menschen auch? Das sind die Menschen, die sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott … dieses oder jenes. Das ist für mich dasselbe wie: Also ist das auch so! Was sie sich über Gott nicht vorstellen können, ist auch nicht so. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott ein Gott der Liebe ist, wenn Er dies oder jenes tut. Oder: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein liebender Gott so oder so handeln könnte. Was sie mit ihrem gesunden Verstand zusammenbringen können, ist die Quelle ihrer „echten“ Gotteserkenntnis.

Nun, es wird höchste Zeit, dass wir zuhören, was sie zu sagen haben. Aber ich dachte, dass es gut wäre, euch die drei Arten der Zugänge nebeneinanderzustellen– Menschen, die über Gott sprechen und dabei auch wirklich schöne Dinge erzählen. Das habe ich euch gerade schon gesagt. Es ist nicht alles Unsinn, was sie verkaufen. Es sind ganz schöne und sehr wichtige Dinge dabei. Aber die Gesamtheit taugt nicht. Die Gesamtheit taugt so wenig, dass Gott später darüber seinen Zorn äußert.

Kapitel 4–5 – Eliphas spricht

Die erste Ansprache von Eliphas findet man in Kapitel 4 und 5. Ihr versteht, dass wir nicht alles Vers für Vers besprechen können; das wäre viel zu mühsam in dieser Vortragsform. Es geht darum, dass ich versuchen werde, soweit mir das möglich ist, euch immer den Kern der Argumentation einigermaßen sehen zu lassen.

Eliphas fängt in Vers 7 sofort damit an, die billige Theorie zu präsentieren. „Erinnere dich doch: Wer ist als Unschuldiger umgekommen?“ (Hiob 4,7). Da steckt das Gift. Menschen, die in ihrem Elend umkommen, haben immer Schuld. Wie weiß er das? Nun, ich habe euch gesagt, dass er ist der Mann ist, der sich auf die Erfahrung beruft. Vers 8 ist so ein wichtiger Schlüsselvers: „So wie ich es gesehen habe: Die Unheil pflügen und Mühsal säen, ernten es.“ Woher weiß er das? Aufgrund seiner Erfahrung. Aber wie schon gesagt, er hatte eine besondere Art der Erfahrung. Und das ist die wundersame Vision, von der ich euch vorgelesen habe. Das heimliche Geflüster und die eigenartige Geistes-Erscheinung. Man kann sich doch nicht vorstellen, dass das von Gott ist?! Eine eigenartige Geistes-Erscheinung – da steht in Vers 15: „Ein Geist zog vor meinem Angesicht vorüber, das Haar meines Leibes starrte empor.“ Das lässt mich mehr an spiritistische Visionen denken als an die Gesichte, die die Propheten gehabt haben.

Aber ihr dürft nicht denken, dass alle dämonischen Erscheinungen und derartige okkulte Visionen nur Lügen verkaufen. Denkt ihr, dass der Teufel so dumm ist, nur Lügen zu erzählen? Nur dumme Menschen erzählen ausschließlich Lügen. Der Teufel weiß seine Lügen immer in Halbwahrheiten zu verpacken. Und so steht in Vers 17 ein Wort, zu dem man ohne Weiteres Amen sagen kann: „Sollte ein Mensch gerechter sein als Gott, oder ein Mann reiner als der, der ihn gemacht hat?“ Wenn Gott sogar bei seinen Engeln Irrtümer findet (Hiob 4,18) – und es ist bekannt, dass es gefallene Engel gibt –, dann umso mehr bei Menschen, die in Lehmhütten wohnen; die geringen, kleinen Geschöpfe auf Erden, die man wie Motten zertritt. Eigentlich ist das nicht die Art und Weise, wie Gott über seine „Bild-Träger“ spricht. Aber so spricht diese Geistes-Erscheinung: Ach, die nichtigen kleinen Menschen auf der Erde werden erst recht nicht gerecht sein.

Und dann knüpft Eliphas in Kapitel 5 an das an, was Hiob auch gesagt hatte. Hiob hatte übrigens in Kapitel 3 seine erste Jammerklage Gott gegenüber geäußert, hatte zu Gott gerufen. Hiob 5,1 fängt an: „Ruf doch, ob einer da ist, der dir antwortet!“ Du rufst doch nur in die Luft, Hiob. Du siehst doch, dass Gott nicht an deiner Seite steht, denn Er antwortet dir nicht einmal. In Vers 2 sagt er sogar: „Denn den Narren erwürgt der Unmut.“ So hatte er das aus dem aufgeschnappt, was Hiob gesagt hatte. Unmut – heute würden wir Gereiztheit, Verärgerung sagen. Das ist keine gute Weise, Hiob, Gott zu nahen.

Seht ihr, er fängt hier zunächst vorsichtig an. Er sagt: So darfst du das nicht machen, Hiob. Du darfst nicht zu Gott schreien. In Vers 8 steht: „Ich jedoch würde Gott suchen (= nach Ihm fragen) und Gott meine Sache vorlegen.“ Und dann wirst du das von selbst verstehen, Hiob – so spricht er sozusagen –, was ich dir jetzt schon mitteilen kann, dass, wenn Gott dich züchtigt, das zwar aufgrund deiner Sünde ist, Gott aber darin nicht hart ist. Schlussendlich hat Er dich lieb. In Vers 17 steht: „Siehe, glückselig der Mensch, den Gott straft! So verwirf denn nicht die Züchtigung des Allmächtigen.“ Hiob sollte sich eigentlich noch glücklich preisen, dass er durch Gott gestraft wurde. Nun, das ist einerseits noch eine sanfte Form, um Hiob zu ermahnen. Andererseits ist das jemandem gegenüber, der sich keines Bösen bewusst ist, etwas, was hart ankommt. Denn Hiob wurde nicht aufgrund von Sünde gestraft.

Kapitel 6–7 – Hiobs Erwiderung Eliphas gegenüber

Das ist dann auch seine Antwort, die man in Hiob 6 und 7 findet. Er knüpft in Vers 2 direkt an das an, was Eliphas über den Gram gesagt hatte. Schade, dass da in der [niederländischen] NBG-Übersetzung[1] „Traurigkeit“ steht, denn es ist dasselbe Wort wie „Gram“ in Hiob 5,2. In Hiob 6,2: „O, dass mein Gram [in Elberfelder 2003 steht „Kummer“; Anm. d. Red.] doch gewogen würde.“ Er sagt zu Eliphas: Ich wollte, dass du verstehst, weshalb ich so aufständisch war. Ich wollte, dass du dich in mein Elend hineinversetzen würdest, dass du versuchen würdest, mich zu verstehen. Dann würdest du einsehen, dass ich mir keines Bösen bewusst bin und dass du mich daher völlig zu Unrecht so behandelt hast. Du hast mich enttäuscht. – Das beschreibt er in diesem Kapitel.

Er sagt zum Beispiel: „Dem Verzagten gebührt Milde von seinem Freund, sonst wird er die Furcht des Allmächtigen verlassen. Meine Brüder“ – das sind seine Freunde – „haben sich trügerisch erwiesen wie ein Wildbach“ (Hiob 6,14.15). Das meint, dass sie nicht in rechter Weise zu ihm sprechen. In Vers 24 sagt er: „Belehrt mich, und ich will schweigen; und gebt mir zu erkennen, worin ich geirrt habe.“ Er sagt zu seinen Freunden – und sei es noch zurückhaltend: Wenn ihr mich wegen allerlei Verkehrtem, das ich getan habe, beschuldigt, erzählt mir dann, was mein Übel ist. Dann werde ich es bekennen können, es untersuchen können. Und dann fragt er: „Aber was tadelt [bedeutet] der Tadel, der von euch kommt?“ (Hiob 6,25). Verdecktes Zuspielen ohne das Übel beim Namen zu nennen, hat überhaupt keinen Sinn; damit dient ihr mir nicht.

In Hiob 7 beginnt Hiob nicht mehr so sehr zu seinen Freunden, sondern mehr zu sich, in sich selbst zu sprechen. Man kann sich das auch gut vorstellen. Sie sitzen da auf dem Misthaufen. Es ist schon ein Wunder, dass uns die Gespräche dort in dieser Weise mitgeteilt werden. Gottes Geist hat sie uns in dieser dichterischen, literarischen Form wiedergegeben.

Um zu verstehen, was dort wirklich geschehen ist, muss man aber da hindurchsehen. In der wörtlichen Geschichte, wie sie sich unzweifelhaft abgespielt hat, waren sie wirklich nicht beieinander, um sich gegenseitig Gedichte aufzusagen. Das ist die Form, die Gott gefallen hat, um uns die Dinge mitzuteilen. Und das zeigt uns auch, dass nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form, in der erzählt wird, von Bedeutung ist und dass die literarische Form, die dichterischer Form, gerade auch dazu dient, um uns die Dinge noch eindrücklicher mitzuteilen. Aber in Wirklichkeit – so wie es dort geschah – saß Hiob hier und zählte seine Klagen auf, all seine Mühe und Traurigkeit. Am Ende spricht er dann nicht mehr zu seinen Freunden (Hiob 7), sondern spricht in sehr bewegender Sprache zu Gott. Da sagt er eigentlich dies zu Gott: Warum beschäftigst du dich so mit mir? „Was ist der Mensch, dass du ihn hochhältst und dass du dein Herz auf ihn richtest?“ (Hiob 7,17).

Wenn man das so liest, denkt man, dass das dieselbe Sprache ist wie in Psalm 8: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ (Ps 8,5). Aber das ist nicht so. Dort ist es die Größe des Menschen, der dort fast göttlich gemacht wird: „Du hast ihn zum Herrscher gemacht über die Werke deiner Hände“ (Ps 8,7). Hier ist es genau das Gegenteil. Hier sagt Hiob: Warum kümmerst du dich um mich? Was bin ich überhaupt? So gering! Warum richtest du die Pfeile deines Zorns und deiner Strafen auf mich? „Was ist der Mensch, dass du ihn hochhältst und dass du dein Herz auf ihn richtest und alle Morgen ihn heimsuchst, alle Augenblicke ihn prüfst? Wie lange willst du nicht von mir wegblicken, nicht von mir ablassen, bis ich meinen Speichel verschlucke? Hab ich gesündigt, was tat ich dir an, du Beobachter der Menschen?“ (Hiob 7,17-20). Hier ist Gott der Aufpasser, der Beobachter der Menschen, der Tag für Tag die Menschen beobachtet und auf sie lauert – in Hiobs Vorstellung. Und Hiob sagt hier sozusagen: Selbst wenn ich gesündigt habe, Gott, was tue ich dir damit an? Was macht dir das aus? Warum vergibst du mir meine Übertretung nicht? Warum nimmst du meine Ungerechtigkeit nicht weg? Was macht es dir aus? So ein kleines, nichtiges, geringes Menschenkind hier auf Erden, das etwas verkehrt macht – was macht dir das aus, dem großen, mächtigen Gott? Was macht es dir aus?! Bemühe dich doch nicht um mich! Lass mich doch in Ruhe! Überlass mich mir selbst! Wende deinen Blick von mir ab, so dass ich selbst meinen Speichel verschlucken kann. Habe ich gesündigt, was tue ich dir damit an?

Nun, ihr versteht, dass das nicht wirklich biblische Theologie ist, die Hiob hier verkündigt, wenn ich das so sagen darf. Aber das ist gerade auch der gewaltige Unterschied zwischen der Lehre, der orthodoxen christlichen Lehre, von der ich nichts wegnehmen will, und dem Menschen in Not, der, wenn ich das so sagen darf, mit der Lehre nichts mehr zu schaffen hat. Wenn es eine Sache zwischen dir und Gott allein wird, dann kann ein Mensch auf seinem Krankenlager, in seinem Elend, auf seinem Sterbebett Dinge hervorbringen, die vielleicht nicht mit der Lehre übereinstimmen, die aber Gott nicht tadelt. Gott sagt später von Hiob – ich sage das noch einmal –: Hiob hat geziemend von mir geredet (Hiob 42,7), denn Gott sieht das Leid Hiobs. Er versteht Hiob. Und Er ist viel milder, weil Er viel mehr Liebe ist, als wir das sind. So ist Gott. Ja, Er ist der Gott, von dem Hiob sagt: Wende deinen Blick doch von mir ab. Das ist gerade der Gott, der das nicht möchte, der seinen Blick auf Hiob in Liebe gerichtet hält, auch wenn Hiob davon nichts begreift.

Am Ende des Kapitels sagt Hiob: Später werde ich sowieso sterben. Dann werde ich mich in den Staub legen und du wirst mich suchen, aber ich werde nicht mehr da sein. – Darin steckt immer noch der Gedanke, dass Gott ihn nicht aufgegeben hat, dass Gott ihn später noch aufsuchen wird. Aber, sagt Hiob, dann ist es sowieso schon zu spät. Wenn das so weitergeht wie jetzt, werde ich bald gestorben sein. Kümmere dich doch nicht länger um mich, es ist der Mühe nicht wert.

Kapitel 8 – Bildad spricht

Das ist der Moment, in dem der Schuchiter Bildad das Wort ergreift. Er nimmt Hiob übel, dass er solche Worte redet. Er nennt es einen ungestümen Wind; leere Worte, aber heftig ausgesprochen. Und er sagt: „Wird Gott das Recht beugen, oder wird der Allmächtige beugen die Gerechtigkeit?“ (Hiob 8,3). Das hatte Hiob zwar nicht behauptet, war aber doch ein wenig in Hiobs Worten eingeschlossen, dass Gott eigentlich ungerecht ist. Dagegen tritt Bildad auf. Er tadelt ihn sogar in Vers 4: „Wenn deine Kinder gegen ihn gesündigt haben, so gab er sie ihrer Übertretung preis“ (Hiob 8,4). Das ist hart. Es steht zwar in der Frageform, als Bedingungssatz: „Wenn …“ Aber jetzt bezieht er Hiobs Kinder auch noch damit ein. Das ist noch viel schwieriger. Wenn es nur um uns selbst geht, dann ist es vielleicht noch einigermaßen zu ertragen. Aber hier bezieht er Hiobs Kinder damit ein, indem er sagt: Hör mal Hiob! Deine Kinder sind zwar in dem schrecklichen Sturm umgekommen, aber vielleicht deswegen, weil sie gesündigt haben. – Es geht nicht nur um Hiob. Auch die Sünden seiner Kinder werden hier fragenderweise einbezogen. Das ist hart. Das zerreißt deine Seele.

Danach macht er mit Hiob weiter: „Wenn du Gott eifrig suchst und zu dem Allmächtigen um Gnade flehst …“ (Hiob 8,5). Aber dann müssen Sünden vorliegen und das ist gerade das große Problem. Das ist der große Punkt. Hiob weiß von keinen Sünden. „Wenn du lauter und rechtschaffen bist, ja, dann wird er zu deinen Gunsten aufwachen und Wohlfahrt deiner Gerechtigkeit wiederherstellen; und dein Anfang wird gering erscheinen, aber dein Ende sehr groß werden“ (Hiob 8,6.7). Wenn du deine Sünden einfach bekennst, Hiob, und wenn du Gott um Gnade anflehst … Ist das nicht knallhart (!), wenn Hiob gleichzeitig antworten kann: Ich weiß von keinen Sünden, die ich bekennen könnte?

Jetzt kommt der Punkt, in dem Bildad stark ist. In Vers 8 hat man sein Schlüsselwort: „Denn befrage doch das vorige Geschlecht …“ Bildad ist der Mann der Tradition, der Geschichte, des vorigen Geschlechts. Er fährt fort: „… und richte deinen Sinn auf das, was ihre Väter erforscht haben. Denn wir sind von gestern …“ Wir haben nur ein paar Tage auf dieser Erde gelebt. Welch eine Erkenntnis und Weisheit sollten wir haben, Hiob? Nein, unsere Weisheit stammt aus einer jahrhundertealten Vergangenheit all der früheren Generationen. „Denn ein Schatten sind unsere Tage auf Erde. Werden jene [= die Väter, die früheren Generationen] dich nicht belehren, es dir sagen und Worte aus ihrem Herzen hervorbringen?“

Dann lässt Bildad, aufgrund dessen, was er offensichtlich von den Vätern gelernt hat, mit Bildern aus der Natur sehen, dass der Mensch, genau wie allerlei Pflanzen, vergeht. Wenn kein Wasser mehr da ist, kann eine Pflanze einfach so verdorren. Und so ist das mit dem Menschen auch, sagt er. Wenn ein Mensch nicht mehr aus Gott lebt, wenn er die Verbindung zu Gott verloren hat, verdorrt der Mensch: „So sind die Pfade aller, die Gott vergessen; und des Ruchlosen Hoffnung geht zugrunde“ (Hiob 8,13). Mit allerlei weiteren Bildern vom Spinnennetz und anderen zeigt Bildad bzw. meint er zu zeigen, dass es so auch mit den Gottlosen geht. Er sagt Hiob noch nicht geradewegs ins Gesicht, dass er selbst so ein Gottloser ist. Er gibt sogar noch eine Handreichung: „Gott wird den Vollkommenen nicht verwerfen und nicht bei der Hand fassen die Übeltäter“ (Hiob 8,20). Er verwirft die Aufrichtigen nicht, Hiob! Wenn du dich aufrichtig zu Gott wendest, mit der Bitte um Vergebung, dann wird Gott dir gnädig sein. Dann tröstet er ihn noch: „Während er deinen Mund mit Lachen füllen wird und deine Lippen mit Jubelschall …“ (Hiob 8,21). Das ist nett von Bildad, das so zu sagen. Aber es taugt nichts, denn sein ganzer Zugang ist grausam und auf nichts gebaut.

Kapitel 9–10 – Hiobs Erwiderung Bildad gegenüber

Das zeigt sich auch aus Hiobs Antwort. Die Antwort ist viel länger als das, was Bildad uns erzählt hat. Man findet sie in Kapitel 9 und 10. Diese Antwort schließt in erster Linie auf sarkastische Weise an das an, was Bildad gesagt hat. Ja, sicher, ich weiß, dass das so ist. Wie sollte ein Sterbender Gott gegenüber recht haben? Was Hiob dann versucht klarzumachen, ist, dass er sagt: Selbst wenn ihr alle recht habt, was soll ich noch tun? – So, wie in dieser Übersetzung zu Recht als Überschrift steht: Gegen Gott kommt niemand an.

Hier sieht man etwas davon, dass Hiob, wiewohl er es noch verschiedene Male versucht hat, es aufgibt, Gott Vorwürfe zu machen, Gott gegenüber in aufständischer Sprache zu reden. Denn was kann ein Mensch gegen Gott tun? „Der Berge versetzt, ehe sie es merken, er, der sie umkehrt in seinem Zorn …“ (Hiob 9,5). So groß ist Gott. Er lässt die Erde aufbeben. Und dann steht da weiter:„… der der Sonne befiehlt …“ (Hiob 9,7), Sternbilder werden genannt , „… der Großes tut, dass es nicht zu erforschen ist, und Wundertaten, dass sie nicht zu zählen sind“ (Hiob 9,5-10).

„Siehe, er geht an mir vorüber, und ich sehe ihn nicht …“ (Hiob 9,11). Er sagt: Ich kann das Tun Gottes nicht verspüren, nicht nacherzählen, nicht nachvollziehen, nicht verstehen. Ich kann nichts von Gott begreifen und kann nichts gegen Gott tun. „Siehe, er rafft dahin, und wer will ihm wehren? Wer will zu ihm sagen: Was tust du?“ (Hiob 9,12.13). Ich kann Gott nicht zur Verantwortung ziehen, sagt er. „Wie viel weniger könnte ich ihm antworten, meine Worte wählen ihm gegenüber!“ (Hiob 9,14). Als ob er ein Angeklagter vor dem Richter wäre, jemand, der sich darüber Gedanken macht, was er wohl als Bestes zu seiner Verteidigung sagen würde. Gott gegenüber macht das alles nichts aus. – Auch wenn ich gerecht wäre, sagt er in Vers 15, ich wüsste nicht, was ich Gott antworten sollte. Meinen Richter müsste ich um Gnade anflehen, denn es hat keinen Sinn, etwas zur Verteidigung vorzubringen.

„Vollkommen (= unschuldig) bin ich; nicht kümmert mich meine Seele, ich verachte mein Leben; es ist eins (= einerlei)! Darum sage ich: Den Vollkommenen (= Unschuldigen) und den Gottlosen (= Schuldigen) vernichtet er“ (Hiob 9,21.22). „Wenn ich auch gerecht wäre, so würde mein Mund mich doch verdammen“ (Hiob 9,20). Was ich auch zu Gott sagen würde, Gott würde in meinen Worten immer einen Anlass finden, um mich zu strafen. Denn ich bin ein schwacher, gebrechlicher Mensch, der zu Gott redet und durch seine Worte gefangen werden wird. So kann Gott schlussendlich aus jedem Unschuldigen einen Schuldigen machen. Daher sagt er: Den Unschuldigen und Schuldigen vernichtet er.

Aufs Neue sieht man am Ende dieses Kapitels, wie Hiob zu einem sehr ergreifenden Höhepunkt oder Tiefpunkt in seinen Gedankengängen kommt. Er sagt in Vers 32 sozusagen: Gott ist nicht wie ich bin: ein Mensch, dem ich antworten könnte. Wäre Er nur ein Mensch, dann könnte man mit Ihm reden, streiten und zur Verantwortung rufen. Nötigenfalls könnte man mit der Faust auf Ihn losgehen. Aber was soll ich Gott gegenüber reden? Zu einem Mitmenschen könnte man sagen: Lass uns gemeinsam zu Gericht gehen. Dann sagt er in Vers 33 das herrliche Wort: Gäbe es nur einen Schiedsrichter zwischen uns, der seine Hand auf uns beide legen könnte. Hätte ich nur jemanden, durch dessen Vermittlung ich zu Gott kommen könnte. Wäre doch jemand da, der mich als Fürsprecher vor Gottes Angesicht vertreten könnte.

Nun, wir sind hier erst in Kapitel 9. Es dauert noch, bis weiter hinten in diesem Buch, in der Worten Elihus, so eine Fürsprache präsentiert wird (Hiob 33). Und hier, in dem sehr alten Buch aus dem Alten Testament, finden wir einen herrlichen Hinweis auf den Fürsprecher, der einmal auf Erden erscheinen würde, auf den Mittler zwischen Gott und Menschen, den Menschen Christus Jesus, den Fürsprecher beim Vater, den Paraklet, den Tröster, den Sachwalter, den Beherziger der Belange, der für den Menschen eintritt, der die Sache des Menschen bei Gott verhandelt und der das kann, weil Er Gott ist; der es aber auch deswegen kann, weil Er einer von uns ist, ein Mensch. Die Sehnsucht Hiobs ist bewegend, weil wir die Antwort auf die Frage Hiobs kennen: Gäbe es einen Schiedsrichter. Wir wissen, dass er existiert. Dann würde Gott, sagt Hiob, seine Rute von mir wegnehmen und sein Schrecken mich nicht ängstigen. „So will ich reden und ihn nicht fürchten; denn dazu habe ich keinen Grund“ (Hiob 9,35).

Ein Gläubiger von heute kann das wahrnehmen. Er kann Gott durch den Herrn Jesus Christus nahen, ohne Furcht zu haben. Er weiß, dass alles, was zwischen Gott und uns dazwischenstand, durch diesen Fürsprecher, diesen Mittler, für ewig weggenommen ist. Deswegen spricht Hiob in Kapitel 10, am Ende seiner Ansprache, erneut zu Gott: „Ich will zu Gott sagen: Verdamme mich nicht! Lass mich wissen, worüber du mit mir rechtest. Hältst du es für gut, dass du bedrückst, dass du die Arbeit deiner Hände verwirfst …?“ (Hiob 10,2). Hiob reißt – mit Ehrfurcht gesprochen – hier das Steuer herum. Er spricht jetzt so zu Gott, als ob er – ich will es menschlich formulieren – es auf Gottes Gemüt abgesehen hat. Er sagt: Ich bin doch dein eigenes Geschöpf – dein eigenes Kind, würden wir in unserer Sprache sagen. Ich bin doch sogar aus deiner Hand hervorgekommen. Du hast mich doch gemacht: „Deine Hände haben mich ganz gebildet und gestaltet um und um, und du verschlingst mich! Gedenke doch, dass du mich wie Ton gestaltet hast – und zum Staub willst du mich zurückkehren lassen! Hast du mich nicht hingegossen wie Milch und wie Käse mich gerinnen lassen? Mit Haut und Fleisch hast du mich bekleidet und mit Knochen und Sehnen mich durchflochten“ (Hiob 10,8-11). Wie kannst du dein eigenes Kind, dein eigenes Geschöpf so behandeln? „Wenn ich schuldig wäre, wehe mir! Und wäre ich gerecht, so dürfte ich mein Haupt nicht erheben, gesättigt von Schande und mein Elend schauend“ (Hiob 10,15).

In Vers 18 fasst er es ganz zusammen: „Warum hast du mich doch aus dem Mutterleib hervorgehen lassen? Ich hätte verscheiden und kein Auge hätte mich sehen sollen!“ Wenn du – so sagt er gewissermaßen – solche schrecklichen Dinge mit mir tun wolltest, warum hast du mich – genau wie wir es in Kapitel 3 gesehen haben – geboren werden lassen? Hättest du mich doch schon im Mutterleib umkommen lassen. Lass von mir ab. „Sind meiner Tage nicht wenige? Er lasse ab, wende sich von mir, dass ich ein wenig mich erheitere, ehe ich hingehe (und nicht wiederkomme) in das Land der Finsternis und des Todesschattens, in das Land, düster wie das Dunkel, das Land des Todesschattens und der Unordnung, und wo das Hellwerden dem Dunkel gleich ist!“ (Hiob10,20-22).

Kapitel 11 – Zophar spricht

Da ergreift der Naamatiter Zophar das Wort. Er fängt genauso an wie Bildad. Er ist böse auf Hiob. Er ist empört über die Sprache, die Hiob an den Tag legt, und sagt: „Sollte die Menge der Worte nicht beantwortet werden, oder sollte ein Schwätzer Recht behalten? Sollte dein Gerede die Leute zum Schweigen bringen, dass du spotten solltest und niemand dich beschämt? Und du sagst: Meine Lehre ist lauter, und ich bin rein in deinen Augen (= das sind Gottes Augen)“ (Hiob 11,2-4). Aber jetzt kommt Zophar. Da muss man achtgeben, wie er spricht. Er sagt dies: „Aber möge Gott doch reden und seine Lippen gegen dich öffnen“ (Hiob 11,5). Das klingt schön, das klingt sogar fromm. Aber man muss sich vergegenwärtigen, was das genau bedeutet. Zophar will hier, wenn man richtig liest, eigentlich dies damit sagen: Hiob, ich weiß nämlich genau, was Gott dir sagen würde. Ich werde dir erzählen, was Gott zu dir sagen würde, wenn er zu dir sprechen würde. Das ist eigentlich, was er sagen will.

Es gibt viele Menschen, die heute so argumentieren. Sie wissen genau zu erzählen, wie Gott denkt, wie Er argumentiert und was Er will. Nicht, weil sie die Schrift so gut kennen, sondern aufgrund dieses gesunden Verstandes. „Weisheit“ heißt das hier. Aber es kommt auf dasselbe heraus. Denn er sagt dies (Hiob 11,6): Wenn Gott seine Lippen gegen dich öffnen und die Geheimnisse der Weisheit dir kundtun würde, würde deine Einsicht verdoppelt. „Dann müsstest du erkennen, dass Gott dir viel von deiner Ungerechtigkeit übersieht“ (Hiob 11,6). Dann würdest du sehen, Hiob, dass Gott dich noch lange nicht für alle deine Sünden straft. Denn wenn er all deine Sünden bestrafen würde, wärest du schon lange nicht mehr da. Dann sagt er: „Kannst du die Tiefe Gottes erreichen oder das Wesen des Allmächtigen ergründen? Himmelhoch sind sie – was kannst du tun? Tiefer als der Scheol – was kannst du erkennen? Länger als die Erde ist ihr Maß und breiter als das Meer“ (Hiob 11,7-9). Nun, dass ist herrlich. Das sind doch herrliche Worte. Seht ihr, diese Menschen sagen solche leuchtenden Worte und das zu einem ganz verkehrten Zeitpunkt …

Wenn man die Worte aus dem Zusammenhang nimmt, sagt Zophar größte Dinge über die Geheimnisse Gottes. Man könnte hier direkt Epheser 3 danebenlegen: die Länge, die Höhe, die Breite, die Tiefe der Verborgenheiten Gottes. Es ist dieselbe Sprache, die Paulus spricht. Aber Paulus spricht dort die Sprache des Glaubens, durch Gott inspiriert. Zophar ist jedoch nicht inspiriert. Ja, seine Worte sind durch die Inspiration aufgeschrieben worden. Das ist aber etwas ganz anderes. Das werfen Menschen oft durcheinander. Durch göttliche Inspiration wurden seine Worte in der Schrift aufgezeichnet, so dass wir genau, wie Gott es wollte, nun wissen, was Zophar gesagt hat. Aber deswegen waren die Worte Zophars nicht inspiriert, genauso wenig wie die Worte des Teufels inspiriert waren. Der Teufel wird zitiert, der Pharao wird zitiert und einige andere gottlose Könige werden zitiert. Aber sie sprachen nicht durch Inspiration. Die Aufzeichnung ihrer Worte ist inspiriert.

Was Zophar hier sagt, sind schöne Worte, jedoch in der falschen Form. Denn es sind diese Weisheiten, diese Tiefen, die er Hiob mal eben enthüllen wird. Er gebraucht sogar ein Sprichwort, dass damals galt: „Auch ein Hohlkopf gewinnt Verstand, wenn auch der Mensch als ein Wildeselsfohlen geboren wird“ (Hiob 11,12). Das ist ein schönes Sprichwort. Wenn man es etwas niederländisch formuliert, dann könnte man sagen: Es ist leichter, einen Esel Mensch werden zu lassen, dem Esel den Verstand eines Menschen zu geben, als einen leeren Kopf zur Einsicht zu bringen. Nun, das sollte einem mal gesagt werden. Das ist die Sprache Zophars Hiob gegenüber. Hiob, du sprichst wie ein leerer Kopf. Wenn du noch einen Rest gesunden Verstandes haben würdest, würdest du anders reden. Höre auf mich, was ich dir zu sagen habe.

Dann kommt er im Wesentlichen – und sei es durch einen anderen Einfallswinkel – mit denselben Geschichten wie die anderen beiden Freunde. Er weiß nichts anderes zu erzählen, als dass Hiob ungerecht ist. Zuerst ist er noch vorsichtig: „Wenn Frevel in deiner Hand ist, so entferne ihn, und lass Unrecht nicht in deinen Zelten wohnen –, ja, dann wirst du dein Angesicht erheben ohne Makel und wirst unerschütterlich sein und dich nicht fürchten“ (Hiob 11,14.15). Seht ihr, es ist gleich, aus welcher Quelle es kommt. Der eine sagt so und der andere sagt es auf andere Weise, aber es kommt alles auf dasselbe heraus. Hiob, du bist einfach ein schrecklicher Sünder, und gib es jetzt endlich zu, denn wenn du es bekennst – nicht gegenüber uns, sondern gegenüber einem heiligen und gerechten Gott –, dann erst kann es mit dir wieder in Ordnung kommen.

Wo die Menschen ihre Quellen der Weisheit suchen, in der Wahrnehmung und der Erfahrung, in der Tradition und der Geschichte, in der Weisheit und dem gesunden Verstand– von allen sagt Gott: Sie reden nicht geziemend von mir.

Kapitel 12 – Hiobs Erwiderung Zophar gegenüber

Nun antwortet Hiob – und eigentlich steigert es sich zu einem Höhepunkt (sofern ihr mir noch einen Augenblick zugesteht), zu einem Höhepunkt in dieser ersten Runde, in den letzten drei Kapiteln.

Reden wir kurz über Kapitel 12, wo Hiob erneut mit scheinbar wenig Anknüpfung an das antwortet, was Zophar gesagt hat – zumindest in den ersten Versen:„Wirklich, ihr seid die Leute, und mit euch wird die Weisheit aussterben!“ (Hiob 12,2). Das ist purer Sarkasmus. Er sagt zu Zophar: In der Tat, mein Lieber, was bist du schlau! Die Welt wird etwas vermissen, wenn du je gestorben sein wirst – und deine Freunde auch. Mit euch wird die Weisheit aussterben. Aber nicht nur, dass ihr weise seid, „auch ich habe Verstand“ (Hiob 12,3), sagt er. Gesunden Verstand? Habe ich auch! Weisheit? Habe ich auch! Einsicht? Habe ich auch! Und er zählt auf, woher er seine Einsicht hat. Man muss sich nur in der Schöpfung und überall umsehen, dort findet man Gotteserkenntnis. Das ist sehr biblisch. Das steht auch in Römer 1. Man kann Gottes ewige Kraft und Göttlichkeit in der Schöpfung mit dem Verstand erkennen. „Aber frage doch das Vieh“, sagt er in Vers 7. Frage die Vögel, frage die Erde oder die Fische! „Wer“, sagt er, „würde nicht an diesen allen erkennen, dass die Hand des HERRN dies gemacht hat?“ (Hiob 12,9).

Sehr merkwürdig, dass hier auf einmal der Name des HERRN zum Vorschein kommt. Die Hand des Herrn, „in dessen Hand die Seele alles Lebendigen ist und der Geist alles menschlichen Fleisches?“ (Hiob 12,10). Oh, wenn es um gesunden Verstand, um Weisheit, um Wahrnehmung in der Natur geht, weiß ich genauso gut wie ihr, darin die Hand Gottes zu entdecken. Aber, sagt er, was bringt mir das alles? Werde ich davon weiser? Hiob ist darüber entsetzt und zählt in den folgenden Versen auf, was Gott alles tut: „Siehe, er reißt nieder, und es wird nicht wieder gebaut; er schließt über jemand zu, und es wird nicht geöffnet. Siehe, er hemmt die Wasser, und sie vertrocknen. … Er führt Ratgeber beraubt weg, und Richter macht er zu Narren. Die Herrschaft der Könige löst er auf und schlingt eine Fessel um ihre Hüften“ (Hiob 12,14-18); alles Dinge, die in unserer heutigen Welt geschehen. Und Hiob zählt auf und macht immer weiter … und sagt: Was bringt das alles? Ist das Weisheit, dies alles aufzuzählen, zu besehen und zu überdenken? Nein! Hiob gibt sich keine Mühe, um auch nur eine Erklärung dafür sich auszudenken. Gottes Tun ist für unser menschliches Bewusstsein launenhaft, willkürlich und unergründlich. Gib es auf!

„Verachtung schüttet er auf Edle, und den Gürtel der Starken macht er schlaff. … Er vergrößert Nationen, und er vernichtet sie; er breitet Nationen aus, und er führt sie weg“ (Hiob 12,21.23). Versuch es zu verstehen, sagt er, versuche mal, Verbindung und Logik darin zu sehen. „Er entzieht den den Häuptern der Völker der Erde den Verstand und macht sie umherirren in pfadloser Öde; sie tappen in der Finsternis, wo kein Licht ist, und er macht sie umherirren wie einem Betrunkenen. Siehe, das alles hat mein Auge gesehen, mein Ohr gehört und sich gemerkt. So viel ihr wisst, weiß auch ich; ich stehe nicht hinter euch zurück“ (Hiob 12,23–13,2).

Dennoch, trotz dem, was ihr mir alles erzählt, trotz der Tatsache, dass ihr mich bedrängt, meine Sünden zu bekennen, was ich nicht kann, weil es nichts zu bekennen gibt; dennoch, obwohl ich von Gott nichts verstehe – ein doppeltes Dennoch – und trotzdem: Trotz dem, was ihr sagt und trotz dem, dass ich von Gott nichts verstehe und dass ich nicht gegen Ihn ankomme –, dennoch sagt Hiob: „Doch zu dem Allmächtigen will ich reden, und vor Gott begehre ich mich zu rechtfertigen“ (Hiob 13,3). Ich werde für meine Sache weiter kämpfen. Ich suche das Recht: „Ich habe die Rechtssache gerüstet! Ich weiß, dass ich Recht behalten werde!“ (Hiob 13,18).

Kapitel 13 – Hiob & Gott: Der Kampf geht weiter

Hiob kämpft weiter. Er sucht sein Recht Gott gegenüber. Das ist menschlich gesehen verständlich. Das Warum ist so brennend und entspringt so aus seinem Innern, dass er nach einer Rechtfertigung für sich selbst und nach einer Antwort sucht. Jedoch eine Antwort, die auch beinhaltet, dass Hiob Gott nicht loslässt. Hiob gibt Gott nicht auf, und er weiß, dass Gott ihn nicht aufgibt. Hier schimmert etwas vom Glauben durch. In dieser Übersetzung– und vermutlich zu Recht – sagt Vers 15: „Siehe, tötet er mich – ich werde auf ihn warten (= hoffen)“ (Hiob 13,15). In dieser Übersetzung ist dieses Wort für viele auf dem Sterbebett zum Trost gewesen. Wenn Er mich töten will, werde ich weiter auf Ihn hoffen. „… nur will ich meine Wege ihm ins Angesicht rechtfertigen.“ Er sagt zu Gott in Vers 22: „So rufe denn, und ich will antworten, oder ich will reden, und erwidere mir! Wie viele Ungerechtigkeiten und Sünden habe ich? Lass mich meine Übertretung und meine Sünde wissen!“ Er sagt zu Gott: Wenn es wahr ist, was meine Freunde sagen, wenn es wahr ist, dass ich so schrecklich gesündigt habe, erzähle du mir dann, was ich getan habe. Offenbare mir das Böse. „Warum verbirgst du dein Angesicht … (Hiob 13,24)“, dass ich so leiden muss, dass du mir so hart begegnest?

Kapitel 14 – Hiobs existentielle Fragen: die Fragen für jeden Menschen

Schließlich das herrliche und ergreifende Kapitel 14, das mit dem bekannten Wort anfängt: „Der Mensch, von der Frau geboren, ist kurz an Tagen und mit Unruhe gesättigt“ (Hiob 14,1). Erneut scheint es so, dass Hiob den Mut sinken lässt. Nach der Hoffnung, die er in Kapitel 13 ausgesprochen hat, endet es jetzt doch noch – so scheint es – in Verzweiflung. Nicht wirklich! Aber er stellt in diesem Kapitel schlussendlich drei brennende Fragen, die jeder von uns mit nach Hause nehmen kann. Die Antworten gibt er nicht. Er bezweifelt die Fragen auch nicht. Sein Glaube sucht und tastet noch. Es ist jetzt noch zu früh für „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“. Aber die Fragen werden gestellt.

1. Frage: Rein oder unrein?

Die erste Frage ist in Vers 4: „Wie könnte ein Reiner aus einem Unreinen kommen? Nicht ein einziger!“ Kennt ihr die Antwort, liebe Zuhörer, auf diese erste Frage: „Wie könnte ein Reiner aus einem Unreinen kommen?“ Bist du vielleicht die einzige Ausnahme, der eine Reine, der aus einem Unreinen hervorgekommen wäre? Sagt der Herr Jesus nicht selbst: Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch? Wenn du die Antwort auf diese Frage kennst – und hier gibt Hiob wohl die Antwort: „Nicht ein Einziger!“, sagt er. Kannst du die Antwort bejahen? Kannst du es mit Hiob nachsagen, dass kein Mensch aus einer unreinen Frau geboren rein ist? Dann musst du auch konsequent sein. Hiob will hier damit sagen: Wenn ich auch keine bösen Sünden auf dem Gewissen habe, rein bin ich auch nicht, das ist mir klar. Er hat es schon vorher gesagt: Wenn Gott will, kann Er immer etwas gegen mich finden, um mich so schrecklich zu strafen. Darin schwingt etwas von Beruhigung und Verzweiflung mit. Wundersame Vermischung: Beruhigung und Verzweiflung. Was hilft es, ich bin sowieso nur ein sündiger Mensch von Natur aus.

2. Frage: Wo bleibt der Mensch, wenn er stirbt?

Dann sagt er in den folgenden Versen, die mit der zweiten Frage in Vers 10 enden: Beim Menschen ist es so, dass die Anzahl seiner Tage durch Gott festgelegt sind. Der Mensch kann die Tage nicht überschreiten. Was das betrifft, könnte man besser ein Baum sein, denn für den gibt es Hoffnung. Man kann einen Baum abhacken, allerdings wächst der Baum nach, es kommen wieder neue Triebe. Seine Wurzel kann alt werden und sein Stumpf im Boden absterben. Aber sobald er Wasser riecht, schlägt er wieder aus und treibt Zweige wie eine junge Pflanze. Bäume kommen besser weg als die Menschen. Für sie gibt es Hoffnung. Ist das nicht ein wundersames Wort? Für Bäume gibt es mehr Hoffnung als für Menschen!? Denn, sagt er, wenn ein Mann stirbt, liegt er da. Der Mensch verscheidet, und wo ist er? Wisst ihr die Antwort auf diese Frage, wenn ein Mensch seinen Geist aufgibt, wo er dann bleibt? Wisst ihr es? Der Hebräerbrief sagt: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht. Wusstest du das? Du weißt die Antwort, du kannst die Antwort auf diese Frage kennen. Im Moment, in dem ein Mensch stirbt, liegt seine ewige Bestimmung fest. Was bei Hiob eine brennende Frage ist, eingegeben durch seine Verzweiflung, kann für dich eine feste Sicherheit sein. Wenn ein Mensch den Geist aufgibt, ist er entweder am Ort der Qual oder im Paradies bei dem Herrn Jesus.

Hiob sieht nur die Außenseite, das Niederlegen des Toten, der nicht mehr aufsteht. Und dennoch schimmert in seinen Worten etwas von der Hoffnung: „So legt der Mensch sich hin und steht nicht wieder auf; bis die Himmel nicht mehr sind, erwachen sie nicht …“ (Hiob 14,12). Aha! Aber was, wenn die Himmel wirklich nicht mehr da sind? Am Ende von Himmel und Erde gibt es tatsächlich noch etwas in der fernen Zukunft, Hiob, einen Tag, einen Augenblick, an dem sie erwachen?

3. Frage: Wenn ein Mensch stirbt – wird er wieder leben?

Hiob lässt uns mit dieser Frage sitzen, weil das seine eigene dritte Frage in Vers 14 ist: „Wenn ein Mann stirbt, wird er wieder leben?“ Er stellt das nicht als eine theologische Frage. Theologen können über solche Fragen debattieren: Wenn ein Mensch stirbt, wird er je wieder aus den Toten auferstehen? Wie muss man die Auferstehung auffassen? Ist es eine körperliche Auferstehung …? Aber Hiob redet so nicht. Hiob hat hier keine Zeit und Lust an theologischen Fragen. Wenn ein Mensch sich auf dem Misthaufen kratzt und das schrecklichste Leid hat, befasst er sich nicht mit Theologie. Das ist keine dogmatische Frage. Es ist eine Frage aus einem Keim von Hoffnung in seinem Herzen: Wenn ich nun tatsächlich auf diese jämmerliche Weise enden muss – denn er stand mit der schrecklichen Krankheit mit einem Bein im Grab – wenn ich denn sterben muss, ist dann Schluss? Ist denkbar, dass ein Mensch wieder lebt?

Kennt ihr die Antwort auf diese Frage? Wusstet ihr, dass jeder Mensch einmal aus den Toten auferstehen wird? Es sei zur Auferstehung des Lebens, es sei zur Auferstehung des Gerichts, ob ein Mensch ins ewige Vaterhaus eingeht oder ins ewige Feuer? Wisst ihr, dass es das ist, was die Schrift sagt? Und wusstet ihr, dass Hiob in Hiob 19 uns die Antwort selbst gibt, wenn er die Antwort gefunden hat: Ich weiß, dass ich schlussendlich auferstehen werde, dass ich aus meinem Fleisch Gott anschauen werde?

Hier ist noch eine Frage, und möchte von jedem von uns die Antwort kommen und die Antwort fest und sicher sein, dass durch den Glauben an den Schiedsrichter, den Mittler zwischen Gott und Mensch, den Fürsprecher bei einem heiligen und gerechten Gott, Hoffnung für einen Menschen da sein kann; dass ein Mensch einmal auferstehen wird und dass er für ewig bei Gott mit Christus leben darf. Das ist die letzte Frage, mit der Hiob uns heute Abend lästig wird. Den Rest des Kapitels werden wir nicht weiter betrachten. Ich lasse euch mit diesen drei Fragen allein:

  1. Jeder Mensch ist von Natur aus ein Sünder.
  2. Wenn ein Mensch stirbt, geht er entweder zur Herrlichkeit oder ins Verderben
  3. Zu Gottes Zeit steht jeder Mensch auf – zum Leben oder zum Gericht.

Und in der Auferstehung wird er – wenn er den Fürsprecher, den Mittler gefunden hat – ewig die Glückseligkeit mit Gott erleben können.

Nächstes Mal hoffen wir zu betrachten, wie Hiob die glückliche Entdeckung in seinem Leben mit all der beschränkten Kenntnis der damaligen Zeit machen durfte.


Übersetzung: Stephan Winterhoff

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Anmerkungen

[1] NBG-Übersetzung: Niederländische Bibelübersetzung von 1951, der Statenvertaling ähnlich; bislang noch die Standardübersetzung der meisten niederländischen Protestanten.

Statenvertaling: Eine der ältesten niederländischen Bibelübersetzungen, von 1637, vergleichbar mit der englischen King-James-Bibel. Sie hatte, ebenso wie die Luther-Bibel die deutsche Sprache formte, großen Einfluss auf die Entwicklung der Sprache in den Niederlanden und wird vor allem in den konservativen reformatorischen Kirchen, den Versammlungen der Brüder und den unabhängigen Baptistengemeinden gelesen.

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