Der Arm des HERRN
Jesaja 51–53

James Currie Trench

© SoundWords, online seit: 05.10.2003, aktualisiert: 27.12.2022

Leitverse: Jesaja 51,9; 52,10.13-15; 53,1

Viermal kommt dieser bemerkenswerte Ausdruck in dem Buch des Propheten Jesaja vor, um uns eine lebendige Vorstellung von der Macht und Gnade des HERRN zu geben.

Jes 51,9: Wache auf, wache auf, kleide dich in Macht, du Arm des HERRN! Wache auf wie in den Tagen der Vorzeit, in den Geschlechtern vor alters! Bist du es nicht, der Rahab [Ägypten] zerhauen, das Seeungeheuer durchbohrt hat?

Hier haben wir den Schrei des alten Volkes Gottes nach Befreiung von seinen Feinden durch Gericht, wie es an Ägypten unter dem Pharao, dem Bedrücker, ausgeführt worden war. Der Arm des HERRN wurde gesucht, damit Er sich in Macht zu diesem Zweck kundtäte, und Er entsprach dieser Bitte und befreite sein Volk. Doch was Er in früheren Zeiten getan hatte, ist hier angeführt, um zu zeigen, was Er in Zukunft zu tun vermag, obwohl damals über sieben Jahrhunderte seit jenem Triumph des Auszuges dahingerollt waren.

Der HERR ist immer derselbe. Seine Macht ist dieselbe. Seine Liebe ist dieselbe. Und der Ruf nach Befreiung in Jesaja 51,9 wartet noch auf Antwort. Diese wird sicherlich kommen. So lesen wir: „Die Befreiten des HERRN werden zurückkehren und nach Zion kommen mit Jubel, und ewige Freude wird über ihrem Haupt sein; sie werden Wonne und Freude erlangen, Kummer und Seufzen werden entfliehen“ (Jes 51,11). Dies führt uns zu Jesaja 52,10:

Jes 52,10: Der HERR hat seinen heiligen Arm entblößt vor den Augen aller Nationen, und alle Enden der Erde sehen die Rettung unseres Gottes.

Jesaja spricht in der Freude über sein prophetisches Gesicht von Geschehnissen, die noch in der Zukunft liegen, wenn Israel gesegnet werden wird gemäß den Verheißungen, die dem Abraham gegeben wurden, als ob sie bereits erfüllt wären. So redet zum Beispiel Jesaja 53, das sehr deutlich von dem Herrn Jesus und seinem Sühnungstod zeugt, als ob dieser schon geschehen wäre: „Doch er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen“ (Jes 53,4). So sicher ist der Blick des Glaubens, dass er die Zeitform der Vergangenheit benutzt, wenn er Ereignisse berichtet, die erst Jahrhunderte danach geschehen werden.

So mögen wir fragen: In welcher Weise war der HERR im Begriff, seinen heiligen Arm zu entblößen? Gegen wen sollte dieser Arm ausgestreckt werden? – Die folgenden Verse werden unsere Fragen beantworten:

Jes 52,13–53,1: Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln; er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein. Wie sich viele über dich entsetzt haben – so entstellt war sein Aussehen, mehr als irgendeines Mannes, und seine Gestalt mehr als der Menschenkinder –, ebenso wird er viele Nationen in Staunen versetzen, über ihn werden Könige ihren Mund verschließen. Denn sie werden sehen, was ihnen nicht erzählt worden war; und was sie nicht gehört hatten, werden sie wahrnehmen. Wer hat unserer Verkündigung geglaubt und wem ist der Arm des HERRN offenbar geworden?

„Offenbar geworden?“ Ja, gewiss, es bedurfte einer Offenbarung, um dies bekanntzumachen. Erstaunliche Tatsache, dass Gott im Begriff stand, diesen seinen Arm gegen seinen Genossen auszustrecken (Sach 13,7), gegen den Sohn, der in des Vaters Schoß ist (Joh 1,18), gegen den Sohn seiner Liebe (Joh 3,35)  anstatt gegen seine Feinde. Dies ist das Geheimnis der in heiliger Begeisterung ausgesprochenen Worte von Jesaja 52,7-10. „Alle Enden der Erde“ werden die Rettung ihres Gottes sehen, die ihnen durch den gebracht wird, dessen Füße lieblich sind auf den Bergen, wenn Er gute Botschaft bringt, wenn Er Frieden verkündet, die Botschaft des Guten bringt.

„Dein Gott herrscht“ – das bezieht sich auf den HERRN selbst, obwohl Evangelisten unserer Tage bevorrechtigt sind, dieselbe Botschaft hinauszutragen. Denn wenn der Arm des HERRN nicht im Gericht den Sünder treffen sollte, so musste er auf ein fleckenloses Opfer fallen, das dieses Gericht in Gerechtigkeit tragen und zu gleicher Zeit austilgen konnte.

So wird dieses 53. prophetische Kapitel eingeführt, um uns zu sagen, weshalb jener Arm auf die fleckenlose Person des Sohnes Gottes, der Mensch wurde, fiel:

  • Er wurde „von Gott geschlagen und niedergebeugt“,
  • „um unserer Übertretungen willen verwundet“,
  • „um unserer Missetaten willen zerschlagen“.
  • „Durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“
  • „Der HERR hat ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit.“
  • „Dem HERRN gefiel es, ihn zu zerschlagen, er hat ihn leiden lassen.“
  • „Seine Seele hat das Schuldopfer gestellt.“
  • „Von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen.“
  • „Er hat die Sünde vieler getragen und für die Übertreter Fürbitte getan.“

Beachten wir die Gewissheit des Glaubens, der ein Ereignis beschreibt, das noch im Schoß der Zukunft lag, als wenn es vollendet wäre und all seine großartigen Ergebnisse schon in einen großen Strom der erlösenden Gnade hervorflössen.

Aber was wird sein, wenn Israel oder die Nationen sich nicht vor ihrem erbarmungsvollen Gott in den Staub beugen, der seinen Arm gegen seinen vielgeliebten Sohn entblößte, und Gottes so großes Heil nicht annehmen?

Die Antwort auf diese Frage lesen wir in Jesaja 59,1.2: „Siehe, die Hand des HERRN ist nicht zu kurz, um zu retten, und sein Ohr nicht zu schwer, um zu hören; sondern eure Ungerechtigkeiten haben eine Scheidung gemacht zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor euch verhüllt, dass er nicht hört.“ Zur Segnung des Menschen fehlt es aufseiten Gottes an nichts. Dort ist Erbarmen für alle.

Es ist die Weigerung, umzukehren, das Vorangehen mit der Sünde, was ins Gericht bringt, doch dies ist ein für Gott fremdes Werk. Seine Freude ist es, Erbarmen zu erweisen. Wenn aber dies verworfen wird, was dann? Lies bis zu Jesaja 59,15, wo in schwerwiegenden Ausdrücken ein schreckliches Bild vom Abfall Israels entworfen wird. Dann wundert sich der Prophet, dass niemand da ist, um in den Riss zu treten und ein Vermittler zu sein; aber als er sich zu dem HERRN wendet, sagt er triumphierend: „Da half ihm sein Arm, und seine Gerechtigkeit, sie unterstützte ihn“ (Jes 59,16).

Wir sehen, wie der Arm des HERRN stark ist zur Rettung, aber für solche, die sich nicht ausliefern, ist Er stark zum Gericht: „… damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen“ (Phil 2,10).

Dann folgt jener schöne Vers in poetischer, bildlicher Rede: „Sie werden den Namen des HERRN fürchten vom Niedergang an und vom Sonnenaufgang seine Herrlichkeit. Wenn der Bedränger kommen wird wie ein Strom, so wird der Hauch des HERRN ihn in die Flucht schlagen“ (Jes 59,19).

Dies alles schließt so passend mit dem schönen 60. Kapitel, das uns einen so lebhaften Bericht von der Umkehr der Nationen gibt, die die Werkzeuge sein werden, um die Söhne Israels „aus der Ferne“ zu bringen (Jes 60,9) und sie in ihr eigenes Land anzusiedeln. Wir wissen, wie die große Trübsal, „die Zeit der Drangsal für Jakob“ (Jer 30,7), für Israel notwendig sein wird, damit es zur Buße kommt und gereinigt wird, um seinen Messias zu empfangen. Es kann keine Segnung geben, es sei denn, dass Er seinen rechtmäßigen Platz einnimmt. Doch die Ereignisse eilen auf den Tag zu, wo der Arm des HERRN in der Segnung seines Volkes und in der Zerstörung seiner Feinde gesehen wird.


Originaltitel: „Der Arm Jehovas“
aus Der Dienst des Wortes, Jg. 8, 1930, S. 196–200
engl. Originaltitel: „The Arm of the Lord“


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