Die Einheit bewahren
Epheser 4,1-6

Werner Mücher

© W. Mücher, online seit: 02.10.2010, aktualisiert: 02.02.2023

Leitverse: Epheser 4,1-6

Eph 4,1-6: Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, dass ihr würdig wandelt der Berufung, mit der ihr berufen worden seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens. Da ist ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in uns allen ist.

Einleitung

Paulus ermahnt die Gläubigen in Ephesus vom Gefängnis in Rom aus, die Einheit des Geistes zu bewahren. Zuvor hat er ihnen in den Kapiteln 1–3 den großartigen Plan Gottes zur Errettung der Gläubigen dargelegt. Er beschreibt dort ihr Einssein mit Christus und miteinander, ihre himmlische Stellung und daraus resultierend, wie sie die Einheit des Geistes im Miteinander widerspiegeln sollten.[1]

Wenn wir die Einheit mit Christus und untereinander praktizieren, ist das ein Wandel, der der Berufung würdig ist. Diese Wahrheit sollte uns tief durchdringen. Das erhabene Ziel, das Gott mit uns als seinen Kindern hat und das in Zukunft, wenn wir beim Herrn sind, vollkommen verwirklicht wird, soll sich schon jetzt im Umgang der Gläubigen miteinander mehr und mehr auswirken. Wie können wir dieser Ermahnung nachkommen? Indem wir die Einstellungen oder Verhaltensweisen, die der Apostel hier aufzählt, kultivieren.

Mit aller Demut

Das Gegenteil von Demut ist Stolz, Wichtigtuerei, Arroganz, sich für bedeutend halten usw. Das alles sind Kennzeichen unserer sündigen Natur. Wir sollen, was an uns liegt, aktiv einen geringen Platz unter den Gläubigen suchen. Das bedeutet nicht, dass wir uns verkriechen, sondern vielmehr, dass wir bereit sind, einander zu dienen, zu helfen, uns umeinander zu kümmern. Das kann Verzicht auf eigene Wohlannehmlichkeiten bedeuten. Echte Demut entspringt der Liebe: „Die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf …, sie sucht nicht das Ihre“ (1Kor 13,4.5). Diese Verse machen deutlich, wie eng Demut und Liebe miteinander verbunden sind.

Mit Sanftmut

Wenn Demut das aktive Suchen eines geringen Platzes ist, so ist Sanftmut die Antwort der Liebe auf die Zurücksetzung durch andere. Wie reagiere ich, wenn mir Unrecht zugefügt wird, auf Ablehnung oder darauf, dass ich übersehen werde? Es gibt viele Formen von Zurücksetzung und Nichtbeachtung bis hin zu Verleumdung usw.

Gibt es nicht manche Anschuldigungen und sogar Feindschaft unter Gläubigen? Es ist nicht einfach, Feindschaft seitens der Welt zu akzeptieren, obwohl der Herr die Jünger aufgefordert hat, dass sie ihre Feinde lieben und für sie beten sollten (Mt 5,44). Doch wie gehen wir mit Feindschaft seitens der Gläubigen um? Sind wir bereit, erst einmal einzustecken, die Sache dem Herrn zu übergeben und für die Person zu beten? Sanftmut ist eine hervorragende Tugend. Ohne sie ist die Bewahrung der Einheit nicht möglich. Auch das geht nur mit der Liebe: „Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles“ (1Kor 13,7).

Wenn man über Demut und Sanftmut nachdenkt, kommt einem bald das Wort Jesu in den Sinn: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“ (Mt 11,29).

Mit Langmut

Wie lange sollen wir langmütig sein? Ist es nicht häufig so, dass es uns irgendwann reicht und uns die Hutschnur platzt? Das ist keine Langmut. Der Langmütige gibt den anderen nicht auf. Lerne ich nicht aus den Fehlern der Mitgeschwistern die Hässlichkeit der Sünde kennen, die auch ich noch habe? Gott ist sehr langmütig, Er will nicht, dass irgendjemand verlorengeht (2Pet 3,9). Wie anders kann man es sonst erklären, dass das Gericht über all das Böse in der Welt noch nicht vollzogen ist? Auch Langmut kommt aus der Liebe hervor: „Die Liebe ist langmütig, ist gütig“ (1Kor 13,4). Damit beginnt übrigens die Aufzählung der Eigenschaften der Liebe in 1. Korinther 13. Das ist sicher nicht von ungefähr.

Einander ertragend in Liebe

Jetzt erst kommt der Apostel auf die Liebe zu sprechen. Wir hätten vielleicht damit begonnen. Doch die zuvor aufgezählten Tugenden sollen dazu führen, dass die Gläubigen einander ertragen, und das soll in Liebe geschehen. Dann akzeptiert man den anderen so, wie er ist, auch wenn man sich mal aneinander reibt, was sehr weh tun kann. Wir sollen nicht auf Abstand gehen. Es geschieht so leicht, dass man dann nebeneinanderher lebt und sich aus dem Weg geht. Das entspricht aber nicht der Liebe. Sie erträgt den anderen nicht nur, sondern sucht ihn.

Und was soll ich alles an dem anderen ertragen? Er ist so völlig anders als ich. Er widerspricht mir immer. Er weiß immer alles besser. Er hat in so manchen Punkten eine ganz andere Schrifterkenntnis. Dennoch einander ertragen? Ja, denn wir gehören zusammen, wir sind in Christus fest miteinander verbunden und bilden alle zusammen eine Einheit.

Euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren

Wie immer wir uns zueinander verhalten, ob wir Konflikte austragen oder einander aus dem Weg gehen: Wir kommen nicht voneinander los. Wir bilden eine unzerstörbare Einheit, weil wir Christus angehören und jeder von uns mit Ihm einsgemacht ist und dadurch untrennbar mit allen anderen Gläubigen verbunden ist. Für diese großartige Einheit gebraucht die Schrift das Bild des Leibes (vgl. Eph 1,22.23; 3,4-6). Wer Christus angehört, wird nie mehr von Ihm getrennt werden und daher auch nicht von seinen Mitgläubigen. Wir mögen hier auf der Erde für eine Zeitlang einander aus dem Weg gehen, im Himmel wird das nicht mehr der Fall sein.

Diese Einheit auszuleben, fällt uns nicht leicht. Das lernen wir aus 2000 Jahren Kirchengeschichte und nicht zuletzt aus einem Zweig der Erweckungsbewegung, der angetreten war, die Einheit aller Gläubigen „auszudrücken“. Wer das studiert, kann nur mit dem Kopf schütteln, und wer dazugehört, kann sich nur zutiefst schämen. Das heißt nicht, dass jeder einzelne Gläubige gleich schuldig ist, wohl aber, dass er mehr oder weniger in seinem Verhalten Gläubigen gegenüber dadurch geprägt ist.

Das Bewahren der Einheit des Geistes fällt uns nicht in den Schoß; wir werden aufgefordert, uns zu befleißigen, sie zu bewahren. Dazu müssen wir durchaus etwas einsetzen. Das erinnert mich an die Aufforderung in Hebräer 12,14: „Jagt dem Frieden nach mit allen und der Heiligkeit, ohne die niemand den Herrn schauen wird.“ So wie wir dem Frieden und der Heiligkeit nachjagen sollen, so sollen wir uns befleißigen[2], die Einheit des Geistes zu bewahren. Was heißt das nun konkret?

Die Einheit des Geistes setzt voraus, dass die Gläubigen zu dem einen Leib gehören und dadurch bereits eine Einheit bilden. Doch um dieses Einssein in die Praxis des täglichen Lebens umzusetzen, brauchen wir die Kraft des Geistes Gottes. Eine der großen heilsgeschichtlichen Tatsachen ist, dass der Heilige Geist seit dem Pfingsttag heutzutage in jedem Gläubigen wohnt; er ist mit dem Heiligen Geist versiegelt (Eph 1,13; 4,30), und sein Körper ist der Tempel des Heiligen Geistes (1Kor 6,19). Das ist einer der großen Unterschiede zu den Gläubigen der früheren Haushaltung (AT).

Eins der großen Ziele des Heiligen Geistes ist es, uns Christus großzumachen, uns in die ganze Wahrheit des Wortes Gottes einzuführen und uns das Kommende zu verkündigen (vgl. Joh 16,13-15). Er bewirkt in uns das Wachstum und führt uns in eine zunehmend engere Beziehung zu Christus. Er will in uns bewirken, dass Christus durch uns verherrlicht wird. Er macht uns bekannt mit unserer herrlichen Zukunft und lehrt uns, was unser Einssein mit Christus bedeutet. Er will unser Gewissen schärfen und mahnt uns, wenn wir uns nicht recht verhalten. Wenn wir gesündigt haben, führt Er uns zum Bekenntnis, damit wir Vergebung von Gott erlangen.

Bei alledem – und das ist die Bedeutung dieser Stelle – will der Geist Gottes uns zur Einheit untereinander führen. Die grundsätzliche Einheit („Da ist ein Leib“) ist ja da, doch sie soll auch durch die Kraft des Heiligen Geistes in die Praxis umgesetzt werden. Das ist die Einheit des Geistes: eine durch den Geist Gottes bewirkte praktische Einheit der Gläubigen. Wir brauchen die Einheit nicht herzustellen; sie ist vorhanden und soll bewahrt werden. Das ist ein lohnendes Ziel. Damit ist großer Segen verbunden, und nur so können wir ein wirkungsvolles Zeugnis vor der Welt sein. Wenn Gläubige nicht miteinander auskommen, ist das ein sehr negatives Zeugnis für die Welt.

In dem Band des Friedens

Der Friede ist ein hohes Gut. Von Natur aus waren wir alle „Feinde Gottes“ (Röm 5,10) und „verhasst und einander hassend“ (Tit 3,3). Bei der Bekehrung hat Gott seine Liebe in unsere Herzen gesandt und uns seinen Frieden geschenkt. Wir haben Frieden mit Gott! In allen Briefen des Neuen Testamentes wünschen die Schreiber den Gläubigen Frieden.

Nach dem Frieden hier müssen wir jagen. Der Friede verbindet miteinander; er schafft ein festes Band. Und wenn Liebe und Frieden so zusammenkommen, ist das die beste Voraussetzung dafür, dass die Einheit unter den Gläubigen bewahrt wird. Liebe und Frieden sind die tragenden Säulen dieser Einheit.

Da ist ein ein ein

Nun führt der Geist Gottes den Apostel, auf sieben Dinge hinzuweisen (besser: auf drei göttliche Personen, nämlich Geist, Herr, Vater, und auf vier wichtige Heilstatsachen, nämlich Leib, Hoffnung, Glaube, Taufe), die alle Christen gemeinsam haben, die sie miteinander teilen und die sie wie ein siebenfaches Band umschließt: ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe und ein Gott und Vater aller. Wir wollen in dieser Reihenfolge darüber nachdenken.

Da ist ein Leib

Es gibt nur diesen einen Leib, und zu ihm gehören alle wahren Gläubigen, alle wiedergeborenen Kinder Gottes. Das Besondere ist, dass dieser Leib ein herrliches Haupt hat: Christus in der Herrlichkeit. Dazu lesen wir in Epheser 1,20-23: „Gott hat gewirkt in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte; (und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt).“

Diese Verse enthalten solch eine wichtige Offenbarung der Wahrheit Gottes, dass wir uns Zeit nehmen sollten, uns ein wenig hineinzudenken. Gott hat Christus nach vollbrachtem Werk aus den Toten auferweckt und Ihn dann zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern gesetzt. Christus hat den höchsten Platz, den Gott einem Menschen überhaupt geben kann. Damit hat Er Ihm die größtmögliche Herrlichkeit gegeben. Unser Herr ist über alles Erschaffene hoch erhoben – über alle Machtstrukturen, sowohl in der unsichtbaren als auch in der sichtbaren Welt. Er ist weit erhoben über jeden Namen (Ehrentitel), ob in der gegenwärtigen oder in der zukünftigen Welt. Gott hat restlos alles seinen Füßen unterworfen. Davon ist nichts ausgenommen – oder doch? Das bedeutet also, dass Gott Christus zum Haupt über alles gemacht hat. Das stimmt mit Vers 10 im selben Kapitel überein: „… alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist“ (Eph 1,10).

Nun folgt die Hauptaussage dieses recht langen Satzteils: „… und hat … ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“ (Eph 1,22.23). Nachdem Gott Ihn zum Haupt über die gesamte Schöpfung gemacht hat, hat Er Ihn danach der Versammlung, der Gemeinde, zum Haupt gegeben. Er ist also nicht nur in zweifacher Hinsicht Haupt, sondern die Gemeinde ist mit Ihm als Haupt über alles erhöht und herrscht mit Ihm über alles. Die Gemeinde ist also die Ausnahme; sie ist das, was Ihm nicht unterworfen ist, da sie ja mit Ihm einsgemacht ist.

Geschwister, sind wir uns dieser Berufung, dieser hohen Stellung in himmlischen Örtern so recht bewusst? Das bedeutet es, zu dem einen Leib zu gehören, und das ist das Teil jedes Gläubigen in dieser Heilsperiode. Das ist die Segnung, die wir alle miteinander teilen. Und je enger unsere persönliche Beziehung zu Christus ist, umso näher kommen wir einander. Es ist wie mit einem Kreis und seinem Zentrum. Das Zentrum ist Christus. Je näher jemand innerhalb des Kreises dem Zentrum ist, desto näher ist er auch den anderen.

Der Gefahr der Spaltung, die der Apostel Paulus im ersten Brief an die Korinther behandelt, sind wir heute weitgehend erlegen. Die Gläubigen sind in zahllose Verbände und Gemeinschaftskreise aufgeteilt. All das ist ein Beweis dafür, dass wir uns schwer versündigt haben, die Einheit des Geistes zu bewahren. Treten viele diese Einheit nicht mit Füßen? Stattdessen setzen viele alles dafür ein, dass ihr Gemeinschaftskreis bewahrt und „rein erhalten“ wird. Wohin sind wir nur gekommen! Muss das so bleiben?

Ganz zertrennt die Heil’gen stehen …,
Einheit ist nicht mehr zu sehen.
[3]

Ein Geist

Nachdem wir nun gesehen haben, dass alle Gläubigen zu dem einen Leib gehören, erinnert Paulus daran, dass es nur einen Geist gibt. Durch Ihn ist jeder Gläubige von neuem geboren (Joh 3,5.6). Außerdem wohnt Er, wie wir uns erinnert haben, in jedem Gläubigen persönlich. Jeder Gläubige ist mit dem Heiligen Geist versiegelt; Gott hat sozusagen seinen Eigentumsstempel auf ihn gesetzt. Zusätzlich wohnt Er auch in der Gemeinde in ihrer Gesamtheit als dem Haus Gottes (1Kor 3,16).

Der Geist wirkt immer in Richtung Einheit. Wenn wir Ihn wirken lassen, treibt Er uns näher zu Christus und gestaltet in uns die Charaktereigenschaften Christi. Er verwandelt uns in sein Bild. Der Geist wirkt in den Gläubigen eine neunfache Frucht: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit“ (Gal 5,22.23).

Lassen wir den Geist in uns jedoch nicht wirken, wirkt umso kräftiger die sündige Natur, das Fleisch, in uns. Es ist Feindschaft gegen Gott und gegeneinander. Und was bringt es hervor? „Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind: Hurerei, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Streit, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Sekten, Neid, Totschlag, Trunkenheit, Gelage und dergleichen“ (Gal 5,19-21). Was sind das für hässliche Dinge! Sie treiben die Gläubigen auseinander, die entzweien sie.

Eine Hoffnung unserer Berufung

Gott hat einen erhabenen Plan mit all seinen Kindern und hat sie zu großen Segnungen berufen. Die christliche Hoffnung beinhaltet nicht nur, dass wir in den Himmel kommen, sondern dass wir vom Herrn Jesus, wenn Er kommt, in das Haus seines Vaters aufgenommen werden (Joh 14,1-3). Der Herr hat dafür gebetet, dass die Seinen einmal bei Ihm wären, damit sie seine Herrlichkeit schauen können (Joh 17,24). Wir werden als seine Braut an seiner Seite sein und seine Herrlichkeit widerspiegeln. Als solche werden wir auch das neue Jerusalem bilden, das vom Himmel herabkommt. Das gilt nicht nur für das 1000-jährige Friedensreich (Off 21,9–22,5), sondern auch für den ewigen Zustand (Off 21,2-4). Wir sind dann die himmlische „Regierungsmetropole“. Das sind nur einige erhabene Ziele Gottes mit uns als seinen Kindern.

Das Thema der „einen Hoffnung“, das der Apostel hier kurz anschneidet, ist sehr umfangreich. Hier geht es darum, dass alle Kinder Gottes diese Hoffnung gemeinsam haben. Daran dürfen sie sich gemeinsam erfreuen und sich damit ermuntern (vgl. 1Thes 4,18). Das ist unsere herrliche Zukunft, das Ziel, auf das wir zugehen. Sollte uns das nicht von ganzem Herzen einen?

Stattdessen ist es leider eine Tatsache, dass viele Erörterungen geschrieben worden sind und immer noch geschrieben werden, worin man die unterschiedlichsten Sichten bekämpft und zu einem Zankapfel macht. Doch auch hier gilt, dass wir einander so weit wie möglich ertragen sollen, wenn es um Erkenntnisunterschiede geht, die nicht heilsnotwendige Teile der Wahrheit betreffen. Missbraucht man unterschiedliche Standpunkte, um Gläubige zu entzweien, ist das ein schlimmes Übel. Das gilt für alle Teile der göttlichen Wahrheit.

Ein Herr

Alle Gläubigen haben ein und denselben Herrn. Sie alle unterstehen seiner Autorität. Ihn zu lieben, Ihm anzuhangen und Ihm zu dienen, ist unser großes gemeinsames Vorrecht. Was für ein Segen ist es für eine Ehe, gemeinsam diesem einen Herrn zu folgen. Es gibt kein Band, das eine Ehe fester umschließt, als dieser eine Herr. Das ist die dreifache Schnur des Predigers: „Eine dreifache Schnur zerreißt nicht so schnell“ (Pred 4,12).

Was für ein Segen für eine Gemeinde, wenn dieser eine Herr der Dreh- und Angelpunkt, ja der Mittelpunkt ist! Da sind alle auf Ihn ausgerichtet. Er kann seine Verheißung wahrmachen und in die Mitte derer kommen, die zu seinem Namen versammelt sind (Mt 18,20). Er ist es, zu dem wir uns dann versammeln. Alle unterstehen – wenn es gut steht – seiner Autorität. Jeder Dienst wird aus Liebe zu Ihm an den Geschwistern oder Mitmenschen getan, ob in den Zusammenkünften oder im übrigen Miteinander der Geschwister oder in der Verkündigung des Evangeliums. Niemand drängt sich vor, und niemand drückt sich.

Der Gemeinde in Philadelphia sagt der Herr anerkennend: „Du hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet“ (Off 3,8). Wie schätzt Er es, wenn sich alles an Ihm ausrichtet, und wie kann Er dort segnen. Dann trägt eine Gemeinde nicht vergeblich den schönen Namen Philadelphia (= Bruderliebe[4]). Wo sich die Herzen der Gläubigen um den einen Herrn drehen, sind sie auch füreinander besorgt, wodurch ihre echte und aufrichtige Zuneigung zueinander zum Ausdruck kommt.

Was für ein Vorrecht ist es, Ihm gemeinsam als Gläubige dienen zu dürfen! Das ist wieder solch ein ganz besonderer Segen. Dafür gibt es viele Beispiele im Neuen Testament. Durch die Zusammenarbeit werden Kräfte nicht nur addiert, sondern potenziert. Dazu gehört aber ein gewisses Maß an geistlicher Reife, dass man einander Freiheit gibt, dass jeder auf seine Weise dem Herrn dient. Man darf nicht übereinander herrschen.

Ein Glaube

Hier ist Glaube nicht der persönliche Glaube der Kinder Gottes, sondern das Glaubensgut, das sie alle miteinander teilen. Es gründet auch auf das Wort Gottes. In der Welt gibt es eine Vielzahl von Glaubensrichtungen, von Religionen. Der christliche Glaube fußt einzig und allein auf dem Wort Gottes. Darin hat Gott sich offenbart.

Im Alten Testament lernen wir Gott als einen gütigen Gott kennen, der eine enge Beziehung zu einzelnen Gläubigen hatte und auch zu einem besonderen Volk, das Er sich auserwählt hatte. Auch den übrigen Völkern hat Er sich nicht unbezeugt gelassen (Apg 14,16.17). Er ist zugleich heilig und hat hier und da, wo man seinen offenbarten Willen missachtet hat, Gericht geübt: an einzelnen Menschen, einmal an der gesamten Menschheit (mit wenigen Ausnahmen), an ganzen Städten, an seinem Volk Israel und auch an verschiedenen Völkern (z.B. den Weltreichen).

Im Neuen Testament hat Er sich in seinem Sohn Jesus Christus als ein liebender Vater offenbart und hat sich durch das Blut seines Sohnes ein Volk erworben, das eine himmlische Berufung hat. Der christliche Glaube ist die höchste Offenbarung, die Gott von sich gegeben hat. Und diese Offenbarung ist das gemeinsame Teil aller Gläubigen in dieser Zeit.

Eine Taufe

Alle Gläubigen sind mit einer Taufe getauft worden. Es hat im Lauf der Geschichte heftige Auseinandersetzungen über das rechte Taufverständnis gegeben. Dabei ist die Taufe solch ein wichtiges Symbol, mit der jeder Christ den Weg der Nachfolge beginnt. Die Taufe ist ein Bild des Todes: Man lässt sich auf den Tod Jesu Christi taufen. Der Gläubige ist „nun mit ihm begraben worden durch die Taufe auf den Tod“ (Röm 6,4). Er zieht einen Schlussstrich unter sein früheres Leben. Die Taufe ist zugleich das Begehren vor Gott, fortan mit gutem Gewissen Christus nachzufolgen (1Pet 3,21). Jeder, der sich zu Christus bekennt, ist getauft – oder sollte es sein. Die Taufe erinnert uns daran, dass wir mit Christus gestorben sind. Das ist eine Wahrheit, die es tagtäglich zu verwirklichen gilt. Und da sind wir alle als Gläubige gefordert.

Ein Gott und Vater aller

Als krönender Abschluss dieser Aufzählung, was Gläubige gemeinsam haben, spricht der Apostel von dem einen Gott und Vater. Er ist Gott und Vater nur der Gläubigen. Von Ihm geht alles aus, Er ist der mächtige Gott, der sich in seiner herablassenden Liebe als Vater offenbart hat. Jeder Gläubige darf zu Gott sagen: mein Gott, aber auch: mein Vater. Jeder steht in dieser zweifachen Beziehung zu Gott, wie auch der Herr Jesus in dieser zweifachen Beziehung zu Gott steht: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph 1,3).

Christus war vor seiner Menschenwerdung in enger Beziehung als Sohn zu seinem Vater. Erst dadurch, dass Er Mensch wurde, ist Er in diese Beziehung als Mensch zu Gott eingetreten. Bei uns ist es genau umgekehrt: Gott ist immer unser Gott gewesen, doch erst nachdem wir uns haben bekehren dürfen und das ewige Leben empfangen haben, ist dieser Gott jetzt auch unser Vater. Über diese zweifache Beziehung, in der wir heute zu Gott und dem Vater stehen, teilt die Schrift uns sehr viel mit. Das wäre ein schönes Thema für sich. Hier geht es darum, dass wir alle diese Beziehung zu unserem Gott und Vater haben und dass das ein starker einigender Faktor ist.

Unser Gott und Vater ist über uns allen, Er ist die höchste Autorität. Er will in und durch alle seine Kinder wirken, und Er wohnt sogar in den Gläubigen. Das erleben wir nach den Worten des Herrn Jesus ganz praktisch, wenn wir seinen Sohn, unseren Herrn Jesus lieben und sein Wort halten: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen“ (Joh 14,23).

Es lohnt sich, alles dafür einzusetzen, die Einheit des Geistes zu bewahren, und schon jetzt den Segen zu erfahren, der damit verbunden ist. Was für eine Freude wird das für den Vater und den Sohn sein und wie werden sie dadurch geehrt!

Wir sehr dem Herrn Jesus daran lag, dass seine Jünger einander liebten und dadurch ein Zeugnis für die Welt wären, wissen wir aus den Worten, die Er seinen Jüngern in der Nacht sagte, als Er verraten wurde: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebet, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Joh 13,34.35).

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Anmerkungen

[1] Wir gehen in diesem Artikel nicht auf die Frage ein, wann es erforderlich ist, die Gemeinschaft abzubrechen (z.B. bei einem Leben in der Sünde, bei Festhalten an glaubenszerstörenden Lehren oder bei Verbindungen zum Bösen). Das ist nicht das Thema dieses Abschnittes und daher auch nicht dieses Artikels.

[2] Mögliche Übersetzungen für „befleißigen“ sind: sich beeilen, sich sputen, hasten, schnell machen; allen Ernst an etwas setzen, etwas gewissenhaft ausführen, sich bemühen bzw. eifrig erweisen (verbunden mit Kraftaufwand); seinen Eifer in etwas einsetzen (vgl. Gal 2,10; 1Thes 2,17; 2Tim 2,15; 4,9.21; Tit 3,12; Heb 4,11; 2Pet 1,10.15; 3,14).

[3] Geistliche Lieder, Nr. 127, 2. Strophe.

[4] Beachte, dass der Geist Gottes hier nicht das meist verwendete Wort für „Liebe“ (agape) gebraucht, sondern philia, was man mit „Zuneigung“ übersetzen könnte: Zuneigung zum Bruder, sich dem Bruder zuneigen.

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Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

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