Unabhängigkeit
Zwei alte Briefe

John Nelson Darby

© SoundWords, online seit: 01.01.2001, aktualisiert: 26.01.2022

Mein lieber Bruder,

danke für Deinen Brief. Natürlich lese ich die Korrespondenz, die die Brüder mir zuschicken, und danke ihnen dafür; und so der Herr will, schreibe ich, wenn ich sie gelesen habe. Es ist klar, dass ich nichts Konkretes sagen sollte, bis das passiert ist. Aber erlaube mir zu bemerken, dass Dein Brief die Sachlage nicht richtig einschätzt. Nehmen wir einmal an, wir schließen hier eine Person aus und Ihr nehmt sie in S. auf, dann ist klar, dass Ihr damit geleugnet habt, dass wir hier als Leib in Christi Namen versammelt sind und in seiner Autorität gehandelt haben: Denn das ist es, wovon die Zucht abhängig ist.

Weiter wird die Einheit des Leibes vollständig geleugnet. Es ist klar, wenn ich daran teilhabe, eine Person hier auszuschließen, weil ich Christus gegenüber treu bin, dann kann ich nicht gleichzeitig an einem anderen Ort daran teilhaben, mit ihm dort Brot zu brechen. Brüder vereint im Namen des Herrn sind nicht unfehlbar, und Protest mag ganz richtig sein, aber wenn eine Person an dem einen Ort aufgenommen wird, die an einem anderen zurückgewiesen wird, dann ist klar, dass es mit der Einheit und der gemeinsamen Handlung zu Ende ist. Ich sage nicht, dass Ausschluss die ganze Sache ist; ich antwortete nur auf die Aussage, die Du getan hast in Bezug auf das Sich-Unterscheiden im Urteil.

Wenn Zurückweisen irgendetwas bedeuten soll, dann heißt das, dass die Versammlung Gottes durch die Autorität des Herrn eine böse Person von der Versammlung zurückweist – vielleicht zu seinem Guten. Wenn eine andere Gruppe von Christen ihn aufnimmt, ist es klar, dass sie die anderen nicht als unter der Autorität des Herrn handelnd anerkennen und auch nicht anerkennen, dass sie als eine Versammlung gehandelt haben, wo der Heilige Geist ist. In dem besagten Fall, wenn ich davon sprechen soll, habt Ihr alle Brüder in L. als eine Versammlung abgewiesen und abgeschnitten. Wie könnte ich zu der Ablehnung einer Person hier stehen und sie gleichzeitig in S. aufnehmen? Wenn das bewusst getan wird, ist das tatsächlich unmöglich. Wenn ich hier nicht mit ihm in Gemeinschaft bin, aber dort wohl mit ihm in Gemeinschaft bin, ist die Einheit des Leibes weg. Und wo ist die Autorität des Herrn? In beiden nicht. Eure Handlung ist ganz klar eine Verurteilung der ganzen Versammlung in L. als solche, die nicht unter der Autorität des Herrn gehandelt haben, und das in einem Punkt, der die Gemeinschaft jeder Person, die darin ist, berührt. Die Sache ist klar genug – habt Ihr das bedacht?
Herzlichst in Christus.

Keine Personen beispielsweise, die hinausgetan wurden oder sich freiwillig getrennt haben von X, würden hier zugelassen. Sie würden getrennt worden sein von der Einheit des Leibes dort, wenn Ihr Euch dort als solche versammelt, die die Einheit des Leibes repräsentieren, und so würden sie auch hier nicht mehr in dieser Einheit stehen.

London, Dezember 1863

 

Mein lieber Bruder [an denselben],

ich habe Deinen Brief empfangen, aber nicht das Heft, welches ich sorgfältig lesen werde, wenn ich die Gelegenheit dazu habe. In meinem früheren Brief konnte ich nur von den allgemeinen Grundsätzen sprechen, da ich die Korrespondenz nicht hatte. Ich kann mich auch jetzt nur auf die Inhalte Deiner Briefe beziehen, da ich das Heft nicht habe, welches nicht so schnell geschickt wird wie ein Brief. Aber Dein Brief selber beinhaltete so viele wichtige Grundsätze, dass ich auf gewisse Punkte antwortete, obwohl ich nicht die Korrespondenz hatte. Wobei ich Dir gestehen muss, dass es bei mir nicht viel Hoffnung auf ein gutes Ergebnis gibt. Ich bin manchmal überrascht, wie wenig Bewusstsein die Brüder davon haben, welche Auswirkungen ihre Handlungen haben. Du fragst: Ist es ein Band der Zucht, das den Leib zusammenhält? Ich antwortete: In der Praxis unzweifelhaft. Die Einheit des Leibes in sich selbst ist unverwundbar. Sie ist göttlich bewahrt, und das für immer. Aber die offenbarte Einheit des Leibes hier wird erhalten durch Zucht, und ohne dem geht es nicht. Obwohl im Geheimen es Gottes Macht sein mag, die das tut durch ihr eifriges Wirken. Was hat den Nationalismus hervorgebracht, das heißt die Trennung der Heiligen in eine Menge weltlicher Bekenner? War es nicht die Abwesenheit von Zucht – die Abwesenheit von einem Bewahren der Heiligkeit des Tisches des Herrn? Aber um direkter auf den Fall, so wie er Dich betrifft, zu kommen: Nehmen wir einmal an, Ihr ließet bewusst die Mormonen zu, wie können andere Versammlungen mit euch den Weg gehen? Willst Du die Zulassung der Bosheit der ganzen Versammlung Gottes aufzwingen? Nehmen wir an, Ihr lasst Ehebrecher zu, sollten wir in Einheit fortfahren? Ihr werdet sagen, Ihr habt kein Recht, solche Dinge anzunehmen. Ich habe ein absolutes Recht, einen Grundsatz durch extreme Fälle zu beurteilen, aber ich habe einen hier gewählt, auf dem tatsächlich öffentlich bestanden worden ist bei einer Versammlung, die auf dem Grundsatz steht, den Ihr angenommen habt. Nehmen wir an, Ihr würdet Lästerer und Irrlehrer aufnehmen, sollten wir mit Euch vereinigt bleiben?

Es wird ängstlich darauf bestanden in einem Heftchen, das veröffentlicht wurde durch Yapp, dass keine Versammlung verunreinigt werden kann, indem sie Böses aufnimmt, sondern nur die einzelnen Personen, die es akzeptieren. Aber Deine Briefe sowie auch das Heft schaffen unabhängige Versammlungen, jede handelnd für sich selbst. Wenn das der Fall ist, wird die Einheit, von der die ganze Existenz der Brüder abhängig ist, völlig aufgegeben; das, wofür ich das Establishment verließ, ist völlig vorbei. Das weise ich völlig und absolut zurück. Ich gebe nicht vor, die Umstände zu kennen, denn ich war in Amerika; aber wenn ich es richtig zusammengetragen habe, dann habt Ihr das Verhalten der Brüder in L. verurteilt, ohne gehört zu haben, was sie sagten. Ich glaube, der Bruch entstand zwischen Euch und Y. aufgrund Eurer Zulassung von Z. Mit den Haupttatsachen dieses Falles kenne ich mich aus, denn ich war dabei bei dem, was passierte. Und nun erlaube mir, den Fall so zu stellen, wie er in Bezug auf ihn (den, der in L. nicht teilnehmen konnte, A.d.H.) ist; ich stelle es hier nur als Grundsatz dar. Er (oder irgendjemand anders) wird abgewiesen in L. Die Versammlung in L. hat den Fall abgewogen (und ich mit ihnen) und rechnen ihn entweder als ausgeschlossen oder als in Trennung. Ich nehme die beiden Fälle, denn ich spreche nur von dem Grundsatz. Ich nehme teil an dieser Handlung und halte ihn für außerhalb der Kirche Gottes auf der Erde, indem er außerhalb dessen ist, was die Kirche Gottes in L. repräsentiert (in jedem der beiden Fälle). Ich bin gebunden durch die Schrift, ihn also zu rechnen. Ich komme nach X: Dort bricht er Brot und ist – worin? Nicht in der Versammlung Gottes auf der Erde, denn er ist außerhalb davon in L., und es gibt keine zwei Versammlungen auf der Erde. Das kann nicht sein, dass er in der einen ist und in der anderen nicht ist. Wie kann ich mich weigern, mit ihm zu essen in L., und Brot mit ihm brechen in X., indem ich ein Gewissen habe für L. und ein anderes für X; dass ich glaube, der Geist urteilt auf die eine Weise in L. und auf die andere Weise in Y.? Es ist Chaos und Unordnung …

Aber Dein Brief zeigt mir, dass Ihr schon den Boden der Neutralität eingenommen habt; aber Neutralität zwischen Christus und dem Bösen ist schlimmer als irgendetwas anderes. „Wer nicht für mich ist, ist wider mich“, sagt Christus. Das Böse in B. ist das gewissenloseste Zulassen von Lästerern gegenüber Christus, die kälteste Verachtung seiner Person, der ich jemals begegnet bin. Alle ihre Anstrengungen, das zu entschuldigen und es zu verbergen, machen die Sache nur noch schlimmer. Alle, die nicht das ganze System verabscheuen und alle Verbindung damit, sind darin verwickelt und verunreinigt. Es ist, davon bin ich völlig überzeugt, nur ein Netz von Satan (obwohl viele Christen darin verwickelt sind). Jede Frage der Versammlungen und der Einheit verschwindet vor der Frage von B. Es ist eine Frage bezüglich Christus. Der Glaube hat meinen Weg diesbezüglich regiert, aber ich habe ihre Früchte in Amerika, in West-Indien, Frankreich, Schweiz und in einem gewissen Maße in Indien gesehen. Ich habe gesehen, dass es die Quelle und Unterstützung von Gewissenlosigkeit und Bösem überall ist, und alle die unter ihrem Einfluss waren, haben sich von Aufrichtigkeit und Wahrheit abgewandt. Ich habe Leute kennengelernt, die einander nicht bekannt waren und auch die Schwierigkeiten in England nicht kannten, die trotzdem alle dasselbe Zeugnis gaben, dass sie nichts Vernünftiges bekommen konnten von solchen, die damit verbunden waren, oder die es nicht öffentlich ablehnten [gemeint ist wohl den offenen Grundsatz von B.; A.d.H.]. Wo immer diese Schwierigkeit aufgetaucht ist, hatten Leute, die einen schlechten Weg gingen und fleischlich waren, die Neigung, darin zu verfallen und auf demselben Weg zu gehen, den Ihr auch betreten habt.

Aber bevor ich weitergehe mit diesem Punkt, erlaube mir, auf einen Brief zurückzukommen. Du sagst, Deine Argumente sind ohne Kraft, wenn die Handlungen der Brüder von L. nicht in Übereinstimmung sind mit dem Willen des Herrn; sie können in diesem Fall nicht durch seine Autorität gestützt sein; und das ist es, was unter uns die Frage gewesen ist. Wer hat nun das Recht, zu entscheiden, ob diese Handlungen nun so waren oder nicht? Das bedeutet nur, dass Ihr in … Euch selbst als kompetent erachtet, die Brüder in L. zu beurteilen, obwohl Ihr nicht dort wart, um zu wissen, was passiert ist, noch – erlaube mir das zu denken – seid Ihr überhaupt völlig informiert über das, was stattgefunden hat. Du musst mir vergeben, wenn ich glaube, dass das etwas fragwürdig ist. Ihr werdet sagen: Müssen unsere Gewissen gebunden werden durch die Handlung der Brüder in L.? Ich antwortete, prima facie, sicherlich, oder es kann keine gemeinsame Handlung geben und da sein. Ich gestehe Protest zu – und wenn es zur absoluten Notwendigkeit wegen einem bewussten Fehlurteil, dann gestehe ich auch den Abbruch der Beziehungen zu einer Versammlung zu; aber das Urteil einer anderen Versammlung im Normalfall zu missachten, bedeutet zu leugnen, dass sie fähig sind, für Christus und mit Christus zu entscheiden. Gleichzeitig stellen sie die Behauptung auf, dass sie selbst die Kompetenz haben, es zu beurteilen, ohne mit dem, was passiert ist, richtig bekannt zu sein. Ihr sagt, wir haben unsere eigene Verantwortlichkeiten dem Herrn gegenüber; andere können das nicht abmessen. Was tut Ihr in Bezug auf L.? Ihr habt das Urteil von L. als null und nichtig vor dem Herrn beiseitegesetzt. Ihr sagt nicht, dass die Einzelnen dort nicht den Geist haben, aber Ihr habt ihre gemeinsame Handlung zurückgewiesen. Wie können die beiden Gruppen zusammengehen? Ihr empfangt eine Person, weil sie in Gemeinschaft ist in L., das heißt, Ihr erkennt die Gruppe als ein kompetentes Zeugnis der Gedanken Christi an, ohne damit zu sagen, dass sie unfehlbar ist; Ihr erkennt die Gruppe an und deren Handlungen; Ihr wollt damit in Gemeinschaft sein, dann müsst Ihr auch die anderen Handlungen anerkennen. Ich erkenne an, dass Ihr völlige Freiheit habt als solche, die Ihr auch den Geist habt als Teil des Leibes Christi, dass Ihr geführt werdet, Protest einzulegen, oder dadurch, dass Ihr neues Licht in die Sache bringt, aber nicht darin, dass Ihr ihnen ihre Stellung ableugnet aufgrund Eurer eigenen Autorität und dann vorgebt, sie doch noch anzuerkennen, und davon sprecht, dass Ihr damit in Gemeinschaft seid.

Aber was Du gesagt hast in Bezug auf Bethesda – obwohl nur, wie ich gesagt habe, was ich erwartete –, zeigt Deine Position weitaus klarer. Täusche Dich nicht selbst, lieber Bruder; wo Christus in Frage steht, gibt es keinen Mittelgrund. Ihr habt Euch selbst von den Brüdern getrennt durch die Richtung, die Ihr eingeschlagen habt; Ihr denkt Euch weiser als sie. Ich habe diesen Anspruch schon anderswo gesehen: Ich kenne das Ergebnis. Es nützt nichts, wenn Du sagst, dass es nicht so sei. Wenn Ihr es nicht tätet, würdet Ihr nicht unterschieden von ihnen handeln. Ihr könnt doch nicht alleine bleiben, obwohl Ihr in Wirklichkeit die Stellung einer unabhängigen Versammlung eingenommen habt. Aber die eigentliche Frage ist jetzt: Wird Einheit gegründet auf Wahrheit oder nicht? Die Schrift sagt mir, dass es so ist. Ihr habt den Boden verlassen mit dem Vorwand, ihn besser zu bewahren als andere. Ihr seid nicht die Ersten. Ich nehme Euch das nicht ab. Ihr habt Euer eigenes Zeugnis gegen das Böse aufgegeben, aber gebt vor, es festzuhalten. Ich glaube Euch das nicht. Hier muss ich ganz deutlich werden, weil es nicht die Brüder, sondern Christus ist, der in Frage steht. Ich sehe die schlimmsten und ruinösesten Ergebnisse täglich aufspringen von dem, was ich dem Grundsatz nach vor sechzehn Jahren verurteilt habe. Auf diesem Pfad werdet Ihr bald die aktiven Unterstützter der Gleichgültigkeit in Bezug auf die Herrlichkeit Christi sein und mit dabei sein, die Unehre, die seinem Namen angetan wird, zu entschuldigen und zu bedecken. Ich kann mir leicht vorstellen, dass Ihr mir das nicht glaubt. Ich antworte nur: Wenn Ihr fortfahrt darin, werdet Ihr es sehen. Ich kann nur sagen, ich habe genug gesehen, um lieber verbrannt zu werden mit Gottes Gnade, als darin einzutreten. Ich bin mir ganz bewusst, dass sich das auch bezieht auf das, was ich bezüglich B. gesagt habe: einen Geist der Parteiung usw. … Ich lasse sie reden; der Herr wird all das richten, aber ich weiß für mich selber, was ich sage und warum ich es sage …

Es tut mir leid und ich bedaure es sehr, dass Du denken könntest, dass es eine menschliche Regelung ist, mit solchen zu brechen, die Lästerer aufnehmen und unterstützen und versuchen, darüber wegzugehen und es alles zuzudecken. Für mich ist das, was Du eine menschliche Regelung nennst, die erste Verpflichtung, die auf mir ruht als Christ. Weisheit in Zucht, das mögen alle in Frage stellen; Treue Christi gegenüber ist an der Wurzel all unseres Verhaltens. Dein Brief produziert die Wirkung in mir, dass Ihr eine sogenannte unabhängige Versammlung geworden seid. Natürlich habe ich solche Grundsätze nicht, aber was Du gesagt hast in Bezug auf B., ist der erste Schritt, und tatsächlich – von Gottes gnädiger Hand einmal abgesehen – ist der ganze Weg die kälteste Verachtung Christi, der ich jemals begegnet bin … Gott wird beurteilen, wer Ihm treu gewesen ist, … oder solche, die es verurteilen. Wohin dieser Weg führt, daran habe ich keine Zweifel. Satan macht eine große Anstrengung im Moment, die Brüder zu erschüttern in Bezug auf diese Punkte, aber das macht mich nur noch fester.

Herzliche Grüße Dein Bruder in Christus.

Pau, 19. Februar 1864


Aus Letters of J.N. Darby, Bd. 2, Nr. 132–133, S. 214–217
Quelle: www.stempublishing.com

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