Das Matthäusevangelium (6–7)
Kapitel 6–7

William Kelly

© J. Das, online seit: 18.06.2003, aktualisiert: 24.01.2018

Leitverse: Matthäus 6–7

Das zweite dieser Kapitel (Mt 6), aus denen die (Berg-)Predigt besteht, enthält zwei Teile. Der erste betrifft wieder die Gerechtigkeit. „Habet acht“, sagt der Herr, „dass ihr eure Gerechtigkeit nicht übet vor den Menschen“ (Mt 6,1). Hier muss „Gerechtigkeit“ stehen und nicht „Almosen“, wie man in der Fußnote sieht. Danach teilt sich die Gerechtigkeit, von der hier gesprochen wird, in drei Zweige. Das Geben von Almosen ist einer von ihnen, das Beten ein zweiter und das Fasten ein dritter, den man nicht geringschätzen sollte. Das macht unsere Gerechtigkeit aus. Der wesentliche Punkt liegt darin, dass wir damit nicht protzen sollen; denn unser Vater sieht im Verborgenen. Letzteres ist eines der hervorstechendsten Kennzeichen des Christentums. Der letzte Teil des Kapitels zeigt das völlige Vertrauen auf die Güte unseres Vaters zu uns, indem wir mit Seiner Barmherzigkeit rechnen. Wir sind sicher, dass wir in Seinen Augen von unendlichem Wert sind und dass wir deshalb nicht sorgenvoll wie die aus den Nationen zu sein brauchen, weil unser Vater weiß, was wir bedürfen. Für uns genügt es, das Reich Gottes und Seine Gerechtigkeit zu suchen; die Liebe unseres Vaters sorgt für den Rest.

Das 7. Kapitel vermittelt uns die Beweggründe des Herzens in unserem Umgang mit den Menschen und Geschwistern sowie mit Gott, welcher, obwohl Er gut ist, es liebt, wenn wir Ihn bei jeder Not ernstlich bitten. Außerdem finden wir Hinweise darauf, dass wir überlegen sollen, was wir den anderen Menschen schuldig sind. Zudem benötigen wir besondere Energie, denn die Pforte ist eng und der Weg schmal, die zum Leben führen. Dann sollen wir uns hüten vor dem Teufel und den Einflüsterungen seiner Agenten, der falschen Propheten, die sich durch ihre Früchte verraten. Zuletzt folgt der wichtige Hinweis, dass es nicht auf Wissen oder sogar wunderbare Kräfte ankommt, sondern darauf, den Willen Gottes zu tun aus einem gehorsamen Herzen heraus, das den Worten Christi folgt. Wenn ich mich nicht täusche, folgen auch hier wieder Gnade und Gerechtigkeit abwechselnd. Denn die Ermahnung gegen einen richterlichen Geist gründet auf die mit Bestimmtheit folgende Vergeltung durch andere und ebnet den Weg für einen dringenden Aufruf zum Selbstgericht, welches jeder echten Ausübung der Gnade vorausgeht (Mt 7,1-5). Außerdem folgen auf die Warnung vor einer Verschwendung des Heiligen und Schönen an die Gottlosen reiche und wiederholte Ermunterungen, auf unseres Vaters Gnade zu zählen (Mt 7,6-11).

Hier muss ich zunächst einmal aufhören, obwohl ich zutiefst bedaure, dass ich nur so flüchtig über den Text hinweggehen konnte. Dennoch versuchte ich in diesem ersten Vortrag, so einfach, aber doch vollständig wie möglich, nach meinem Vermögen einen Blick auf diesen Teil des Matthäusevangeliums zu werfen. Ich bin mir völlig bewusst, dass nicht viel Zeit vorhanden war, um es mit anderen Evangelien zu vergleichen. Ich hoffe jedoch, dass sich die Gelegenheiten ergeben werden, um die unterschiedlichen Aspekte der verschiedenen Evangelien eingehend einander gegenüberzustellen. Mein Ziel ist allerdings auch, dass unser Herr, Seine Person, Seine Lehren und Seine Wege in jedem Evangelium vor die Augen unserer Herzen treten.

Ich bitte den Herrn, dass das, was zwar nur flüchtig den Seelen dargeboten wurde, doch ein Forschen seitens der Kinder Gottes hervorrufen möge und sie dazu führt, völlig und absolut auf das Wort Seiner Gnade zu vertrauen. Dann können wir tiefen Segen erwarten. Denn dieses Betrachten der Evangelien hat allein die Gnade Gottes zur Grundlage und wird uns nicht ohne Segen lassen. Aber ich bin überzeugt, dass, nachdem die Gnade Christi uns angezogen hat, der Segen in jeder Hinsicht noch größer ist, wenn wir zusätzlich in aller Einfalt und Sicherheit kraft des vollbrachten Werkes der Erlösung in Ihm gegründet werden. Dann, wenn wir in unseren Seelen frei geworden und zur Ruhe gekommen sind, kehren wir zu Ihm zurück, um von Ihm zu lernen, Ihn anzuschauen, Ihm zu folgen, Seine Worte zu hören und uns an Seinen Wegen zu erfreuen. Der Herr gebe, dass es so geschehe, wenn wir unseren Weg durch die verschiedenen Evangelien, die unser Gott uns geschenkt hat, verfolgen!

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Aus Lectures Introductory to the Study of the Gospels
Heijkoop, Winschoten, NL, 1970
(im Deutschen herausgegeben und übersetzt von J. Das)

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