Kindererziehung im gläubigen Elternhaus
Ein alter Brief

Frederick George Patterson

© SoundWords, online seit: 01.01.2001, aktualisiert: 08.11.2022

Lieber Bruder,

ich habe hier Deine Briefe, in denen Du Hilfe zu einem äußerst interessanten und wichtigen Thema der Kindererziehung suchst, und zwar der Kinder von solchen, die Christus angehören. Ich meine von solchen, die wahre Kinder Gottes sind. Ich fühle mich schwach, über solch ein Thema zu sprechen, aber ich werde ermuntert durch die Gnade, von der ich jeden Tag so viel lerne.

Du fragst: Wie sollen wir auf sie sehen: als „auf Kinder des Zorns, wie die Übrigen es sind“ (Eph 2,3); als auf solche, „die von der Welt sind, die in dem Bösen liegt“ (1Joh 5,19), „auf denen der Zorn Gottes ist“ usw.?

Und hier, glaube ich, müssen wir ganz klar unterscheiden zwischen einem moralischen Zustand in Gottes Augen, in dem alle von Natur aus in Übertretungen und Sünden sind, und dem bevorrechtigten Platz oder der Sphäre des Segens, in der Gott die „Häuser“ seines Volkes betrachtet, das heißt aller, die Gott als zu dem Haupt des Hauses hinzugehörend ansieht. Dass es immer schon eine solche Sphäre des Vorrechts gegeben hat, sicherlich von der Flut an, wenn nicht immer, das ist für mich doch klar aus der Schrift ersichtlich. Eine Sphäre des Segens, in die Gott sein Kind gebracht hat und in der Er es umgeben hat mit Frau und Kindern, damit das Licht, das Er in dem Herzen des Hauptes des Hauses angezündet hat, hell nach draußen scheinen kann und durch seine Gnade die Erkenntnis Gottes in die Herzen derer bringen kann, die mit ihm im Haus sind.

Das muss man natürlich alles unterscheiden von der Natur solcher, die so bevorrechtigt und äußerlich von Gott gesegnet sind. Natürlich handelt es sich um genau denselben verderbten, nichtsnutzigen Menschen wie in dem Rest der Menschheit um uns herum.

Aber wenn Gott sie nur als Kinder des Zorns betrachten würde, dann würde Er nicht zu christlichen Eltern gesagt haben: „Zieht sie auf in der Zucht und Ermahnung des Herrn“ (Eph 6,4). Und hier solltest Du nicht in Deinem Geist festsetzten, dass es hier nur um gläubige Kinder geht, an die der Geist in Epheser 6,1-4 denkt. Der Apostel lässt es hier offen, ob sie nun wiedergeboren sind oder nicht, er redet sie einfach an als Kinder. Und er sagt den Eltern, dass sie sie auferziehen sollten für Ihn (so wie Jokebed Mose für Pharoas Tochter auferzog), in der Zucht und Ermahnung des Herrn. Und sicherlich gibt Er uns diese Ermahnung nicht, wenn Er hinterher beabsichtigt, sie wieder wegzustoßen.

Ich denke, es ist viel in dem Ausdruck „die Zucht und Ermahnung des Herrn“ enthalten. Er übt Zucht und Ermahnung über und mit uns aus, und wir sollten sie in ähnlicher Weise bei unseren Kindern ausüben. Seine zärtliche Geduld, seine bewahrende Liebe wird niemals müde, verwirft niemals das Ziel, bis es erreicht ist. Seine Treue schmeichelt niemals, sondern handelt mit uns, so dass wir in praktischer Weise alles das vermeiden, was unsere böse Natur fördert und die Welt, von der Er uns befreit hat. Das Ziel Gottes mit uns ist, dass wir das Fleisch und alles, was von dem alten Adam und seinen Wegen kommt, ablehnen und andererseits Ihm gleichgestaltet werden. Und das charakterisiert seine Wege der Zucht mit uns, auf denen Er verherrlicht wird. Und indem wir aufwachsen und bekannt werden mit diesen Handlungsweisen, die Er uns, die Er zu sich selbst gebracht hat, gegenüber vorsieht, da lernen wir die Art des Handels, die wir auch unseren Kindern angedeihen lassen sollen unter Ihm. Wir müssen versuchen, ihnen zu zeigen, woher die Neigungen und die Willensänderungen des Fleisches kommen und wohin sie führen. Wir müssen diese Neigungen in unseren Kindern verbieten, wie der Herr es auch bei uns tut, und versuchen, ihre Sinne und ihre Herzen zu Jesus zu ziehen, und das mit geduldiger Gnade und ausdauernder Liebe, sie züchtigen und ermahnen zu ihrem Guten.

Ich fühle auch, dass der Familienkreis der normale Ort ist für die Bekehrung des Kindes. Ich bin sicher, dass viel von dem, was uns von Kinderbekehrungen erzählt wird, nur das ist, dass das, was schon lange dort in der Seele gewesen ist, zu einem ganz klaren Punkt gebracht wird. Es ist sehr wünschenswert, dass es diesen klaren Ausdruck in der Art und Weise eines Bekenntnisses für Christus in dem Kind annimmt; aber ich fürchte alles, was in der Art und Weise der Erregung, der Reizung erfolgt, wodurch das junge, leicht beeinflussbare Herz so leicht beeindruckt wird, und sie in dieser Form zu einer unreifen Entwicklung der kaum wahrnehmbaren Lebensimpulse in der Seele zwingt. Ich glaube, dass im Allgemeinen solche Fälle die Seele schwächen und im Ergebnis oft dem gleichen, wenn man zu früh die Eierschale von einem kleinen Vögelchen entfernt. Ein schwacher Zustand der Seele wird übrigbleiben.

Mein Eindruck ist auch (und die Ausnahme beweist die Regel), dass das Kind von gläubigen, christlichen Eltern selten – wenn überhaupt jemals – fähig sein wird, zu erzählen, wann es sich bekehrt hat, wie wir so sagen. Es ist wahr, dass zu derselben Zeit das Kind oder die Eltern fähig sein mögen, auf einen Moment zurückzublicken, als der Glaube und das Leben, das schon in der Seele war, eine ganz bestimmte Gestalt angenommen hat und sich in Aktivität und Energie zeigte, so wie sich Schönheit und Duft einer Blume ausbreiten, die von dem kleinen, ungesehenen Keim oder der kaum bemerkbaren Knospe wuchs, bis die angenehme Wärme der Sonne und die sanften Regenschauer sie dazu brachten, zum ersten Mal ihre Blütenblätter zu öffnen.

Wie lieblich war der Glaube, der ohne irgendwelche Fragen bei der Hanna vorhanden war! Ihr Sohn, die Frucht ihres Gebetes, wurde hinaufgebracht nach Shiloh, nicht ohne die Opfergaben des Glaubens in ihrer eigenen und auch in den Händen ihres Ehemannes; in solch jungem Alter, wie seine Entwöhnungszeit war, ehe lebendiger Glaube in der Seele des Babys wirken konnte, da sprach sie zu Eli: „Bitte mein Herr, so wahr deine Seele lebt, mein Herr, ich bin die Frau, die hier bei dir stand, um zum HERRN zu flehen. Um diesen Knaben habe ich gefleht und der HERR hat mir meine Bitte gewährt, die ich von ihm erbeten habe. So habe auch ich ihn dem HERRN geliehen; alle Tage, die er lebt, ist er dem HERRN geliehen“ (1Sam 1,26-28).

Der Kontrast auch zum Fall des Hauses Eli ist ernst und belehrend. Er illustriert die Verbindung des Gläubigen mit seinem Haus aus Gottes Sicht: „An jenem Tag [so sprach der Herr zu Samuel] werde ich gegen Eli alles ausführen, was ich über sein Haus geredet habe: Ich werde beginnen und vollenden. Denn ich habe ihm kundgetan, dass ich sein Haus richten will in Ewigkeit um der Ungerechtigkeit willen, die er gewusst hat, dass seine Söhne sich den Fluch zuzogen und er ihnen nicht gewehrt hat“ (1Sam 3,12.13).

Wenn wir nun, lieber Bruder, von der Bekehrung des Kindes eines Gläubigen sprechen und feststellen, dass die Zeit oder der Zeitpunkt davon normalerweise selten bekannt ist, wenn überhaupt, dann möchte ich gerne den Fall des jungen Timotheus zitieren. Er wurde auferzogen von Kindheit an in der Kenntnis der heiligen Schriften, die fähig waren, ihn weise zu machen zur Errettung, durch den Glauben, der in Christus Jesus ist, denn er wurde aufgezogen durch eine fromme, gläubige Mutter und wahrscheinlich auch Großmutter, deren ungeheuchelter Glaube der alte Apostel in rührender Weise erwähnt (2Tim 1,5). Das gesegnete Wissen über das Wort Gottes, das so früh in dieses junge und beeindruckbare Herz hineingepflanzt wurde und so erkannt wurde, wie ein Kind es auch erkennen kann, bereitete den Weg vor für den Augenblick, als das Leben, das es seiner Seele brachte, sich ausbreitete in die Freiheit der Gnade und Erkenntnis Christi durch den Apostel Paulus, als er in Lystra war. Der Apostel nennt ihn auch sein eigenes Kind im Glauben.

Das ist, wie ich glaube, ein wahres Beispiel von der Bekehrung eines Kindes gläubiger Eltern. Es hat das unschätzbare Vorrecht, in einem Kreis zu sein, wo der Name Jesus ein Wort ist, das zu dem Haushalt dazugehört und die großen Umstände und die Tätigkeit des Lebens ihrer Eltern bestimmt. Seine Eltern fühlen, dass sie ihn zurückempfangen haben von dem Herrn, damit er auferzogen wird unter dem Joch Christi, von den frühesten Momenten seines Seins an, und sie fühlen auch, dass man dem, der sie aufgefordert hat, das zu tun, nicht vergeblich vertraut in Bezug auf das Lebendigmachen der Seele. Das Kind braucht das, wie alle es nötig haben, damit es auch in der Tat Leben hat. Sie erziehen es auf in dem Glauben an Christus und werfen auch nicht für einen Moment einen Zweifel in sein junges und beeindruckbares Herz, dass es nicht dem Herrn angehört. Sie lehren ihn den Weg, dass Gott vergibt und rettet durch das kostbare Blut Jesu Christi. Sie erklären, wie die Gnade Gottes empfangen wird. Sie zeigen dem Kleinen die schrecklichen Folgen des Unglaubens und der Verwerfung Christi. Sie erklären, wie wirklicher Glaube erkannt wird und unterschieden wird vom falschen und hohlen Bekenntnis um uns herum. Sie lehren ihn, dass Gehorsam und die Wünsche, dem Herrn zu gefallen, dem Herrn, unter dessen Joch er auferzogen wird, der wahre Weg ist, auf dem das Leben Gottes im Menschen sich entfaltet. 

Und so wird durch diese Belehrung das Gewissen aufgeweckt. Und wenn Versagen in diesen Dingen gefunden wird, dann wird auch auf die Notwendigkeit und die Bedeutung des Sündenbekenntnisses hingewiesen und darauf, wie man die Last seiner Seele bei Christus ablegen kann. Darauf wird Wert gelegt und dazu wird ermuntert. Auch wird das Begehren, dem Herrn die Wünsche des Herzens für einen selbst oder für andere bekannt zu machen, zu der wahren Quelle hingelenkt, dem Gebet: All diese Dinge führen das Kind hin zu dem Vertrauen auf Gott, und es wächst auf zu Christus, genauso wie es durch die Babynahrung sich langsam in den natürlichen Kräften entwickelt hat.

Während diese Erziehung fortschreitet, wie wird da ein treues Elternherz auf Gott in der Stille warten, dass die souveräne lebendig machende Kraft, die Er allein besitzt, für sein Kind wirksam wird, von dem er weiß, dass es von Natur aus tot ist in Übertretungen und Sünden. Du wirst auch bemerken, lieber Bruder, dass es in der Zucht und Ermahnung „des Herrn“ ist. Das impliziert Achtung und Anerkennung der Autorität dessen, der über das Kind gestellt ist. Es impliziert nicht eine Beziehung als „Vater“ oder als „Christus“. Das, was dazu passend wäre, würde „Sohn“ oder „Kind“ sein oder „Glied seines Leibes“. Das ist auch sehr wichtig: Obwohl es so ist, dass keiner Ihm wahrhaftig wohlgefallen kann als nur solche, die in Beziehung zu Ihm stehen, so bedeutet doch das Wort „Herr“ nicht notwendigerweise und ausschließlich dies.

Kinder anders als so zu behandeln, bedeutet nach meinem Verständnis, ihre Seelen zu verletzen und das Werk der Gnade Gottes zu hindern, soweit wir das beeinflussen können. Wenn ein Kind feststellt, dass seine Eltern es für gewöhnlich als außerhalb des Ortes selbst der äußeren Beziehung mit Gott betrachten (vgl. 5Mo 14,2 mit Eph 2,3; siehe auch 1Kor 7,14), und wenn es dann die Eltern für sich selbst beten hört als jemand, der nicht errettet ist, dann wächst es auf in dem Gedanken (der wahr sein kann), dass das so ist. Es sieht dann Bekehrung als etwas an, was eines Tages vielleicht über ihn kommt und vielleicht auch nicht. Anstatt seine Augen auf Christus und völlig weg von sich selber zu richten, wendet es seine Augen nach innen und wird so verletzt und gehindert in seiner Seele: zurückgeworfen vielleicht für eine lange Zeit, in Finsternis mit der Beschäftigung, wohin die Beschäftigung mit sich selbst zwangsläufig führen muss; während andererseits, wenn man anders mit dem Kind gehandelt hätte, es durch die Gnade die Güte Gottes genossen hätte, die besser ist als Leben.

Wie unwillig hat Mose solch einen Kompromiss Satans, wie er durch den Pharao vorgeschlagen wurde (2Mo 10), zurückgewiesen. Dessen Antwort „Geht nun ihr, die Männer“ hat er beantwortet mit: „Wir werden gehen mit unseren Jungen und mit unseren Alten mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern“ usw. Und wie oft fallen christliche Eltern in dieselbe Schlinge des Feindes und trennen in Bezug auf den äußeren Boden des Segens zwischen den Eltern und den Kindern, sowohl in ihrem eigenen Verständnis als auch in der Erziehung, die sie ihnen geben. Nein! Alle müssen so wie Noah vor Alters auf demselben Platz des Segens sein. „Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus“ zeugt von diesem gesegnetem Weg der Güte Gottes und seiner Barmherzigkeit. „Ich habe dich als gerecht vor mir befunden“ (1Mo 7,1) spricht davon, dass das Haupt des Hauses seiner Seele gesegnet wurde; und selbst sein Sohn, der leider später seinen Vater verunehrte, ging mit ihm ein an den Ort der Sicherheit.

Sicherlich werden weise Eltern ihr Kind nicht als Kind Gottes betrachten, ehe sie die Zeichen eines lebendig gemachten Gewissens erkennen und die Furcht des Herrn in ihm wahrnehmen. Aber sie versuchen, sein Herz auf Christus hinzulenken in der Praxis, in der Unterhaltung und in den Wegen. Und so wird Abhängigkeit von Gott, Dankbarkeit des Herzens für seine Barmherzigkeiten, Gehorsam seinem Willen gegenüber auf sein Herz gelegt und der Glaube eines Elternteils wird beantwortet von Gott, indem Er dem Kind lebendigen Glauben schenkt. Ich glaube, wir sollten für unsere Kinder auf Gott rechnen; für ein jedes von ihnen – und wo bei Eltern wahrer Glaube ist, um das zu tun, da wird auch der, der das Kind geschenkt hat, den Glauben beantworten, indem Er das Kind zu einem der Seinen macht.

Es gibt viele Gedankengänge in Verbindung mit diesem interessanten Gegenstand, auf den wir noch eingehen könnten, und wenn der Herr will, werden wir das auch in einem anderen Brief tun.

Herzliche Grüße
F.G.


Originaltitel: „On the Training of the Children of Believers“
aus Words of Truth, Jg. 7, 1872, S. 36–40


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