Das Buch Daniel (11)
Daniel 11

Hamilton Smith

© SoundWords, online seit: 02.03.2012, aktualisiert: 08.04.2022

Leitverse:  Daniel 11

Der Antichrist

Bevor Daniel diese neuen Offenbarungen empfängt, wird ihm versichert, dass das, was er gleich hören wird, „die Wahrheit“ ist. Für unser Wissen über die Geschichte von Gottes irdischem Volk während der Zeiten der Nationen haben wir die Gewissheit von göttlichen Offenbarungen anstelle von menschlichen Spekulationen. Im Verlauf dieser Offenbarungen haben wir:

  1. die Vorhersage von Ereignissen, die zur Zeit des Endes führen (Dan 11,2-35);
  2. die Prophezeiung, die uns in die Zeit des Endes mitnimmt und die Herrschaft des Antichristen vorhersagt als eines Abtrünnigen inmitten des abtrünnigen jüdischen Volkes (Dan 11,36-39);
  3. den nördlichen Feind der Juden, der in den letzten Tagen während der Herrschaft des Antichristen ihr Land überfluten wird (Dan 11,40-45).

1. Die prophetische Geschichte von Ereignissen im Zusammenhang mit dem Land Israel, die zur Zeit des Endes führen (Dan 11,2-35)

Der Engel unterbreitet Daniel einen kurzen Umriss der Aktivitäten der heidnischen Mächte in Verbindung mit Gottes Land. Es wird deutlich, dass, wenn Gott Ereignisse in der heidnischen Welt festhält, dies nur so weit geht, wie diese Ereignisse sein Volk und das „Land der Zierde“ (Dan 11,16) betreffen.

Vers 2

Dan 11,2: Und nun will ich dir die Wahrheit kundtun: Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen, und der vierte wird größeren Reichtum erlangen als alle; und wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufreizen. 

Zur Zeit dieser Mitteilungen war das erste große Weltreich bereits gefallen. Das zweite, also das persische Weltreich, war dabei, die Führung in der Weltherrschaft übernehmen. Daniel erfährt zuerst in wenigen Worten, wie das persische Weltreich zu seinem Ende kommen wird. Vier Könige von Persien würden noch aufstehen, und der vierte würde weit größer sein als seine Vorgänger. Aus Esra 4 wissen wir, dass die ersten drei Könige Ahasveros, Artaxerxes und Darius waren (Esra 4,5-7.23.24). Der vierte König war, wie wir aus der Geschichte wissen, der berühmte Xerxes, der die Perser gegen den Herrscher von Griechenland führte.

Verse 3-6

Dan 11,3-6: 3 Und ein tapferer König wird aufstehen, und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln. 4 Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden. Aber nicht für seine Nachkommen wird es sein und nicht entsprechend der Macht, mit der er geherrscht hat; denn sein Reich wird zerstört und anderen zuteilwerden, unter Ausschluss von jenen. 5 Und der König des Südens, und zwar einer von seinen Obersten, wird stark werden. Und einer wird stark werden über ihn hinaus und wird herrschen; seine Herrschaft wird eine große Herrschaft sein. 6 Und nach Verlauf von Jahren werden sie sich verbünden; und die Tochter des Königs des Südens wird zum König des Nordens kommen, um einen Ausgleich zu bewirken. Aber sie wird die Kraft des Armes nicht behalten, und er wird nicht bestehen noch sein Arm; und sie wird hingegeben werden, sie und die sie eingeführt haben und der sie gezeugt und der sie in jenen Zeiten unterstützt hat. 

Dann sagt der Engel Daniel, dass ein mächtiger König aufstehen würde, der mit großer Macht herrschen und nach seinem Belieben handeln würde (Dan 11,3). Wiederum sagt uns die Geschichte, dass dies Alexander der Große war, der Xerxes besiegte, das persische Weltreich niederwarf und die Herrschaft Griechenlands – der dritten Weltmacht – begründete. Dann erfahren wir (Dan 11,4), wie bereits in früheren Visionen beschrieben, dass Alexanders Herrschaftsgebiet in vier unterschiedliche Königreiche zerteilt werden würde, die nicht an seine Nachkommen gehen, sondern von Fremden beherrscht werden würden. All dies erfüllte sich, wie wir wissen, als Alexanders Herrschaftsgebiet unter vier seiner Generäle aufgeteilt wurde. Eines dieser Königreiche würde im Norden des Landes Israel liegen und ein anderes im Süden (Dan 11,5). In der folgenden Prophezeiung werden die Herrscher dieser Reiche als König des Südens (oder Ägyptens) und als König des Nordens (oder Syriens) bezeichnet. Im Verlauf der Prophezeiung bezeichnen diese Titel nicht immer dieselbe Person, sondern werden als offizielle Titel verwendet, um Könige derselben Linie zu bezeichnen.

Die nun folgenden Offenbarungen befassen sich hauptsächlich mit den Aktivitäten dieser beiden Teilgebiete von Alexanders Weltreich, weil diese besonders mit Gottes irdischem Volk und Gottes Land in Kontakt kommen. Daniel wird darüber unterrichtet, dass der König des Südens, einer der Ptolemäer, ein berühmter Fürst unter Alexander, mächtig sein würde, aber dass einer aufkommen würde, der mächtiger sein würde als er. Dies war zweifellos der erste König des Nordens. Die weltliche Geschichte gibt den Konflikt zwischen diesen zwei Mächten mit vielen Einzelheiten wieder. Gott nennt nur die hervorstechenden Fakten, da im Verlauf dieser Konflikte die eine oder andere dieser Mächte das Land Israel in Besitz nahm.

Nach Jahren des Konfliktes würden diese beiden Mächte versuchen, durch ein Abkommen, das durch einen Heiratsbund gefestigt werden würde, zusammenzukommen (Dan 11,6). Die Tochter des Königs des Südens würde mit dem König des Nordens vermählt werden. Dennoch würde es dieser Eheschließung misslingen, den Konflikt zu beenden. Die Tochter des Königs des Südens würde, obwohl sie zu dem König des Nordens kommen würde, keine Macht mitbringen. Sie, ihr Mann und ihr Gefolge würden an ihre Feinde „hingegeben werden“. Die Geschichte berichtet uns, dass sie alle ermordet wurden.

Verse 7-12

Dan 11,7-12: 7 Doch einer von den Schösslingen ihrer Wurzeln wird an seiner statt aufstehen; und er wird gegen die Heeresmacht kommen und wird in die Festungen des Königs des Nordens eindringen und mit ihnen nach Gutdünken verfahren und wird siegen. 8 Und auch wird er ihre Götter samt ihren gegossenen Bildern, samt ihren kostbaren Geräten, Silber und Gold, nach Ägypten in die Gefangenschaft führen; und er wird jahrelang standhalten vor dem König des Nordens. 9 Und dieser wird in das Reich des Königs des Südens kommen, aber in sein Land zurückkehren. 10 Aber seine Söhne werden sich zum Krieg rüsten und eine Menge großer Heere zusammenbringen; und einer wird kommen und überschwemmen und überfluten; und er wird wiederkommen, und sie werden Krieg führen bis zu seiner Festung. 11 Und der König des Südens wird sich erbittern und wird ausziehen und mit ihm, dem König des Nordens, kämpfen; und dieser wird eine große Menge aufstellen, aber die Menge wird in seine Hand gegeben werden. 12 Und wenn die Menge weggenommen wird, wird sein Herz sich erheben; und er wird Zehntausende niederwerfen, aber nicht zu Macht kommen. 1

Der Bruder der ermordeten Königin würde als König des Südens emporkommen und den König des Nordens angreifen, um den Mord an seiner Schwester zu rächen. Er würde den König des Nordens besiegen und, nachdem er viele Gefangene und reiche Beute gemacht hätte, wieder in sein eigenes Land zurückkehren (Dan 11,7-9).

Zu gegebener Zeit würden die Söhne des Königs des Nordens danach trachten, ihre Niederlage zu rächen. Sie würden ein großes Heer versammeln und durch das heilige Land ziehen, um den König des Südens anzugreifen. Ergrimmt würde der König des Südens ausziehen, um diesem Angriff zu begegnen, und versuchen, seine Gegner zu vernichten. Dennoch würde sein überwältigender Sieg weder seine eigene Sicherheit festigen noch diese Konflikte beenden.

Verse 13-16

Dan 11,13-16: 13 Und der König des Nordens wird wiederkommen und eine Menge aufstellen, größer als die frühere; und nach einigen Jahren wird er mit einem großen Heer und mit großer Ausrüstung kommen. 14 Und in jenen Zeiten werden viele aufstehen gegen den König des Südens; und Gewalttätige deines Volkes werden sich erheben, um das Gesicht zu erfüllen, und werden zu Fall kommen. 15 Und der König des Nordens wird kommen und einen Wall aufwerfen und eine befestigte Stadt einnehmen; und die Streitkräfte des Südens werden nicht standhalten, sogar sein auserlesenes Volk wird keine Kraft haben, um standzuhalten. 16 Und der, der gegen ihn gekommen ist, wird nach seinem Gutdünken handeln, und niemand wird vor ihm bestehen; und er wird im Land der Zierde stehen, und Vertilgung wird in seiner Hand sein.

Wieder würde der König des Nordens zurückkommen, um mit einem noch größeren Heer anzugreifen. Überdies würden sich viele andere diesem Angriff auf den König des Südens anschließen. Des weiteren erfährt Daniel, dass Aufständische aus seinem eigenen Volk – den Juden, die hier gewalttätig genannt werden – versuchen würden, sich zu erheben, indem sie sich dieser Allianz gegen den König des Südens anschließen würden (Dan 11,13.14).

Im Verlauf dieses Konfliktes würde der König des Nordens die befestigten Städte im Land Israel einnehmen, und das Land der Zierde würde unter seine Herrschaft kommen. Die Streitkräfte des Königs des Südens würden nicht in der Lage sein, die Eroberung des Landes der Zierde aufzuhalten.

Verse 17-20

Dan 11,17-20: 17 Und er wird sein Angesicht darauf richten, mit der Macht seines ganzen Reiches zu kommen, indem er einen Ausgleich im Sinn hat, und er wird ihn bewirken; und er wird ihm eine Tochter der Frauen geben, zu ihrem Verderben; und sie wird nicht bestehen und wird nichts für ihn sein. 18 Und er wird sein Angesicht zu den Inseln hinwenden und viele einnehmen; aber ein Feldherr wird seinem Hohn ein Ende machen, dazu noch seinen Hohn ihm zurückgeben. 19 Und er wird sein Angesicht zu den Festungen seines Landes hinwenden und wird straucheln und fallen und nicht mehr gefunden werden. 20 Und an seiner statt wird einer aufstehen, der einen Eintreiber der Abgaben durch die Herrlichkeit des Reiches ziehen lässt; aber in wenigen Tagen wird er zerschmettert werden, und zwar weder durch Zorn noch durch Krieg. 

Nachdem er das Land in Besitz genommen hätte, würde der König des Nordens sich darauf vorbereiten, das Land des Königs des Südens mit der gesamten Macht seines Reiches einzunehmen. Anscheinend jedoch würde er seine Meinung ändern und dem König des Südens seine Tochter zur Frau geben in der Hoffnung, durch sie seine Ziele, das Reich des Südens zu verderben, zu erreichen. Sie jedoch würde sich weigern, für ihren Vater gegen ihren Gatten Partei zu ergreifen (Dan 11,17).

Im Vertrauen darauf, dass durch diese Heirat seine Ziele in Ägypten gesichert seien, würde der König des Nordens die Inseln von Griechenland angreifen und eine Zeitlang siegreich sein, aber im Westen würde ein Fürst aufkommen, der ihn gänzlich besiegen und zwingen würde, als gestürzter und gefallener Herrscher in sein eigenes Land zurückzukehren.  Als Folge seiner Niederlage würde der König des Nordens (wie wir aus der Geschichte wissen) Tribut an die Römer zahlen müssen; deshalb würde sein Nachfolger als Steuereintreiber bekannt sein. Seine Steuereintreibung vom Volk des Landes würde zu seiner Ermordung führen (Dan 11,20).

Verse 21-28

Dan 11,21-28: 21 Und an seiner statt wird ein Verachteter aufstehen, auf den man nicht die Würde des Königtums legen wird; und er wird unversehens kommen und sich des Königtums durch Schmeicheleien bemächtigen. 22 Und die überschwemmenden Streitkräfte werden vor ihm überschwemmt und zertrümmert werden, und sogar ein Fürst des Bundes. 23 Denn seitdem er sich mit ihm verbündet hat, wird er Trug üben und wird hinaufziehen und mit wenig Volk Macht gewinnen. 24 Unversehens wird er in die fettesten Gegenden der Landschaft eindringen und tun, was weder seine Väter noch die Väter seiner Väter getan haben: Raub und Beute und Gut wird er ihnen zerstreuen und gegen die Festungen seine Pläne ersinnen, und zwar eine Zeitlang. 25 Und er wird seine Kraft und seinen Mut gegen den König des Südens erwecken mit einem großen Heer. Und der König des Südens wird sich zum Krieg rüsten mit einem großen und überaus starken Heer; aber er wird nicht bestehen, denn man wird Pläne gegen ihn ersinnen; 26 und die, die seine Tafelkost essen, werden ihn zerschmettern; und sein Heer wird überschwemmen, und viele Erschlagene werden fallen. 27 Und die beiden Könige: Ihre Herzen werden auf Bosheit bedacht sein, und an einem Tisch werden sie Lügen reden; aber es wird nicht gelingen, denn das Ende verzögert sich noch bis zur bestimmten Zeit. 28 Und er wird mit großem Reichtum in sein Land zurückkehren, und sein Herz wird gegen den heiligen Bund gerichtet sein; und er wird handeln und in sein Land zurückkehren. 

Sein Nachfolger würde ein verächtlicher Mensch sein, in der Geschichte als Antiochos Epiphanes bekannt. Er würde nicht der rechtmäßige Erbe sein, sondern Widerstand durch Schmeichelei entwaffnen und das Königreich friedlich erlangen. Er würde Gottes Land überschwemmen, allen Widerstand zerschmettern und den Führer von Gottes Volk, hier Fürst des Bundes genannt, absetzen. Er würde einen Bund mit dem Volk schließen und dann betrügerisch darauf hinarbeiten, durch Korruption und Bestechung die fettesten Gegenden der Landschaft zu erlangen. Er würde dem Volk Götzendienst aufzwingen, etwas, was seine Vorfahren nicht getan hatten (Dan 11,21-24).

Nachdem er das herrliche Land eingenommen hätte, würde er den König des Südens angreifen, der ihm mit einem großen Heer entgegentreten würde. Dennoch würde der König des Südens unterliegen, da der König des Nordens Pläne gegen ihn schmieden und seine Anhänger korrumpieren würde. Diese beiden Könige würden sich treffen und an einen Tisch setzen und danach trachten, einander zu täuschen. Der König des Nordens würde mit großen Reichtümern in sein eigenes Land zurückkehren, nachdem er beschlossen haben würde, keinen Bund zu halten, weder mit dem König des Südens noch mit dem Volk Gottes.

Verse 29-35

Dan 11,29-35: 29 Zur bestimmten Zeit wird er wiederkehren und gegen den Süden ziehen, aber es wird zuletzt nicht sein wie im Anfang. 30 Denn Schiffe aus Kittim werden gegen ihn kommen; und er wird verzagen und umkehren, und er wird gegen den heiligen Bund ergrimmen und handeln: Er wird umkehren und sein Augenmerk auf diejenigen richten, die den heiligen Bund verlassen. 31 Und Streitkräfte von ihm werden dastehen; und sie werden das Heiligtum, die Festung, entweihen und werden das beständige Opfer abschaffen und den verwüstenden Gräuel aufstellen. 32 Und diejenigen, die gottlos handeln gegen den Bund, wird er durch Schmeicheleien zum Abfall verleiten; aber das Volk, das seinen Gott kennt, wird sich stark erweisen und handeln. 33 Und die Verständigen des Volkes werden die Vielen unterweisen, aber sie werden fallen durch Schwert und Flamme, durch Gefangenschaft und Raub, eine Zeitlang. 34 Und wenn sie fallen, wird ihnen mit einer kleinen Hilfe geholfen werden; und viele werden sich ihnen mit Heuchelei anschließen. 35 Und von den Verständigen werden einige fallen, damit sie geläutert und gereinigt und weiß gemacht werden bis zur Zeit des Endes; denn es verzögert sich noch bis zur bestimmten Zeit.

Schließlich würde der König des Nordens wieder den König des Südens angreifen. Bei diesem Angriff würde sich ihm eine Macht aus dem Westen entgegenstellen. Schiffe aus Kittim würden gegen ihn kommen – eine Flotte des Römischen Reiches. Nachdem alle seine Pläne durch diesen neuen Feind durchkreuzt wären, wäre er dazu gezwungen, sich zornig aus dem Süden zurückzuziehen. Seinen Zorn würde er anscheinend an den Juden auslassen. Von der Mitte von Vers 30 bis zum Ende von Vers 35 haben wir sehr detailliert die Handlungen dieses verächtlichen Menschen in Bezug auf die Juden und ihr Land. Zu diesen Ereignissen haben diese historischen Details hingeführt, da sie die Feindschaft des Menschen gegen Gott und sein Volk darstellen – eine Feindschaft, die die Juden mit all ihrem sich zuspitzenden Schrecken in den letzten Tagen zu spüren bekommen werden.

In den Tagen dieses verächtlichen Königs wie auch in den letzten Tagen werden sich unter den Juden Abtrünnige finden – solche, „die den heiligen Bund verlassen“. Auf diese Menschen wird er „sein Augenmerk richten“, und er wird sie mit glatten Worten und Schmeicheleien zum Abfall verleiten. Eine Zeitlang durch seine Korruption erfolgreich, wird er die Macht auf seiner Seite haben, die er dazu verwenden wird, das Heiligtum zu entweihen, das tägliche Opfer abzuschaffen und ein Götzenbild im Tempel aufzustellen.

Dennoch wird es in dieser schrecklichen Zeit unter den Juden solche geben, „die ihren Gott kennen“. Sie werden stark sein und für ihren Gott handeln und viele in den Wegen und Gedanken Gottes unterweisen. Als Folge davon werden sie eine Zeitlang vor Verfolgung, Gewalt und Gefangenschaft stehen. Dennoch wird ihnen in allen ihren Leiden geholfen werden. Allen wird es von Gott erlaubt sein, sie zu prüfen, im Hinblick auf die Belohnung und Herrlichkeit, die am Ende kommen wird, denn das Ende wird, da es von Gott festgesetzt ist, mit Gewissheit kommen.

Die führenden Ereignisse, die in dieser Prophezeiung vorhergesagt werden, werden mit solcher Genauigkeit angegeben, dass es leicht ist, aus der weltlichen Geschichte ihre genaue Erfüllung herauszusuchen, ja sogar die Namen der verschiedenen Handlungsträger und die Daten und Orte ihrer Siege und Niederlagen anzugeben. Überdies werden die abschließenden Ereignisse in dieser Prophezeiung, die in den Versen 21 bis 35 dargelegt werden und die die Handlungen des verächtlichen Antiochos Epiphanes beschreiben, detaillierter angegeben, da sie nicht nur die Geschichte in Bezug auf Gottes Volk, die bereits erfüllt ist, darlegen, sondern sehr genau das noch größere Leid vorschatten, das das jüdische Volk in den zukünftigen Tagen der großen Trübsal durchzumachen haben wird.

2. Der Antichrist (Dan 11,36-39)

Verse 36-39

Dan 11,36-39: 36 Und der König wird nach seinem Gutdünken handeln, und er wird sich erheben und sich groß machen über jeden Gott, und gegen den Gott der Götter wird er Erstaunliches reden; und er wird Gelingen haben, bis der Zorn vollendet ist, denn das Festbeschlossene wird vollzogen. 37 Und auf den Gott seiner Väter wird er nicht achten, und weder auf die Sehnsucht der Frauen noch auf irgendeinen Gott wird er achten, sondern er wird sich über alles erheben. 38 Und an dessen statt wird er den Gott der Festungen ehren: Den Gott, den seine Väter nicht gekannt haben, wird er ehren mit Gold und mit Silber und mit Edelsteinen und mit Kleinodien. 39 Und er wird gegen die starken Festungen so verfahren mit dem fremden Gott: Wer ihm Anerkennung zollt, dem wird er viel Ehre erweisen, und er wird ihm Herrschaft verleihen über die Vielen und das Land austeilen zum Lohn.

Bis zum Ende von Vers 35 haben wir die Prophezeiung von Ereignissen, die, wenngleich in Daniels Tagen noch zukünftig, mittlerweile schon längst erfüllt worden sind. Von Vers 36 an spricht der Engel von Ereignissen, deren Erfüllung noch in der Zukunft liegt. Dies wird aus den Worten des Engels deutlich, die davon sprechen, dass diese Ereignisse weitergehen werden, „bis der Zorn vollendet ist“ (Dan 11,36), und wiederum durch den Verweis auf die Zeit des Endes (Dan 11,40). Der Engel hat diesen Ausdruck, „die Zeit des Endes“, bereits verwendet, um zu zeigen, dass die Verfolgungen, die der gläubige Überrest durchmachen muss, ein Ende/Ziel im Blick haben (Dan 11,35); jetzt in Vers 40 wird er dazu verwendet, um Ereignisse zu beschreiben, die der Zeit des Endes direkt vorausgehen werden. Des Weiteren ist es wichtig, zu bemerken, dass der Engel in Vers 36 eine völlig neue Persönlichkeit unter der Bezeichnung „der König“ in seiner Prophezeiung einführt. Aus Daniel 11,40 erfahren wir, dass sowohl der König des Südens als auch der König des Nordens gegen diese neue Persönlichkeit kämpfen werden. Offensichtlich spricht der Engel also nicht länger von dem König von Ägypten oder dem König von Assyrien, sondern von einem König, der im Land [Israel] regiert.

Die Eigenschaften dieses Mannes, wie der Engel sie beschreibt, stimmen so gänzlich mit der Beschreibung des Mannes der Sünde bzw. des Antichristen, wie er im Neuen Testament dargestellt wird (2Thes 2), überein, dass dies nur den Schluss zulässt, dass beide Passagen sich auf dieselbe Person beziehen. Der Unterschied ist der, dass der Antichrist in Daniel in Verbindung mit dem jüdischen Abfall vom Glauben dargestellt wird, wohingegen er im zweiten Brief an die Thessalonicher als das Ergebnis des Abfall vom Glauben der Christen dargestellt wird. Es ist die prophetische Beschreibung dieses schrecklichen Menschen, die diesem letzten Abschnitt der Prophezeiung solch große Bedeutung verleiht:

  1. Als Erstes erfahren wir, dass er „nach seinem Belieben“ handeln wird. Er wird in völliger Unabhängigkeit von Gott handeln und keinen Willen außer seinem eigenen anerkennen.

  2. Zweitens wird er sich erheben und großmachen gegen jeden Gott. Diese beiden Dinge kennzeichneten den Fall des Menschen. Adam handelte unabhängig von Gott in der Versuchung, sich selbst zu erhöhen, um wie Gott zu sein. Im Antichristen werden diese beiden Dinge in ihrer letzten Ausprägung zu sehen sein, der Höhepunkt all des Bösen, das Adams Rasse verdorben hat.

  3. Drittens wird er nicht nur vorgeben, er sei jedem Gott überlegen, sondern er wird auch lästerliche Reden gegen den Gott der Götter führen.

  4. Viertens wird es diesem fürchterlichen Mann trotz seiner Bosheit erlaubt sein, Erfolg zu haben, „bis der Zorn vollendet ist“. Der Prophet Jesaja zeigt deutlich, dass der Begriff „Zorn“ dazu verwendet wird, um die Zeit von Gottes Herrschaftshandeln im Gericht über das Volk Israel zu bezeichnen (s. Jes 5–10; 14).

  5. Fünftens erfahren wir, dass dieser Mann weder den Gott seiner Väter noch die Sehnsucht der Frauen noch sonst irgendeinen Gott achten wird, sondern sich über alles erheben wird. Offensichtlich wird er also ein abtrünniger Jude sein, der nicht nur Jahwe, sondern auch den Messias, dessen Geburt die Sehnsucht der jüdischen Frauen war, verwerfen wird.

  6. Sechstens: Nachdem er sich über alles erhoben und sich selbst als Gott eingesetzt hat, wird er den Menschen einen neuen Gott aufdrücken, den „Gott der Festungen“. Anscheinend errichtet er die Herrschaft der Macht über das Recht.

  7. Siebtens wird er unter diesem neuen Gott der Macht das gesamte Land Israel organisieren und es zum Profit und als Lohn für diejenigen, die seinen Willen ausführen, aufteilen.

Solcher Art sind die furchtbaren Eigenschaften des kommenden Antichristen in Verbindung mit den Juden und dem Land. Es ist offenkundig, dass er das genaue Gegenteil all dessen ist, was so segensreich in Christus zu sehen ist, der stets den Willen Gottes tat, sich nie selbst erhöhte und nur die Ehre des Vaters und den Segen für den Menschen suchte.

So wird uns in einigen knappen Worten der Antichrist vor Augen gestellt, ein abgefallener Jude, der über ein abgefallenes Volk herrscht. In dieser Textstelle erfahren wir nichts von seinem überwältigenden Gericht. Dies wird in der Offenbarung beschrieben.

3. Der König des Nordens (Dan 11,40-45)

Verse 40-43

Dan 11,40-43: 40 Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens mit ihm zusammenstoßen, und der König des Nordens wird gegen ihn anstürmen mit Wagen und mit Reitern und mit vielen Schiffen; und er wird in die Länder eindringen und wird sie überschwemmen und überfluten. 41 Und er wird ins Land der Zierde eindringen, und viele Länder werden zu Fall kommen; diese aber werden seiner Hand entkommen: Edom und Moab und die Vornehmsten der Kinder Ammon. 42 Und er wird seine Hand an die Länder legen, und das Land Ägypten wird nicht entkommen; 43 und er wird die Schätze an Gold und Silber und alle Kostbarkeiten Ägyptens in seine Gewalt bringen, und Libyer und Äthiopier werden in seinem Gefolge sein. 

In der Person des Antichristen wird uns der große Feind Gottes und seines Volkes vorgestellt, der in den letzten Tagen in der Mitte des jüdischen Volkes zu finden sein wird. Die Schlussverse des Kapitels verkünden prophetisch, dass das jüdische Volk zur gleichen Zeit von einem Feind von außen bekämpft werden wird. In der „Zeit des Endes“, wenn die Juden unter der Herrschaft des Antichristen wieder zurück in ihrem Land sein werden, werden sie von dem König des Südens und dem König des Nordens angegriffen werden. Offenbar wird der König des Nordens ihr großer und ernsthafter Gegner sein, denn wir lesen, dass er wie ein Wirbelsturm kommen und in das Land einfallen und es überfluten wird. Eine Zeitlang wird er seine siegreiche Karriere verfolgen, denn „viele Länder werden zu Fall kommen“. [Das Wort „Länder“ ist in der englischen Übersetzung eingefügt (Anm. d. Übers.)]. Edom, Moab und die Ammoniter werden entrinnen; aber das Land Ägypten wird unter seine Herrschaft fallen.

Wir mögen dieser Schrift entnehmen, dass, wenn die Juden wieder in ihr Land eingesetzt werden, diese alten Völker, die früher rings um das Land herum lebten, mit den Ländergrenzen wieder auftauchen werden, die ihnen ursprünglich von Gott zugewiesen wurden. Wir wissen aus Jesaja, dass das Gericht Gottes über diese drei Völker von Israel vollzogen werden wird (Jes 11,14); deshalb mag es sein, dass der König des Nordens sie nicht anrühren darf. Dennoch wird es ihm erlaubt sein, die Ägypter zu besiegen und sie ihrer Reichtümer zu berauben. Die Libyer und Äthiopier werden ihm anscheinend gehorchen.

Verse 44.45

Dan 11,44.45: 44 Aber Gerüchte von Osten und von Norden her werden ihn erschrecken; und er wird ausziehen in großem Grimm, um viele zu vernichten und zu vertilgen. 45 Und er wird seine Palastzelte aufschlagen zwischen dem Meer und dem Berg der heiligen Zierde. Und er wird zu seinem Ende kommen, und niemand wird ihm helfen.

Inmitten seines Erfolgs wird er Nachricht von herannahenden Feinden aus Osten und aus Norden empfangen, was ihn dazu zwingen wird, „in großem Grimm“ gegen diese neuen Feinde auszuziehen. Auf seinem Heimweg wird er versuchen, seinen Palast auf dem herrlichen, heiligen Berg zu errichten.

In diesem Textabschnitt werden keine Einzelheiten über die Umstände, die seine Karriere beenden, angegeben. Nur dies wird uns gesagt: dass er an sein Ende kommen wird und niemand da sein wird, um ihm zu helfen; ein Ausdruck, der darauf hinzudeuten scheint, dass Gott sich mit diesem Feind direkt befassen wird, ohne menschliches Zutun (s. Hes 39,1-7).

Indem wir die unterschiedlichen Aussagen der Verse 36 bis 45 miteinander verbinden, erhalten wir ein anschauliches Bild der Juden zur Zeit des Endes, wenn sie im Unglauben wieder in ihrem eigenen Land versammelt werden und Christus als ihren Messias verwerfen. Sie werden den Tempel wieder aufgebaut und ihre Opfer wieder aufgenommen haben. Nachdem sie ihren König abgelehnt haben, werden sie nach des Herrn eigenen Worten einen anderen annehmen, der „in seinem eigenen Namen kommt“ (Joh 5,43); so werden sie den Antichrist als ihren König annehmen. Im Norden des Landes wird Syrien unter einem mächtigen König errichtet werden. Im Süden wird Ägypten unter seinem eigenen König aufblühen und „goldene und silberne Schätze“ haben. Äthiopien und Libyen werden als eigenständige Völker existieren. Im Osten werden Edom, Moab und Ammon wieder errichtet werden. Unter diesen Umständen werden die Juden, nachdem sie die Herrschaft des Antichristen akzeptiert haben, vom Glauben abfallen, und ihr Land wird ihren nördlichen Feinden anheimfallen.

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Aus The Book of Daniel: An Expository Outline, 1936

Übersetzung: S. Bauer


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