Der Epheserbrief (3)
Kapitel 3

Hamilton Smith

© Beröa-Verlag, online seit: 16.01.2006, aktualisiert: 29.04.2023

Leitverse: Epheser 3

Gottes Weg, um seinen Vorsatz kundzutun

Wir haben gesehen, dass Kapitel 1 die Ratschlüsse Gottes in Bezug auf die Versammlung vorstellt, während Kapitel 2 das Werk Gottes in und mit den Gläubigen zeigt, um seine Ratschlüsse zu erfüllen. Kapitel 3 stellt die Verwaltung der Wahrheit über die Versammlung vor oder den Weg, den Gott genommen hat, um die Wahrheit den Nationen mitzuteilen, und zwar mittels des Apostels Paulus.

Vergleicht man den ersten Vers von Kapitel 3 mit dem ersten Vers von Kapitel 4 (Eph 3,1; 4,1), so wird klar, dass Kapitel 3 eine Einschaltung ist. Kapitel 2 stellt die Lehre vor und Kapitel 4 die Praxis, die mit dieser Lehre übereinstimmt. Zwischen der Lehre und der Praxis haben wir diese wichtige Einschaltung, in der der Heilige Geist die besondere Verwaltung oder den Dienst einführt, der dem Apostel anvertraut worden war. Im 2. und 9. Vers wird auf diesen Dienst hingewiesen als „die Verwaltung der Gnade Gottes“ und als „die Verwaltung des Geheimnisses“ (Eph 3,2.9). Diese Verwaltung ist ein spezieller Dienst, der darin besteht, das Evangelium zu verkündigen und die Wahrheit unter den Heiligen bekannt zu machen. Im Verlauf dieser Einschaltung haben wir die Darstellung weiterer großer Wahrheiten, in Verbindung mit der Versammlung.

Die Auswirkung der Verkündigung der Wahrheit über die Versammlung

Verse 1.2

Eph 3,1.2: Dieserhalb ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen – (wenn ihr anders gehört habt von der Verwaltung der Gnade Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist,

Der Apostel sagt uns, dass die unmittelbare Auswirkung der Verkündigung der Wahrheit von der Versammlung darin liegt, dass der, welcher dies in aller Öffentlichkeit tat, bei der religiösen Welt in Verruf kam. Diese große Wahrheit erregte die besondere Feindschaft der Juden, denn sie sieht nicht nur Juden und Nationen in der gleichen Stellung vor Gott („tot in Vergehungen und Sünden“), sondern erhöhte den Juden in keiner Weise auf einen Platz des Segens über die Nationen. Weiter sahen sie, dass die Wahrheit von der Versammlung das ganze jüdische System, mit seiner Anziehungskraft auf den natürlichen Menschen durch einen äußerlichen Gottesdienst in materiellen Tempeln, auf die Seite stellte. Das weckte den Widerstand derer, die dieses System hochhielten. Wie damals, so ist es heute. Das Aufrechthalten der Wahrheit von der Versammlung, wie sie dem Apostel Paulus geoffenbart wurde und er sie verkündigte, bringt Schmach und Widerstand vonseiten derer mit sich, die ein äußerliches religiöses Bekenntnis oder ein kirchliches System nach jüdischem Muster festhalten wollen.

Damals erregte die Ausübung dieses besonderen Dienstes, durch den das Evangelium der Gnade Gottes den Nationen verkündigt wurde, die Bosheit der voreingenommenen Juden und brachte den Apostel ins Gefängnis. Nach der Meinung der Juden durfte ein Mann, der davon sprach, zu den Nationen zu gehen, nicht am Leben bleiben (Apg 22,21.22). Paulus hingegen betrachtete sich nicht als einen Gefangenen der Menschen für irgendeine böse Tat, sondern als ein Gefangener Jesu Christi, aufgrund seines Dienstes der Liebe, indem er den Nationen die Wahrheit bekannt machte.

Die Wahrheit von der Versammlung wurde durch Offenbarung kundgemacht

Verse 3.4

Eph 3,3.4: … dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden - wie ich es zuvor in kurzem beschrieben habe, woran ihr im Lesen merken könnt mein Verständnis in dem Geheimnis des Christus -

Damit wir die Wahrheit von der Versammlung auf dem Boden göttlicher Autorität empfangen möchten, ist der Apostel sorgfältig bemüht, zu erklären, dass er seine Kenntnis „des Geheimnisses“ der Versammlung nicht durch Übermittlung von Menschen erworben habe. Er hat sie direkt von Gott durch Offenbarung erhalten, wie er es selbst sagt: „ dass mir durch Offenbarung das Geheimnis kundgetan worden.“ Diese Tatsache begegnet einer Schwierigkeit, die in Verbindung mit der Wahrheit des Geheimnisses aufsteigen könnte. Als Paulus das Evangelium in den jüdischen Synagogen verkündigte, berief er sich beständig auf die Schriften (siehe Apg 13,27.29.32.35.47; 17,2 etc.). Und die Juden von Beröa wurden besonders gelobt, weil sie die Schriften untersuchten, um zu sehen, ob das Wort, das Paulus predigte, in Übereinstimmung damit war. Aber sobald der Apostel begann, die Wahrheit von der Versammlung zu lehren, konnte er sich zur Bestätigung nicht länger mehr auf das Alte Testament berufen. Für seine Hörer wäre es nutzlos gewesen, die Schriften zu untersuchen, ob es sich also verhielte. Der Unglaube der Juden machte es ihnen sogar schwer, viele der Wahrheiten anzunehmen, die in ihren Schriften enthalten waren, wie zum Beispiel Nikodemus die Wahrheit der neuen Geburt nicht erfasste. Aber etwas anzunehmen, das sich nicht in ihren Schriften fand und das das ganze bestehende jüdische System auf die Seite stellte, das mit der Zustimmung Gottes während Jahrhunderten existiert hatte, das war für den Juden als solchen eine unüberwindliche Schwierigkeit.

Viele Christen können diese Schwierigkeit kaum einschätzen, weil die Wahrheit von der Versammlung in ihren Gedanken weitgehend verdunkelt oder sogar ganz verlorengegangen ist. Indem sie die Versammlung oder Kirche als die Summe der Gläubigen betrachten, und zwar durch alle Zeiten hindurch, haben sie keine Mühe, das zu finden, was sie glauben, dass die Kirche schon im Alten Testament war. Dass dieser Gedanke bei gottesfürchtigen Männern vorhanden war, wird durch die Überschriften bewiesen, mit denen in älteren Übersetzungen viele Kapitel im Alten Testament betitelt wurden. Sobald wir aber die Wahrheit über die Versammlung annehmen, wie sie uns im Epheserbrief enthüllt wird, sehen wir uns sofort dieser Schwierigkeit gegenübergestellt. Ihr kann nur mit der Tatsache begegnet werden, dass die Wahrheit von der Versammlung eine völlig neue Offenbarung ist.

Vers 5

Eph 3,5: … welches in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden, wie es jetzt geoffenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geiste: {d.h. in der Kraft des Geistes}

Paulus bezeichnet diese große Wahrheit, die er durch Offenbarung empfing, als „das Geheimnis“ und in Vers 4 als „das Geheimnis des Christus“. Indem der Apostel den Ausdruck „Geheimnis“ benutzt, will er damit nicht den Gedanken von etwas Geheimnisvollem vermitteln, was ein rein menschlicher Gebrauch des Wortes ist. In der Schrift ist ein Geheimnis etwas, das bis dahin verborgen gehalten wurde und nur durch Offenbarung kundgemacht werden konnte und nur durch Glauben erfasst werden kann. Der Apostel fährt fort zu erklären, dass dieses Geheimnis den Söhnen der Menschen in den Tagen des Alten Testamentes nicht kundgetan, jetzt aber den heiligen Aposteln und Propheten Christi in der Kraft des Geistes geoffenbart worden ist. Die Propheten, auf die in diesem Vers Bezug genommen wird, sind ganz klar keine alttestamentlichen, sondern vielmehr jene, die in Epheser 2,20 erwähnt sind. In beiden Fällen lautet die Reihenfolge „Apostel und Propheten“ und nicht „Propheten und Apostel“, wie man erwartet hätte, wenn es sich um alttestamentliche Propheten handelte. Darüber hinaus spricht der Apostel von dem, was „jetzt“ geoffenbart worden ist, im Gegensatz zu dem, was früher enthüllt worden war.

Die Wahrheit von der Versammlung also geoffenbart

Vers 6

Eph 3,6: … dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte {w. Mit-Leib} und Mitteilhaber [seiner] Verheißung in Christo Jesu durch das Evangelium,

Nachdem der Apostel gezeigt hat, dass die Wahrheit von der Versammlung durch Offenbarung kundgetan worden war, fasst er in einem Vers diese Wahrheit zusammen und erklärt, warum sie als „Geheimnis“ bezeichnet wird. Es ist klar, dass mit dem Geheimnis nicht das Evangelium gemeint ist; denn dieses war in den vergangenen Zeitaltern nicht verborgen. Das Alte Testament ist voll von Hinweisen auf den kommenden Erretter, obwohl diese Andeutungen wenig verstanden wurden. Was ist denn das Geheimnis? In Vers 6 wird uns klar mitgeteilt, dass diese neue Offenbarung darin besteht, „dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber seiner Verheißung in Christo Jesu“. Die aus den Nationen sind Miterben mit denen aus den Juden, nicht nur im irdischen Reich Christi, sondern im Erbe, das sowohl die Dinge im Himmel als auch die auf der Erde umfasst. Und weiter sind die Gläubigen aus den Nationen mit denen aus den Juden zu einem Leib geformt worden, von welchem Christus das Haupt im Himmel ist. Und sie sind Mitteilhaber der göttlichen Verheißungen in Christus Jesus. Die Nationen werden nicht auf das Niveau der Juden auf dieser Erde erhöht noch wird der Jude auf die Ebene der Nationen herabgesetzt. Beide werden aus ihrer alten Stellung herausgenommen und auf eine unendlich höhere Ebene gestellt, auf einem ganz neuen Boden miteinander vereint, ja auf einem himmlischen Boden in Christus. Alles dieses kommt durch das Evangelium zustande, das beiden auf einem gemeinsamen Boden von Schuld und völligem Verderben begegnet. Die drei großen Tatsachen, die in diesem Vers erwähnt werden, sind uns schon im ersten Kapitel begegnet. Die Verheißung in Christus umfasst alle Segnungen, die uns in den ersten sieben Versen jenes Kapitels enthüllt sind; das Erbteil öffnet sich vor uns in den Versen 8 bis 21, und die Wahrheit des „einen Leibes“ finden wir in den Versen 22 und 23 (Eph 3,8-21; 3,22.23).

Paulus, ein Diener der Wahrheit

Vers 7

Eph 3,7: … dessen Diener ich geworden bin nach der Gabe der Gnade Gottes, die mir gegeben ist nach der Wirksamkeit seiner Kraft.

Das Geheimnis war dem Apostel Paulus nicht nur geoffenbart worden, er war auch der Diener der Wahrheit geworden. Den andern Aposteln war das Geheimnis auch enthüllt worden, aber ihm war der besondere Dienst anvertraut worden, diese Wahrheit den Heiligen zu übermitteln. Deshalb finden wir die Entfaltung dieses Geheimnisses nur in den Briefen des Apostels Paulus. Die Gnade Gottes hatte ihm diesen Dienst anvertraut und die Kraft Gottes befähigte ihn, diese Gnadengabe auszuüben. Gottes Gaben können nur in der Kraft Gottes ausgeübt werden.

Vers 8

Eph 3,8: Mir, dem Allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, [unter] den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen {w. zu evangelisieren},

Darüber hinaus teilt der Apostel uns mit, welche Auswirkung diese große Wahrheit auf ihn selbst hatte. Angesichts der Größe der Gnade Gottes sieht er, dass er der Erste der Sünder ist (1Tim 1,15). Angesichts der unendlichen Ausdehnung des Segens, die durch das Geheimnis enthüllt wird, fühlt er, dass er weniger ist als der Geringste von allen Heiligen. Je größer die Herrlichkeiten sind, die sich unseren Blicken enthüllen, umso kleiner werden wir in unseren Augen. Der Mann, der den tiefsten Begriff dieses großen Geheimnisses hatte und seine ganze Tragweite kannte, war der Mann, der sich als der Allergeringste von allen Heiligen erkannte.

Um seinen Dienst zu erfüllen, verkündigte der Apostel nicht nur den vollständigen Ruin des Menschen, sondern auch den unausforschlichen Reichtum des Christus, einen Reichtum, der jede menschliche Berechnung übersteigt und Segnungen mit sich bringt, die ohne Grenzen sind.

Das Endziel des Dienstes der Wahrheit

Verse 9-11

Eph 3,9-11: … und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern {o. von Ewigkeit} her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat; auf dass jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes, nach dem ewigen Vorsatz {w. nach dem Vorsatz der Zeitalter; vergl. V.9}, den er gefasst hat in Christo Jesu, unserem Herrn;

Die Verkündigung des Evangeliums geschah im Blick auf den zweiten Teil des Dienstes von Paulus, um alle mit der Erkenntnis des Geheimnisses zu erleuchten, um allen Menschen zu zeigen, wie der Ratschluss Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit in der Zeit durch die Bildung der Versammlung auf der Erde zustande kommt. So würde das ans Licht kommen, was bis dahin von Grundlegung der Welt an in Gott verborgen war.

Weiter wollte Gott nicht nur alle Menschen in Bezug auf die Bildung der Versammlung auf Erden erleuchten, es war seine Absicht, dass jetzt alle himmlischen Wesen seine mannigfaltige Weisheit in der Versammlung kennenlernen sollten. Diese himmlischen Wesen hatten gesehen, wie die Schöpfung aus der Hand Gottes hervorging, und sie jubelten vor Freude (Hiob 38,7), als sie seine Weisheit in der Schöpfung sahen. Jetzt, in der Bildung der Versammlung, sehen sie „die gar mannigfaltige Weisheit Gottes“. Die Schöpfung war der vollkommenste Ausdruck seiner schöpferischen Weisheit, aber in der Formung der Versammlung wird die Weisheit Gottes in jeder Hinsicht vorgestellt. Bevor die Versammlung gebildet werden konnte, musste Gott in seiner Herrlichkeit gerechtfertigt, den Bedürfnissen der Menschen begegnet, die Sünde hinweggetan, der Tod abgeschafft und die Macht Satans zunichtegemacht werden. Die Trennung zwischen Juden und Nationen musste entfernt, der Himmel geöffnet, Christus als Mensch in die Herrlichkeit gesetzt, der Heilige Geist auf die Erde gesandt und das Evangelium gepredigt werden. Alles das und noch mehr gehört mit zur Bildung der Versammlung. Diese verschiedenen Ergebnisse konnten nur durch die mannigfaltige Weisheit Gottes zustande kommen, eine Weisheit, die sich nicht nur nach einer Seite, sondern nach allen Seiten hin offenbarte. Auch das Versagen der Kirche in ihrer Verantwortlichkeit kann die Tatsache nicht ändern, dass die Engel in der Versammlung die Weisheit Gottes kennenlernen. Im Gegenteil, der Verfall bekundet die wunderbare Weisheit nur umso deutlicher, weil sie die Versammlung trotz allen menschlichen Versagens über alle Hindernisse hinweg zur Herrlichkeit führt, „nach dem ewigen Vorsatz, den er gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn“.

Die praktische Auswirkung der Verkündigung der Wahrheit

Verse 12.13

Eph 3,12.13: … in welchem wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an ihn. Deshalb bitte ich, nicht mutlos zu werden durch meine Drangsale für euch, welche eure Ehre sind {w. welches … ist}.

Der Apostel verlässt die Entfaltung des Geheimnisses, um ein kurzes Wort zu seiner praktischen Auswirkung zu sagen. Diese Wunder werden nicht vor unseren Blicken enthüllt, um nur bestaunt zu werden, so bewundernswürdig diese Dinge auch sind. Das Geheimnis ist auch überaus praktisch, wenn es richtig begriffen und darnach gehandelt wird. Das richtige Verhalten im Licht dieser Wahrheit lässt uns zu Hause sein in der Atmosphäre Gottes, stellt uns aber außerhalb der Welt der Menschen. Als der Blindgeborene in Johannes 9 von der religiösen Welt hinausgeworfen wurde, fand er sich in der Gegenwart des Sohnes Gottes. Ähnlich ging es dem Apostel, der, während er sich auf Erden im Gefängnis der Menschen befand, Zugang hatte zu der Gegenwart des Vaters im Himmel.

Christus Jesus, der Eine, durch den alle diese ewigen Vorsätze erfüllt werden, ist der Eine, durch den wir in Zuversicht Zugang haben zum Vater. Wenn uns diese große Wahrheit Freimütigkeit gibt und bewirkt, dass wir uns in der Gegenwart des Vaters wohl fühlen, so wird sie in der Welt zu Drangsal führen. Paulus erfuhr dies, aber er sagt: „Werdet nicht mutlos durch meine Drangsale.“ Wenn wir die Wahrheit des Geheimnisses annehmen und in ihrem Licht wandeln, werden wir uns sofort außerhalb der religiösen Welt befinden. Sobald wir nach dieser Wahrheit handeln, werden wir dem Widerstand des christlichen Bekenntnisses begegnen. Es wird wie bei Paulus ein ständiger Widerstreit sein, vor allem vonseiten derer, die die Dinge aus dem Judentum festhalten und lehren.

Es muss Widerstand geben, denn diese großen Wahrheiten untergraben gänzlich den weltlichen Aufbau jedes von Menschen gemachten religiösen Systems. Wird die Wahrheit des Geheimnisses mit der Erkenntnis, in der Paulus alle Menschen zu erleuchten suchte, von den Kanzeln und Rednerpulten des Christentums verkündigt? Predigen sie das vollständige Verderben des Menschen, die völlige Verwerfung Christi durch die Welt, die Stellung Christi in der Herrlichkeit, die Gegenwart des Heiligen Geistes auf Erden, die Absonderung der Gläubigen von der Welt und die himmlische Berufung der Heiligen alles Dinge, die in der Wahrheit des Geheimnisses enthalten sind? Handeln die nationalen Kirchen und die religiösen Denominationen der Christenheit danach? Leider haben diese Dinge keinen Platz in ihren Glaubensbekenntnissen, in ihren Gebeten oder in ihren Lehren. Nein, mehr noch und schlimmer, diese große Wahrheit wird durch ihre Statuten, ihre Lehre und ihre Praxis verleugnet.

Das Gebet, dass diese Wahrheiten im Gläubigen ihr Ziel erreichen möchten

Vers 14

Eph 3,14: Dieserhalb beuge ich meine Knie vor dem Vater [unseres Herrn Jesus Christus],

Die großen Wahrheiten, die in diesem Kapitel enthüllt werden, führen natürlicherweise zum zweiten Gebet des Apostels. Im zweiten Kapitel des Briefes hatte der Apostel die große Wahrheit vorgestellt, dass die Gläubigen aus den Juden und den Nationen, zusammen aufgebaut, die Behausung Gottes bilden. Im dritten Kapitel hat der Apostel die Wahrheit des Geheimnisses vorgestellt, indem er gezeigt hat, dass die Gläubigen, sowohl aus den Juden als auch aus den Nationen, auf einen völlig neuen Boden gestellt sind und in Christus gemeinsam einen Leib bilden. Wir lernen weiter, dass dieses Geheimnis enthüllt worden ist, um jetzt die mannigfaltige Weisheit Gottes zur Schau zu stellen, nach dem ewigen Vorsatz, den Gott gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn (Eph 3,10.11).

Mit diesem großen Ziel vor Augen, wendet sich der Apostel im Gebet an den Vater mit der Bitte, dass die Heiligen sich in dem rechten geistlichen Zustand befinden möchten, um in diese Fülle Gottes einzugehen. Im Lauf des Gebets sehen wir, dass in Bezug auf die Gläubigen alle göttlichen Personen tätig sind, um diesen geistlichen Zustand in ihnen herbeizuführen. Der Vater ist die Quelle allen Segens, der Geist stärkt uns, damit der Christus in uns wohne, um uns mit der Fülle Gottes zu erfüllen, damit Gott jetzt und in allen kommenden Zeitaltern in den Heiligen verherrlicht werde.

Das Gebet hat den ewigen Vorsatz im Auge, den Gott „gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn“ (Eph 3,11), und ist gerichtet an „den Vater“, welcher die Quelle dieser ewigen Ratschlüsse ist. Deshalb werden in dem Gebet weder Tod noch Auferstehung erwähnt. Die ewigen Ratschlüsse wurden alle festgesetzt, bevor der Tod auftrat, und die vollständige Erfüllung dieser Ratschlüsse, auf die das Gebet gerichtet ist, erfolgt in einer Sphäre, wo der Tod niemals Zutritt hat.

Vers 15

Eph 3,15: … von welchem jede Familie in den Himmeln und auf Erden benannt wird,

Im Gedanken an diese neue Sphäre der Herrlichkeit wird uns gesagt, dass in dieser kommenden Welt des Segens jede Familie im Himmel und auf Erden von dem Vater benannt werden wird. In der ersten Schöpfung wurden alle Tiere vor Adam gebracht, der ihnen Namen gab, die die unterscheidenden Merkmale jeder Familie (Tierart) hervorhoben. In Verbindung mit den ewigen Ratschlüssen für die neue Schöpfung wird jede Familie im Himmel und auf Erden die Engel, die Versammlung im Himmel, die Heiligen auf der Erde von dem Vater benannt. Und so wird jede Familie ihren unterschiedlichen Charakter haben, gemäß den ewigen Ratschlüssen Gottes.

Das Gebet bezieht sich also auf alles, was im ewigen Zustand ans Licht kommen wird, entsprechend den Ratschlüssen Gottes, gefasst vor Grundlegung der Welt eine Szene, in welcher der Vater die Quelle, der Sohn der Mittelpunkt von allem ist und jede Familie im Himmel und auf Erden eine besondere Herrlichkeit des Vaters zur Schau stellt.

Vers 16

Eph 3,16: … auf dass er euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen;

Die erste Bitte ist, dass der Vater uns gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch den Heiligen Geist am inneren Menschen. Der Apostel sagt nicht: „nach dem Reichtum seiner Gnade“, wie in Epheser 1,7, sondern: „nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit“, weil das Gebet nicht in Verbindung steht mit der Befriedigung unserer Bedürfnisse, sondern vielmehr mit der Erfüllung der Ratschlüsse des Herzens des Vaters.

Im Gebet des ersten Kapitels ist die Bitte, dass wir die Kraft Gottes an uns kennen möchten; hier bittet der Apostel um Kraft, damit wir am inneren Menschen gestärkt werden. Der äußerliche Mensch ist der sichtbare, natürliche Mensch, durch den wir mit den Dingen dieser Welt in Verbindung stehen. Der innere Mensch ist der unsichtbare, geistliche Mensch, gebildet durch das Werk des Heiligen Geistes in uns, durch den wir in Kontakt sind mit den unsichtbaren, ewigen Dingen. So wie unser äußerer Mensch in stofflichen Dingen dieses Lebens gestärkt werden muss, so benötigt der innere Mensch, durch den Geist gestärkt zu werden, um in die geistlichen Segnungen der neuen Welt der Ratschlüsse Gottes eintreten zu können.

Vers 17

Eph 3,17: … dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid,

Die zweite Bitte ist, dass der Christus durch den Glauben in unsern Herzen wohne. Die erste Bitte führt zur zweiten; denn nur wenn wir durch den Geist gestärkt sind, wird Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohnen. Die Wirkung des Geistes, der vom Vater gekommen ist und in unseren Seelen tätig ist, wird sein, dass wir erfüllt werden mit den Gedanken des Vaters über Christus, um mit dem Vater über den Sohn nachzudenken.

Der Apostel bittet nicht, dass wir gestärkt werden möchten, um Wunder zu vollbringen oder irgendein schwieriges Werk zu unternehmen, sondern dass in unseren Seelen ein geistlicher Zustand bewirkt werde, durch Christus, der durch den Glauben in unseren Herzen wohnt. Die Macht der uns umgebenden Welt, die des Fleisches in uns und die des Teufels gegen uns sind so groß, dass Christus nur dann seinen wahren Platz in unseren Herzen haben kann, wenn wir durch den Geist an dem inneren Menschen gestärkt werden.

Zudem ist hier die Bitte, dass der Christus in unsern Herzen „wohne“. Wir sollen Ihn nicht als Besucher behandeln, der bei besonderen Gelegenheiten gastlich aufgenommen wird, sondern als den Einen, der einen bleibenden Wohnplatz in unsern Herzen hat. Das kann nur durch Glauben geschehen, denn der Glaube schaut auf zu Christus; und so wie Er unser Blickfeld ausfüllt, wird Er einen Wohnplatz in unseren Herzen haben. Der Eine, welcher der Mittelpunkt der Ratschlüsse Gottes ist, wird so zum Mittelpunkt unserer Gedanken. Wie jemand gesagt hat: „Der höchste Gegenstand für Gott wird dadurch auch der höchste Gegenstand für uns.“ Welch ein Zeugnis für Gott wäre jeder von uns, wenn unser Leben von einem uns fesselnden Gegenstand regiert würde und dieser Christus wäre! Zu oft gleichen wir einer Martha, die sehr beschäftigt war „mit vielem Dienen“ und „besorgt und beunruhigt um viele Dinge“. „Eines aber ist not“: Christus als das einzige Ziel unseres Lebens zu haben. Dann wird der Dienst und alles andere ohne Sorge und Unruhe folgen. Möchten wir wie Maria dieses „gute Teil“ erwählen.

Die Folge des Wohnens Christi in unseren Herzen ist, dass wir in Liebe gewurzelt und gegründet werden. Wenn Christus, der Eine, in dem und durch den alle Liebe des Vaters kundgemacht worden ist, in unseren Herzen wohnt, wird Er das Herz sicher mit einer Erkenntnis und einem Genuss der göttlichen Liebe füllen.

Vers 18

Eph 3,18: … auf dass ihr völlig zu erfassen vermöget mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei,

Wenn Christus im Herzen wohnt, bereitet das den Weg für die dritte große Bitte, nämlich, dass wir „völlig zu erfassen vermögen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei“. Gott belehrt uns durch unsere Zuneigungen, so dass der Weg, dies zu erfassen, nicht nur durch den Glauben geschieht, sondern durch unser Gewurzelt- und Gegründetsein in Liebe. Durch das Werk des Geistes wohnt Christus durch Glauben in unsern Herzen. Indem Er darin durch Glauben wohnt, füllt Er unsere Herzen mit Liebe, und die Liebe bereitet uns zu, diese Dinge zu erfassen. Weiter führt die Liebe uns dahin, „alle Heiligen“ einzuschließen; denn je mehr wir die Liebe Christi genießen, desto mehr werden unsere Herzen ausgehen zu allen, die von Christus geliebt sind.

Dann wünscht der Apostel, dass wir „die Breite und Länge und Tiefe und Höhe“ zu erfassen vermöchten. Das scheint die ganze Reichweite des „ewigen Vorsatzes“ Gottes, auf den schon in Vers 11 Bezug genommen wurde, auszudrücken. Dieser ewige Vorsatz umfasst in seiner Breite „alle Heiligen“, in seiner Länge reicht er von Ewigkeit zu Ewigkeit, in seiner Tiefe reicht er bis zu uns herab in all unseren Bedürfnissen, und in seiner Höhe bringt er uns in einen Bereich der Herrlichkeit.

Vers 19

Eph 3,19: … und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, auf dass ihr erfüllt sein möget zu der ganzen Fülle Gottes.

Dieser ganze Schauplatz von Glückseligkeit ist uns durch die Liebe Christi gesichert des Einen, der „die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat“. Deshalb lautet die vierte Bitte, dass wir erkennen möchten „die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus“. Es ist eine Liebe, die gekannt und genossen werden kann und trotzdem die Erkenntnis übersteigt. Wenn wir schon die Höhe der Herrlichkeit, aus der Christus kam, nicht ermessen noch die Tiefe der Leiden, in denen Er gewesen ist, ergründen können, wie viel weniger vermögen wir die Liebe zu ermessen, die für uns gewirkt hat, die die unermessliche Menge der Erlösten, klein und groß, umfasst, die für uns besorgt ist, während wir durch diese Zeit gehen, die für uns kommt, um uns in das Haus der Liebe zu bringen, um dort bei Ihm und Ihm gleich zu sein, zur Befriedigung seines liebenden Herzens. Eine solche Liebe kann man kennen, und doch bleibt sie für ewig eine Liebe, die die Erkenntnis übersteigt.

Die fünfte Bitte ist, dass wir erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes. Die Fülle Gottes umfasst alles, was Gott ist, so wie dies in Christus geoffenbart und kundgemacht worden ist. Der Sohn hat in vollkommener Weise den Vater in seiner Liebe und Heiligkeit, in seiner Gnade und Wahrheit geoffenbart. Der Apostel wünscht nun, dass wir ein volles Maß der göttlichen Fülle empfangen sollten, damit sie in den Heiligen zur Darstellung komme.

Vers 20

Eph 3,20: Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr, als was wir erbitten oder erdenken, nach der Kraft, die in uns wirkt,

Die sechste Bitte des Apostels ist, dass alles, wofür er für die Heiligen gebeten hat, in ihnen durch die Kraft Gottes zustande komme. Gott vermag in der Tat sehr viel mehr „für uns“ zu tun, als was wir erbitten. So sagen wir oft. Hier aber, wo der Leitgedanke des Gebets der geistliche Zustand der Gläubigen ist, geht es weder um das, was Gott für uns, noch um das, was Er mit uns tun kann, sondern um seine Fähigkeit und Bereitschaft „in uns“ zu wirken, und zwar als Antwort auf diese Bitten, und dies „über die Maßen mehr, als was wir erbitten oder erdenken“.

Vers 21

Eph 3,21: … ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christo Jesu, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen.)

Der siebte und letzte Wunsch bezieht sich auf Gott, dass Ihm die Herrlichkeit sei in der Versammlung in Christus Jesus durch alle Zeitalter hindurch. Jede Bitte in dem Gebet führt diesem wunderbaren Gedanken entgegen, dass durch alle Zeitalter hindurch die Heiligen die Fülle Gottes zur Schau stellen und so zu seiner Ehre sein sollten. Das ganze Gebet zeigt klar, dass es Gottes Wunsch ist, dass das, was wahr sein wird von den Heiligen während der ganzen Ewigkeit, sie jetzt schon kennzeichnen sollte, während sie noch durch diese Zeit gehen, dass alles das, was Gott ist, in seinem Volk zur Ausstrahlung komme.

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Zuerst erschienen in Halte fest www.haltefest.com
und als Buch erschienen in Christus und seine Versammlung
erhältlich bei www.beroea.ch
Bibelverse eingefügt von SoundWords


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

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