Betrachtungen über den ersten Petrusbrief (2)
Kapitel 2

Hendrik Leendert Heijkoop

© EPV, online seit: 24.12.2005, aktualisiert: 30.04.2023

Leitverse: 1. Petrus 2

Vers 1

1Pet 2,1: Habt nun abgelegt alle Bosheit und allen Trug und Heuchelei und Neid und alles üble Nachreden.

Der Apostel Paulus schreibt an die Heiligen und Getreuen in Ephesus und Kolossä, dass sie den alten Menschen abgelegt oder ausgezogen und den neuen angezogen haben (Eph 4,22-24; Kol 3,9-11) Dieselbe Wahrheit stellte uns Petrus in den letzten Versen des ersten Kapitels vor, allerdings nicht so dem Grundsatz nach wie Paulus, sondern mehr praktisch, so wie er es überall in diesem Brief tut. Und wirklich, diese Sache ist der Wendepunkt in dem Leben eines Gläubigen. Eigentlich beginnt das Christenleben erst dann. Nicht dass die Bekehrung und die Wiedergeburt dann erst stattfinden. Aber die Seele sieht dann erst, dass sie mit Christus gekreuzigt und der alte Mensch für immer hinweggetan ist vor dem Angesicht Gottes und dass Gott ihn nun ansieht in der neuen Natur, die er in der Wiedergeburt empfangen hat.

Vor unserer Bekehrung waren wir im Fleisch (Röm 7,5). Nach unserer Wiedergeburt waren wir nicht mehr im Fleisch, aber wir waren noch fleischlich (Röm 7,14). Wir hatten ein neues Leben empfangen, das den Charakter dessen trug, der es bewirkt hatte, das ist der Heilige Geist (Joh 3,6). Aber unsere Gedanken und Gesinnungen waren noch nicht ganz nach dem Geist. Vor unserer Bekehrung taten wir alles, um unser Fleisch zu befriedigen. Nach unserer Bekehrung wünschte unsere neue Natur, Gott zu dienen. Wir sahen, dass wir sehr viele Sünden getan hatten. Wir wollten das nicht mehr tun und versuchten, uns selbst zu bessern. Unser Fleisch sollte nicht mehr sündigen.

In diesem Kampf unterstützte uns der Herr nicht. Er selbst hat auf jede mögliche Weise das Fleisch geprüft und es als vollkommen verdorben und unverbesserlich schlecht befunden. Er hat uns das in seinem Wort mitgeteilt, aber wir glaubten es nicht. Nun, in einem Kampf des Unglaubens kann uns der Herr nicht stützen. Aber Er leitete diesen Kampf doch so, dass wir dadurch das Fleisch wirklich erkennen lernten und so dazu gebracht wurden, auch in dem, was unseren Zustand betrifft, nur auf Ihn und sein Werk zu vertrauen.

Wenn wir auf uns selbst sehen, so wie wir von Natur waren, sehen wir keinen Punkt, auf dem unser Auge auch nur mit der geringsten Befriedigung ruhen kann. Wir sehen nur Verderben. Der alte Mensch wurde verdorben nach den betrügerischen Lüsten (Eph 4,22). Wie schrecklich ist es, sich selbst als einsgemacht mit diesem Menschen vor dem Angesicht eines heiligen und gerechten Gottes zu sehen. Das reicht aus, um in die tiefste Verzweiflung der Seele zu geraten. Wir sehen das in dem Ausruf: „Ich elender Mensch, wer wird mich retten von diesem Leibe dieses Todes?“ (Röm 7,24). Und dazu will der Herr die Seele bringen, auf dass sie dann die Antwort Gottes verstehen kann, dass unser alter Mensch mit Christus gekreuzigt ist und Gott uns daher nur in der neuen Natur sieht, die wir in der Wiedergeburt empfangen haben. Dann wissen wir, dass keine Verdammnis ist für die, die in Christus Jesus sind (Röm 8,1). Und wir nehmen die Stellung an, mit Christus gestorben zu sein (Röm 6,2-11). Wir haben den alten Menschen abgelegt. Und wir haben den neuen Menschen angezogen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit; wir sehen, dass das unser wahrer Charakter ist, und sehen uns selbst also vor das Angesicht Gottes gestellt. Und Gott legt uns sein Siegel auf als Anerkennung, dass wir ganz von Ihm sind, indem Er uns den Heiligen Geist gibt (2Kor 1,21.22). Dann sind wir geistlich und im Geist, weil unsere Gedanken, unsere Gesinnung und unsere Stellung dann gekennzeichnet sind durch den Heiligen Geist.

Diese Dinge sind von großer Bedeutung für das praktische Leben. Ja, sie sind der einzige Grund, aus dem ein christlicher Wandel hervorkommen kann. Denn nur von dieser Stellung aus haben wir Kraft, das abzulegen, was mit dem alten Menschen verbunden ist. Sowohl im Epheser- wie auch im Kolosserbrief und auch hier finden wir dann auch diese Verbindung. Wenn ich den alten Menschen ausgezogen habe, wie kann ich dann mit seinen Taten fortfahren? Dann muss ich seine Gewohnheiten, seine Regelungen und seine Triebfedern ablegen.

Petrus hat als Kennzeichen des neuen Menschen besonders die Bruderliebe genannt (1Pet 1,22). Nun, dann müssen wir alles von dem alten Menschen ablegen, was die Wirksamkeit der Bruderliebe verhindert. Hier werden unsere Herzen geprüft. Sind wir, jeder persönlich, bereit, das abzulegen, was die Wirksamkeit der göttlichen Liebe in uns den Brüdern gegenüber hindert? Es werden verschiedene Dinge genannt, die alle im Widerstreit mit der Liebe zu den Brüdern sind. Sind wir bereit, ein Opfer zu bringen, um die Wahrheit, die uns hier vorgestellt wird und die wir nur bewundern können und für die wir nur danken müssen, in der Praxis zu verwirklichen?

Das Wörtchen „nun“ verbindet das zweite Kapitel mit den letzten Versen von 1. Petrus 1. Wir wissen, dass die Einteilung in Kapitel und Verse nicht von dem Heiligen Geist inspiriert ist, sondern dass sie tausend Jahre nachdem Gott das letzte Bibelbuch gegeben hat, gemacht worden ist. Und hier ist die Einteilung nicht glücklich gewesen. Kapitel 2 hätte bei 1. Petrus 1,22 beginnen müssen.

Das griechische Wort für „leget nun ab“ ist ein Zeitwort in der Form des Aorist. Das bedeutet, dass es nicht eine fortschreitende Handlung angibt, sondern eine Handlung, die einmal für alle Zeiten getan ist, die aber bleibende Folgen hat. Professor Greijdanus schreibt dann auch, dass diese Handlung in der Vergangenheit stattgefunden hat. Aber in Zusammenhang mit der Befehlsform von Vers 2 sehen wir auch, dass es eine Ermahnung ist. Darum übersetzen viele: „Legt nun ab.“ Keine von beiden Übersetzungen aber gibt meines Erachtens ein richtiges Bild von dem, was es eigentlich bedeutet.

Die Bedeutung ist nicht, dass wir, wenn Bosheit, Betrug, Heuchelei usw. in unserem Leben vorkommen, diese ablegen, also aus unserem Herzen entfernen müssen. Wir werden ermahnt, in einem Zustand zu sein, bei dem wir solche Dinge in unserem Leben nicht zulassen. Wir haben einst den alten Menschen abgelegt, aber wir müssen ihn ausgezogen haben mit seinen Werken (Eph 4,22; Kol 3,9)! Wie kann ich im Glauben verwirklichen, dass der alte Mensch mit Christus gekreuzigt ist – also durch Gott im Gericht hinweggetan ist, weil nichts Gutes an ihm war –, und dann seinen Grundsätzen, seinen Gesinnungen und Taten in meinem Leben einen Platz lassen? Ich muss also in einem Zustand sein, in dem ich die in Vers 1 genannten Dinge ein für alle Mal aus meinem Leben hinweggetan habe. Wenn ein Aussätziger geheilt wird und er gereinigt werden musste (3Mo 14,1-9), finden wir zunächst die grundsätzliche Reinigung in Verbindung mit Blut und mit lebendigem Wasser. Diese Reinigung wurde durch den Priester zustande gebracht, und dieser erklärte ihn daraufhin für rein (3Mo 14,7). Aber daraufhin musste diese Person sich selbst und ihre Kleider waschen und alles Haar des Leibes scheren. Dann war sie rein. Kleider sind ein Bild von den Gewohnheiten und der Lebensführung des Menschen. Das Haar spricht von dem, was aus dem Fleisch nach außen kommt. Er musste sich also nicht nur baden (das Wort Gottes in Selbstgericht auf sich anwenden), sondern auch seine Gewohnheiten und seine Lebensführung reinigen, indem er sie an dem Wort Gottes prüft. Und dabei musste alles, was aus dem Fleisch nach außen dringt, selbst wenn der natürliche Mensch es als einen Zierrat empfunden hatte (Haupthaar, Bart und Augenbrauen), ganz und gar abgeschoren werden. Und das musste er am ersten und am siebten Tag tun; ein Bild eines bleibenden Zustandes. Dann war er praktisch rein und konnte ungestört seinen Platz inmitten des Volkes Gottes einnehmen und seine Vorrechte ausüben.

Das griechische Wort für „Bosheit“ wird auch gebraucht, um im Allgemeinen alle Schlechtigkeit und Bosheit anzudeuten (1Kor 14,20; Jak 1,21; 1Pet 2,16). Aber in dem Zusammenhang, in dem es hier vorkommt, soll es wohl die böse Gesinnung des Herzens in Gegenüberstellung zu der feurigen Liebe von 1,22 darstellen. Wie unwürdig ist diese Gesinnung für ein Kind von dem Gott, der Liebe ist, von dem die Liebe zu den Brüdern der Beweis ist, dass er aus dem Tod in das Leben übergegangen ist (1Joh 3,10-18). Wie nahe kommt es dann dem, was die Schrift einen Mörder nennt.

Aus dem Obenstehenden kommt Trug in seinen verschiedenen Formen hervor. Auch in Römer 1,29 finden wir beide Dinge zusammen. Aber da ist das griechische Wort nicht durch „Trug“, sondern durch „List“ übersetzt. Weiter finden wir unter anderem in Matthäus 26,4; 1. Thessalonicher 2,3 und 2. Korinther 12,16 dasselbe. Es geht hier um ein unzuverlässiges, verschlagenes und falsches Gemüt und um ein ebensolches Handeln, das in Gegensatz zu Wahrheit und Aufrichtigkeit steht, wie der Herr sie bei Nathanael sah (Joh 1,48). Betrug ist das Gegenteil von durchsichtigem Wesen, wozu wir berufen sind, in der Nachfolge und dem Kundmachen dessen, in dessen Mund kein Betrug gefunden wurde (1Pet 2,22). Jedes Wort des Herrn und jede Tat offenbarte, wer und was Er war (Joh 8,25). Bosheit und Betrug stehen in der Einzahl, weil sie mehr die innere Gesinnung des Herzens angeben. Die folgenden drei Worte stehen in der Mehrzahl, weil sie die Handlungen und Äußerungen angeben, worin sich die Gesinnung unseres Herzens offenbart.

Heuchelei heißt: Wir wollen vorstellen, das zu sein, was wir nicht sind, und wir wollen nicht sein, was wir in Wirklichkeit sind (Gal 2,13; Mk 12,15). Es ist das Gegenteil von Einfalt und Aufrichtigkeit. Es fehlt die innere Wahrhaftigkeit (siehe 1Pet 1,22). Der Neid missgönnt anderen Menschen Dinge, die man selbst nicht hat (Gal 5,26), und verführt dazu, Dinge, die wirklich gut sind, zu verkleinern oder zu leugnen. Wie schrecklich, wenn ein Gläubiger einen Bruder oder eine Schwester geistlich guter Dinge wegen beneidet und sie darum verkleinert oder leugnet. Leider findet man selbst unter den Dienern des Herrn, die selbst eine Gabe von Ihm empfangen haben, dass man andere um ihre Gabe beneidet und ihnen den Platz nicht gönnt, den ihnen der Herr gegeben hat.

Zum Schluss kommt die Ermahnung, „alles üble Nachreden“ abzulegen. Wie vielseitig ist dieses Böse. Wie viel Böses wird gesprochen, oftmals selbst unter dem Vorwand, für des Herrn Ehre zu eifern und um das Böse rechtmäßig zu verurteilen. Wie oft tun wir dann den Dienst Satans, der der Ankläger der Brüder und der Lügner von Anfang ist (Off 12,10). Es ist nicht schwierig, Fehler und Schwächen bei den Brüdern und Schwestern zu finden. Dafür braucht man kein Mikroskop. Aber hilft man ihnen, indem man miteinander darüber spricht? Wenn wir erst versuchen, den Balken aus unserem Auge zu entfernen, werden wir lange Zeit kein Bedürfnis haben, über den Splitter bei den anderen zu sprechen (Mt 7,1-5). Und daneben würden wir die Erfahrung gesammelt haben, auf welche Weise allein wir unseren Brüdern helfen können, den Splitter aus ihren Augen zu holen. Unsere eigene Erfahrung beim Entfernen des Balkens aus unserem Auge würde uns zeigen, welch eine schmerzliche Operation es ist und mit welch einer Vorsicht und Zartheit dies geschehen muss, um nicht bleibenden Schaden anzurichten. Wie schon gesagt, stehen die in diesem Vers genannten fünf Sünden in enger Verbindung miteinander. Bosheit ist der Anfang, der zu List und Betrug führt. Daraus kommen Heuchelei und Falschheit hervor; man will sich anders zeigen, als man ist. Das führt zu Neid, denn wir sehen bei anderen die Dinge, die wir selbst vorgeben zu besitzen, obwohl wir sie nicht haben. Und das wieder führt zu übler Nachrede, um den anderen herabzuziehen von der Stelle, wo er sich befindet. Doch wird die Aufmerksamkeit auf jede einzelne Sünde besonders gelenkt durch das immer wiederholte „und“. Denn jede für sich ist eine große und besondere Sünde.

Vers 2

1Pet 2,2: … und als neugeborene Kindlein seid sehr begierig nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, auf dass ihr durch dieselbe wachset zur Errettung.

Das Wörtchen „als“ bedeutet hier keinen Vergleich, sondern gibt die Wirklichkeit an. Die Empfänger des Briefes (und auch wir) werden als neugeborene Kinder angesprochen. Und auf diesen Ausdruck wird besonderer Nachdruck gelegt. Das griechische Wort für „Kind“ bedeutet ein gerade geborenes Kind (Apg 7,19; Lk 2,12; 18,15), ja es wird selbst für ein noch nicht geborenes Kind gebraucht (Lk 1,41.44), unterschieden von dem kleinen Kind, das noch nicht oder kaum sprechen kann (1Kor 13,11; Gal 4,1). Und das wird noch verstärkt, indem das Wort „neugeboren“ hinzugefügt wird.

Petrus gebraucht diesen Ausdruck aber nicht wie Paulus und Johannes, um ein Maß geistlicher Reife damit anzudeuten (1Kor 3,1.2; Heb 5,12.14; 1Joh 2,13.18). Er greift hier zurück auf die Wiedergeburt in 1. Petrus 1,23. In diesem Sinne sind wir alle neugeborene Kinder. Es soll das neue Leben in seiner Reinheit andeuten, so wie wir es bei der Wiedergeburt empfangen haben. Das neugeborene Kind verlangt nach einer Speise, die aus derselben Quelle kommt, aus der es hervorgegangen ist: nach der Milch seiner Mutter. So verlangt das neue Leben, das aus dem Wort entstanden ist (1Pet 1,23), nach demselben Wort als seine Speise. Dies normale Verlangen kann durch Abweichungen geschwächt oder vielleicht ganz und gar zum Verschwinden gebracht werden. Darum muss das Ablegen von Vers 1 vorangehen. Aber hier werden wir ermahnt, sehr begierig nach dieser Nahrung zu sein. Allein dadurch wachsen wir. Aber in dieser Bedeutung bleiben wir neugeborene Kinder, bis wir in der Herrlichkeit sind. Das Eigenschaftswort vor Milch weist darauf hin, dass es nur eine Speise gibt: die Milch. Es ist unverfälschte, es ist saubere Nahrung.

Das griechische Wort (logikos), das durch vernünftig übersetzt ist, kommt nur hier und in Römer 12,1 vor. Es könnte auch mit einsichtsvoll übersetzt werden. Viele denken, dass es mit dem Wort logos in Zusammenhang steht (1Pet 1,23). Nun, es ist deutlich, dass die Milch das Wort Gottes vorstellt, und sie ist Speise, die einsichtsvoll und vernünftig macht. Je mehr wir davon essen, umso mehr Einsicht werden wir in geistlichen Dingen erlangen.

Durch das Wort wachsen wir zur Errettung. In den Ohren vieler ist dies ein seltsamer Ausdruck. Aber wir haben schon gesehen, dass Petrus, obwohl er auch von dem gegenwärtigen Besitz der Errettung der Seele spricht, gewöhnlich die Errettung in der Zukunft meint (1Pet 1,5), wenn Seele und Leib zusammen daran teilhaben werden.

Nun, durch das Wort werden wir genährt mit den Dingen aus Gottes Auferstehungswelt, deren Mittelpunkt der verherrlichte Herr im Himmel ist. Und das ist vernünftige Milch; sie macht uns einsichtsvoll. Je mehr wir diese herrlichen Dinge kennen und begreifen lernen, umso mehr werden wir von allem frei und abgesondert, was nicht damit übereinstimmt. Und so scheiden wir uns jetzt schon moralisch von all den Dingen, von denen wir endgültig getrennt werden, wenn der Herr kommt und wir die volle Errettung des Leibes und der Seele empfangen werden. Wir wachsen zur Errettung.

Wie kommt es, dass so viele Kinder Gottes nicht „sehr begierig“ nach der unverfälschten und vernünftigen Milch des Wortes Gottes sind? Es kommt daher, dass so viele „den alten Menschen mit seinen Werken“ nicht ausgezogen haben (Kol 3,9) und nicht von der Welt abgesondert sind. Wie kann ein weltlich gesinnter Gläubiger Wert auf solche Dinge legen, die im vollkommenen Gegensatz zu den Dingen dieser Welt stehen, ja die ihm das Gericht über die weltlichen Dinge ankündigen? Es ist eine sehr ernste Sache, weltlich gesinnt zu sein. Es verhindert jegliches Wachstum und bringt Tod in die Seele.

Vers 3

1Pet 2,3: … wenn ihr anders geschmeckt habt, dass der Herr gütig ist.

Diese Worte sind eine (etwas veränderte) Anführung aus Psalm 34. Da steht das Wort des HERRN. Der Apostel wendet es hier auf den Herrn Jesus an, wie wir es in Vers 4 erkennen. Welch ein herrlicher Gedanke war es für die Gläubigen aus den Juden, dass der Gekreuzigte, an den sie glaubten, um Deswillen sie von ihren Volksgenossen verworfen waren und aus der Mitte derer öffentlich hinausgeworfen waren, die dies Vorrecht für sich in Anspruch nahmen, das Volk des HERRN zu sein, dass ER der HERR war. Ja, Er ist der ewige Gott.

Und wenn Israel geschmeckt hat, dass der HERR gut ist, und wenn der gläubige Überrest bald in der Zukunft aufgerufen wird, auf Ihn zu vertrauen, weil sie erfahren haben, dass Er gütig ist, wie viel mehr haben wir es dann gemerkt. Um uns vom ewigen Verderben zu erretten, ist Er hier auf die Erde gekommen, um an unserer Stelle das Gericht eines heiligen und gerechten Gottes zu tragen. „Der selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“, werden wir bald in 1. Petrus 2,24 lesen. Durch alles, was sie im ersten Kapitel gelesen hatten, waren sie an seine Güte erinnert worden. Sie hatten es in der Tat geschmeckt so wie auch jeder Christ.

Und das ist auch eine Voraussetzung für jegliches Wachstum. Solange ein Wiedergeborener noch nicht in seiner Seele geschmeckt hat, wer der Vater und der Sohn für ihn sind, gibt es kein „Wachsen zur Errettung“. Aber wie gesegnet ist es für das Herz, Ihn zu kennen in seiner alles übersteigenden Güte. Das gibt vollkommenes Vertrauen auf Ihn und macht uns von allem unabhängig, was hier in der Welt ist. Wir wissen dann, dass wir in allen Umständen und vor allen Dingen auf Ihn vertrauen können. Und bewirkt es nicht in unseren Herzen das Verlangen, hinüberzugehen in die Welt Gottes, in diese Welt geistlicher Dinge, die Gott für uns bereitet hat, wo der Herr Jesus der Mittelpunkt ist? Dann werden wir in der Tat wissen, was es bedeutet, zu Christus als zu dem lebendigen Stein gekommen zu sein.

Vers 4

1Pet 2,4: Zu welchem kommend, (als) zu einem lebendigen Steine, von Menschen zwar als unbrauchbar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar, …

Hier wird das Kommen nicht als etwas Einmaliges, was in der Vergangenheit stattgefunden hat, sondern als etwas Fortdauerndes dargestellt. Wir sind unablässig von dem Herrn abhängig. Wir sahen etwas Anziehendes an Ihm – dass Er gütig war (1Pet 2,3) – und gingen zu Ihm. Aber wir müssen bei Ihm bleiben, wie einst die zwei Jünger es taten (Joh 1,40). Wir müssen nicht nur von dem Fleisch des Sohnes des Menschen essen und sein Blut trinken, um das ewige Leben zu empfangen. Wenn wir zu dem Zweck zu Ihm gegangen sind, dann wird es ein fortwährendes Essen und Trinken, und so bleiben wir in Ihm und Er in uns (Joh 6,53-57). Wir wissen, wie leicht unsere Herzen dazu neigen, abzuirren, wie wir uns immer wieder von Ihm wegbewegen. Aber wir können ohne Ihn nicht auskommen. Und so wird es ein fortwährendes „Kommen“ sein. Solche, die nie wahrhaftig von seinem Fleisch gegessen und von seinem Blut getrunken haben, gehen wieder weg, um nie wieder zurückzukehren (Joh 6,66). Sie haben kein Teil bekommen an dem gestorbenen Heiland und können darum auch nicht bleibend mit dem lebendigen Herrn verbunden sein. Sie tragen keine Frucht (Joh 15,1-6). Am Ende wird es sein: „Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns“ (1Joh 2,19).

Lasst uns darauf achten, dass da steht „zu welchem“. Christentum ist keine Lehre, kein Zusammenhang von Vorschriften, nach denen wir uns richten sollen, keine Weltanschauung; es ist eine Person: der Sohn des lebendigen Gottes. Und es ist diese Person als offenbart, vollkommen in sich selbst, aber weiterhin auch in denen, die in einer lebendigen Verbindung mit Ihm stehen. Sie haben sein Leben empfangen, das in ihnen wohnt und das von ihnen in die unendlich vielen Kleinigkeiten ausgeht, die zusammen das tägliche praktische Leben ausmachen. Darin wird Christus durch die Kraft des Heiligen Geistes offenbart.

Und Er, zu dem wir gekommen sind, ist nicht allein gütig (1Pet 3,3), sondern Er ist auch ein Stein, ein Felsen. Wer auf Ihn vertraut und auf Ihm ruht, soll nicht beschämt werden. Die Pforten des Hades werden nicht überwältigen, was auf diesen Felsen gebaut ist (Mt 16,18).

Der Gedanke von dem Bauen auf den Felsen, besonders was das Haus Gottes angeht, war für die Gläubigen aus den Juden nichts Neues. Das erste Mal, dass das Wort Gottes von einem Haus Gottes auf Erden spricht, geschieht, nachdem Jakob auf einem Stein geruht hatte, den er später aufrichtete und zu einem Zeichen machte (1Mo 28,11-18). Am Ende seines Lebens nennt Jakob prophetisch Joseph den Heiland der Welt (zaphnath-Paneach) (1Mo 41,45), den Stein Israels (1Mo 49,24). Wenn er auf das Leiden und die darauf folgende Herrlichkeit des Joseph sieht, führt ihn der Heilige Geist zu einem prophetischen Blick auf Christus, so, wie Er in Joseph widergespiegelt wird. Wir sehen hier auch, wie der Fels gebildet wurde: durch das Leiden und die Herrlichkeit von Joseph. Der mächtige Felsen von Matthäus 16 und 1. Petrus 2 ist geformt in dem Tod und der Auferstehung Christi. Und Mose musste auf dem Felsen stehen, um die Herrlichkeit des Herrn sehen zu können (2Mo 33,21). Als er das Volk segnete, sagte er, dass Gott der Felsen ist; der HERR, der Gott Israels (5Mo 32,3.4). Und so könnte ich fortfahren mit den Psalmen und anderen Büchern.

Paulus ist nicht der Erste, der uns mitteilt, dass der Felsen Christus ist (1Kor 10,4). Der Herr selbst hatte es schon erklärt (Mt 16,18). Und Er tat es mit der Tiefe, die alle seine Worte kennzeichnen. Es wurden endlose Vermutungen angestellt, wer der Herr war, weil in Wirklichkeit in den Herzen kein Werk war, was Ihn wertschätzte. Und dann fragte Er seine Jünger: „Wer sagt ihr, dass ich bin?“ Er wollte wissen, was sie von Ihm dachten, welchen Wert Er für sie hatte. Simon Petrus antwortete: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Das war das wahre Bekenntnis, das Fundament der Versammlung und aller wahren christlichen Praxis.

Ich meine mit dem zuletzt Gesagten nicht den ersten Teil des Bekenntnisses. Dass der Herr der Christus war, der Gesalbte von Gott für Israel, war keine neue Offenbarung. Finden wir dieses Bekenntnis nicht schon bei der kananäischen Frau, wenn sie Ihn als Sohn Davids, anruft (Mt 15,22)? Diese Wahrheit geht auch nicht weiter, als dass Er in der Mitte Israels von Zion aus über die ganze Erde regieren wird.

Aber der Vater hatte dem Petrus offenbart, dass der Herr der Sohn des lebendigen Gottes war. Niemand hatte das vor dieser Zeit bekannt, und es ist deutlich, dass das viel weiter geht als das Bekenntnis, dass Er der Messias Israels sei. Der Sohn Gottes, so wie wir Ihn besonders im Evangelium nach Johannes offenbart finden, ist der Schöpfer, der ewige Gott selbst. Petrus bekennt Ihn als den Sohn des lebendigen Gottes, also als die Quelle allen Lebens. Nun, durch seine Auferstehung aus den Toten wurde gezeigt, dass Er die Macht des Lebens hatte (Röm 1,4). Das Bekenntnis des Petrus legt also starken Nachdruck darauf, dass der Herr der Überwinder dessen ist, der die Macht des Todes hatte (Heb 2,14). Er ist eingegangen in den Tod, in das Totenreich, aber die Macht des Todes konnte Ihn da nicht halten. „Hinaufgestiegen in die Höhe, hat er die Gefangenschaft gefangen geführt“ (Eph 4,8-10). Darum würde auch die Versammlung, die Er auf diesen Felsen (Christus, der Sohn des lebendigen Gottes) bauen würde, durch die Pforten des Hades (des Totenreiches) nicht überwältigt werden können. Jeder, der zu ihr gehören würde, würde sein Leben (Joh 5,25), sein Auferstehungsleben (Joh 20,22), empfangen haben, denn Er, das Haupt der Versammlung, war der Erstgeborene aus den Toten (Kol 1,18). Nun, da Israel Ihn nicht als seinen Messias annahm, sollte das alte Gebäude beiseitegesetzt werden, und Er wollte das neue Gebäude aufrichten.

Denn in der Tat, die Bauleute Israels fanden Ihn unbrauchbar für ihren Bau. Das griechische Wort für „verwerfen“ weist auf eine vorhergehende Untersuchung hin, bei der der Gegenstand als unbrauchbar erkannt und darum verworfen wird. Darum möchte ich dieses Wort wie Darby mit „als unbrauchbar verworfen“ übersetzen. Hier wird nicht gesagt, dass die Führer Israels es waren; das finden wir mehr in 1. Petrus 2,7. Hier wird darauf der Nachdruck gelegt, dass es Menschen, Geschöpfe waren, die den Sohn des lebendigen Gottes, der von Gott auserwählt und kostbar für Ihn war, als unbrauchbar verwarfen. Es steht kein Artikel vor „Menschen“. Es geht hier also nicht darum, bestimmte Menschen anzuzeigen, sondern der Nachdruck wird darauf gelegt, dass diese Verwerfer Menschen waren, nichtige Geschöpfe. Das Wort Menschen muss also hier in Gegenüberstellung mit Gott gelesen werden. Ist es nicht ein Gipfelpunkt boshafter Vermessenheit, dass Menschen den als unbrauchbar verwerfen, der von Gott als Sohn über sein Haus gegeben ist (Heb 3,6)? Gott hatte gerade Ihn auserwählt, um sein ganzes Werk zu tun. „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen (göttlichen) Fülle, in ihm zu wohnen und durch ihn alle (Dinge) mit sich zu versöhnen (Kol 1,19.20). Von Ihm hatte Gott gesagt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, ihn hört“ (Lk 9,35).

Vers 5

1Pet 2,5: … seid auch ihr selbst als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesus Christus.

Hier steht bei „lebendige Steine“ das Wörtchen „als“, was in Vers 4 bei dem Herrn, „einem lebendigen Stein“, nicht steht. Der Herr ist in Wesen und Wahrheit, in sich selbst ein lebendiger Stein. Wir sind das nicht. Das Wörtchen „als“ drückt einen Vergleich aus. Wir kommen also, wie es lebendige Steine tun sollten, zu Ihm. Aber ich meine, dass die Bedeutung doch noch stärker ist und dass sie mehr den Sinn hat: als – wie ihr auch seid – lebendige Steine. Aber doch ist der Ausdruck schwächer, als es von dem Herrn in Vers 4 gesagt wird.

Es ist kennzeichnend für den Brief, dass der Heilige Geist Petrus so oft das Wort „lebendig“ gebrauchen lässt (1Pet 1,3.23; 3,10.18; 4,2.5.6). Wenn wir uns selbst als lebendige Steine betrachten (1Pet 2,4.5), dann müssen wir einmal prüfen, wie wir das geworden sind. Dann kommen wir zu einer göttlichen Quelle, zu dem, was der Vater sich vorgenommen hat. Wir waren keine Steine. „Staub bist du, und zum Staube sollst du zurückkehren“ (1Mo 3,19). Es war nichts in uns, dem man vertrauen konnte, heißt es doch: „Gott aber sei wahrhaftig, jeder Mensch aber Lügner“ (Röm 3,4). Der Herr vertraute sich denen nicht an, die an seinen Namen glaubten, „denn er selbst wusste, was in dem Menschen war“ (Joh 2,23).

Petrus wusste, wie er ein Stein geworden war. Das war damals, als er dem Zeugnis über den Herrn glaubte und zu Ihm ging. Da sagte der Herr zu ihm: „Du bist Simon, der Sohn Jonas, du sollt Kephas heißen (was verdolmetscht wird: Stein)“ (Joh 1,42). Der Sohn Gottes nahm Simon in Besitz und gab ihm einen anderen Namen; nur der Herr eines Sklaven kann diesem einen anderen Namen geben. Durch seinen Glauben an den Herrn bekam Petrus Teil an der Natur des lebendigen Felsens, des lebendigen Steins. Und dieser Stein gab dem, der zu Ihm kam, seine Natur. Und hier dehnt Petrus das, inspiriert durch den Heiligen Geist, auf alle Gläubigen aus. Wir sind lebendige Steine, die innerlich dieselbe Natur und dasselbe Leben haben wie der lebendige Stein. Er hat uns in jeder Hinsicht sich gleichgemacht, ausgenommen natürlich seine Gottheit. Er ist ein lebendiger Stein – wir sind lebendige Steine. Er ist kostbar vor Gott – wir sind angenehm gemacht in dem Geliebten (Eph 1,6). Er ist der von Menschen verworfene Stein – wir werden gleichfalls verworfen. In jeder Hinsicht sind wir mit Ihm einsgemacht. Das ist ein kostbares Vorrecht. Alles in Christus war der vollkommene Abglanz Gottes. Und wir, die wir in Christus sind, haben hierdurch in Gottes Augen die ganze Vollkommenheit Christi.

Dies Leben, das wir empfangen haben, ist auf jede mögliche Weise schon in seiner Quelle geprüft und erprobt. Es ist durch Tod und Gericht gegangen. Es ist durch alle Wogen und Wellen des göttlichen Zornes gegangen und auf der anderen Seite in Auferstehung, in göttlicher Herrlichkeit und Kraft wieder offenbart. Es ist ein Überwinderleben außerhalb des Bereichs der Macht der Finsternis. Es gibt keine irdische noch höllische Macht, weder Menschen noch Teufel, die dieses Leben, das der schwächste und unbekannteste Gläubige empfangen hat, antasten können.

In 5. Mose 10 finden wir ein Bild des Obenstehenden, obwohl es da mehr in praktischer Weise betrachtet ist. Mose, als Bild des Herrn Jesus, haut die steinernen Tafeln aus dem Felsen und bringt sie zu Gott, der die Worte, die auf den ersten Tafeln waren (Christus), darauf schreibt (2Kor 3,3), und legt sie dann in die hölzerne Lade (das Bild des Herrn).

Als lebendige Steine sind wir aufgebaut. Christus, der Felsen, ist das Fundament, und wir sind darauf erbaut. Es ist das Werk Christi – Er baut seine Versammlung (Mt 16,18). Als wir durch den Glauben an Ihn lebendige Steine wurden, gebrauchte Er uns, um den Bau weiter auszuführen. Das ist also nicht eine durchgehende Tätigkeit, sondern ist ein für alle Mal geschehen.

Hier kommt Petrus, und zwar nur hier, der Lehre des Paulus über die Versammlung nahe. Aber obwohl er die Verbundenheit der Gläubigen sieht, spricht er doch nicht über die Einheit des Geistes und den Leib Christi. Nur in den Briefen des Paulus finden wir die Wahrheit über die Versammlung in all ihrer Tiefe und Vollkommenheit offenbart. Petrus spricht von dem, was Christus baut, und nicht über das, was mit Ihm vereinigt ist.

Die Hütte, die Wohnung Gottes in ihrer Mitte, unterschied Israel von allen Völkern. Dieses Zelt offenbarte das Verlangen Gottes, in der Mitte der Menschen zu wohnen. Aber selbst in diesem Bild sehen wir, dass dies allein aufgrund der Erlösung möglich war. Erst nach dem Auszug aus Ägypten wird über die Wohnung Gottes gesprochen (2Mo 15,13.17). Es war kein „geistliches“, sondern ein „mit Händen gemachtes“ Haus (2Chr 6,18; Heb 9,24). Als Gott dann auch um des Abfalls des Volkes willen das Haus verlassen musste, blieb ein totes Gebäude übrig; es war nur noch ein Zeugnis davon, dass das Leben davon weggegangen war. Der Herr sagt zu Jerusalem: „Siehe euer Haus wird euch wüst gelassen“ (Mt 23,38), und Er verließ den Tempel und kündigte dessen Vernichtung an.

Aber Gott gibt sein Vorhaben nicht auf. In dem Herrn Jesus wohnte Er auf der Erde (Joh 1,14; Kol 1,19). Als der Herr Jesus nach vollbrachtem Werk die Erde verließ und zum Himmel auffuhr, kam der Heilige Geist hernieder, um eine Wohnstätte Gottes im Geiste zu bilden. Und Christus baute das Haus, den Tempel Gottes, der in Ewigkeit die Wohnung Gottes sein wird (Eph 2,21.22).

Petrus spricht also über das Haus Gottes als von Christus erbaut, das aber noch nicht fertig war. Das ist dasselbe, was wir in Epheser 2,21 finden. Es ist die Versammlung nach Gottes Ratschluss. Dieser Tempel, oder Wohnung, wird erst vollendet sein, wenn der Herr Jesus kommt. Dann werden die entschlafenen Gläubigen auferweckt und die lebenden Gläubigen verwandelt werden. In diesem Augenblick ist die Versammlung nach Gottes Ratschluss vollzählig auf der Erde anwesend. Das Haus ist dann vollendet und wird aufgenommen in die Herrlichkeit. Dort wird es ewig die Wohnung Gottes sein (Off 21,2; Joh 14,16-17).

Paulus spricht auch über den Tempel oder das Haus Gottes in einer anderen Bedeutung, nämlich als ein Haus, das durch Menschen gebaut wird, durch solche, die den Platz von Baumeistern in der Christenheit einnehmen (1Kor 3,9-17; 1Tim 3,15). Da kann mit Holz, Heu und Stoppeln gebaut werden, mit Grundsätzen, die die Erprobung durch Feuer (Gottes durchforschende und prüfende Heiligkeit) nicht überstehen und darum Menschen hineinbringen, die nicht durch Gold (göttliche Herrlichkeit und Gerechtigkeit), Silber (der Preis, der für die Erlösung bezahlt worden ist) und köstliche Steine (der Widerschein göttlicher Herrlichkeit; Off 4,3) vorgestellt werden können. Da bilden also Gläubige und Ungläubige zusammen das Haus, so dass es in der Zeit des Verfalls mit einem großen Haus verglichen werden muss, worin Gefäße zur Ehre und Gefäße zur Unehre sind (2Tim 2,20). Das ist auch der Charakter der „Wohnung Gottes im Geist“ (Eph 1,22), obwohl mit diesem Namen nicht der Verfall angedeutet wird, sondern die Tatsache, dass der Heilige Geist jetzt auf der Erde in der Versammlung wohnt.

Es ist bemerkenswert, dass die Wahrheit über das Haus Gottes nicht in Jerusalem offenbart wurde, wo doch diese Stadt im Alten Testament unlöslich damit verbunden war, so wie sie es auch in Zukunft wieder sein wird (Ps 132,13). Gott gebrauchte Paulus, um es den Ephesern zu schreiben, und später dem Timotheus, als dieser in Ephesus war (1Tim 3,15). Petrus schreibt es auch an die gläubigen Juden, die in der Gegend von Ephesus wohnten. Nicht Jerusalem, und noch weniger Rom, ist der Name, den Gott mit der Versammlung verbunden hat. Die Versammlung zu Ephesus wird uns durch den Heiligen Geist vorgestellt, damit wir daran lernen können, was die Versammlung nach den Gedanken Gottes ist, und leider gleichzeitig auch, was der Mensch mit diesem herrlichen, ihm anvertrauten Gut gemacht hat (Eph 1-4; Apg 19,9; 20,17-37; Off 2,1-7).

Der Herr hat den Tempel verlassen und ihn zu „ihrem“ Haus erklärt (Mt 24,1). Der Tempel ist nicht mehr das Haus des Vaters, seitdem Jerusalem den Herrn endgültig verworfen hat. Aber wie schwer war es für die Jünger, dies in ihren Herzen zu verwirklichen. Wir sehen in der Apostelgeschichte, welche Stellung der Tempel in Jerusalem für sie einnahm und wie sie die Verbindung mit ihm nie wirklich abbrachen. Zum Schluss hat der Herr eingegriffen, indem Er Jerusalem und den Tempel durch die Römer verwüsten ließ.

Im Brief an die Hebräer versuchte der Apostel, die Gläubigen aus den Juden von dem Alten zu lösen, indem er ihnen die alles übersteigende Herrlichkeit des Herrn und seines Werkes vor Augen stellt. Hier stellt ihnen Petrus das „geistliche“ Haus Gottes vor, um sie geistlich unabhängig von Jerusalem zu machen und um sie innerlich mit den durch den Apostel Paulus in ihren Wohnorten gegründeten Versammlungen zu verbinden. Welch kostbarer Gedanke war es für die Gläubigen, ein Teil dieses wunderbaren Hauses zu sein, worin Gott in Ewigkeit wohnen wird. Mochte das alte Haus in Jerusalem von großen, kostbaren und gehauenen Steinen gebaut sein (1Kön 5,17), es waren tote Steine. Das neue Haus war aus lebendigen Steinen zusammengesetzt, und sie selbst waren diese lebendigen Steine. Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, ist das Fundament. Sie, die das Leben Christi besitzen, bilden das Gebäude. Der Herr selbst ist wieder das Haupt der Ecke (1Pet  2,7), der krönende Schlussstein, durch den das Haus vollendet ist. Das ganze Gebäude muss notwendig Christus sein, wenn es die Wohnung Gottes sein will; Christus persönlich, und danach, wie Er in den Seinen geformt wird.

In der Tat, wir, unser Leben, müssten der Ausdruck von dem sein, was Christus ist (2Kor 3,3). Wir sind verantwortlich, dass es so ist. Wie herrlich würde es sein, wenn die Welt in mir und in dir Christus erkennen könnte. Wenn wir der Widerschein seiner Gnade, Liebe und Wahrheit, ja alles dessen, was Er ist, wären! Einmal wird es so sein. In der heiligen Stadt Jerusalem, die von Gott aus dem Himmel herniederkommt, scheinen alle Steine in ihrer ganzen Herrlichkeit (Off 21,19). Verglichen mit Offenbarung 4,3 sehen wir, dass diese Herrlichkeit die Herrlichkeit Gottes ist. Sie offenbaren diese Herrlichkeit in dem, was sie in sich selbst sind, und es gibt nichts mehr, was dies hindert. Es sind dieselben lebendigen Steine, mit denen der Herr Jesus nun baut; wir dürfen uns selbst darin sehen. Aber unser Mose hat uns dann behauen und geschliffen, bis aller Schmutz, alle Rauheit, alle Unebenheiten verschwunden waren und Gottes Finger alle seine Gedanken vollkommen auf uns schreiben konnte (5Mo 10,1-5 ). Dann werden wir der Ausdruck der Gedanken Gottes (logos) sein, so wie es die ersten steinernen Tafeln (Christus) waren.

Ein heiliges Priestertum

Wie alle wahren Gläubigen lebendige Steine sind, so sind sie auch Priester. Ihre Verbindung mit dem verherrlichten Herrn im Himmel, dem großen Priester über das Haus Gottes (Heb 10,21), gibt ihnen diese Stellung. Wie die Söhne Aarons aufgrund ihrer natürlichen Geburt Priester waren, so sind sie es durch ihre geistliche Geburt. Der Apostel sagt nicht, dass sie lebendige Steine und heilige Priester sein sollten, sondern, dass sie es sind. Natürlich müssen wir uns nun praktisch als Priester betragen und den Priesterdienst praktisch ausüben. Aber um das tun zu können, müssen wir erst Priester sein. Wir müssen erst in der Stellung sein, um die Vorrechte, die mit dieser Stellung verbunden sind, in Anspruch nehmen zu können. Wir werden keine Priester dadurch, dass wir geistliche Schlachtopfer darbringen, sondern wir können dieses tun, weil wir Priester sind.

Wir sind ein Priestertum, ein Geschlecht von Priestern. In Israel bildete allein das Geschlecht Aarons das Priestertum. Wir gehören alle zu dem Hause unseres Hohenpriesters. Und darum entspricht unsere Priesterschaft der gegenwärtigen Stellung Christi in dem Himmel.

Wir müssen bedenken, dass Christus wohl Priester nach der Ordnung Melchisedeks ist (Heb 5,6), aber dass Er die Priesterschaft Aarons ausübt. Melchisedek war der König-Priester, der Segnende (1Mo 14,18-20; Heb 7,1). Das ist die Stellung Christi im Tausendjährigen Reich. Er wird dann aus dem Heiligtum herauskommen auf die Erde, um zu segnen (3Mo 9,23). Aber jetzt ist Er innerhalb des Vorhangs, um dort den Dienst für das Volk in der Wüste auszuüben. Das Volk sieht Ihn nicht. So trägt unsere Priesterschaft auch den Charakter der Priesterschaft Aarons, während die königliche Priesterschaft von 1. Petrus 3,9 mehr den Charakter Melchisedeks trägt.

Nahe bei Gott zu sein, ist der kostbarste und kennzeichnendste Charakter eines Priesters. Bei Israel durften nur die Priester Gott im Heiligtum nahen; und so ist es jetzt auch noch. Wir sind näher bei Gott als irgendein Sohn Aarons, ja als Aaron selbst je gewesen ist. Niemand von den Söhnen Aarons durfte in das Allerheiligste eingehen, und er selbst durfte es nur einmal im Jahr und dann nicht ohne Räucherwerk und Blut. Wir aber haben den freien Zugang durch den zerrissenen Vorhang (Heb 10,19-22). Den hat jedes Kind Gottes, auch das jüngste und schwächste. Eine besondere Priesterklasse steht im vollkommenen Widerspruch zu dem Christentum. Sie leugnet die Vollkommenheit des Werkes Christi und die grundsätzliche Stellung des Christen. Bei dem Tod Christi ging das ganze jüdische Gottesdienstsystem zu Ende. Welch ein unermessliches Vorrecht haben wir als Christen!

… um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesus Christus

Das ist unser Dienst als Priester: fortdauernd Gott anzubeten. Wir sind geistliche Priester und keine fleischlichen und haben geistliche Dinge darzubringen. Die Priester des Alten Testaments brachten Tiere als Brand- und Dankopfer und Mehl und Öl als Speisopfer. Woraus bestehen unsere Opfer? „Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Heb 13,15).

Unsere geistlichen Opfer bestehen aus dem, was durch den Heiligen Geist in unseren Herzen gewirkt wird, wenn wir uns in der Gnade erfreuen. Sie sind das, was aus unseren Herzen zu Gott aufsteigt, wenn wir durch die Größe dessen bewegt werden, was uns gegeben ist, und durch die Liebe, die es uns gab. Wir sehen unsere Erlösung und bewundern ihre Größe. Wir sehen den Preis, den Gott dafür bezahlt hat, indem Er seinen eingeborenen Sohn gab. Wir sehen die Stellung, in die wir gebracht worden sind. Wir sehen die Herrlichkeit der Person und das Werk des Sohnes Gottes. Unsere Herzen werden dadurch bewegt, und wir geben in der Kraft des Heiligen Geistes Ausdruck davon, indem wir vor Gott aussprechen, was wir davon verstanden haben. Und Gott will, dass unsere Herzen Einsicht erlangen über sein Wohlgefallen in Christus, so dass alles, was Christus ist, und alles, was Er uns von Gott bekannt gemacht hat, zum Gegenstand des Dankes, des Lobes und der Anbetung in seinem Hause wird.

In den Bildern des Alten Testaments wird uns das deutlich vorgestellt. Die Priester brachten allezeit Opfer, die von dem Leben des Herrn auf der Erde (Speisopfer) redeten oder die Ihn in seinem Werk auf dem Kreuz in den verschiedenen Betrachtungsweisen (Brand- und Dankopfer) vorstellten oder die seine persönlichen Herrlichkeiten zeigten (Räucherwerk). So stellt der Vater uns all die Herrlichkeiten seines Sohnes und des Werkes vor, damit wir sie bewundern sollen, so wie Er sein Wohlgefallen in Ihnen findet, und um das, was wir mit unseren Herzen sehen, vor Ihm auszusprechen. Diese Opfer sind allezeit angenehm vor Gott. Alles, was von dem Herrn Jesus redet, ist angenehm vor Ihm. Und über dies nahen wir zu Gott, bekleidet mit dem Wert des Werkes des Herrn.

Das ist der Dienst des Priesters jetzt; der Dienst, zu dem Gott jeden Gläubigen, es sei Mann oder Frau, jung oder alt, ruft. Üben wir diesen Dienst alle aus?

Es kann Hindernisse geben. Wenn wir verunreinigt sind, müssen erst unsere Füße gewaschen werden (Joh 13). Ich kann nicht im Heiligtum sein und über die unterbrochene Gemeinschaft trauern, unterbrochen durch das, was ich getan habe. Erst muss der Heilige Geist die Gemeinschaft wiederherstellen. Bevor das nicht geschehen ist, kann es keine Anbetung im Heiligen Geist geben. Ich habe dann nicht aufgehört, ein Priester zu sein, aber ich bin unfähig, den Priesterdienst auszuüben. Erst muss ich gereinigt werden gemäß der Reinheit des Platzes, in den ich gebracht worden bin.

Es können auch andere Hindernisse da sein. In den Bildern des dritten Buches Mose finden wir, dass ein Blinder, ein Lahmer, ein Krüppel, ein Zwerg, einer, der die männliche Fortpflanzungskraft verloren hatte, und andere Dinge für den Priesterdienst unfähig machen (3Mo 21). Eine solche Person darf wohl von der priesterlichen Speise essen, aber nicht herzunahen, um das Brot Gottes darzubringen. Die Töchter Aarons durften wohl von der priesterlichen Nahrung essen, denn sie gehörten zur priesterlichen Familie, aber sie durften nicht im Heiligtum dienen. Ein schwacher geistlicher Zustand oder ein Mangel an geistlicher Kraft, so wie er in den Töchtern vorgestellt wird, kann uns unfähig machen, praktischen Priesterdienst auszuüben. Aber das ist nach den Gedanken Gottes nicht der normale Zustand eines Gläubigen.

Die Berufung Gottes für jeden Gläubigen heißt, dass er sich praktisch als Priester offenbart. Das bedeutet, er soll hineingehen in das Heiligtum, in die unmittelbare Nähe Gottes, um dort die Opfer zu bringen, die der Heilige Geist zuvor in seinem Herzen gewirkt hat bei dem Betrachten und Bewundern der Person und des Werkes des Herrn Jesu und der Gnade und der Liebe Gottes, die darin offenbart sind. Ist ein herrlicherer und höherer Dienst denkbar?

Vers 6

1Pet 2,6: Denn es ist in der Schrift enthalten: „Siehe, ich lege in Zion einen Eckstein, auserwählt, kostbar; und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.“

Zur Befestigung des hier Gesagten zitiert der Apostel nun diesen Text (Jes 28,16), allerdings nicht wörtlich. In der Tat sind die Verse 1. Petrus 2,4 und 5 die fundamentale Erfüllung dieser Prophezeiung. Jesaja sieht prophetisch in der Endzeit die Führer Israels, erschreckt durch die große Macht und Feindschaft der „überströmenden Flut“ (Assur), einen Bund mit dem Tode machen und einen Vertrag mit der Hölle. Um sich gegen Assur zu schützen, werden sie sich mit dem Antichristen, dem Menschen der Sünde (2Thes 2,3-9), verbinden, der nur nach seinem eigenen Willen handelt, und mit dem Gott lästernden Haupt des wiederhergestellten Römischen Reiches (Off 13,6). Der Heilige Geist nennt diese beiden den Tod und die Hölle. Aber die Herrscher über die Juden werden erkennen, dass die Lüge (die teuflische Macht) keine Zuflucht ist und dass die Falschheit keine Zuflucht bietet.

Für den gläubigen Überrest gibt es aber einen Ruhepunkt. Gott hat in Zion einen Grundstein, einen erprobten Stein, einen köstlichen Eckstein gelegt, der gut gegründet ist. Wer auf diesen Stein vertraut,  „wird nicht ängstlich eilen“. Der Messias mag verworfen und gekreuzigt sein und die Mächte der Bosheit scheinbar überall die Oberhand behalten, am Ende wird Er doch sein Volk erlösen und die Feinde richten. Dieser Stein wird die Weltreiche vernichten (Dan 2,35), das Böse richten und die ganze Erde erfüllen.

So wie an vielen Stellen wird diese Erlösung mit Zion verbunden. Wenn dieser Name bildlich gebraucht wird, stellt er die Gnade Gottes in Verbindung mit dem Königtum vor (Heb 12,22). Nachdem das Volk Gott in Samuel als König verworfen hatte (1Sam 8,7), kam unter Saul der ganze Abfall. Und dann offenbarte Gott seine Gnade, indem Er in David den Sieg über alle ihre Feinde und vollkommene Befreiung gab und indem Er kam, um in ihrer Mitte zu wohnen (2Sam 8,7). Es ist also Gnade nach vollkommener Untreue. Aber diese Gnade ist verbunden mit David und Zion, der Stadt Davids (Ps 132).

Die Gläubigen aus den Juden, denen Petrus schrieb, lebten nicht in der Zeit, in der die Prophezeiung erfüllt werden wird. Aber Petrus wendet sie an, denn der erprobte Eckstein, worauf der Überrest bald sein Vertrauen setzen wird, ist der lebendige Stein, auf den sie gebaut sind. Mag das Volk als Ganzes den Herrn verworfen haben, so dass es den Segen nicht empfangen kann, das ist kein Hindernis für den Überrest, durch die Gnade den Segen doch zu empfangen, und zwar in seiner christlichen Form und Vollkommenheit. Alles ruht auf dem Tode und der Auferstehung des Herrn; sowohl seine künftige Regierung in Jerusalem über die ganze Erde als auch jetzt schon die geistlichen Segnungen, die unser Teil sind und von denen Petrus uns einen Teil vorstellt, die aber in ihrer Vollkommenheit durch Paulus offenbart sind.

Nun ist es noch nicht der Tempel der Herrlichkeit, der künftig in Jerusalem sein wird. Jetzt ist es ein geistliches Haus und ein heiliges Priestertum, um geistliche Schlachtopfer darzubringen während der Zeit der Verwerfung Christi durch Israel. Die Gläubigen können die Verheißungen genießen, sofern sie mit den Wegen Gottes in dieser Zeit übereinstimmen. Und wenn ihnen nun etwas entgeht von dem, was dem gläubigen Überrest in der letzten Zeit zuteilwird, so hat Gott etwas Besseres für uns vorgesehen (Heb 11,40)).

Verse 7.8

1Pet 2,7.8: Euch nun, die ihr glaubet, (ist) die Kostbarkeit; (den) Ungehorsamen aber: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein (wörtlich: Haupt der Ecke) geworden“, und „ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses“, die sich, da sie nicht gehorsam sind, an dem Worte stoßen, wozu sie auch gesetzt worden sind.

Der Stein ist nicht allein in den Augen Gottes kostbar, sondern auch in den Augen des Glaubens. Wie schwach der Gläubige auch sein mag, der Glaube sieht wie Gott sieht.

Einmal wird diese Kostbarkeit im ganzen Weltall offenbart werden. „Könige werden über ihn ihren Mund verschließen“ (Jes 52,15). Obwohl das nun noch nicht so ist, weil Israel Ihn verworfen hat, darf doch der gläubige Überrest (und wir mit ihm) jetzt schon im Voraus davon genießen. Die Kostbarkeit ist für uns: Gott hat sie uns gegeben. Es geht hier also nicht darum, dass wir uns fragen, ob der Herr für uns kostbar ist. Er ist in sich selbst kostbar, und Gott hat diese Kostbarkeit für uns offenbart und sie uns dargereicht, damit wir sie genießen können. Der Vater findet sein ganzes Wohlgefallen in dem Sohn, und Er wünscht, dass wir es auch tun. Darum beschreibt Er diese Herrlichkeit in dem Worte. Aber nur der Glaube kann sie sehen und bewundern. Darum konnte Johannes ausrufen: „Wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater“ (Joh 1,14), während zur gleichen Zeit die Brüder des Herrn nicht an Ihn glaubten (Joh 7,5) und seine Verwandten sagten: „Er ist von Sinnen“, und Ihn fangen wollten (Mt 3,21). Hier sehen wir die Gegenüberstellung von Gläubigen und Ungläubigen. Obwohl Er doch für die Gläubigen kostbar ist, ist Er ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses für die Ungehorsamen. Hier haben wir eine von den Stellen (Jes 28,16), wo die Propheten Dinge offenbarten, die weitergingen als ihre Einsicht, und von denen sie wussten, dass sie nicht für sie selbst waren (1Pet 2,10-12). Dem Jesaja wurde die wunderbare Kostbarkeit dieses „Steins“ nicht deutlich gemacht. Aber nun war sie in ihrem vollen Wert denen gezeigt, die glaubten.

Leider war die Masse des Volkes ungläubig. Und für sie war der Stein, den die Bauleute, die Führer des Volkes, als unbrauchbar verworfen hatten, obwohl Er in dem Himmel erhöht war über alle Obrigkeiten und Gewalten, nur ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses! Auch dieses war vorhergesagt. Gott wusste, wie schwer es sein würde, anzunehmen, dass gerade sie, die nach ihrem eigenen Urteil und dem des Volkes die Baumeister Israels waren, den durch Gott zum Fundament gegebenen Stein als wertlos beiseitewerfen würden (Jes 8,14; Jes 53,1-4; Ps 115,22). Das sollte offenbar machen, dass sich die, zu denen das Volk als zu seinen geistlichen Führern aufsah, als unfähig erwiesen hatten, das geistliche Haus Gottes aufzubauen. Wir finden in den Evangelien, dass selbst die Apostel es nicht glauben konnten, dass die Obersten den Herrn endgültig verwerfen und kreuzigen würden. Darum konnten sie so viele Stellen, die darüber sprachen, nicht verstehen.

Jetzt konnten sie sie begreifen. Sie hatten mit ihren eigenen Augen gesehen, dass Er, der durch die Propheten als der von Gott gesandte Messias vorgestellt war und der durch die Offenbarung seiner persönlichen sittlichen Herrlichkeit und die Wunder göttlicher Macht und Güte unwidersprechlich hat sehen lassen, dass Er der HERR selbst war, durch die Hohenpriester und Schriftgelehrten verworfen und gekreuzigt worden war (Mk 15,31.32). Jetzt konnten sie Stellen wie die ersten Verse von Jesaja 53 und den von Petrus hier und in Apostelgeschichte 4 angeführten Psalm 118,22 begreifen. Der Herr selbst führt diesen Vers an (Mt 21,42). Er steht den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes gegenüber (1Pet 2,23-46) und sagt ihnen, dass der auserwählte Stein von Gott zum Fundament gegeben war, aber dass sie Ihn verwarfen. Er sagt gewissermaßen: „Hier bin ich, und ihr verwerft mich.“

Aber was tat Gott mit diesem verworfenen Stein? Er erweckte Ihn aus den Toten und gab Ihm einen Platz zu seiner Rechten in dem höchsten Himmel: „über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen“ (Eph 1,20-22). Das ist die Bedeutung des Ausdrucks „zu einem Haupt der Ecke geworden“ (siehe Fußnote Elberf. Üb.). So ist Er, der Erstgeborene aus den Toten, „das Haupt der Ecke“, der Schlussstein des Hauses Gottes, von dem Er auch das Fundament ist.

Die „Ungehorsamen“ sind hier das jüdische Volk im Ganzen genommen. Die Verherrlichung des Herrn ist für sie ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses. In der Apostelgeschichte sehen wir, dass sie die größten Feinde des Evangeliums von dem verherrlichten Herrn sind. Sie stoßen sich an dem Wort, wozu sie auch gesetzt sind. „Das Wort“ ist hier wieder „logos“, also der Ausdruck der Gedanken Gottes, so wie das vollkommen in dem Herrn ist. Weil die Juden ungehorsam sind, wollen sie sich nicht dem Wort der Gnade unterwerfen. Darum gibt es für sie auch keine Hilfe. Wenn ein sündiges und schuldiges Volk das Wort der Gnade verwirft, gibt es keine Rettung.

Sie sind nicht gesetzt, um ungehorsam zu sein! Die Lehre, dass Gott Menschen vorausbestimmt hat, verlorenzugehen, ist ebenso sehr im Widerspruch mit der Schrift wie der Gedanke, dass der Mensch Kraft hat, das Gute zu tun. Alles, was böse ist, ist nur aus dem Menschen, so wie alles Gute nur aus der Gnade Gottes hervorkommt. Gott hat niemals einen Menschen zum Sünder gemacht, und Er hat weder Wohlgefallen an dem Tode des Sünders noch daran, dass er ewig in der Hölle sein muss. Im Gegenteil: „Gott, unser Heiland, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1Tim 2,4).

Aber Gott ist Gott. Wenn der Mensch in Hochmut und Vermessenheit sich weigert, gehorsam zu sein, so steht Gott über allem. Er bot seine Gnade und Wahrheit in Christus einem ungehorsamen Volk an, das in seinem Hochmut all seine Güte und Langmut verwarf. Sie stießen sich an dem Worte, das Ihn offenbarte. Sie waren nicht gesetzt, um ungehorsam zu sein! Aber indem sie ungehorsam bis zum Äußersten waren, bestimmte Gott, dass sie sich an dem Wort, das ihnen die Gnade anbot, stoßen sollten, an dem Wort, durch das jeder, der es annahm, gerettet wurde und den vollen Segen empfangen konnte.

Vers 9

1Pet 2,9: Ihr aber (seid) ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden (dessen) verkündigt, der euch berufen hat aus (der) Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.

In diesem Vers sehen wir den gläubigen Überrest aus den zwei Stämmen, an die der Brief gerichtet ist, in die Segnungen gebracht, die nach 2. Mose 19 und Hosea 1 für das gesamte Volk Israel bestimmt waren.

Das Wörtchen „ihr“ zeigt den Gegensatz zu den Ungehorsamen aus den vorigen Versen an. Deshalb muss es hervorgehoben werden. Die Ungehorsamen, das Volk als Ganzes, konnten die verheißenen Segnungen nicht empfangen, weil diese den Gehorsam voraussetzten (2Mo 19,5.6); wir wissen, dass die Geschichte des Volkes eine Geschichte des Ungehorsams war. Als nun Gott in seiner großen Barmherzigkeit in dem Herrn Jesus, dem Diener der Beschneidung, die Erfüllung gegeben hatte (Röm 15,8), verwarfen sie Ihn, in welchem Gott die Erfüllung anbot.

Die Gläubigen konnten die Segnungen also nicht mit dem ganzen Volk empfangen. Weil sie nun aber gehorsam geworden waren und ihr Vertrauen auf den gesetzt hatten, der durch das Volk verworfen war, hat Gott sie doch in die gesegnete Verbindung mit sich selbst gebracht, die Er dem Volke angeboten hatte. Dass die Segnungen nun himmlisch waren und also einen viel höheren Charakter hatten, veränderte doch die Tatsache nicht, dass sie in Übereinstimmung mit den Verheißungen angenommen waren. Aber der Grund war nun nicht mehr ihr Gehorsam, sondern der Gehorsam des Herrn Jesus. Für sie war es Gnade.

Selbstverständlich sind wir, die Gläubigen aus den Nationen, in dieselbe Verbindung mit Gott und in dieselben Segnungen gebracht. Aber wir waren „Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißungen, keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt“ (Eph 2,12).

Israel war das auserwählte Volk. Gott hatte sie aus allen Völkern der Erde auserwählt, damit sie sein irdisches Volk seien (5Mo 7,6; 10,15; Ps 135,4). Aber die Gläubigen, an die der Brief gerichtet ist (und wir mit ihnen), sind durch den Vater auserwählt zur Sohnschaft (1Pet 1,2). Als solche steht nicht jeder von uns allein, sondern wir sind Glieder einer Familie, von einem „Geschlecht“, der Familie Gottes. Das Wort weist auf die Zusammengehörigkeit durch Geburt, auf Familienbeziehungen, hin. Es steht wieder kein Artikel vor Geschlecht, um anzuzeigen, dass mehr der Charakter gemeint ist, aber auch, dass nicht allein sie Glieder dieses Geschlechts sind. Durch unendliche Gnade sind auch wir, die Gläubigen aus den Nationen, die ohne Gott in der Welt waren, nahe geworden durch das Blut Christi (Eph 2,12), und durch unsere Wiedergeburt sind wir in dasselbe Geschlecht gebracht worden.

Ein königliches Priestertum

Wenn wir diesen Vers mit Vers 5 vergleichen [1Pet 2,9 mit 1Pet 2,5], sehen wir den Unterschied zwischen einem heiligen und einem königlichen Priestertum. Das Erste ist dazu da, um geistliche Schlachtopfer darzubringen, die Gott angenehm sind durch Jesus Christus. Das Zweite dient dazu, die Tugenden dessen zu verkündigen, „der uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat“. Der Dienst des heiligen Priestertums wendet sich also vonseiten der Menschen an Gott, der Dienst des königlichen Priestertums vonseiten Gottes an den Menschen. Der erste ist im Heiligtum, der zweite in der Welt.

In Melchisedek sehen wir das Bild eines königlichen Priesters. Er geht aus in die Welt, um Brot und Wein zu bringen und um zu segnen (1Mo 14,18-20). Wir wissen, dass er ein Bild von dem Herrn Jesus ist, so wie dieser künftig im Tausendjährigen Reich die Priesterschaft ausüben wird (Heb 6,20; 7). Er wird in seiner himmlischen Herrlichkeit auf die Erde kommen, um zu segnen und so Gott zu offenbaren in seiner Majestät und in seiner Güte als der große Geber. Der Herr ist zwar jetzt schon Priester nach der Ordnung Melchisedeks. Aber weil Er noch durch Israel verworfen ist und das Gericht noch nicht ausgeführt wurde, kann Er die königliche Priesterschaft noch nicht ausüben. Er ist nun noch der Priester im Heiligtum; das entspricht der Priesterschaft Aarons.

Durch unsere Verbindung mit Ihm sind auch wir heilige Priester, wie wir in Vers 5 gesehen haben. Wir gehen in das Heiligtum ein, um Gott geistliche Schlachtopfer darzubringen und um Fürbitte für andere zu tun. Später werden wir, wie der Herr königliche Priester sein. Kronen werden wir tragen und auf Thronen sitzen (Off 4,4). Wir werden die priesterlichen weißen Kleider tragen und den Priesterdienst ausüben (Off 5,8-10). Wir werden vollkommen die Herrlichkeit des Herrn und die Vollkommenheit seines Werkes offenbaren, nicht durch unsere Worte allein, sondern durch das, was wir sind. Wir selbst sind dann die Offenbarung von Gottes Herrlichkeit und Gnade, wie der Herr Jesus dann auch vollkommen Gott offenbaren wird.

Aber nun, bevor der Herr sein königliches Priestertum ausübt, sind wir berufen, dies schon zu tun. Wir müssen die Tugenden, die kostbaren Eigenschaften dessen verkündigen, der uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat, nicht so sehr durch Worte, sondern durch unser ganzes Benehmen. Wir verstehen unter „verkündigen“ gewöhnlich predigen. Aber das ist hier nicht die Bedeutung des Wortes. Es geht hier darum, wie wir uns darstellen in unserem ganzen Sein durch das, was wir tun, und durch das, was wir sprechen, also durch unser ganzes Leben. In unserem Leben muss die Welt Gott und den Herrn Jesus sehen, all ihre Herrlichkeiten. Wenn wir alle so wären, wie wir sein müssten, würde das so sein. Der Herr hat uns nun in die Welt gestellt, damit wir jetzt schon tun sollten, was Er künftig in Vollkommenheit tun wird.

Als heilige Priester gehen wir also in das Heiligtum, und als königliche Priester kommen wir zum Zeugnis wieder heraus. Das ist die normale Reihenfolge, wie wir sie auch in den Bildern des Alten Testaments sehen (3Mo 9,23; 16). Es kann auch nicht anders sein, denn der Dienst als heilige Priester im Heiligtum ist die Quelle des Dienstes, den wir als königliche Priester ausüben. In dem Letzten haben wir in unserem Sein den Herrn zu offenbaren. Um das zu können, muss eine sittliche Übereinstimmung bestehen. Nun, wie kann diese zustande kommen? Wir wissen, dass das allein geschehen kann, indem wir die Herrlichkeit des Herrn anschauen (2Kor 3,18).

Wir gehen als heilige Priester in das Heiligtum, um dort unsere Opfer darzubringen: die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen (Heb 13,15). Wir sind dort beschäftigt mit seinem heiligen Leben auf der Erde (Speisopfer; 3Mo 2) und mit seinem wunderbaren Sterben auf dem Kreuz, wo Er Gott über alles verherrlichte und gutmachte, was wir Gott gegenüber Verkehrtes getan hatten (Brandopfer; 3Mo 1) und was die Grundlage unserer Gemeinschaft mit Gott ist (Friedensopfer; 3Mo 3). Sollte das Anschauen und Bewundern aller dieser sittlichen Herrlichkeit keinen Einfluss auf uns ausüben? Sollte das Bewusstsein, dass Er auf Erden lebte und danach am Kreuze starb, weil Er uns lieb hat, uns retten wollte vom ewigen Verderben und uns zu Teilhabern alles dessen machen wollte, was im Herzen Gottes für uns war, uns nicht anziehen zu Ihm, so dass unsere Herzen warm werden in Liebe und Bewunderung? Dann sehen wir auf den Herrn, wo Er nun ist; auf den verherrlichten Menschen im Himmel. Nun, das Sehen auf Ihn in der Herrlichkeit macht uns sittlich gleichförmig mit Ihm. Wir werden verändert nach dem Bilde seiner Herrlichkeil (2Kor 3,18; 2Mo 34,29). Dann können wir ausgehen als königliche Priester, um all seine Herrlichkeiten zu verkündigen. Die Menschen werden sie an unserem Betragen, an unserer Lebenshaltung, an unseren Worten sehen.

Wir sehen also, dass unser Priesterdienst etwas ganz anderes ist, als das Evangelium den Ungläubigen und das Wort Gottes den Gläubigen zu bringen. Das Letzte ist die Aufgabe von denen, die dafür von Gott die Gabe empfangen haben. Es ist mehr der Dienst eines Leviten. Aber Priester ist jeder Gläubige, ob jung oder alt, Mann oder Frau. Das Evangelium oder der Dienst am Wort ist die Gabe Gottes an die Menschen. Der Priesterdienst im Heiligtum ist die Gabe der Menschen an Gott, und der königliche Priesterdienst auf Erden ist nicht die Gabe, sondern die Offenbarung Gottes. Eine Predigt also Gottesdienst zu nennen, beweist den vollkommenen Mangel an Verständnis über das, was nach dem Worte Gottes Gottesdienst oder Anbetung und Dienst der Versammlung ist.

Ein heiliges Volk, ein Volk des Eigentums

Heilig bedeutet abgesondert. Angewendet auf Menschen bedeutet es abgesondert für Gott, losgemacht und abgesondert von allem, womit ein natürlicher Mensch nach dem Sündenfall verbunden ist: Welt und Sünde. Gott hatte Israel aus dem Götzendienst gezogen (Jos 24,2-14), damit sie Ihm dienen und nur für Ihn seien. Aber es verwarf Ihn und sagte: „Wir haben keinen König als nur den Kaiser“ (4Mo 23,9). „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ (Joh 19,15)!

Selbst im Anfang hatte das Volk keine wahre Heiligkeit. Die zwei Söhne Aarons, die aus der Mitte des ganzen Volkes genommen und besonders geweiht waren, um Gott zu nahen, starben, als sie das erste Mal in das Heiligtum eingingen (Mt 27,25; 3Mo 10). Und Aaron, der Hohepriester, durfte nur einmal im Jahr hineingehen, und dann nicht ohne Rauchwerk und Blut (3Mo 16,1-4). Dann durfte er nicht seine gewöhnliche priesterliche Kleidung tragen, sondern weiße Leinenkleider, die ein Bild sind von der praktischen Heiligkeit (Off 19,8). Wie spricht das von praktischer Unheiligkeit und praktischem Fernsein von Gott durch die Sünde! Aber wir sind gewaschen in dem Blute des Lammes. Der Heilige Geist sagt diesen selben Gläubigen, an die dieser Brief gerichtet ist, dass sie Freimütigkeit haben, in das Heiligtum einzugehen durch den zerrissenen Vorhang hin (Heb 10,19). Durch die Wiedergeburt abgesondert von der Welt (1Pet 1,2), auch von ihrem alten Volk, und durch das Blut des Lammes erlöst (1Pet 1,19) von ihrem unheiligen Leben und gewaschen von ihren Sünden, waren sie ein wirklich heiliges Volk.

Musste Gott im Hinblick auf Israels Untreue und Sünde sagen: „Nicht mein Volk“ (Hos 1,9), so konnte Er die, deren Glaube den Widerstand und Unglauben des eigenen Volkes durchbrach und den verworfenen Messias annahm (Mt 11,12), als sein Volk erkennen und ein öffentliches Zeugnis davon geben. Durch Paulus sagt uns der Heilige Geist, dass Gott sein Siegel auf jeden setzt, der das Evangelium, die Frohe Botschaft von dem geschlachteten Lamm, glaubt (Eph 1,13; 2Kor 1,22). Der Heilige Geist kommt, in ihm zu wohnen als das öffentliche Zeugnis, dass Gott einen solchen als sein Eigentum anerkennt. Petrus hat es noch am selben Tag angekündigt, als der Heilige Geist auf die Erde kam, um in denen zu wohnen, die an den Herrn Jesus glauben (Apg 2,38).

Wenn wir die Stellen in der Schrift verfolgen, wo über Licht und Finsternis gesprochen wird, meine ich, dass wir zu dem Schluss kommen, dass Finsternis Unwissenheit über Gott und Licht die Erkenntnis Gottes ist. Gott ist Licht, und in Ihm ist gar keine Finsternis (1Joh 1,5). Nun, der uns Gott kundgemacht hat, war das Wort, der vollkommene Ausdruck dessen, was Gott ist (Joh 1,18). Das liegt in der Bedeutung des griechischen Wortes beschlossen (siehe meine Anmerkungen zu 1Pet 1,23). In dem Worte war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen (Joh 1,1-5). „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“ (Joh 17,3).

Darum sagt die Schrift weiter: „In welchen der Gott dieser Welt den Sinn der Ungläubigen verblendet hat, damit ihnen nicht ausstrahle der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, welcher das Bild Gottes ist … Denn der Gott, der aus Finsternis Licht leuchten hieß, ist es, der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi“ (2Kor 4,4-6).

Wir waren ohne Gott in der Welt (Eph 2,12). Wörtlich steht im Griechischen, dass wir Atheisten waren. Wir waren verfinstert am Verstande und entfremdet dem Leben aus Gott wegen der Unwissenheit, die in uns war (Eph 4,18). „Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn“ (Eph 5,8).

Welch eine Erlösung! Wir kannten Gott nicht und hätten ewig in dieser Finsternis bleiben müssen, wenn Er nicht eingegriffen hätte. Aber der Ruf seiner Macht, dem wir nicht widerstehen konnten, rückte uns aus der Finsternis und brachte uns in sein wunderbares Licht (Kol 1,12.13). Wir kennen Ihn durch den Herrn Jesus . „Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat, auf dass wir den Wahrhaftigen kennen! und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohne Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1Joh 5,20). Und wir wandeln in dem Licht, gleichwie Er in dem Lichte ist. Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reinigt uns von aller Sünde (1Joh 1,7).

Wenn wir daran denken, wird dann nicht ein tiefer Wunsch in unseren Herzen wach, die Tugenden, all die herrlichen Eigenschaften dessen, der das zustande gebracht hat und den wir nun kennen, zu verkündigen, mit Worten und auch mit Taten, in unserem Leben zu zeigen, wer Er ist? Nun, Gott hat uns gemacht zu „einem auserwählten Geschlecht, einem königlichen Priestertum, einem heiligen Volk, einem Volk des Eigentums“, auf dass wir es tun sollten. Einmal wird die Erde voll sein der Erkenntnis des Herrn, so wie die Wasser den Meerboden bedecken (Jes 11,9.10). Jetzt kennt die Welt Ihn nicht – es ist Nacht. Aber in der Nacht seiner Verwerfung dürfen wir seine Tugenden sehen lassen; diese wunderbaren Tugenden, die wir kennengelernt haben, als sie sich in wunderbarer Gnade uns gegenüber offenbarten, als wir kraftlos, gottlos, Sünder und Feinde waren (Röm 5,6-10).

Vers 10

1Pet 2,10: … die (ihr) einst „nicht ein Volk“ (waret), jetzt aber ein Volk Gottes (seid); die (ihr) „nicht Barmherzigkeit empfangen hattet“, jetzt aber Barmherzigkeit empfangen habt.

Um diese Verse gut verstehen zu können, müssen wir Hosea 1 und 2 lesen. Da sagt Gott zu Israel (den 10 Stämmen), dass sie nach all ihrer Untreue und ihrem Abfall nicht mehr sein Volk seien (Lo-Ammi) und keiner Barmherzigkeit mehr teilhaftig würden (Lo-Ruchama). Wie wir in 2. Mose 19 gesehen haben, waren ihnen die Segnungen verheißen unter der Voraussetzung, dass sie gehorsam waren. Aber sie waren nur immer ungehorsam gewesen. So bestand durchaus keine Hoffnung, dass sie die Verheißungen empfangen würden.

Dann zeigt Gott seine wunderbare Gnade. Nachdem Er sie gerichtet haben wird, wird Er ihnen aufgrund der Gnade doch die Segnungen geben. Und das auf eine ganz wunderbare Weise, die für den menschlichen Verstand unerklärlich ist. Gerade an der Stelle, wo zu ihnen gesagt ist: Ihr seid mein Volk nicht, wird zu ihnen gesagt werden: Ihr seid Kinder des lebendigen Gottes (Hos 1,10). Das Tal Achor soll ihnen zu einer Tür der Hoffnung gegeben werden (Hos 2,14). Das „Tal Achor“ bedeutet „Unglückstal“. Es ist die Stelle, wo das erste Gericht Gottes über das Volk in dem Lande stattfand (Jos 7,26). Nun, der Ort des Gerichts wird gerade die Tür der Hoffnung werden. Die Gnade wird sich rühmen wider das Gericht. Wo die Sünde überströmend wurde, da ist die Gnade noch weit überschwänglicher geworden. Aber sie wird herrschen durch Gerechtigkeit (Röm 5,20.21)!

Wie sehen wir diese göttliche Weisheit offenbart an dem Kreuz. Dort richtete Gott die Sünde in seinem nichts verschonenden Gericht. In dem Bild von der roten Kuh sehen wir, dass das Sündopfer durch das Feuer, das ein Bild von der prüfenden, alles erprobenden Heiligkeit Gottes ist, ganz verzehrt wurde. Selbst das Blut musste verbrannt werden (4Mo 19). Aber gerade das Kreuz, wo wir mit Entsetzen das schreckliche Gericht Gottes über die Sünde und den Sünder sehen, ist für uns die Tür der Hoffnung. Da sehen wir, dass es Rettung gibt, dass wir trotz unseres Zustandes doch die Gaben Gottes empfangen können, und das auf einem Wege der Gerechtigkeit. Gott ist gerecht, wenn Er dem, der den Herrn Jesus annimmt und damit Teil an seinem Werke hat, die Sünden vergibt und ihm alles gibt, was Er von vor der Schöpfung in seinem Herzen hatte, den Menschen zu geben. Die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben (Röm 5,21). Das Gericht über die Sünde (aber angewendet auf den, der keine Sünde kannte) ist für uns die Tür zu allen Segnungen.

So ist es auch mit dem Volk Israel. Nachdem Gott sein Gericht über sie ausgeübt haben wird, wird der Überrest an den Herrn Jesus glauben und so teilhaben an den Folgen seines Werkes. Gott wird sie annehmen und ihnen alles geben, was Er unter Voraussetzung des Gehorsams verheißen hatte. Dann aber empfangen sie es aufgrund des Gehorsams des Einen, dessen, der gehorsam geworden ist bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz (Phil 2,8). Wie sehen wir hier, dass Gott über allem steht. Der Ungehorsam des Menschen, der Zustand des Geschöpfes, all die Wirksamkeit Satans, kann nicht verhindern, dass Gott seine Ratschlüsse des Segens ausführen wird. Rufen wir hier nicht mit dem Apostel aus: „O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen … Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“ (Röm 11,33).

Das ganze Volk als solches konnte die Segnungen noch nicht empfangen. Die zehn Stämme waren weggeführt und unter die Völker zerstreut. Die 2 Stämme waren später ebenfalls weggeführt, aber ein Überrest war siebzig Jahre danach durch Gottes Gnade wieder zurückgebracht. Aber als ihnen die Segnungen angeboten wurden, verwarfen und kreuzigten sie den, der als Einziger sie in die gesegnete Stellung bringen konnte. So wurden auch die zwei Stämme beiseitegestellt. Von diesem Augenblick an steht auch über Juda und Benjamin geschrieben: Lo-Ammi und Lo-Ruchama. Das war der Zustand der Empfänger dieses Briefes, bevor sie an den Herrn Jesus glaubten und Ihn angenommen hatten. Das griechische Wort in 1. Petrus 2,10 für „keine Barmherzigkeit empfangen habt“ steht in einer Form (Partizip Perfekt), die angibt, dass es ein anhaltender Zustand war.

Nun jedoch hatten sie den Herrn Jesus angenommen. Als Folge davon hatten sie im Voraus alles empfangen, was einst das Teil des ganzen Volkes sein wird, wenigstens sofern sie im Glauben wandelten, nicht auf Grund von „sehen“ (Joh 20,29). Das griechische Wort für „Barmherzigkeit empfangen haben“ steht in der Form des Aorist. Es hat also ein für alle Mal stattgefunden mit bleibenden Folgen. Wir, die Gläubigen aus den Nationen, haben dasselbe Teil. Der Heilige Geist ließ Paulus in einem Brief, der an die Gläubigen sowohl aus den Juden als auch aus den Heiden gerichtet war, die Stellen aus Hosea 1 und 2 auch anwenden (Röm 9). Alle, die den Herrn Jesus angenommen haben als ihren Heiland und Herrn, sind nun in der Stellung, dass sie Barmherzigkeit empfangen haben. Das ganze Volk Israel aber hat jetzt kein Teil an der Barmherzigkeit.

Aber dies bedeutet nicht, dass Hosea 1 und 2 in kommenden Tagen nicht auch für Israel erfüllt werden wird. Die Prophezeiungen in diesen Kapiteln sind in erster Linie für Israel. Aber Gott hat seinen Verheißungen eine solche Tragweite gegeben, dass auch wir einen Platz darin finden, wir, an die Gott vor Grundlegung der Welt gedacht hatte (Eph 1,4). Denn an uns hat Gott die Unveränderlichkeit seiner Ratschlüsse mehr bewiesen, als Er es jemals in seinen Wegen mit Israel zeigen wird. „Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar“ (Röm 11,29).

Verse 11-12

1Pet 2,11.12: Geliebte, ich ermahne (euch) als Fremdlinge und (als die ihr) ohne Bürgerrecht (seid), euch zu enthalten von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, indem ihr euren Wandel unter den Nationen ehrbar führet, auf dass sie, worin sie wider euch als Übeltäter reden, aus den guten Werken, die sie anschauen, Gott verherrlichen an (dem) Tage (der) Heimsuchung.

Hier beginnt der dritte Teil des Briefes, der bis Kapitel 3,9 reicht. Dieser Teil und die folgenden zwei enthalten praktische Ermahnungen, die auf die Lehre des ersten Kapitels und der ersten 10 Verse des zweiten Kapitels gegründet sind. Dies ist ein Grundsatz in der Schrift. Die Ermahnungen sind immer auf die Lehre von der Verbindung der Seele mit Gott gegründet, von welcher Seite diese auch jeweils betrachtet wird. Darum finden wir normalerweise in dem ersten Teil eines Briefes die Lehre und danach die Ermahnungen, die auch stets mit dem Teil der Wahrheit Gottes, die in dem Brief vorgestellt wird, übereinstimmen. So tragen die Ermahnungen zum Beispiel im Brief an die Epheser einen anderen Charakter, als wir ihn hier haben. Im Epheserbrief werden die Gläubigen vorgestellt als mit Christus auferweckt und in Ihm versetzt in himmlische (Örter), während sie in den Briefen des Petrus als Pilger hier auf der Erde betrachtet werden.

In den ersten Versen des ersten Kapitels (1Pet 1,1.2) finden wir, kurz zusammengefasst, die Stellung, in die die Gläubigen durch Gottes Gnade gebracht sind. Auserwählt nach Vorkenntnis Gottes (des) Vaters durch Heiligung (des) Geistes zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi. Die Erkenntnis von – und die Verbindung mit – Gott als Vater, die Heiligung durch den Heiligen Geist (Absonderung durch die Wiedergeburt) und die Besprengung mit dem Blut Jesu Christi wurden in dem ersten Teil des Briefes (1Pet 1,3.14-19) näher erklärt. Daneben wurde uns unsere himmlische Berufung vorgestellt.

Im zweiten Teil (1Pet 1,22–2,10) wurde aufs Neue von der Wiedergeburt gesprochen, jetzt aber als Grundlage unserer Stellung als Zeugen. Wir sind ein heiliges Priestertum als Zeugen vor Gott im Heiligtum und ein königliches Priestertum als Zeugen in der Welt gegenüber der Welt. Wir haben gesehen, dass das Letzte bedeutet: Wir sollen Christus in unserem ganzen Wandel offenbaren. Als solche sind wir die Gegenstände der Barmherzigkeit Gottes. Barmherzigkeit ist die Zuneigung, die Gott im Blick auf unsere Umstände uns gegenüber hat.

Hieraus entsteht von selbst die Frage, wie wir Christus offenbaren in den verschiedenen Verhältnissen, in die wir hier auf Erden kommen können. Dadurch kommen wir dann zu dem letzten Punkt unserer Stellung als Gläubige: Wir sind zu dem Gehorsam Jesu Christi gebracht worden (1Pet 1,1.2). Der Herr war nicht auf die Erde gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen (Mt 20,28). Er war der gehorsame Diener, der Gott in all seiner Güte und Gnade offenbarte. Darum ertrug Er alles, was die Menschen Ihm antaten. Diesen Charakter offenbart Gott noch heute gegenüber den Menschen. Er ist „unser Heiland-Gott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1Tim 2,4). Christus ist wohl verherrlicht, und Er hat sich als Haupt über alle Dinge zur Rechten Gottes gesetzt (Eph 1,20), aber Gott hat zu Ihm gesagt: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße“ (Heb1,13). Gott hat den Tag des Verderbens der gottlosen Menschen noch nicht kommen lassen; „Er ist langmütig gegen euch, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen“ (2Pet 3,7.9; Heb 11,13). Darum sind wir noch Fremdlinge und ohne Bürgerschaft, wie es auch der Herr Jesus auf der Erde war. Darum finden wir in diesem Brief Ihn häufig in dieser Weise als Vorbild vorgestellt.

Nun, welche Gesinnung schickt sich für einen Pilger und Fremdling? Es ist Gehorsam und ein unterwürfiger Geist. Wenn ich ein König in dem Königreich sein werde, werde ich Autorität und Herrschaft ausüben. Aber weil ich jetzt ein hinausgeworfener Fremdling bin, geziemt sich mir in meinem ganzen Leben ein Geist der Unterwürfigkeit. In welchen Verhältnissen ein Fremdling auch sein mag, der Geist Gottes erwartet diesen Geist der Demut und der Untertänigkeit von ihm, wie auch Jakobus von einem Geist der Armut und Geduld redet.

Wie wenig begreifen wir das Christentum in seinen sittlichen Eigenschaften! Wir versuchen die Rolle eines Helden zu spielen, während wir die Stellung eines umgürteten Sklaven einzunehmen haben. Die Christenheit hat das Christentum niemals verstanden, am wenigsten von allen die Kirchengemeinschaft, die sich auf Petrus als dem Fundament und der Quelle ihrer Autorität beruft, die römische Kirche. Sie fordert für sich das Recht, über alle Könige und Obrigkeiten zu regieren. Wir kennen die Weise, auf die sie dies angemaßte Recht im Mittelalter ausgeübt hat. Der Gang des deutschen Kaisers nach Canossa, um sich vor dem Papst zu erniedrigen, ist zum Sprichwort geworden. Wer die Weissagung kennt, weiß, wie die römische Kirche bald die Herrschaft über das wiederhergestellte Römische Reich (das vereinigte Westeuropa) ausüben wird. Sie wird mit Purpur und Scharlach gekleidet sein und sich mit Gold und Edelsteinen und Perlen verzieren, anstatt das härene Gewand des Propheten und die bestaubten verschlissenen Kleider des Pilgers zu tragen (Off 17,3). „Sie spricht in ihrem Herzen: Ich sitze als Königin!“ (Off 18,7). Wie ein anderer geschrieben hat: „Gegenwärtige Verherrlichung auf der Erde, universale Macht und sichtbare Herrlichkeit, der gröbste Götzendienst, der wüsteste und verdorbenste Verrat an der heiligen Absonderung zu Christus und der mordgierigste Hass gegen die Heiligen Gottes und die Zeugen Jesu, das sind ihre schrecklichen, unauslöschlichen und untrüglichen Charaktermerkmale für alle, die durch Gott unterwiesen sind“ (W. Kelly).

Wenn ein Gläubiger die Wahrheit über die Haushaltungen nicht kennt (wie jeder Zeitabschnitt in der Geschichte des Menschen seinen Charakter dadurch erhält, auf welche Weise Gott sich in diesem Zeitabschnitt offenbart), kann er niemals richtig auf dem Grundstein aufbauen. So beginnt der Apostel hier: „Enthaltet euch von den fleischlichen Lüsten.“ Ist das nicht ein Geist der Beschränkung, der Kontrolle? Danach sagt er, dass wir aller menschlichen Einrichtung untertan sein müssen. Rede nicht von Rechten, die du zu haben meinst. Gottes Wort sagt, das einzige Recht, das einem Menschen zukommt, ist, in die Hölle zu fahren!

Darüber hinaus dürfen wir „als Freie“ unsere Freiheit nur gebrauchen, um zu dienen (1Pet 2,16). Wie wunderbar, den freien Mann als Sklaven Gottes zu sehen. Wir müssen die Brüder lieben (1Pet 2,17). Wenn ich das tue, werde ich ihnen dann nicht dienen? Die Frauen müssen ihren Männern untertan sein (1Pet 3,1-7). Die Männer müssen ihren Frauen Ehre geben (1Pet 3,1-7). Und Christus, als unser großes Vorbild, wird uns als der Leidende vorgestellt, der dabei „nicht drohte, sondern sich dem übergab, der recht richtet“ (1Pet 2,21-23).

Aber bevor der Apostel anfängt, sie zu ermahnen, spricht er sie als „Geliebte“ an. Dieser Ausdruck ist von einem griechischen Wort für Liebe abgeleitet worden, das in den Büchern der griechischen Schreiber niemals vorkommt, das aber im Worte Gottes bis auf einige seltene Ausnahmen immer für die Liebe Gottes oder des Herrn Jesus angewendet wird. Petrus liebte die Gläubigen, weil sie die Gegenstände der Liebe Gottes waren (1Joh 5,1). Die Liebe Gottes war der Ausgangspunkt seiner Liebe, aber auch seiner Ermahnungen und seines Mitgefühls (1Pet 4,12).

Das muss stets so sein. Geistliche Ermahnung entspringt immer der Liebe zu dem Ermahnten; und es ist gut für den Ermahnten, zu wissen, dass die Ermahnung aus Liebe geschieht. Das macht sein Herz viel empfänglicher, sie anzunehmen.

Das griechische Wort für „ich ermahne“ bedeutet wörtlich „herbeirufen“. Das kann mit unterschiedlichem Ziel und auf verschiedene Weise geschehen. So ist es in 2. Korinther 1,4 mehrmals mit „trösten“ übersetzt. Hier ist augenscheinlich gemeint, zu bedenken und doch mehr zu beherzigen, was der Apostel im Folgenden schreiben wird.

Ein Fremdling ist jemand, der mitten unter einem Volk wohnt, zu dem er nicht gehört und in dem er keine Bürgerrechte genießt. Er ist also in einer rechtlosen Stellung. Er ist einer, der irgendwo anders zu Hause ist.

Am Anfang des Briefes hatte Petrus sie „Fremdlinge von der Zerstreuung“ genannt (1Pet 1,1). Das wies auf ihre äußerliche Stellung auf Erden hin. Sie waren außerhalb Kanaans und von den Juden verworfen, mit denen sie bis zu ihrer Bekehrung eins waren. Hier geht es darüber hinaus, und zwar in dem Sinn von 1. Petrus 1,17.18. Hier sind es die Segnungen, die sie als Christen hatten, die sie zu Fremdlingen machten. Wenn die Gnade sie in den Himmel rief, was hatten sie dann mit den Dingen dieser Erde zu tun, mit dem, was die Menschen dieser Welt beschäftigt? Sie hatten in der Wiedergeburt ein anderes Leben empfangen, als die Menschen dieser Welt es haben: ein himmlisches Leben. Ihr Erbteil wurde im Himmel für sie aufbewahrt. Sie erwarteten die Offenbarung Jesu Christi in Herrlichkeit (1Pet 1,3-7). Sie riefen Gott als Vater an und waren von ihrem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel erlöst worden durch das Blut des von der Welt verworfenen Christus, an den sie glaubten (1Pet 1,17-19). Sie waren ein Teil des Hauses Gottes, ein heiliges Priestertum, das in die Gegenwart Gottes, ins Heiligtum kommen durfte. Sie waren ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk (1Pet 2,510). Sie glaubten an einen von der Welt gekreuzigten Herrn, und für ihren Glauben war die Welt ihnen gekreuzigt und sie der Welt (Ga! 6,14)! Sie waren getrennt im Geist von denen, die Gott in seinem Sohn gesehen und doch beide gehasst und verworfen hatten (Joh 15,24). Ihr Vater war im Himmel; ihr Heiland, den sie liebten und an dem sie sich erfreuten mit „unaussprechlicher und verherrlichter Freude“ (1Pet 1,8), war dort, ihre Hoffnung war dort, alle Quellen ihrer Hilfe waren dort. Das alles machte den Himmel zu ihrem Vaterland, zu dem „Zuhause“ ihrer Herzen. Ist das nicht so für uns, die wir dies alles mit ihnen teilen?

Ist es keine Freude für uns, dass wir Fremdlinge in dieser Welt sind, die den Charakter der Feindschaft gegen Gott und Christus trägt? Aber leider finden wir in uns eine Verbindung zu der Welt, von der wir ausgegangen sind. In uns selbst sind die Quellen, aus denen das Verderben entspringt, das den Namen Gottes in dem Bereich seiner Regierung entehrt und zu seinem Gericht führt.

Petrus spricht von dem Fleisch als dem Leben des Menschen auf Erden (1Pet 4,1-6). So wendet er es auch auf den Herrn an (1Pet 3,18). Aber der Mensch ist ein Sünder geworden, und sein Leben ist gekennzeichnet durch Ungehorsam und Auflehnung gegen Gott. Und Paulus, der gewöhnlich bis auf den Grund geht, spricht dann auch von dem Fleisch als von der gefallenen Natur des Menschen. Petrus geht nicht so tief. Er spricht hier über die Lüste des Fleisches. Das griechische Wort für „fleischlich“ (sarkikos) kommt vor in Römer 15,27; 1. Korinther 3,3; 9,11; 2. Korinther 1,12; 10,4 und hier. Im klassischen Griechisch wurde gewöhnlich ein anderes Wort (sarkinos) gebraucht, um das Körperliche, also das Fleisch als Stoff, aus dem der Leib besteht, zu bezeichnen.

Außer in Römer 15,27 und in 1. Korinther 9,11, wo das Wort eine allgemeine Bedeutung hat, setzt sarkikos einen fleischlichen Willen voraus. Fleischliche Begierden oder Lüste sind also Begierden der menschlichen Natur, bei denen aber der Wille des Menschen wirksam ist, und das ist stets sündig für einen Christen, denn er ist zum „Gehorsam Jesu Christi“ gebracht (1Pet 1,2). Gesetzlosigkeit, also handeln, ohne nach den Rechten des Herrn über uns zu fragen, ist Sünde, sowohl für Gläubige als auch für Ungläubige (1Joh 3,4).

Wissen wir es nicht aus eigener Erfahrung, dass diese Lüste gegen die Seele streiten, dass sie unsere Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne unterbrechen und so unsere Freude wegnehmen? Dass wir dadurch kraftlos werden und sogar den tiefsten Fall tun können, wenn der Herr uns nicht zurückbringt? Wenn wir Kraft nach außen haben wollen, müssen wir innerlich Reinheit haben. Wenn wir Freude haben wollen, müssen wir erst Heiligkeit haben. Freude kommt stets ein kleines Stückchen nach der Heiligkeit. Wer nicht heilig ist, hat keine Freude. Mit Heiligkeit meine ich hier natürlich die praktische Heiligkeit – sich selbst und seinen Wandel richten (1Pet 1,15.16), das Fleisch im Tod halten, wohin Gott es durch das Kreuz Christi gebracht hat (Gal 5,24; Kol 2,11).

Es handelt sich hier nicht immer um grobe Dinge, wenigstens nicht zu Anfang. Wenn wir nicht wachsam sind und dazu im Gebet nachlässig werden, geht das, was wir im Geiste tun, langsam ins Fleisch über (Gal 3,3). Die Galater hatten im Geiste begonnen, versuchten jetzt aber, im Fleisch zur Vollendung zu kommen; aber der Apostel sagte ihnen, dass sie aus der Gnade gefallen seien. Wie leicht geht geistliche Liebe und Wertschätzung für einen Bruder, der von Gott gebraucht wird, in fleischliche Liebe über. Haben wir nicht oft gesehen, dass diese fleischliche Liebe das Böse nicht sehen will und ihrem Gegenstand auf Wegen sündiger Irrlehre oder Verirrungen folgt? Bringt die Liebe zu Frau und Kindern uns nicht oft dazu, das Verkehrte zu entschuldigen oder gar zu verteidigen? Hat geistliche Wertschätzung für einen Bruder oder eine Schwester durch jemanden von dem anderen Geschlecht nicht oft in den allergröbsten Sünden geendet?

Diese Lüste streiten wider die Seele. Die Seele wird hier als der Ort der Wirksamkeit Gottes gesehen. Das Werk Gottes wird durch die Sünde behindert oder abgebrochen, doch wird nicht gesagt, dass wir gegen sie kämpfen sollen. Wir sollen uns ihrer enthalten.

Es gibt nur eine Stelle im NT, in der gesagt wird, dass wir gegen die Sünde kämpfen sollen (Heb 12,4). Aber da handelt es sich um die Sünde um uns her, um die Sünde in der Welt, wenn wir uns von ihr haben umstricken lassen. Aber niemals wird gesagt, wir sollten gegen die Sünde in uns streiten. Das ist die Aufgabe des Heiligen Geistes, wie die Schrift sagt: „Das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch; diese aber sind einander entgegengesetzt, auf dass ihr nicht das tuet, was ihr wollt“ (Gal 5,17). Der hier geltende biblische Grundsatz lautet: „Denn ihr seid gestorben“ (Kol 3,3). Und daraus geht hervor: „Haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christo Jesu“ (Röm 6,11). Wir sollen also nicht gegen die fleischlichen Lüste in uns kämpfen, sondern uns ihrer enthalten, sie also nicht aufkommen lassen. Dazu ist Wachsamkeit und viel Gebet nötig (Lk 22,46). Bei Hiob finden wir ein wunderbares Vorbild dieser Wachsamkeit. Er hatte mit seinen Augen einen Bund gemacht, dass sie auf nichts blicken sollten oder nicht in einer Weise, dass dadurch die fleischlichen Begierden aufgeweckt würden (Hiob 31,1). Die Schrift nennt diese Enthaltsamkeit in der schärfsten Form: „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind, … da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen (habt)“ (Kol 3,5-10). Dies Ausziehen ist es, was uns im Bild der Beschneidung vorgestellt wird. Josua lehrt uns nun, dass wir in der Wüste sein können, ohne beschnitten zu sein. Wenn wir aber durch den Jordan gegangen sind, das heißt, wenn wir in unseren Herzen verwirklichen, mit Christus gestorben und auferstanden zu sein, und wenn wir dann das Land in Besitz nehmen wollen, also praktisch verwirklichen, mit Christus in himmlische (Örter) versetzt zu sein, dann müssen wir beschnitten sein (Joh 5,2-9).

Petrus sieht uns nicht als im Himmel, sondern als hier in der Wüste weilend. Darum stellt er auch diesen Grundsatz nicht in seiner ganzen Kraft heraus, aber er kommt ihm von der praktischen Seite her sehr nahe. Wir haben auch auf die äußerliche Seite unseres Glaubenslebens zu achten. Ja, Glaube muss die Quelle unseres Wandels sein. Der Glaube, das ist die offenbarte Wahrheit, die Erkenntnis der Gedanken Gottes. Glaube ist die geistliche Energie in uns, die im Gehorsam gegen den Herrn und im Vertrauen zu Ihm in der Praxis das verwirklicht, was wir als den Willen des Herrn erkennen durch die Kenntnis seines Wortes, und unsere Gemeinschaft mit Ihm. Aber wir haben gesehen, dass wir als ein königliches Priestertum die Tugenden dessen verkündigen müssen, der uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat, indem wir Ihn in unserem praktischen Leben, unserem Wandel offenbaren (1Pet 2,9). Wenn es darin mangelt, so ist das nicht nur ein Mangel an positivem Zeugnis, sondern es ist negativ. Wir sind als Christen bekannt. Wir tragen den Namen Christi. Die verkehrten Dinge, die wir tun, werden daher Christus zugerechnet (Röm 2,24).

Darum muss unser Wandel ehrbar sein. Das griechische Wort für „ehrbar“ ist meistens mit „gut“ übersetzt worden. Wir müssen also einen guten Wandel führen und nichts Böses tun, sondern das Gegenteil. Aber ich denke, dass die Bedeutung hier weiter geht, dass auch der Gedanke an Lauterkeit und Treue darin liegt. Der Herr Jesus konnte sagen, dass alles, was Er sagte, die Offenbarung Seiner selbst war (Joh 8,25). Seine Worte und Taten waren nicht gesprochen und getan, um seine wahren Gedanken zu verbergen. Jeder konnte sich auf seine Worte verlassen. So schreibt Jakobus: „Vor allem aber, meine Brüder, schwöret nicht …, es sei aber euer Ja ja, und euer Nein nein“ (Jak 5,12). Ich glaube nicht, dass dieses sich auf Eide bezieht, die die Obrigkeit von uns fordert. Jakobus meint Eide und Versicherungen, die den Sinn haben, das zu unterstreichen, was jemand gesagt hat, zum Beispiel „Ich schwöre, dass das wahr ist“, oder: „Auf mein Ehrenwort“. Wer das sagt, gibt damit zu erkennen, dass ein gewöhnliches Wort bei ihm nicht ausreicht. Bei den Juden ging das sehr weit. Aus den Worten des Herrn können wir sehen, dass sie eine ganze Theorie aufgestellt hatten, nach der sogar bestimmte Eide nicht gehalten zu werden brauchten (Mt 23,16-23). Bei einem Christen muss ein einfaches Wort genügen. Jedes seiner Worte muss wahr sein. Euer Ja sei ja und euer Nein nein. Darum soll er keine verstärkenden Ausdrücke verwenden, weil das den Eindruck, erweckt, als könne man seinen gewöhnlichen Worten und Handlungen nicht vollständig vertrauen. Sein ganzer Wandel muss so sein, dass die Ungläubigen keinerlei Grund haben, ihm versteckte böse Absichten zu unterstellen.

Sie werden dennoch schlecht von uns reden! Sie sind Feinde Gottes und versuchen darum, den Namen Gottes zu entehren, indem sie Böses über die Kinder Gottes sprechen. Und in jenen Tagen, als das Christentum mit all seinen Einrichtungen neu war und in völligem Gegensatz zu dem Heidentum mit seinen vielen Götzen stand, gab es dazu Gelegenheit genug. Die Weigerung der Christen, den Götzen zu opfern, und das vollständige Fehlen von Bildern und Zeichen gab den Feinden Grund genug, sie Atheisten, Gottlose zu nennen. Das Feiern des Abendmahls, verbunden mit den Worten des Herrn: „Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut“, gab einen willkommenen Anlass, sie des Kannibalismus und ähnlicher Dinge zu beschuldigen. Ihre Weigerung, bei der Vergottung des Staates und seines Oberhauptes, wie es bei den Römern und Griechen allgemein üblich war, mitzutun, stempelte sie zu Staatsfeinden und Aufrührern. Und die christliche Verbundenheit als Kinder Gottes, die sich darin äußerte, dass sich alle untereinander Brüder und Schwestern nannten, verbunden mit der Erhebung der Frau aus der Stellung einer Sklavin und eines Spielballes des Mannes, die sie im Heidentum einnahm, wurde gern aufgegriffen, um die Christen der Blutschande und anderer schändlicher Verhältnisse anzuklagen.

In der verchristlichten Welt oder verweltlichten Christenheit würden diese Anschuldigungen keine Kraft mehr haben. Aber die Feinde Gottes werden stets Gründe finden, um böse von den Gläubigen zu sprechen (1Pet 3,16). Das können wir nicht vermeiden. Aber wir müssen wachsam sein, dass wir ihnen keinen Grund dazu geben. Sie mögen uns als Übeltäter, als Menschen, die Böses tun hinstellen (1Pet 4,2-5); aber wir müssen Gutes tun. Ihr Gewissen wird sie stets von den guten Dingen, die wir tun, überzeugen, auch wenn sie es nie zugeben werden. Aber wenn der Tag kommt, an dem Gott ihren Willen zerbrechen und ihren Hochmut zerschlagen wird, werden sie sie anerkennen müssen und dadurch Gott verherrlichen, indem sie zugeben, dass Er in den Christen gewirkt hat und in ihrer Mitte war.

Ungläubige achten sehr auf den Wandel der Gläubigen. Sie haben ein deutliches Empfinden dafür, wie ein Gläubiger zu sein hat und was ihm zu tun geziemt, sei es auch, dass dies Empfinden nicht einsichtsvoll ist. Sie finden es befremdlich, dass die Gläubigen nicht bei ihnen mitmachen wollen, aber sie verurteilen mit Schadenfreude, falls es vorkommt (1Pet 4,4). Und tun die Gläubigen es nicht, so lästern sie, dass sie es doch täten. Wir müssen das erwarten, wie schmerzlich das auch mitunter ist, besonders für junge Gläubige. Vor allem auch, wenn es vonseiten der Menschen kommt, die bekennen, Gläubige zu sein, aber weltlich gesinnt sind.

Es kommt aber ein Tag, an dem Gott diese Verleumder heimsuchen wird. Er wird ihre irdische Hoffnung und ihre Freudenquellen wegnehmen, ihren Hochmut zerschlagen und ihren Willen brechen. Das kann im Leben des Einzelnen jetzt schon, in dieser Zeit geschehen. Das bedeutet, dass Gott sie dann noch zur Bekehrung bringen will, und sie ihre Schuld vor Ihm bekennen. Am Ende wird es aber für alle gelten, wenn der Herr kommt, „welcher auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren wird“ (1Kor 4,5). Wir finden einen ähnlichen Ausdruck, bei Philadelphia (Off 3,9).

Verse 13.14

1Pet 2,13.14: Unterwerfet euch (nun) aller menschlichen Einrichtung um des Herrn willen: es sei dem Könige als dem Oberherrn, oder den Statthaltern, als denen, die von ihm gesandt werden zur Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lobe derer, die Gutes tun.

Das griechische Wort für „unterwerfet euch“ bedeutet, sie sollten in einem Zustand des Unterworfenseins sein (imp. aor.). Das griechische Wort für „Einrichtung“ (ktisis) kommt im NT 19-mal vor und ist bis auf hier stets mit Schöpfung oder Geschöpf übersetzt. Es handelt sich hier also um eine menschliche Schöpfung, und das Folgende macht deutlich, dass es sich bei dieser Schöpfung oder Einrichtung in erster Linie um das Regieren handelt. Die verschiedenen Regierungsformen sind durch Menschen geschaffen. Paulus geht, wie er das meistens tut, tiefer und auf den Grund der Sache. Denn im Grunde hat Gott nach der Sündflut die Regierung eingesetzt (Röm 13,1). Als Kain seinen Bruder ermordet hatte, behielt sich Gott das Strafgericht über das Böse ausdrücklich selbst vor (1Mo 4,15); aber nach der Sündflut gab er dem Menschen den Auftrag, das Böse zu bestrafen: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden, denn im Bilde Gottes hat er den Menschen gemacht“ (1Mo 9,6). Daneben gibt es auch die vorsehende Sorge Gottes, die jedem Regierenden persönlich seine Stellung gibt (Jes 45,1-6; 2Mo 9,16). Aber das ist nicht das Thema von Petrus an dieser Stelle.

Das griechische Wort für „als Oberherrn“ bedeutet wörtlich „übersteigen“. So ist es zum Beispiel in Philipper 4,7 übersetzt. Weiter kommt es in Römer 13,1, in Philipper 2,3 und 3,8 vor. Unter Statthaltern werden Regierungspersonen von untergeordneter Macht verstanden. So ist das Wort in Matthäus 2,6 mit Fürsten übersetzt. Im Folgenden wird das auch deutlich. Sie sind durch den König gesandt, und man muss ihnen darum gehorchen. Sie haben also eine abhängige Machtstellung. Manche meinen, dass sich das Wort „ihm“ auf den Herrn bezieht, das hieße aber, die untergeordneten Mächte seien durch Ihn geschickt und die höchsten (Könige) nicht. Aus dem Zusammenhang wird meines Erachtens sehr deutlich, dass diese Meinung nicht richtig ist. Ich glaube außerdem, dass dann für das Wort „von“ nicht dia, sondern hypo stände. Vor „König“ steht im Urtext kein bestimmter Artikel. Es handelt sich also um den Charakter und nicht um einen bestimmten König. Es ist jeder damit gemeint, der die höchste Macht innehat und die anderen überragt. Das sind also nicht allein wirklich Könige, sondern auch die Präsidenten der Republiken oder ein Diktator einer totalitären Regierung. Es ist derjenige, der die tatsächliche Macht hat, was sich in einer Zeit der Revolutionen und Kriege schnell verändern und nach Meinung der Menschen völlig ungerecht sein kann. Wie wir in Vers 15 sehen werden, versteht das NT unter „Menschen“ gewöhnlich nur Ungläubige. Die Versammlung fällt also nicht unter diese „menschlichen Einrichtungen“. Außerdem ist sie eine göttliche Schöpfung. Der Inhalt dieser Verse lautet also kurz zusammengefasst, dass uns befohlen wird, ein für alle Mal jeder menschlichen Regierung untertan zu sein, welchen Charakter sie auch tragen mag. Und zwar sowohl der höchsten Macht als auch den durch sie Beauftragten, und das nicht, weil wir nicht anders können oder weil es vorteilhafter ist, untertan zu sein, als sich zu empören, sondern weil der Herr es will, dass wir so gesinnt sind und so handeln. Wir sind zu dem Gehorsam Christi gebracht (1Pet 1,2). Nun, Er mischte sich nicht in die Angelegenheit der Regierung und wollte nicht einmal in einer einfachen Erbangelegenheit der Richter sein (Lk 12,13,14). Er war nicht von der Welt und hat uns gesagt, dass wir es auch nicht sind (Joh 17,16). Aber Er sagt gleichzeitig: „Gebt … dem Kaiser, was des Kaisers ist“ (Lk 20,25).

Es kommt die Zeit, wo der Herr regieren wird und wir mit Ihm. Jetzt ist Er noch der Verworfene, der nicht auf seinem eigenen Thron, hier auf der Erde, sondern auf dem seines Vaters im Himmel sitzt (Off 3,21). Wir sind Fremdlinge und Beisassen auf Erden, weil wir mit dem verworfenen Herrn verbunden sind. Was haben wir denn mit der Regierung dieser Erde zu tun? Es sind Einrichtungen der Menschen, also der Ungläubigen. Was haben wir als Gläubige damit zu schaffen? Nichts, als dass wir ihnen untertan sein müssen, weil wir hier den Herrn als königlichen Priester offenbaren sollen (1Pet 2,9). Es ist eine große Gnade Gottes, dass es Könige und Obrigkeiten gibt. Was das Fehlen hoher Autorität, wie vor der Sündflut (1Mo 4,23; 6,11-13), bedeutet, wird in Revolutionszeiten deutlich. Welch eine Zügellosigkeit würde herrschen, wenn es keine Macht gäbe, die diese im Zaum hielte. Die Machthaber sind da „zur Bestrafung der Übeltäter“, aber zum Lobe der, die Gutes tun. Wie schwach und ungerecht auch manche Regierungen sein mögen, die Bosheit und brutale Gewalt vieler Menschen wird durch sie unterdrückt. Nach der Aufnahme der Versammlung wird das Gute zum größten Teil verschwinden. Der römische Kaiser wird seine Macht und seinen Thron von Satan empfangen, und die Sonne (das Bild der höchsten Macht) wird die Menschen mit Feuer verbrennen (Off 16,8). Anstatt zur Erquickung, zum Schutz und zur Hilfe wird der Kaiser die Regierung zu einer Marter für das Volk machen.

Israel war von Gott zum Haupt der Nationen gesetzt (5Mo 28,1), so wie es im Tausendjährigen Reich auch der Fall sein wird. Das Gericht Gottes über ihren Ungehorsam und Abfall brachte sie unter die Herrschaft fremder Könige. Aber der größte Teil des Volkes weigerte sich hartnäckig, die Zucht Gottes anzuerkennen und sich dieser Herrschaft zu unterwerfen. Und es war umso schwieriger für sie, weil sie trotz allem das einzige Volk waren, dem Gott sein Wort gegeben hatte und das die Erkenntnis des einen wahren Gottes besaß. Ihre Unterdrücker dagegen waren blinde Götzendiener und dazu oft noch grausam und ungerecht.

Diese aufrührerische Gesinnung war bei den Juden zu der Zeit, als Petrus den Brief schrieb, nicht schwächer geworden. Nur einige Jahre später sollte der große Aufstand gegen die Römer beginnen, der, nach der Vorhersage des Herrn (Lk 21,20-24), mit der Verwüstung Jerusalems und des Tempels und dem Tod oder der Gefangenschaft des größten Teils des Volkes im Jahre 70 endete. Die Gläubigen aus den Juden, an die Petrus schrieb, wussten nun, dass das Gericht Gottes auf dem Volk ruhte. Aber sie hatten stattdessen jetzt schon vor der Zeit die Erfüllung der Verheißungen an das Volk empfangen, wenn auch in geistlicher Weise. Und sie hatten darüber hinaus viel mehr Licht über den wahren Zustand der Nationen als die ungläubigen Juden. Daneben wussten sie, dass der Herr Jesus, dessen Volk sie waren, alle Macht auf Erden empfangen hatte (Mt 20,18). Würde sie das nicht noch viel aufsässiger gegen die heidnischen Mächte machen, als sie es vor ihrer Bekehrung waren? Ohne Zweifel ist der Mensch geneigt, so zu handeln; aber empfangene Gnade besänftigt das Herz den anderen gegenüber und macht es geneigt, sich dem zu unterwerfen, von dem die Gnade empfangen wurde. Und der Wille des Herrn war, dass sie aller menschlichen Einrichtung untertan sein sollten.

Aber diese Beweggründe, untertan zu sein, geben gleichzeitig die Grenzen an. Niemals will der Herr, dass wir ihm ungehorsam sind. Sobald ein Regierender uns also etwas gebietet oder verbietet, was gegen den Willen Gottes ist, dürfen wir ihm nicht mehr gehorchen. Wir müssen Gott mehr gehorchen als Menschen (Apg 5,29).

Verse 15.16

1Pet 2,15.16: Denn also ist (es) der Wille Gottes, dass ihr durch Gutestun die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringet: als Freie, und die nicht die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit haben, sondern als Sklaven Gottes.

Das Wörtchen „denn“ macht deutlich, dass diese Verse einen wichtigen Grund für das enthalten, was uns in den Versen 1. Petrus 2,13 und 14 befohlen ist. Doch glaube ich nicht, dass „also“ sich auf diese Verse bezieht, wie oft gesagt wird. Es bezieht sich auf die folgenden. Wir müssen aller menschlichen Einrichtung unterworfen sein, denn es ist der Wille Gottes, dass wir durch Gutestun die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringen. Das griechische Wort für „Wille“ ist dasselbe wie in 1. Petrus 3,17 und 4,2-19 und zeigt an, dass der Wille Gottes als solcher gemeint ist. Nun, wir sind zum Gehorsam, zum Gehorsam Christi, geheilig (1Pet 1,2).

Das griechische Wort für „Unwissenheit“ kommt nur hier und in 1. Korinther 15,34 vor. Es geht über bloßes Nichtwissen hinaus und zeigt einen Zustand von Mangel an Erkenntnis und Einsicht in das Wesen einer Sache an. Es heißt: die unverständigen Menschen, auch im Griechischen. Das bedeutet, es handelt sich nicht um einige, die unverständig sind, sondern um alle Menschen, und dass diese den Charakter tragen, unverständig zu sein. Der Mensch, der Gott nicht kennt, ist unverständig (Ps 14,1). Ihm mangelt es an der Fähigkeit, verständig aufzumerken und zu beurteilen (1Kor 1,20). Er gebraucht seinen Verstand nicht in der rechten Weise, um richtig zu sehen und vernünftig nachzudenken (1Kor 2,14). Christen fallen nicht hierunter, denn im Neuen Testament werden unter „Menschen“, außer als Name für das ganze Geschlecht, gewöhnlich nur Ungläubige verstanden. Siehe zum Beispiel 2. Korinther 5,11 und Hebräer 9,27. In der letztgenannten Stelle wird gesagt, dass es den Menschen (also allen Menschen) gesetzt ist, einmal zu sterben. Aber in dem folgenden Vers wird gesagt, dass Christus denen zur Errettung erscheinen wird, die Ihn erwarten. Diese werden also nicht unter „die Menschen“ gerechnet.

Das griechische Wort für „zum Schweigen bringen“ bedeutet wörtlich „einen Maulkorb anlegen“. Es kommt im Neuen Testament noch vor in Matthäus 22,12.34; Markus 1,25; 4,39; Lukas 4,35; 1. Timotheus 5,18. In Römer 4,7 wird ein verwandtes Wort gebraucht. In 1. Korinther 9,9 ist es ein anderes Wort. Hier wird also gemeint: zum Schweigen bringen.

Ungläubige sprechen gern schlecht von Gläubigen. Sie verstehen sie nicht und kennen sie auch nicht wirklich und noch weniger ihre Beweggründe und das Ziel ihrer Handlungen und Worte (1Kor 2,8.15). Leider geben wir ihnen zu häufig Grund dazu, durch unsere törichten und manchmal bösen Handlungen. Sie greifen es dann gerne auf. Wie viel Schaden ist hierdurch schon dem Zeugnis des Herrn zugefügt worden. Nur ein Strom guter Taten (nicht guter Worte) bringt die Ungläubigen zum Schweigen (Apg 4,14.21). Es ist der Wille Gottes, dass wir es so tun.

Aber das bedeutet nicht, dass wir unsere Freiheit aufgeben! Wir sind durch Christus zur Freiheit berufen und dürfen uns nie wieder unter ein Joch bringen lassen (Gal 5,1.13). Wir sind frei von Satan, der Welt, der Sünde und dem eigenen Ich und in die wahre Stellung eines Geschöpfes gebracht: fähig, Gott zu dienen. Das ist die wahre Freiheit für ein Geschöpf und auch die einzige Art und Weise, durch die es wirklich Befriedigung finden kann. Denn das Geschöpf ist zu dem Schöpfer hin geschaffen (Kol 1,16). Alle seine Fähigkeiten, seine Kräfte, sowohl geistiger wie leiblicher Natur, sind so geschaffen, dass sie vollkommen geeignet sind, dem Schöpfer zu dienen. Daraus folgt, dass sie nur ihrem Zweck entsprechen, wenn sie im Dienst des Schöpfers stehen. Wirkliche Befriedigung und volles Genüge kann das Geschöpf nur haben, wenn es sein ganzes Kräfte-Vermögen seiner Art gemäß anwendet, das heißt so, wie es geschaffen ist. Befreiung für einen Menschen heißt also Befreiung von allem, was ihn hindert, Gott zu dienen. Freiheit bedeutet, vollkommen frei zu sein, um dem Schöpfer zu dienen.

Satan versucht, uns einzureden, dass Freiheit bedeute, unseren eigenen Willen tun zu können. Aber der Mensch ist ein Geschöpf und also nicht in der Lage, unabhängig zu handeln. Wird sein Wille nicht durch Gott gelenkt, so wird er von Satan missbraucht. So ist das Handeln nach eigenem Willen in Wirklichkeit Sklaverei, Sklaverei unter dem verdorbenen Willen des gefallenen Menschen und in Wirklichkeit Sklaverei unter Satan.

Nein, wir dürfen unsere Freiheit niemals preisgeben. Obwohl wir allen menschlichen Einrichtungen untertan sein müssen, obwohl die Hausknechte ihren Herren und die Frauen ihren Männern untertan sein müssen, obwohl wir Gutes tun müssen allen Menschen und (Gal 6, 10), wenn nötig, uns allen zu Sklaven machen (1Kor 9,19) – so dürfen wir unsere Freiheit doch niemals preisgeben. Wir dürfen Gott dienen; der Herr ist unser Gebieter. Wenn wir durch den Heiligen Geist leben, dürfen wir auch durch Ihn wandeln (Gal 5,16.25). Aber das bedeutet, dass wir unsere Freiheit nicht gebrauchen als Deckmantel für die Handlungen nach unserem eigenen sündigen, verdorbenen Willen, so wie unsere Feinde lästern (Röm 3,8). Wir sind Sklaven Gottes. Im Griechischen liegt der Nachdruck auf Gott. Vor Gott steht kein Artikel, womit der Charakter und die Größe Gottes deutlich gemacht wird.

Vers 17

1Pet 2,17: Erweiset allen Ehre; liebet die Brüderschaft; fürchtet Gott; ehret den König.

„Erweist allen Ehre“ steht im Griechischen in der Befehlsform des Aorist. Das bedeutet, dass ich jeden zu jeder Zeit ehren muss, wo dies nötig ist. Die drei folgenden besonderen Fälle stehen in der Befehlsform der Gegenwart. Das bedeutet eine fortwährende Pflicht. Wir müssen die Brüderschaft immer liebhaben, Gott stets fürchten und den König allezeit ehren.

Wir dürfen niemals vergessen, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde geschaffen hat (1Mo 1,27). Mag der Mensch nach dem Sündenfall nicht mehr nach dem Gleichnis Gottes sein (1Mo 5,1-3), er bleibt das Bild Gottes wie kein anderes Geschöpf (1Kor 11,7). Er selbst vergisst es und will es vergessen, weil es seinen Zustand und seine Taten richtet. Aber Gott vergisst es nicht, und wir dürfen es auch nicht tun. Der Mensch mag sich zu einem Tier erniedrigt haben und sich als solches zeigen; er ist kein Tier. Die Folgen seiner Taten und sein Zustand beweisen auch, dass Gott ihn zu einer höheren Bestimmung geschaffen hat. Wenn ein Mensch wie ein Tier handelt, erfährt er Folgen, die ein Tier nicht kennt.

Wir müssen jeden Menschen ehren nach seiner Stellung und nach seinen Eigenschaften. Selbst den Niedrigsten und den am tiefsten Gesunkenen müssen wir wegen seines Adels als Mensch ehren, als das höchste Geschöpf auf Erden. Wird nicht gerade der Respekt, den wir ihnen zollen, sie an ihre wahre Stellung erinnern? Vielleicht können sie so durch die Gnade Gottes, die in ihren Herzen wirkt, bewegt werden, sich über ihren Zustand zu erheben.

Das griechische Wort für „Brüderschaft“ kommt nur hier und in 1. Petrus 5,9 vor. Es bezeichnet einen engeren Kreis als den, der von „allen“ gebildet wird. Hierzu gehören solche, die zwar ursprünglich wie alle anderen Menschen von Gott abgefallen waren, jetzt aber zurückgebracht wurden zu Ihm und auf den Platz, auf den Gott ursprünglich den Menschen stellte, ja, noch höher: Sie sind wiedergeboren und in den Platz des Gehorsams gebracht (1Pet 1,2.3). Ja, sie sind Teilhaber der göttlichen Natur geworden (2Pet 1,4). Zu solchen soll die Liebe frei ausströmen. Aber wir wissen, dass leider auch da viele Dinge vorkommen, die die Liebe erkalten lassen. Wie nötig ist darum die Ermahnung an diese fortdauernde, niemals zu unterbrechende Pflicht, die Brüderschaft zu lieben.

Es geht hier nicht um die Liebe zu unseren gläubigen Freunden oder die besondere Liebe zu solchen, die in Treue ihren Weg gehen, oder zu denen, die Kanäle des Segens sind, den wir vom Herrn empfangen. Diese Liebe hat gewiss nach der Schrift ihre Berechtigung. Aber hier handelt es sich um die Liebe zu allen Gläubigen als solche. „Jeder, der den liebt, welcher geboren hat, liebt auch den, der aus ihm geboren ist“ (1Joh 5,1).

Aber diese Liebe wird sich nicht immer auf dieselbe Weise offenbaren. Wir müssen die Brüder lieben, aber nicht ihre weltliche und fleischliche Gesinnung. Unsere Liebe kann sich mitunter in Ermahnung, Bestrafung, ja selbst durch das Abbrechen jeglichen Umgangs zeigen müssen. Wir müssen die „Brüderschaft“ lieben. Das bedeutet, dass wir einen, der versucht, Trennung zu verursachen, indem er Menschen um sich versammelt, verwerfen (Tit 3,10) und dass wir jemanden, der die Lehre des Christus nicht bringt, nicht grüßen und nicht in unseren Häusern empfangen, weil das Wort Gottes uns das verbietet (2Joh 10), aber auch, weil wir nicht lieb haben, was zum Verderben der Brüderschaft gereicht, sondern wir hassen es vielmehr (1Joh 5,2). Unsere Liebe zu der Brüderschaft bewirkt diesen Hass in uns gegen Satan und seine Werkzeuge, auch dann, wenn das Werkzeug vielleicht lange Zeit als ein begabter Diener Gottes geehrt wurde.

Wie notwendig ist es, fortwährend ununterbrochen Gott zu fürchten. „Die Furcht des HERRN ist der Weisheit Anfang“ (Spr 9,10). Es ist auch der Anfang der Erkenntnis (Spr 1,7). Wenn Gott nicht gefürchtet wird, kommt nichts Gutes dabei heraus. Aber die heilige Furcht vor Gott vertreibt jede ängstliche Furcht vor Ihm und auch alle Furcht vor Menschen.

Heilige Furcht vor Gott ist keine Angst vor Ihm. Je besser wir Gott in seiner Liebe und Gnade kennengelernt haben, je näher wir Ihm gekommen sind und dort all seine Herrlichkeit erkennen und anbeten gelernt haben, je mehr wir von seiner Liebe zu uns und der Gunst, in der wir bei Ihm stehen, erfahren haben, desto größer wird unsere Furcht sein, etwas zu tun, was Ihn betrübt und was nicht mit seiner herrlichen Gemeinschaft übereinstimmt.

Das Letzte hier ist: „Ehret den König.“ Auch dies muss ohne Unterbrechung geschehen. Es geht hier nicht um das Königtum, sondern um die Person des Königs oder dessen, der die höchste Stellung in der Regierung einnimmt. Aber er soll nicht wegen seines persönlichen Charakters oder seiner guten Eigenschaften geehrt werden, sondern, weil er König ist. Er vertritt Gott in den Dingen dieser Erde. Gottes Vorsehung hat diese Person in diese Stellung gebracht, um dort das Werk zu tun, wofür Gott ihn gebrauchen will. So kann das Kind Gottes ihn stets ehren und gleichzeitig für ihn beten, auf dass er zur Bekehrung und zur Erkenntnis der Wahrheit komme (1Tim 2,1-4).

Wie gut steht unser Vers mit den Worten des Apostel Paulus in Übereinstimmung: „Gebet allen, was ihnen gebührt: die Steuer, dem die Steuer, den Zoll, dem der Zoll, Furcht, dem die Furcht, Ehre, dem die Ehre gebührt. Seid niemandem etwas schuldig als nur einander zu lieben“ (Röm 13,7.8).

Verse 18-20

1Pet 2,18-20: Ihr Hausknechte, (seid) euren Herren (eigentlich Gebietern) unterwürfig in aller Furcht, nicht allein den guten und gelinden, sondern auch den verkehrten; denn (dies) ist Gnade, wenn jemand um (des) Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt, indem er ungerecht leidet. Denn was für Ruhm (ist es), wenn ihr ausharret, indem ihr sündiget und geschlagen werdet? Wenn ihr aber ausharret, indem ihr Gutes tut und leidet, das (ist) Gnade bei Gott.

Es ist vollkommen deutlich, dass Sklaverei in Widerspruch zu Gottes Willen steht. Gott schuf den Menschen in seinem Bilde und setzte ihn zum Haupt der irdischen Schöpfung. Dass ein Mensch mit Leib und Leben das Eigentum eines anderen Menschen sein sollte, ist in vollkommenem Widerspruch mit der Würde und dem Platz des Menschen in Gottes Schöpfungsordnung. Die Sünde, die die ganze göttliche Ordnung verdarb, ist die Quelle aller Sklaverei.

Wie kommt es dann, dass der Apostel und mit ihm das ganze Neue Testament die Sklaverei nicht nur nicht verurteilt, sondern im Gegenteil sie anerkennt? Er gibt den Sklaven Anweisungen, wie sie sich in der Sklaverei verhalten sollen. So gibt Paulus auch den Eigentümern Verhaltensmaßregeln, sagt aber nicht, sie müssten ihre Sklaven freigeben.

Christen sind Fremdlinge auf Erden und haben keinen Teil an den Einrichtungen der menschlichen Gesellschaft, haben auch nichts damit zu tun, höchstens dass sie als Fremdlinge manchmal mit ihnen in Berührung kommen. Ihre Aufgabe ist nicht, die Welt zu verbessern, sondern in dieser Welt Christus zu offenbaren. Gott hat uns wissen lassen, wie Er über sie urteilt. „Wir wissen, dass wir aus Gott sind, und die ganze Welt liegt in dem Bösen“ (1Joh 5,19).

In dem Herrn Jesus kam Gott mit einer Gnadenbotschaft zu der Welt, dem organisierten Zusammenleben der Menschen. „… nämlich, dass Gott in Christo war, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2Kor 5,19). Aber die Welt schlug die ausgestreckte Hand Gottes aus. Sie kreuzigte den, in welchem diese Gnade zu ihr kam und durch den sie allein gesegnet werden konnte. Nun gibt es für sie keine Gnade mehr (wohl für den Einzelnen), sondern nur noch Gericht. Gott versucht nicht, die Welt zu verbessern, die völlig bewiesen hat, dass sie in der Macht Satans ist. Er will sie richten; aber Er hat dies Gericht bis heute aufgeschoben, weil Er noch Menschen herausretten will (2Pet 3,9). Davon abgesehen aber, überlässt Er die Welt als solche ihrem Los. Nun, das haben seine Kinder auch zu tun. Sie haben anzuerkennen, dass die Welt unverbesserlich schlecht ist. Aber in ihr müssen sie Gott in dem Charakter offenbaren, in dem Er sich jetzt kundgibt: als der Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden (1Tim 2,4). Er erträgt alles von der Welt, weil Er noch kein Gericht ausüben will. Diese Haltung müssen wir also auch annehmen, wenn wir mit ihr in Berührung kommen.

Der Apostel gebraucht hier nicht das gewöhnlich für „Sklave“ verwendete Wort (doulos), sondern das Wort für Hausangestellte (oiketai), das sonst nur in Lukas 16,1; Apostelgeschichte 10,7 und Römer 14,4 vorkommt. Dies waren Personen, die zum Haushalt, zur Hausgemeinschaft gehörten (3Mo 22,10-13). Nach damaligen Begriffen gehörten sie zur Familie.

Wir sollten bei dem Wort „Hausknechte“ nicht an Sklaven denken. Aber in jener Zeit waren es praktisch nur Sklaven. In Rom und in Griechenland zum Beispiel gab es viel mehr Sklaven als freie Menschen. Der Name, mit dem die Herren bezeichnet werden (despotais, wovon unser Wort „Despot“ abgeleitet ist), zeigt auch ganz deutlich, dass der Apostel sie als Sklaven ansieht. Dies Wort (Despot) wird im klassischen Griechisch gebraucht: für den Hausherrn, der normalerweise uneingeschränkt in seiner Familie und in seinem Haus bestimmt; für den Herrn, im Gegensatz zum Sklaven; für den absoluten Herrscher, der durch kein Gesetz in seiner absoluten Machtentfaltung gehindert wird; für die Götter, um ihre Macht anzudeuten.

So wurde es auch für den Kaiser in Rom gebraucht. In 1. Timotheus 6,1.2; Titus 2,9 wird dies Wort für Herren über Sklaven angewendet. Weiter wird es noch sechsmal auf Gott und auf den Herrn Jesus angewendet.

Diese Gruppe von Sklaven wird von Petrus besonders angesprochen. Ich denke, unser Vers schließt sich an Vers 13 an. Dort wurde gesagt, dass sie allen menschlichen Einrichtungen untertan sein sollten. Erst wurden daraufhin die Könige und die von ihnen gesandten Statthalter genannt, und nun folgen die Herren dieser Sklaven. Hausknechte kamen vielmehr mit ihren Herren in Berührung als andere Sklaven. Sie lebten den ganzen Tag im Hause. Wie groß war da die Gefahr, gereizt zu werden. Das Wort Gottes berichtet uns (Neh 5), wie hart die Obersten Israels gegen ihre verarmten Brüder waren, und wie viel ärger waren die heidnischen Herren, selbst die gebildeten Griechen. Von den Römern ist bekannt, wie hartherzig sie gegen ihre Sklaven waren. Viele Sklaven haben aus Verzweiflung einen Aufstand unternommen. Der Sklavenaufstand des Spartakus brachte Rom an den Rand des Untergangs. Sklaven waren nichts weiter als lebende Werkzeuge, sie waren Eigentum, über das man ganz nach Willkür entscheiden konnte und mit dem man machen konnte, was man wollte.

Wie schlecht müssen es jüdische Sklaven schon bei heidnischen Herren gehabt haben. In welche Schwierigkeiten werden sie häufig gekommen sein, wenn sie nicht an den heidnischen Götzendiensten teilnehmen wollten, und wie viel mehr galt das für die Christen aus den Juden, an die Petrus schrieb.

Ihr Leben war rein und sittlich inmitten einer schrecklichen Unreinigkeit und Sittenlosigkeit, die das Heidentum kennzeichneten (Röm 1,23-32). Wie muss solches Verhalten das Gewissen der Herren getroffen haben. Aber: Ist nicht ein getroffenes Gewissen, solange es nicht zu einer wirklichen Bekehrung zu Gott kommt, gerade die Ursache, sich noch mehr in die Sünde zu werfen und die mit großem Hass zu verfolgen, durch die das Gewissen getroffen wurde? War der Grund, weswegen die Juden den Herrn Jesus hassten, nicht gerade die Erkenntnis, dass Er ohne Sünde war und dass dadurch ihre Gewissen von ihrer eigenen Sündhaftigkeit überzeugt wurden?

Was werden die gläubigen Juden darüber hinaus von den ungläubigen Juden, deren Sklaven sie waren, zu erleiden gehabt haben! Wie hasst es ein unbekehrter Mensch, dass ihm seine Fehler gezeigt werden. Und doch wollten diese Herren ihre christlichen Sklaven meistens nicht verkaufen, weil sie in ihrem Dienst gewöhnlich viel besser waren als die anderen. Es ist bemerkenswert, wie viel Wert das Wort Gottes dem Betragen der Sklaven und anderer Untergebener zuerkennt. In Epheser 6; Kolosser 3; 1. Timotheus 6; Titus 2 und hier werden sie ermahnt, und im Titusbrief wird auch ein ganz besonderer Grund dafür angegeben: „auf dass sie die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem“.

Je niedriger der Platz ist, den jemand in der Gesellschaft einnimmt, umso mehr Gelegenheit hat er, ein Zeuge zu sein. Wenn der Christ untertan ist an einem Ort, wo die Autorität, der man sich unterwerfen muss, nur durch die Sünde entstanden ist und wo diese Autorität missbraucht wird, häufig sogar zum Versuch, den Dienst für Gott zu unterbinden, wie wird darin der Herr und die Kraft der Gnade offenbart. Der Herr selbst kam auf die Erde um zu dienen, Er nahm den niedrigsten Platz ein und wurde gehorsam bis zum Tode am Kreuz (Phil 2). Er selbst machte sich zum großen Vorbild für alle Untergebenen. Jeder, der Ihm nachfolgt, offenbart Ihn darin. Welch ein Zeugnis ist das gegenüber der Welt!

Untertan sein ist nicht dasselbe wie gehorchen. Zwar wird sich das Untertansein meistens in Gehorsam zeigen. Aber wenn ein Herr etwas befiehlt, was gegen den ausdrücklichen Willen Gottes ist, muss man Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 4,19). Aber auch dann kann man untertan sein. Auf welche Weise macht man deutlich, dass man Gott gehorchen muss und will?

Wir haben schon früher gesehen, dass „in aller Furcht“ nicht Angst bedeutet. Das drückt sicher auch die Haltung gegenüber den Herren aus: geziemende Ehrerbietung und Bescheidenheit. Aber Vers 20 macht deutlich, dass es vor allem darum geht, als Hausknecht mich zu fürchten, Gott falsch zu offenbaren. Meine Haltung und mein Auftreten muss auch den Herren gegenüber erkennen lassen, wer Gott ist. Wie ernst ist der Gedanke, eine Karikatur Gottes darzustellen.

Guten und wohlwollenden Herren gegenüber untertan zu sein, ist keine eigentlich christliche Tugend. Das können Ungläubige auch. Aber Gläubige müssen das auch gegenüber „Verkehrten“ tun. Das griechische Wort für „verkehrt“ kommt vor in Lukas 3,5 („krumm“); Apostelgeschichte 2,40 („verkehrt“); Philipper 2,15 („verdreht“) und hier. Es bezeichnet die Herren nicht nur als hart, sondern auch als ungerecht und launisch, willkürlich unberechenbar und unbillig.

„Denn dies ist Gnade, wenn jemand um des Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt, indem er ungerecht leidet“ (1Pet 2,19). Nun, Ungerechtigkeit zu erleiden und sie zu ertragen, das ist Gnade, wenigstens, wenn es wegen des Gewissens vor Gott ist. Es kommt darauf an, warum jemand etwas erduldet. Ich habe Menschen gesehen, die die ärgsten Dinge äußerlich schweigend ertrugen, aber in ihren Herzen taten sie es nicht. Es geschah nur deshalb, weil sie wussten, dass offene Auflehnung unangenehme Folgen haben würde. Sie warteten auf den Augenblick, in dem sie Rache nehmen konnten, oder sie waren so abgestumpft, dass kein Widerstand mehr in ihnen war.

Der Beweggrund für den Christen muss Gott sein. Wenn sein Gewissen durch das Wort Gottes unterwiesen ist, weiß er, dass Gott im Augenblick alles von den Menschen hinnimmt, weil Er ihnen noch Gelegenheit geben will, sich zu bekehren, damit sie gerettet werden (Tit 2,9-11; 1Tim 2,1-7). Und Gott wünscht, dass wir Ihn als solchen, als Heiland-Gott offenbaren.

Nun, wenn jemand ungerechte Behandlung erleidet und dann auf die Stimme seines Gewissens hört, die ihm sagt, er müsse sie erdulden, weil er ein Christ ist, und so aus Liebe und Gehorsam gegen Gott danach tut, das ist Gnade. Es ist die Antwort in dem Gläubigen auf die Gnade Gottes. Er ist darin nach seinem Maße ein Nachfolger Gottes und wandelt in Liebe, so wie Christus ihn geliebt hat (Eph 5,2). Bemerkenswert ist, dass Petrus hier nicht mehr über die Hausdiener allein, sondern über die Gläubigen im Allgemeinen spricht. Er schreibt nicht „ihr“, sondern „jemand!“

Die Welt nennt diese Handlungsweise Torheit. Sie will nicht, dass jeder mit ihr machen kann, was er will. Für das natürliche Herz besteht da eine große Schwierigkeit. Und vielleicht ist es noch schwieriger, das ungerechte Leiden anderer anzusehen und es zu erdulden, besonders, wenn die Ungerechtigkeit einen religiösen Charakter annimmt.

Wir aber müssen die Tugenden dessen verkünden, der uns von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat (1Pet 2,9). Der Herr Jesus ertrug alles, was die Menschen Ihm antaten. Gott ertrug es, dass die schmutzigen sündigen Hände seiner Geschöpfe sich an seinem Sohn vergriffen, Ihn misshandelten, schrecklich erniedrigten und zum Schluss kreuzigten – Ihn, der voll Liebe und Gnade zu diesen Geschöpfen kam, um sie zu segnen. Wenn wir tun, was der Apostel schreibt, verkündigen wir die Tugenden dieses Gottes, und Christus wird in uns offenbart und gesehen.

Petrus spricht hier über Leiden um des Gewissens willen. Im folgenden Kapitel spricht er über Leiden um der Gerechtigkeit willen und über Leiden für Böses (1Pet 3,14-17) und in Kapitel 4 über Leiden mit Christus und für Christus (1Pet 4,12-16).

Es kann sein, dass ich manchmal für meine eigenen, bösen Handlungen leiden muss. Aber Petrus sagt, dass das nie geschehen sollte. Christus hat einmal für Sünden gelitten (1Pet 4,17.18). Ich kann wegen des Gewissens leiden, wenn ich Ungerechtigkeiten erdulde. Ich kann für die Gerechtigkeit leiden, wenn ich mich weigere, Unrecht zu tun. Ich kann für den Namen des Herrn Jesus leiden, wenn ich seinen Namen bekenne und dafür geschmäht oder sogar verfolgt werde. Und ich kann mit Christus leiden, wenn ich mit Ihm den Platz der Verwerfung auf Erden einnehme, und auch, wenn ich in meinem schwachen Maße seine Versammlung liebe und für sie Sorge trage.

Es ist deutlich, dass nichts Verdienstliches und überhaupt kein Ruhm darin liegt, Schläge zu erdulden, die man für selbst verschuldete schlechte Dinge empfängt. Bei einem Christen sollte es das gar nicht geben. Der Apostel nennt dafür im folgenden Kapitel einen merkwürdigen Grund: „Denn es hat ja Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten“ (1Pet 3,18). Das war das Werk Christi, damit es für uns keine Strafe mehr geben sollte. Darum sollten wir nicht leiden als solche, die Böses getan haben. Wenn wir aber leiden, weil wir Gutes tun, auf jeden Fall aber keinen Anlass zu Strafe und Misshandlung gegeben haben, und das erdulden, das ist Gnade bei Gott.

Die Welt sagt, dass das unmöglich, übermenschlich sei, und doch erwartet Gott das von seinen Kindern, und zwar nicht nur von seinen großen Dienern, sondern auch von dem niedrigsten Sklaven. Aber Er gibt ihnen ein wunderbares Beispiel, wo sie das in die Praxis gebracht sehen. Er stellt ihnen seinen Sohn vor: „… welcher, der Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete … Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, auf dass ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet“ (Heb 12,2.3). Der Heilige Geist aber, der in uns wohnt, ist die Kraft, die uns befähigt, Christus darin nachzufolgen. Nun, das ist Gnade bei Gott. Gott sieht es mit Wohlgefallen, denn es ist eine Offenbarung Seiner selbst, und zwar mitten in einer Welt, die Gott verworfen hat und über die Satan regiert.

Verse 21-23

1Pet 2,21-23: Denn hierzu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten, euch ein Vorbild hinterlassend, auf dass ihr seinen Fußstapfen nachfolget; welcher keine Sünde tat, noch wurde Trug in seinem Munde erfunden, der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern (sich) dem übergab, der recht richtet.

Gottes Wort sagt uns, dass wir gerufen sind mit dem Ruf der Macht Gottes, um gerechtfertigt und verherrlicht zu werden, damit wir dem Bild seines Sohnes gleichförmig seien (Röm 8,30). Dazu hat Gott uns teilhaben lassen an all den Folgen des Werkes des Herrn auf dem Kreuz (Eph 1,6.7) und hat uns durch den Heiligen Geist mit dem verherrlichten Herrn im Himmel einsgemacht (1Kor 12,13; Eph 1,22.23). Das bedeutet, dass wir jetzt schon im Glauben und bald in Wirklichkeit alles mit Ihm teilen werden, was Er als Mensch von Gott empfangen hat (Joh 17,5-22), aber auch, dass wir hier auf Erden in dieser Zeit den Platz der Verwerfung mit Ihm einnehmen. Wir sind also für die himmlische Herrlichkeit berufen, und bis dahin müssen wir mit Ihm als Zeugen Gottes auf Erden leiden (Phil 1,29).

Die Verhaltensweise, die der Apostel diesen gläubigen Sklaven (und uns) in den Versen 18 bis 20 vorschrieb, hat er sich also nicht selbst ausgedacht, und sie war auch nicht unnötig hart, sondern ein Teil ihrer Berufung! Als einsgemacht mit Christus mussten sie den gleichen Weg gehen wie Er und sich in derselben Weise betragen. Aber dafür hatten sie Ihn als ihr herrliches Vorbild. Verändert nicht der Blick auf Ihn alle Dinge? Das Leiden, das mit Ihm in Verbindung bringt, macht das Herz glücklich (Apg 5,41), wie groß auch das Leiden sein mag. Es geht hier natürlich nicht um das versöhnende Leiden des Herrn. Darin können wir niemals seinen Fußtapfen folgen. Es geht hier um das Leiden für die Gerechtigkeit usw. Christus war das Licht, und sie hassten das Licht. Er zeugte von den Werken der Welt, dass sie böse waren, darum hassten sie Ihn (Joh 7,7). Sie hassten Ihn wegen seiner Liebe und Güte (Ps 109,3-5)!

Wir teilen mit Ihm diesen Platz der Verwerfung und der Leiden. Wir sind nicht von der Welt, so wie Er nicht von der Welt ist (Joh 17,16), und darum hasst uns die Welt. Aber welch ein Trost ist es für uns: „Wisset, dass sie mich vor euch gehasst hat“ (Joh 15,18-20)! Der Herr selbst hat uns angeleitet, wie wir uns nach seinem Willen und dem Willen Gottes zu offenbaren haben (Lk 6,27-36). Aber in seinem Leben auf Erden sehen wir das praktisch verwirklicht. Wir sehen auch, dass es die Offenbarung des Charakters des Vaters ist (Mt 5,48).

Das griechische Wort für „Beispiel“ kommt im Neuen Testament nur hier vor. Außerhalb des Neuen Testaments finden wir es bei Schriftvorlagen angewendet, die Kinder abschreiben mussten, um so die Buchstaben zu erlernen, oder auch für Zeichnungen, deren Linien sie nachzuziehen hatten.

Das Christentum ist keine Lehre, kein Dogma, sondern lebendige Person. Dogmen können Erkenntnis geben, aber niemals Seelen bilden und Kraft für den Wandel verleihen. Das Geschöpf muss einen Gegenstand von Gott für sein Herz und für seine Seele haben. Gott gab Ihn, in dem Er all sein Wohlgefallen gefunden hatte: den Sohn seiner Liebe (Kol 1,13)!

Menschen, selbst die größten Diener Gottes, enttäuschen (Lk 9,40). Aber wie sollte Er unseren Erwartungen nicht entsprechen, dessen Vollkommenheiten doch das Herz des Vater mit Freude und Wohlgefallen erfüllen? Er ist überdies mein Heiland, dem ich alles zu verdanken habe. Wenn ich sein Leiden betrachte, verändert sich alles, einerlei, wie die Umstände sind, durch die ich zu gehen habe. Es ist dann die Freude meines Herzens, an diesem Leiden teilhaben zu dürfen (Apg 5,41; Phil 3,10). Und mein Herz bedenkt dabei, dass Er sie für mich erduldete.

Wie gesagt, es geht hier nicht um das versöhnende Leiden des Herrn. Darin können wir Ihm nicht folgen. Es würde die Hölle für uns bedeuten, unter dem Gericht Gottes. Das versöhnende Leiden des Herrn fand am Kreuze statt, wie 1. Petrus 2,24 und Hunderte anderer Stellen uns lehren. Da trug Er unsere Sünde und wurde für uns zur Sünde gemacht (Röm 8,3; 2Kor 5,21), so dass das Gericht eines heiligen und gerechten Gottes, das nichts schonte, Ihn schlug und in den Staub des Todes legte (Sach 13,7; Ps 22,15).

Aber war das ganze Leben des Herrn auf Erden nicht ein Leiden (Ps 102,1-8)? Was muss es für seine heilige Seele gewesen sein, auf dieser unreinen Erde in dieser sündigen Atmosphäre zu leben! Was bedeutete es für Ihn, Hass für seine Liebe zu empfangen (Ps 109,2-5), von Satan versucht zu werden mit all den schmutzigen Versuchungen, die Satan zur Verfügung stehen (Lk 4,1-13)? Wie litt Er unter dem Widerspruch der Sünder (Heb 12,3) und unter dem Unglauben derjenigen, die Ihn umgaben! Er spricht von Hunden, die Ihn umgeben, und von Stieren aus Basan, die Ihn umringt hatten (Ps 22,13-22). Er klagt: „Der Hohn hat mein Herz gebrochen“ (Ps 69,21).

War all dies Leiden nicht für uns, obwohl es nicht stellvertretend, nicht versöhnend war? Er musste das Leiden auf sich nehmen, damit es deutlich werde, dass Er das vollkommene Opfer für unsere Sünden sein konnte. Die Schrift nennt noch einen anderen Grund. Er ging in alle Umstände, alle Schwierigkeiten, alle Versuchungen ein, in die wir kommen könnten, um ein treuer und barmherziger Hoherpriester für uns sein zu können (Heb 2,18). Er kennt alle diese Dinge aus Erfahrung und weiß, was sie sind. So kann Er uns zu Hilfe kommen, auf dass wir Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe (Heb 4,14-16). Und so ist Er der Urheber unserer Errettung geworden, die fähig ist, uns alle zur Herrlichkeit zu bringen (Heb 2,10).

Wie sinken unsere Schwierigkeiten und unsere Leiden angesichts seiner Leiden in nichts zusammen. Wie klein werden sie, wenn wir auf Ihn sehen. Gleichzeitig wissen unsere Herzen, dass Er das Leiden aus Liebe zu uns auf sich nahm: um das vollkommene Opfer für uns sein zu können und um uns in unseren Leiden und in unseren Gefühlen darin zu verstehen. In dieser Person, die unsere Herzen bewundern und anbeten, sehen wir, wie wir uns in diesen Umständen zu verhalten haben. Folgen wir dann nicht mit Freuden seinen Fußspuren? Wie bewegen diese zwei kleinen Wörtchen „für euch“ (1Pet 1,20) oder „für uns“ unsere Herzen! Für uns wurde Er am Ende der Zeiten offenbart! Für uns wurde Er zur Sünde gemacht (2Kor 5,21)! Für uns ist Er gestorben (Röm 5,8). Für uns gab Er sich hin als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch (Eph 5,2)! Jeder von uns kann sagen: „Der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Hier finden wir: Für uns hat Er 33 Jahre auf Erden gelebt und all das Leiden von der Krippe bis zum Kreuz erduldet. Oh, wer ist Ihm gleich, so mild und so reich an Liebe und Macht und Erbarmen! In einigen Handschriften steht statt „für euch“ „für uns“. Das allgemeine Zeugnis lautet aber „für euch“. Das stimmt mit der Gewohnheit dieses Briefes überein. Die Bedeutung wird dadurch aber nicht verändert. Es ist deutlich, dass der Herr für jeden Gläubigen gelitten hat und für jeden das Beispiel ist.

Das griechische Wort für „folgen“ wird allgemein gebraucht für „jemanden folgen. Die Vorsilbe (epi) bedeutet oben, dass es ein Folgen ist dicht hinter dem, der voraufgeht. Wir müssen dicht hinter dem Herrn Jesus hergehen, indem wir seinen Fußspuren folgen, oder: in seinen Fußspuren folgen, wie es auch übersetzt wird.

Wir müssen oftmals leiden, weil wir selbst etwas verkehrt gemacht haben. Selbst wenn wir nicht gesündigt haben, ist unser Auftreten doch oftmals sehr schwach. Müssen wir uns nicht immer darunter demütigen? Aber der Herr war vollkommen. Er tat keine einzige Sünde. Er konnte den Juden sagen: „Wer von euch überführt mich der Sünde“ (Joh 8,46)? Die Form im Griechischen (Aorist) gibt den Worten solche Kraft, dass man auch lesen kann: „Der niemals, in keinem einzigen Fall, Sünde tat!“

„Die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“ (1Joh 3). Sie ist das Handeln, das nicht mit der Gewalt über uns, also dem Schöpfer, rechnet. Jede Tat, jedes Wort und jeder Gedanke, die ein Geschöpf aus sich selbst hat, ist Sünde. Aber der Herr konnte sagen: „Meine Speise ist es, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe“ (Joh 4,34), und: „Ich tue allezeit das Ihm Wohlgefällige“ (Joh 8,29). Der Apostel Paulus geht weiter. Er schreibt: „der keine Sünde kannte“ (2Kor 5,21), und: „der in allen Dingen versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde“, d.i. ganz getrennt von der Sünde (Heb 4,15). Der Herr hat nicht allein niemals etwas Verkehrtes getan, sondern Er hatte auch eine heilige Natur und also keine Ihm innewohnende Sünde. Er war von einer Frau geboren und also wahrhaftiger Mensch (Gal 4,4), aber Er war nicht aus einem Mann geboren: Die Kraft ses Allerhöchsten hatte die Jungfrau Maria überschattet, und so hatte der Herr keine sündige Natur wie jeder Abkömmling Adams: Er war „das Heilige, das geboren werden sollte“ (Lk 1,35).

„Noch wurde Trug in seinem Munde gefunden“

Betrug spricht von List und steht der Wahrheit und Aufrichtigkeit entgegen. Jedes Wort des Herrn drückte deutlich seine Gedanken aus. Sie waren alle aufrichtig und rein. Als sie Ihn fragten, wer Er war, konnte Er antworten: „Durchaus das, was ich auch zu euch rede“ (Joh 8,25). Jedes Wort, das Er sprach, war die Offenbarung dessen, was Er in sich selbst war. Das Wort „gefunden“ zeigt, dass eine Prüfung stattgefunden hat. Sie haben versucht, Ihn in seinen Worten zu fangen (Mt 26,60), aber es glückte nicht. Nach jedem Verhör musste der Richter Ihn schuldlos sprechen (Joh 19,4-6). Seine Aufrichtigkeit überstand jede Probe. Auch darin ist Er unser Muster!

Das griechische Wort für „schelten“ kann mit beschimpfen, schelten, höhnen übersetzt werden (Joh 9,28; Apg 23,4). Aber wie sehr sie den Herrn auch schalten, Er schalt nicht zurück; wie sehr Er auch unter ihrer ungerechten, grausamen Handlungsweise litt, Er drohte nicht. Wie einfach hätte der Herr sie darauf hinweisen können, dass Er ihnen einst vergelten wird, wenn Er als Richter erscheint (Joh 5,22). Aber stattdessen bat Er am Kreuz: „Vater, vergib ihnen.“

Er war nicht gefühllos für alles, was die Menschen taten. Wir können in den Psalmen, die prophetisch von seinem Leiden sprechen, lesen, wie tief Er verletzt wurde durch alles, was sie zu Ihm sagten und Ihm antaten (Ps 22; 69; 102; 109). Der Herr fühlte alles viel tiefer als wir, weil seine Gefühle nicht durch die Sünde abgestumpft waren, und noch dazu war Er die Liebe. Dabei war Er der Schöpfer des Weltalls (Joh 13,3; 1,3), und es waren seine Geschöpfe, die Ihm dieses antaten.

Aber sein Auge war allein auf den Vater gerichtet. Er tat niemals seinen eigenen Willen, sondern nur den Willen des Vaters. Er nahm den niedrigsten Platz ein, obwohl Er der Allerhöchste war. Es gibt keinen niedrigeren Platz auf der Erde als den Platz des Gehorsams. Aber es ist nichts reiner, nichts, was den Menschen sittlich mehr erhöht, als allezeit Gott zu gehorchen.

So schalt der Herr nicht wider und drohte nicht, sondern übergab alles dem, der recht richtet. Es bestehen viele verschiedene Meinungen über das, was der Herr Gott übergab. Einige denken an seine Leiden, andere an die Menschen, die Ihm das antaten: zum Gericht oder auch in Verbindung mit seinem Gebet am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Die meisten denken, dass der Herr sich selbst Gott übergab. Wenn etwas Bestimmtes gemeint ist, das der Herr Gott übergab, dann glaube ich, dass es „sich“ heißen muss, wie es auch in der Elberfelder Übersetzung steht.

Die Frage ist aber, ob etwas eingefügt werden muss. Buchstäblich sagt das Griechische: „sondern übergab dem gerecht Urteilenden“. Ist es nicht die Absicht des Heiligen Geistes, dies so allgemein zu sagen? Es trifft zu, dass es sprachlich so nicht schön ist, aber die Bedeutung ist dann vollkommen deutlich. Das Auge des Herrn war nur auf Gott gerichtet. Er nahm alle Dinge aus seiner Hand an, als von Ihm kommend. Er beurteilte sie nicht, sondern überließ das Urteil dem, der recht richtet.

Wenn wir das auch tun, ist der Stachel der Leiden fort. Wir überlassen alles unserem Vater; wir beurteilen es nicht, sondern nehmen es aus seiner Hand an, wie David tat, als Simei ihm fluchte. Er sagte: „Ja, mag er fluchen! Denn wenn der HERR ihm gesagt hat: Fluche David!, wer darf dann sagen: Warum tust du also“ (2Sam 16)? Und wie Paulus sagt: „Mir aber ist, es das Geringste, dass ich von euch oder von einem menschlichen Tage beurteilt werde; ich beurteile mich aber auch selbst nicht. Denn ich bin mir selbst nichts bewusst, aber dadurch bin ich nicht gerechtfertigt. Der mich aber beurteilt, ist der Herr“ (1Kor 4). Dann aber werden wir uns selbst, unsere Umstände, die Menschen, die uns etwas antun, ja selbst das Urteil, darüber ob das alles gerecht war oder nicht, was über uns kommt oder was wir selbst tun oder sind oder was andere sind, Gott überlassen, von dem wir wissen, dass sein Gericht allein vollkommen gerecht ist. Das griechische Wort für „übergeben“ bedeutet buchstäblich, es in die Hände eines anderen übergeben.

Verse 24.25

1Pet 2,24.25: Welcher selbst unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holze getragen hat, auf dass wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, durch dessen Striemen ihr heil geworden seid. Denn ihr ginget in der Irre wie Schafe, aber ihr seid jetzt zurückgekehrt zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen.

In den vorigen Versen sahen wir, dass Christus für uns in seinem Leben auf Erden gelitten hat, damit Er uns verstehen könnte, wenn wir in gleichen Umständen sein würden (Heb 2,10-18). Er kann dann mit uns empfinden und für uns als Priester vor Gott eintreten, damit wir Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe (Heb 4,15.16; 7,25). Aber Petrus stellt uns das Betragen und die Gesinnung des Herrn in diesen Leiden vor, damit wir in Ihm das Muster haben, wie wir sein sollen, wenn Leiden unser Teil ist.

In diesen Versen nun geht er von den Leiden in dem Leben des Herrn zu den Leiden auf dem Kreuz über. Darin ist der Herr nicht unser Muster. In dem Versöhnungswerk können wir Ihm nicht folgen! Der Herr wird uns hier besonders als das Schuldopfer vorgestellt, das in dem Gericht Gottes unsere Sünden trug, damit unsere Herzen darin einen Beweggrund finden möchten, nicht mehr unseren eigenen Willen, sondern allein den Willen Gottes zu tun. Das Tun des eigenen Willens ist Sünde für ein Geschöpf. Seine Aufgabe ist es, dem Schöpfer zu dienen und also nur gehorsam zu sein. Wie viel mehr gilt das für uns, die durch den Herrn um den Preis seines Blutes erkauft sind. Wir sind zu dem Gehorsam des Christus gebracht (1Pet 1,2).

Bewegt es nicht unsere Herzen, wenn wir lesen, dass Er unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holz trug? Im Griechischen steht vor Sünden der Artikel. Im Deutschen kann man das nicht tun, oder man müsste den Satzbau verändern, zum Beispiel „die Sünden von uns“. Aber dann verlieren wir den Nachdruck auf „unsere“; die Meinung ist aber, dass der Herr an seinem eigenen Leib unsere Sünden trug. Aber der Gebrauch des Artikels im Griechischen macht uns darauf aufmerksam, dass Er alle unsere Sünden trug.

Wenn wir unser Leben nach dem oben genannten Maßstab beurteilen, wie viele Sünden werden wir dann vor unserer Bekehrung getan haben, wie viele nach unserer Bekehrung bis zu diesem Augenblick (1Joh 3,4)? Dann sehen wir, dass alle Taten, alle Worte, alle Gedanken, die wir nicht im Gehorsam gegen den Herrn, also nicht in seinem Auftrag, getan, gesprochen oder gedacht haben, Sünde waren (1Mo 6,5). Alle die Millionen Sünden hat Er in seinem Leibe auf dem Holz getragen (Heb 9,28; Jes 53,11.12).

Er hat selbst keine Sünden getan (1Pet 2,22)! Er kannte die Sünde, die Quelle, aus der die Sünden, die sündigen Taten, hervorkamen, nicht einmal (2Kor 5,21). In Ihm ist keine Sünde, schreibt Johannes (1Joh 3,5). Was muss es dann für Ihn gewesen sein, alle die Milliarden Sünden der Seinen auf sich zu nehmen! In den Psalmen finden wir prophetisch die Gefühle des Herrn, auch auf dem Kreuz, zum Ausdruck gebracht. Da klagt Er, dass Er in grundlosen Schlamm, wo man nicht stehen kann, gesunken ist (Ps 69,2-6), dass Er erstatten muss, was Er nicht geraubt hat. Seine heilige Seele wurde in Berührung gebracht, ja einsgemacht mit unseren schmutzigen Sünden. Er nahm sie nicht allein auf sich als eine Last, sondern trug sie in seinem Leib. Es war nichts nur Äußerliches, sondern innerliches Einsmachen. Dadurch wurde seine Gemeinschaft mit Gott unterbrochen. Er, der in seinem Leben auf Erden sagen konnte: „Ich aber wusste, dass Du mich stets erhörst“ (Joh 11,42), musste da rufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ (Mt 27,46)? Das Schwert der Gerechtigkeit Gottes schlug Ihn da (Sach 13,7); die ganze Strafe für alle unsere Sünden kam auf Ihn, so dass Er rufen musste: „In den Staub des Todes legst du mich“ (Ps 22,15)!

Wer kann seine Liebe für mich, für uns ergründen, dass Er solch einen Preis für unsere Erlösung bezahlen wollte? Wer kann die Tiefe seiner Leiden am Kreuz ergründen, ja wer kann auch nur eine kleine Ahnung davon haben? Wer kann die Größe des Preises ermessen?

Lässt das Leiden des Herrn für unsere Sünden uns kalt? Sollte das möglich sein, bei einem, der weiß, dass es auch für seine Sünden war? Petrus, ja der Heilige Geist, der ihn inspirierte, dies zu schreiben, weiß, dass es unsere Herzen bewegt und dass das Hinschauen auf Christi Leiden für unsere Sünden uns einen Abscheu vor der Sünde gibt. Wir wenden uns voller Abscheu von all dem ab, wofür Christus so leiden musste. Sittlich sterben wir so den Sünden ab. Das war gerade das Ziel des Werkes des Herrn! Er kam nicht allein, um uns von der Strafe für unsere Sünden zu befreien, sondern um die Sünde zu vernichten und abzuschaffen (Heb 9,26), damit wir nichts mehr mit ihr zu tun hätten, um dadurch ungestörte Gemeinschaft zu genießen und in der Gegenwart dessen zu sein, der zu heilig ist, die Sünde anzuschauen.

Wir sehen die gleiche Handlungsweise in den Bildern des Alten Testamentes. Wenn jemand aus dem Volk Gottes sündigte, musste er ein Sünd- oder auch ein Schuldopfer (3Mo 4; 5; 6) bringen; es besteht ein Unterschied in der Größe des Opfers, aber nicht im Grundsatz. Der das Opfer bringt, ist ein Glied des Volkes Gottes und steht also mit Gott in Verbindung. Seine Sünde hat die Gemeinschaft aber unterbrochen, und nach den Grundsätzen des Wortes Gottes wird diese erst durch Bekenntnis: Reinigung in Selbstgericht (1Joh 1,9) wiederhergestellt. Aber wie weiß ich, was Sünde ist? Wenn ich etwas für Sünde halte, woher weiß ich, wie schwer sie ist? Das kann ich nicht lernen, indem ich mich mit mir selbst oder mit meinen Taten beschäftige, und ebenso wenig, indem ich auf andere sehe. Die Schrecklichkeit der Sünde und den wahren Charakter der Sünden erfahren wir nur, indem wir die Strafe anschauen, die der Herr für unsere Sünden erduldete. Am Kreuz lerne ich die ganze Schrecklichkeit kennen, und dort allein komme ich zu wahrem Selbstgericht und zum Bekenntnis. Darum musste der Israelit, der gesündigt hatte, ein Opfer bringen, ein Schuldopfer, damit er erkenne, wie groß seine Schuld war. Oder er brachte ein Sündopfer, um zu erfahren, was er in sich selbst war, und zu dem Bekenntnis Davids zu kommen: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter“ (Ps 51,5). In neutestamentlichen Worten ausgedrückt heißt es: „Ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18)!

Wie immer bleibt Petrus bei der praktischen Seite stehen. Er geht nicht weiter als bis zum Schuldopfer. Paulus geht weiter zum Sündopfer (Röm 5,12 bis einschl. Röm 8). Er denkt an Erleichterung des Gewissens und sagt darum, dass wir der Sünde gestorben sind. Petrus spricht das Herz an und redet daher über die Sünden, also nicht über die sündige Natur wie Paulus, sondern über die sündigen Taten. Er richtet unser Auge auf das Kreuz, wo Christus die Strafe für unsere Sünden trug, damit wir sie nicht zu tragen brauchten, auf dass der Tod Christi solch eine Macht über unsere Herzen ausüben möge, dass wir praktisch den Sünden abgestorben seien und der Gerechtigkeit leben. In der Tat ist das Hinblicken auf das Leiden und Sterben des Herrn für unsere Sünden praktisch die Energie für ein Leben für die Gerechtigkeit.

Es geht hier nicht um die Gerechtigkeit Gottes, von der Paulus schreibt. Die empfangen wir durch Gnade. Petrus spricht über praktische Gerechtigkeit in unserem alltäglichen Leben. Dass wir leben sollten in Übereinstimmung mit dem Recht, also in Übereinstimmung mit unserem wahren Verhältnis zu Gott und zu dem Herrn Jesus. Als Geschöpfe dürfen wir keinen eigenen Willen oder keine eigenen Wege haben, sondern einzig tun, was Er uns aufträgt. Durch die Erlösung hat der Herr Jesus ein Recht auf uns erworben auf Geist, Seele und Leib. „Wisset ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlichet nun Gott in eurem Leibe“ (1Kor 6,19.20).

Indem der Apostel sagt, dass Christus unsere Sünden am Kreuze trug, hat er vielleicht an den zweiten Bock am großen Versöhnungstag gedacht (3Mo 16,21.22). Aber sicher hat er sich an die Verse Jesaja 53,5.11.12 erinnert. Er geht nun weiter und führt den letzten Teil von Vers 5 an und denkt dabei an Vers 6. „Um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden“ (Jes 53,5).

Aus dem Jesajawort wird deutlich, dass „seine Striemen“ auf das Leiden des Herrn am Kreuze hindeuten. In dem ersten Teil dieses Verses wird über „verwundet“ und „zerschlagen“ als Vergeltung für unsere Übertretungen und Missetaten gesprochen. Dann wird alles zusammengefasst in „die Strafe“, die uns den Frieden brachte, und „seine Striemen“, durch die uns Heilung wurde. Das sind zwei Folgen des Werkes am Kreuz, wovon die erste unsere Schuld und die zweite unseren elenden Zustand hinwegtat.

Der Apostel tut das Gleiche und umschreibt dann diesen elenden Zustand, indem er Vers 6 anführt: „Denn ihr ginget in der Irre wie Schafe“ (Jes 53,6). Wir mussten geheilt werden, weil wir umherirrten, fern von Gott, und hatten keinen Hirten als den Teufel, auch keine Speise und keine Zukunft. Wir sind genesen durch seine Leiden am Kreuze, durch sein Verlassensein von Gott, das Er auf sich nahm als Resultat davon, dass Er unsere Sünden trug. Das Wort „Striemen“ steht im Griechischen in der Einzahl und hat einen Artikel. Hier wird also nicht die Art und Weise oder der Charakter angedeutet, sondern zusammenfassend das gesamte Leiden des Herrn vonseiten Gottes für unsere Sünden betrachtet. „Schwert, erwache wider meinen Hirten, wider den Mann, der mein Genosse ist, spricht der HERR der Heerscharen; schlage den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen. Und ich werde meine Hand den Kleinen zuwenden“ (Sach 13,7).

Um die Schrecklichkeit der Leiden des Herrn anzudeuten, gebraucht Petrus ein Wort, das die meisten der Sklaven, an die er nun schrieb, aus Erfahrung kannten: die sichtbaren Folgen eines harten Schlages auf dem Körper eines Menschen: die Eindrückungen oder die Schwellung der Haut und was darunter ist durch die vernichtende Kraft eines solchen Schlages.

Die Zeitform, in der im Griechischen der Ausdruck „ginget in der Irre“ steht, weist mehr auf die Gewohnheit des In-der-Irre-Gehens und auf den derzeitig andauernden Zustand als auf die Tatsache des In-der-Irre-Gehens selbst hin. Schafe sind für ihr Abirren bekannt, und praktisch finden sie niemals den Weg zurück. Welch ein passendes Bild für den sündigen Menschen, aber vor allem für diese Gläubigen aus den Juden.

Die Juden waren die Schafe des Herrn (Jes 63,11; 2Sam 24,17), und ihre Gemeinschaft als Volk Gottes war der Schafstall (Joh 10,1-4.8.16), Leider verließen sie ihren Hirten und irrten ab, fern von Gott (Hes 34; Jer 23). Als der gute Hirte kam, wollte die Masse des Volkes Ihn nicht annehmen. Darum erkannte Er sie nicht länger als seine Schafe (Joh 10,26.27) an und führte die, die Ihn angenommen hatten, aus dem Stall, um sie um sich selbst zu versammeln (Joh 10,4.16).

Der Tag kommt, an dem der gläubige Überrest aus Juda seinen Zustand erkennen und zu dem Hirten zurückkehren wird. „Ich bin umhergeirrt wie ein verlorenes Schaf: suche deinen Knecht, denn ich habe deine Gebote nicht vergessen“ (Ps 119,176). Jesaja 53 ist prophetisch das Bekenntnis des Überrestes, wenn er zurückgekehrt sein wird zu Ihm, den sie verworfen und verachtet hatten, durch dessen Striemen sie von ihrem Zustand dann genesen sein werden. 

Wie wir wiederholt gesehen haben, stellt Petrus die Gläubigen aus den Juden, an die er schreibt, häufig auf den Boden des gesegneten Überrestes in der Zukunft. Sie hatten „zuvor auf den Christus gehofft“ (Eph 1,12). Sie hatten sich nicht allein jetzt bekehrt, wie der gläubige Überrest es später tun wird, sondern hatten jetzt auch schon die zukünftigen Segnungen empfangen, wenn es für sie auch nicht die irdische Erlösung, sondern die Erlösung der Seele bedeutete (1Pet 1,9). Aber dadurch waren die Segnungen für sie auch viel höher geworden. Sie sahen zwar nicht die äußerliche, auf Erden sichtbare Herrlichkeit des Tausendjährigen Reiches, aber sie waren in die besseren Segnungen dieser Zeit eingegangen, in der Israel beiseitegesetzt ist und in der nun Gott den verworfenen Christus aus den Toten auferweckt und Ihm Herrlichkeit gegeben hat, damit ihr Glaube und ihre Hoffnung auf Gott sei (1Pet 1,21).

Sind wir, die Gläubigen aus den Nationen, auch nicht aus dem alten Schafstall Israel, so teilen wir doch die Segnungen und die herrliche Stellung dieser Gläubigen. Nachdem Israel den Herrn verworfen hatte, spricht Er über Schafe aus den Nationen. Nicht die Völker sind die Schafe, sondern die aus den Nationen, die Ihn annehmen würden. Er wollte sie vereinigen mit seinen Schafen aus Israel: „Und es wird eine Herde und ein Hirte sein“ (Joh 10,16). Im Grundsatz ist es auch von uns wahr, was von ihnen gesagt wird. Die Briefe an die Römer und an die Korinther berichten uns, wie fern die Nationen von Gott abgeirrt waren. Wenn das überhaupt sein kann, so waren sie unendlich ferner als Israel, wenigstens, was ihr offenbares Leben betraf. Aber auch wir sind zurückgekehrt. (Das griechische Wort kann auch übersetzt werden mit „bekehrt“.) „Bekehrt“ zu dem Hirten und Aufseher unserer Seelen.

Von David lesen wir schöne Dinge als Hirte. Es wird zunächst gesagt: Er weidete die Schafe. Danach heißt es: Er ist bei den Schafen. Zum Schluss: Er nährt die Schafe (eine andere Übersetzung) (1Sam 16,11.19; 17,15,34). Um sie zu weiden, musste er einen Löwen und einen Bären erschlagen. Er wagte sein Leben für seine Schafe.

Unser Hirte gab als der gute Hirte sein Leben für uns (Joh 10,11). Als der große Hirte ist Er als der Auferstandene stets bei uns (Mt 28,18; Heb 13,20). Als der Erzhirte sorgt Er für uns und wird bald Kronen der Herrlichkeit verteilen (1Pet 5,2-4). Er ist wirklich der Hirte und Aufseher unserer Seelen! Aber welch ein Hirte!

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Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

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