Wie erwartest du den Herrn Jesus?
Gibt es auch eine ungesunde Erwartung des Herrn?

Willem Johannes Ouweneel

© SoundWords, online seit: 24.10.2001, aktualisiert: 16.05.2022

Leitvers: Offenbarung 22,17

Off 22,17: Und der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm! Und wen da dürstet, der komme …

Einleitung

„Und der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm!“ – der schließe sich an, der kommt auch mit und lernt es, zu sagen: „Komm!“ – „Der diese Dinge bezeugt“, sagt Offenbarung 22,20, „spricht: Ja, ich komme bald.“

Ich bin so glücklich, dass hier nicht steht: „Die Braut sagt: Komm!“ Es steht hier: „Der Geist und die Braut sagen: Komm!“ Denn wir wollen mal ganz ehrlich darüber sein, liebe Geschwister: Wenn der Heilige Geist das nicht in uns bewirken würde, dann würden wir gar nicht so leicht sagen: „Komm!“ Ausgenommen vielleicht die ganz alten Geschwister, die das Leben gelebt haben, die die Schwachheiten und Krankheiten des Alters empfinden. Ja, dann ist es nicht so schwierig – mit allem Respekt gesagt –, dann ist es nicht so schwierig, zu sagen: „Herr Jesus, komm!“ Aber ist es realistisch, dass junge Menschen sagen: „Herr Jesus, ich sehne mich nach Dir, komme doch bald!“?

Eine ungesunde Erwartung des Herrn

Denk daran: Gott hat uns geschaffen, damit wir uns auf dieser Erde nützlich machen, eine gewisse Lebenserfüllung finden. Und es gibt eine ungesunde Erwartung des Herrn bei Menschen, die psychisch des Lebens eigentlich überdrüssig sind. Auch hier müssen wir wieder so vorsichtig sein und uns vor Extremismen hüten. Nein! Die echte geistliche Spannung in dem Leben eines Gläubigen ist auf der einen Seite, tätig zu sein, arbeitsam zu sein, so wie es von den Thessalonichern heißt in Kapitel 1 im ersten Brief, dass sie zu Gott bekehrt waren, um dem lebendigen und wahrhaftigen Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten. Dienst und Erwartung. Nicht mit den Armen verschränkt erwarten, auch nicht so beschäftigt sein im Dienst, dass man keine Zeit hat, an das Kommen des Herrn zu denken. Gleichgewicht! Das ist gar nicht einfach! Erwartung des Herrn darf nicht aus eigenem Interesse sein, weil wir des Lebens überdrüssig sind, entweder weil wir alt sind oder weil wir nun einmal, ich würde fast sagen, psychisch niedergedrückt oder depressiv sind. Es tut uns leid, das ist nicht die gesunde Erwartung.

Die gesunde Erwartung des Herrn

Die gesunde Erwartung ist, dass es eine Freude ist, hier auf dieser Erde dem Herrn zu dienen, und wenn wir einen schönen Dienst haben, worüber wir uns freuen können, dann ist es auch gar nicht verkehrt, wenn der Herr uns noch im nächsten Jahr Gesundheit gibt, noch immer diesen Dienst tun zu dürfen, und auch in den Jahren nachher – aber zu gleicher Zeit zu wissen, es wird etwas kommen, was noch viel schöner ist. Nicht also dass dieses Leben hier auf der Erde etwas Fürchterliches ist und es lieber heute zu Ende ist als morgen. Nein! Gott gibt uns so viele gute Dinge hier, so viel Segen, manchmal auch traurige Dinge, manchmal auch tieftraurige Erfahrungen, aber zur gleichen Zeit so viel Segen. Aber auf der anderen Seite die Überzeugung, eines Tages kommt etwas, was noch viel schöner ist. Das ist die Erwartung, Ihn persönlich zu sehen. Das ist die gesunde geistliche Sehnsucht. Und die kann nur vom Heiligen Geist bewirkt werden. Die wird nicht durch hohes Alter bewirkt, die wird nicht durch psychische Depressionen bewirkt, dies wäre eine ungesunde Erwartung. Vielleicht ganz natürlich, aber nicht Geist-lich – mit großem G.

Das Verlangen nach dem Kommen des Herrn im Gleichgewicht

Aber „der Geist und die Braut sagen: Komm!“. Da ist dieses Verlangen nach dem Kommen des Herrn im Gleichgewicht mit der Freude, hier auf der Erde einen Dienst zu tun. Und so kaufen wir doch auch wieder für 1999 Terminkalender. Denn es kann sein, dass der Herr eben nicht 1999 kommt. Ich habe sogar schon die ersten Termine für das Jahr 2000 aufgeschrieben. Ich muss realistisch sein. Wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, dass der Herr eben nicht im Jahr 2000 kommt oder im Jahr 2001. Und mit Freuden – wenn wir Kraft und Gesundheit haben werden – darf ich Dinge aufschreiben, Verpflichtungen auf mich nehmen und zusagen. Dann und dann möchte ich gerne diese Arbeit, diesen Dienst tun. Das ist ganz nüchtern, und zu gleicher Zeit darf ich wissen, dass der Herr Jesus heute noch kommen kann. Denn dann ist es mit der örtlichen Gemeinde in Lüttringhausen vorbei. Dann hört das plötzlich schlagartig auf und dann werden wir alle entdecken, dass das doch viel schöner ist. Aber wenn es nicht so ist, wenn der Herr nicht kommt, kann es auch ganz schön sein, gerade in der Kraft des Herrn noch ein Weilchen als Gemeinde weiterzumachen, denn auch dann wissen wir: Der Herr wird dabei sein! Auch wissen wir dann: Er wird mit seinem Heiligen Geist unter uns tätig sein! Auch wissen wir dann: Er wird uns schwierige Erfahrungen geben! Aber Er wird uns auch ganz schöne Augenblicke miteinander geben, im Verborgenen und im Öffentlichen; auch das dürfen wir wissen.

Das Leben – nicht nur ein Tränental

Das Leben ist nicht nur ein Tränental. Vielleicht sagen das so manche Lieder und dies hängt gewiss auch mit dem 19. Jahrhundert zusammen, wo wohl etwas zu überspitzt die Traurigkeit des Lebens betont wurde. Und es ist auch auffallend, dass solche Lieder oft wenig gesungen werden. Denn wir haben auch entdecken dürfen, dass es auch schön ist, dass der Herr mit uns hier auf dieser Erde ist. Das dürfen wir doch auch nüchtern zueinander sagen. Solange wir dieses Bewusstsein nicht verlieren: Es wird etwas noch viel Besseres geben, etwas viel Schöneres. Und der Herr entscheidet darüber, wie lange wir noch unsere Arbeit auf dieser Erde fortzusetzen haben oder fortsetzen dürfen, wie man es auch sagen will.

Ja, ich komme bald

Für den Glauben gilt dieses Wort: „Ja, ich komme bald!“ Er sagt es dreimal in diesem Kapitel: „Ja, ich komme bald“, und obwohl Er das schon vor fast mehr als 1900 Jahren gesagt hat, sagt der Glaube nicht, dass irgendetwas mit dem Wort „bald“ nicht stimmen kann. Nein! Für den Glauben gilt noch immer dieses Wort, dass der Herr Jesus sagt: „Ich komme bald!“ Vielleicht heute oder morgen. Er kommt bald. Wir gehen weiter, wir organisieren, wir planen, wir dürfen Zusammenkünfte veranstalten. Vielleicht haben wir noch einmal eine Vortragsreihe hier in diesem Saal. Wer weiß? Und wenn? Dann muss das rechtzeitig geplant werden. Und eines Tages wird der Herr einen Strich durch den Terminkalender setzen. Wenn wir hier auf dieser Erde sein werden und wir noch mitten im Dienst stehen und ein großer Teil des Terminkalenders ausgefüllt ist, dann bedeutet dies, dass, wenn der Herr kommt, daraus aber nichts mehr werden wird. Diese und jene Evangelisationsverkündigungen werden nicht stattfinden. Menschen, die wir mit dem Evangelium hätten erreichen wollen, werden das von uns nicht mehr hören und überhaupt nicht mehr hören können. Auch gewisse Aufgaben, die wir an Gläubigen hätten erfüllen können, werden nicht stattfinden. Diesen einen Besuch, den ich eigentlich unbedingt dieser Schwester oder diesem Bruder hätte bringen sollen, kann ich dann nicht mehr abstatten. Chancen werden für immer verloren sein. So ist es, wenn der Herr kommt.

Die Hochzeit des Lammes

Aber wenn Er kommt, wird die Hochzeit des Lammes bedeuten, dass die Verbindungen, die es jetzt schon zwischen dem Herrn und seiner Braut gibt, noch weiter verknüpft werden, dass wir als seine Frau, die Frau des Lammes, für immer auch bei Ihm sein werden. Obwohl Epheser 5 das Verhältnis jetzt schon vergleicht zwischen einem Ehemann und einer Ehefrau, nicht nur Bräutigam und Braut, so müssen wir doch sagen: Er ist im Himmel und wir sind auf dieser Erde. Wir sind insoweit doch weit auseinander, doch Er ist uns mit seinem Geist ganz nah. Aber die Braut sehnt sich danach, Ihn eines Tages mit den eigenen Augen anschauen zu dürfen.

Die Hochzeit des Lammes. Manche Ausleger sagen (und das finde ich auch bemerkenswert): Eigentlich ist es gar nicht die Hochzeit. Die Hochzeit hat in gewisser Hinsicht schon am Pfingsttag stattgefunden. – Jetzt habe ich doch schon die Antwort gegeben. Vielleicht wird deshalb in Epheser 5 gesagt, dass wir Ehemann und Ehefrau sind – Christus und seine Gemeinde. Hier wird nur von einem Hochzeitsmahl gesprochen, wenn Ehemann und Ehefrau endlich vereinigt sind. Wir sind „Braut“, aber vergessen wir es nicht, auch noch nach tausend Jahren, denn in Offenbarung 21 wird von dieser Frau immer noch gesagt, dass sie „Braut“ ist. Wir sind jetzt schon Frau des Lammes, und in Ewigkeit werden wir Braut des Lammes sein. So wie es hier heißt, „eine für ihren Mann geschmückte Braut“ (Off 21,2). Nach tausend Jahren noch immer gleich schön und wunderbar. So hat sich der Herr Jesus seine Braut vorgestellt. Als Er am Kreuz hing und sein Leben für sie dahingab, sah Er sie ohne Flecken und ohne Runzel. Und eines Tages wird Er sie bei sich haben, so wie Er sich seine Frau vorgestellt hat. Und in Ewigkeit wird sie in aller Frische und aller Schönheit bei Ihm sein. Unsere Herzen freuen sich darauf!


Auszug aus dem Vortrag Die Braut des Lammes (Lüttringhausen, 1999)

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