Der Epheserbrief (2)
Kapitel 2

Hamilton Smith

© Beröa-Verlag, online seit: 18.11.2005, aktualisiert: 23.01.2021

Leitverse: Epheser 2

Das Werk Gottes, um seinen Vorsatz auszuführen

In Kapitel 1 sind uns die Ratschlüsse Gottes in Bezug auf Christus und die Versammlung geoffenbart. Es schließt mit dem Gebet des Apostels, dass wir die Kraft kennen möchten, die an uns wirkt, durch welche diese Ratschlüsse der Liebe in Erfüllung gehen werden.

In Kapitel 2 dürfen wir erstens lernen, wie die Kraft Gottes in uns wirkt (Eph 2,1-10); zweitens Gottes Wege mit uns (Eph 2,11-22), um die Versammlung in der Zeit zu bilden, damit seine Ratschlüsse für uns erfüllt werden können.

Das Werk Gottes in dem Gläubigen

Verse 1-3

Eph 2,1-3: … auch euch, die ihr tot waret in euren Vergehungen und Sünden, in welchen ihr einst wandeltet nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams; unter welchen auch wir einst alle unseren Verkehr hatten in den Lüsten unseres Fleisches, indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten und von Natur Kinder des Zorns waren, wie auch die Übrigen.

Das Kapitel beginnt mit dem Vorstellen eines ernsten Bildes vom Zustand und der Stellung, in die der Mensch unter der alten Schöpfung gefallen ist. Die ersten beiden Verse beschreiben den Zustand der heidnischen Nationen; Vers 3 bringt den Juden in dieses ernste Bild hinein. „Wir [die Juden]“, sagt der Apostel, „waren von Natur Kinder des Zorns, wie auch die Übrigen.“

Juden und Nationen werden gegenüber Gott als tot in Vergehungen und Sünden gesehen, aber lebend für den Zeitlauf einer bösen Welt unter der Macht des Teufels dem Fürsten der Gewalt der Luft. So ist der Mensch also Gott ungehorsam, erfüllt die Lüste des Fleisches und der Gedanken und steht von Natur unter dem Gericht Gottes.

Der Jude, obwohl er sich in einer Stellung äußerer Vorrechte befand, bewies durch seine Lüste, dass er eine gefallene Natur hatte und auf dem gleichen Boden stand wie der Heide. Beide, Jude und Heide, sind tot für Gott. In dem Brief an die Römer werden wir unter dem Todesurteil gesehen, als Folge unserer Taten unserer Sünden. Hier werden wir bereits als tot für Gott gesehen, aufgrund dessen, was wir sind, indem wir eine gefallene Natur haben. Für diesen Zustand des Todes sind wir jedoch verantwortlich, denn der Apostel beschreibt die Menschen als solche, die „wandeln“, „Verkehr haben“ und ihre Lüste erfüllen. Gott gegenüber ist der Mensch tot. Gegenüber den Einflüssen der Welt, des Fleisches und des Teufels ist er aktiv am Leben. Außerdem hat der Teufel die Herrschaft über den Menschen erlangt, durch dessen Ungehorsam gegenüber Gott. Die gefallene Natur, die wir haben, ist die Folge dieses Ungehorsams: Wir sind Söhne des Ungehorsams.

Vers 4

Eph 2,4: Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen seiner vielen Liebe, womit er uns geliebt hat,

Wenn die ganze Welt tot ist für Gott, so gibt es keine Möglichkeit für den Menschen, sich selbst aus einem solchen Zustand zu befreien. Ein Toter kann nichts tun gegenüber Dem, für den er tot ist. Soll es irgendeinen Segen für einen Toten geben, so muss dies ausschließlich von Gott abhängen. Das bereitet den Weg vor für die Tätigkeiten der Liebe Gottes. Die hier vorgestellte Wahrheit zeigt nicht so sehr unser erfahrungsmäßiges Eingehen in diese Dinge als vielmehr die Weise, in der Gott zu seiner eigenen Befriedigung gemäß seiner eigenen Liebe wirkt.

In den ersten drei Versen sehen wir den Menschen entsprechend seiner gefallenen Natur handeln und sich so unter das Gericht bringen. In den Versen, die folgen, haben wir einen direkten Gegensatz. Da wird Gott vorgestellt, der gemäß seiner Natur handelt und den Menschen in den Bereich des Segens bringt. Wenn der Mensch entsprechend seiner Natur handelt, dann tut er es ohne Rücksicht auf Gott, von Beweggründen der Lust in seinem eigenen Herzen getrieben. Wenn Gott seiner Natur gemäß handelt, dann geschieht es, ohne den Menschen zu fragen, aus Beweggründen der Liebe in seinem Herzen. Gottes Liebe wirkt in uns, wenn wir noch „tot in Sünden“ sind, nicht erst wenn wir begonnen haben, uns unserer Bedürfnisse bewusst zu werden, auch nicht erst nachdem wir eine Antwort auf diese Liebe gegeben haben.

Vier Eigenschaften Gottes stehen vor uns: Liebe, Barmherzigkeit, Güte und Gnade (Eph 2,4.7). Liebe ist die Natur Gottes, der Ursprung all seines Handelns und die Quelle all unserer Segnungen.

Wenn Gott der Liebe seines Herzens entsprechend handelt, so kann der Segen, der daraus hervorgeht, nur an seiner Liebe gemessen werden. Dann ist die Frage nicht: Welches Maß des Segens entspricht unseren Bedürfnissen, sondern: Was ist die Höhe des Segens, welche die Liebe Gottes befriedigen kann? Gnade ist Liebe in Tätigkeit gegenüber unwürdigen Geschöpfen und geht aus zu allen. Barmherzigkeit wird dem einzelnen Sünder zuteil. Güte ist das Ausschütten von Segnungen über den Gläubigen. Gott handelt also „wegen seiner vielen Liebe“ und nicht aufgrund von etwas, das in uns zu finden wäre. Wer kann seine „viele Liebe“ ausmessen, und wer kann den Segen ermessen, der dieser Liebe entspricht?

Vers 5

Eph 2,5: … als auch wir in den Vergehungen tot waren, hat uns mit dem Christus lebendig gemacht, durch Gnade seid ihr errettet

Diese Liebe kommt uns gegenüber zuerst in der Wirksamkeit der Gnade, die uns lebendig macht, zum Ausdruck. Wir sind als Einzelne mit Christus lebendig gemacht. Solange wir tot sind, kann es von unserer Seite her keine Bewegung zu Gott hin geben. Die erste Bewegung muss von Gott ausgehen. Ein neues Leben ist uns verliehen worden, aber es ist ein Leben in Verbindung mit Christus. Es ist ein Leben, das in der Tat das Leben Dessen ist, mit dem wir lebendig gemacht worden sind. So ist unser Zustand aus Gnade das genaue Gegenteil unseres Zustandes von Natur. Wir waren von Natur mit der Welt tot Gott gegenüber, jetzt sind wir durch Gnade mit dem Christus lebendig gemacht.

Vers 6

Eph 2,6: … und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu,

Aber nicht nur unser Zustand ist verändert worden, auch unsere Stellung hat sich geändert. Lebendig gemacht bedeutet die Übermittlung von Leben; die Auferweckung bringt den, der lebendig gemacht wurde, an den Platz der Lebenden. Dieser Platz wird in Christus vorgestellt. Gläubige aus den Juden und den Heiden sind mitauferweckt und Gott hat sie mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus. Lebendig gemacht ist „mit Ihm“, aber auferweckt und mitsitzend geschieht „in Ihm“. Tatsächlich sind wir noch nicht auferweckt und sitzen noch nicht in den himmlischen Örtern. Dennoch stehen wir vor Gott in dieser neuen Stellung in der Person unseres Stellvertreters. Wir werden „in Christus“ gesehen.

Vers 7

Eph 2,7: … auf dass er in den kommenden Zeitaltern den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade in Güte gegen uns erwiese in Christo Jesu.

Nachdem wir die Höhe der christlichen Stellung erreicht haben, wird uns jetzt der herrliche Vorsatz gezeigt, den Gott im Auge hat, indem Er so in Liebe mit uns handelt. Es ist, „auf dass er in den kommenden Zeitaltern den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade in Güte gegen uns erwiese in Christus Jesus“. Es ist, als ob Gott sagte: „In den kommenden Zeitaltern werde ich zeigen, was die Frucht des Werkes Christi und was der Vorsatz meines Herzens ist.“ Es ist klar, dass nichts anderes als der beste Zustand und die höchste Stellung, in denen ein Mensch gefunden werden kann, solch hohen Zielen entsprechen können. Wenn Engel und Fürstentümer einen armen Sünder, ja die ganze Versammlung, in der gleichen Herrlichkeit des Mensch gewordenen Sohnes Gottes sehen, so werden sie, soweit es ihnen möglich ist, den überschwänglichen Reichtum der Gnade verstehen, der diese dahin versetzt hat.

Verse 8.9

Eph 2,8.9: Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittelst des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, auf dass niemand sich rühme.

Alles wird durch die Gnade Gottes zustande gebracht, und jede Segnung, die wir genießen, ist die Gabe Gottes. Selbst der Glaube, durch den wir die Errettung empfingen, ist die Gabe Gottes. Menschliche Werke können uns diese Glückseligkeit nicht sichern. Alles ist von Gott, und deshalb bleibt kein Raum für den Menschen, sich zu rühmen.

Vers 10

Eph 2,10: Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvorbereitet hat, auf dass wir in ihnen wandeln sollen.

Das führt zu einer weiteren Wahrheit. Nicht nur sind unsere Werke ausgeschlossen, denn Gott hat alles getan, sondern auch wir sind sein Werk (oder Gebilde), und als solches bilden wir einen Teil der neuen Schöpfung in Christus Jesus. Wenn auch die Werke des Gesetzes als ein Mittel zum Heil ausgeschlossen sind, so dürfen wir daraus nicht ableiten, die Werke hätten keinen Platz im christlichen Leben. Es gibt tatsächlich Werke, die dem Platz des Segens, zu dem wir gebracht wurden, angemessen sind. Es sind die Werke, die Gott zuvorbereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen. Diese Werke werden uns im zweiten Teil des Briefes vorgestellt, wo wir ermahnt werden, würdig der Berufung zu wandeln, in Liebe zu wandeln, als Kinder des Lichts, und sorgfältig zu wandeln (Eph 4,1; 5,2.8.15).

Die „guten Werke“, von denen dieser Vers redet, bedeuten mehr, als irgendein gutes Werk tun, das auch ein natürlicher Mensch zu tun vermöchte, dessen Wandel aber alles andere als gut ist. Hier werden die Gläubigen nicht nur als solche gesehen, die gute Werke tun, sondern als in ihnen wandelnd. Im Weiteren sind die guten Werke von Gott zuvorbereitet und führen zu einem gottgemäßen Wandel.

Das Werk Gottes mit den Gläubigen

Das große Thema des zweiten Kapitels ist die Bildung der Versammlung in der Zeit, im Blick auf die Ratschlüsse Gottes für die Ewigkeit. Der erste Teil des Kapitels enthüllt uns das Werk Gottes in jedem Einzelnen von uns, ob aus den Juden oder den Nationen. Der zweite Teil stellt das Werk Gottes mit den Gläubigen aus den Juden und den Nationen vor, um sie in „einem Leib“ zu vereinen und zu einem Hause zusammenzubringen, als der Wohnstätte Gottes.

Verse 11.12

Eph 2,11.12: Deshalb seid eingedenk, dass ihr, einst die Nationen im Fleische, welche Vorhaut genannt werden von der sogenannten Beschneidung, die im Fleische mit Händen geschieht, dass ihr zu jener Zeit ohne Christum waret, entfremdet dem Bürgerrecht Israels, und Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung, keine Hoffnung habend, und ohne Gott in der Welt.

Bevor die gegenwärtige Stellung der Gläubigen „in Christus“ vorgestellt wird, vergleicht der Apostel die frühere Stellung der Nationen im Fleisch mit ihrem neuen Platz. Die Versammlung kann also niemals die Summe aller Gläubigen von Anfang der Welt an sein; denn in den vergangenen Zeitaltern (den Zeiten vor dem Kreuz) bestand eine von Gott verordnete Unterscheidung zwischen Juden und Nationen. Solange diese Trennung bestand, machte sie das Vorhandensein der Versammlung unmöglich.

Der Apostel erinnert die Gläubigen aus den Nationen, dass „zu jener Zeit“ sehr scharfe Unterschiede zwischen Juden und Heiden bestanden. In den Wegen Gottes auf der Erde genossen die Juden als Volk einen Platz äußerlicher Vorrechte, der den Nationen völlig fremd war. Israel bildete ein irdisches Bürgertum, mit irdischen Verheißungen und irdischen Hoffnungen und stand in einer äußerlichen Beziehung zu Gott. Ihre religiöse Anbetung, ihre politische Organisation, ihre sozialen Beziehungen, vom höchsten Akt des Gottesdienstes bis zum kleinsten Detail des Lebens, alles wurde durch die Anordnungen Gottes geregelt. Das war ein unermessliches Vorrecht, an welchem die Nationen als solche keinen Anteil hatten. Nicht dass die Juden irgendwie besser gewesen wären als die Nationen, denn in den Augen Gottes war die große Masse der Juden genauso schlecht wie die Nationen, einige sogar noch schlechter. Auf der andern Seite gab es Einzelne aus den Nationen, wie einen Hiob, die wahrhaft bekehrt waren. In den Wegen Gottes für diese Erde jedoch sonderte Er Israel von den Nationen ab und gab ihnen einen besonderen Platz des Vorrechts. Auch wenn sie unbekehrt waren (wie es bei der großen Masse der Fall war), bedeutete es ein unermessliches Vorrecht, dass alle ihre Angelegenheiten gemäß der vollkommenen Weisheit Gottes geregelt waren. Die Nationen hatten keine solche Stellung in der Welt, sie genossen keine öffentliche Anerkennung Gottes, ihre Angelegenheiten wurden nicht durch göttliche Anweisungen geregelt. In der Tat waren es gerade die Verordnungen, die das Leben des Juden regelten, die ihn so unnachgiebig von den Nationen getrennt hielten. Der Jude hatte deshalb einen Platz äußerlicher Nähe zu Gott, während der Heide äußerlich weit entfernt war.

Israel jedoch hatte völlig versagt, seinen Vorrechten zu entsprechen, indem es sich von Jahwe weg den Götzen zuwandte. Sie haben die Gebote und Verordnungen Gottes, die ihnen ihre einzigartige Stellung gaben, gänzlich missachtet. Sie steinigten die Propheten, durch die Gott ihr Gewissen zu erreichen suchte. Sie kreuzigten ihren eigenen Messias, der in demütiger Gnade in ihre Mitte kam. Und sie widerstanden dem Heiligen Geist, der von einem auferstandenen und verherrlichten Christus zeugte.

Als Folge davon haben sie für eine gewisse Zeit den Platz des Vorrechts auf Erden verloren und sind unter die Nationen zerstreut worden.

Vers 13

Eph 2,13: Jetzt aber, in Christo Jesu, seid ihr, die ihr einst fern waret, durch das Blut des Christus nahe geworden.

Das Beiseitesetzen Israels bereitete den Weg für den großen Wechsel in den Wegen Gottes auf Erden. Der eindrückliche kurze Rückblick in die Vergangenheit der Nationen, den der Geist Gottes in den Versen 11 und 12 gegeben hat, macht durch Gegenüberstellung die gegenwärtige Stellung der Gläubigen noch auffallender. Nach der Verwerfung Israels hat Gott, indem Er seine Wege verfolgte, die Versammlung ans Licht gebracht. Damit hat Er einen ganz neuen Segensbereich gebildet, der vollkommen außerhalb des Bereichs der Juden und dem der Nationen liegt.

Diese neue Stellung der Gläubigen sieht sie nicht länger mehr im Fleisch, sondern in Christus. Deshalb beginnt der Apostel von der neuen Stellung mit den Worten zu sprechen: „Jetzt aber, in Christo Jesu“, und fährt dann fort, einen Gegensatz zu der früheren Stellung im Fleisch aufzuzeichnen. In Verbindung mit dem Fleisch war der Mensch aus den Nationen äußerlich weit von Gott entfernt, und der Jude, obwohl äußerlich nahe, war moralisch so weit weg, wie der aus den Nationen. Wenn Er zu den Juden sprach, musste der Herr sagen: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir“ (Mt 15,8).

Dann fährt der Apostel fort, zu zeigen, wie Gott gewirkt hat, um die Versammlung zu bilden. Zuerst sind die Gläubigen „durch das Blut des Christus nahe geworden“. Die Nationen sind aus der Ferne, in die die Sünde sie gebracht hatte, in Christus in die Nähe gekommen. Das ist keine bloß äußerliche Nähe, die durch Verordnungen und Zeremonien offenbar wird, sondern eine lebendige Nähe, die in Christus selbst gesehen wird, der aus den Toten auferstanden ist und vor dem Angesicht Gottes für uns erscheint. Deshalb heißt es: „In Christo Jesu seid ihr … durch das Blut des Christus nahe geworden.“ Unsere Sünden haben uns weit weg gebracht, das kostbare Blut Christi hat unsere Sünden abgewaschen und uns nahe gebracht. Das Blut Christi zeigt die riesige Größe der Sünde auf, die einen solchen Preis verlangte, um sie wegzunehmen. Es bringt die Heiligkeit Gottes zum Ausdruck, der durch keinen niedrigeren Preis befriedigt werden konnte, und offenbart die Liebe, die den Preis bezahlen wollte. Es ist nicht nur so, dass der Glaube Gott nahen kann, sondern in Christus ist er „nahe geworden“.

Eph 2,14: Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht und abgebrochen hat die Zwischenwand der Umzäunung,

Zweitens sind die Gläubigen aus den Juden und den Nationen „eines gemacht worden“. Jemand kann die Wichtigkeit der Tatsache, dass wir durch das Blut nahe geworden sind, überbetonen, aber für die Bildung der Versammlung ist mehr nötig. Die Versammlung ist nicht einfach eine Anzahl von Gläubigen, die „nahe geworden“ sind; denn das ist wahr von jedem bluterkauften Heiligen in jedem Zeitalter. Sie wird gebildet aus Gläubigen aus den Juden und den Nationen, die „eines gemacht worden“ sind. Das hat Christus durch seinen Tod zustande gebracht. In einem doppelten Sinn ist Er „unser Friede“. Er ist unser Friede zwischen Gott und dem Gläubigen, und Er ist unser Friede zwischen den Gläubigen aus den Juden und denen aus den Nationen.

Vers 15

Eph 2,15: … nachdem er in seinem Fleische die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, hinweggetan hatte, auf dass er die zwei, Frieden stiftend, in sich selbst zu einem neuen Menschen schüfe,

In seinem Tod tat Christus das „Gesetz der Gebote“ hinweg, das der Grund der Trennung zwischen Gott und Menschen und zwischen Juden und Nationen war. Das Gesetz verhieß denen Leben, die es hielten, und verurteilte jene, die es brachen. Nachdem klar wurde, dass alle das Gesetz gebrochen hatten, brachte es unweigerlich Verdammnis über die, welche darunter standen, und brachte so den Menschen in Gottesferne. Weiter richtete es eine klare Schranke die Zwischenwand zwischen Juden und Nationen auf. Bevor diese Trennwand nicht beseitigt war, konnte es weder zwischen Gott und Menschen noch zwischen Juden und Nationen Frieden geben. Am Kreuz wurde der Fluch des gebrochenen Gesetzes getragen und so die Feindschaft zwischen Menschen und Gott und zwischen Juden und Nationen beseitigt. Den Frieden, der daraus resultiert, haben wir in Christus; Er ist unser Friede. Wir blicken zurück auf das Kreuz und sehen, dass alles, was zwischen Gott und unsern Seelen stand – die Sünde, die Sünden, der Fluch des gebrochenen Gesetzes und das Gericht –, dort zwischen Gott und Christus, unserem Stellvertreter, gestanden hat. Wir blicken nach oben und sehen Christus in der Herrlichkeit, wo nichts mehr zwischen Gott und Christus steht als der ewige Friede, den Er gemacht hat. Deshalb steht auch nichts mehr zwischen Gott und dem Gläubigen. Unser Friede ist uns in Christus gesichert, der „unser Friede“ geworden ist.

Im Weitern vertritt Christus sowohl den Gläubigen aus den Juden als auch den aus den Nationen. Er ist deshalb der Friede unter uns: Wir sind einsgemacht. Durch das Kreuz hat Christus das Gesetz der Satzungen als ein Mittel, um Gott zu nahen, vollständig aufgehoben und einen neuen Weg des Zugangs durch sein Blut geöffnet. Der Jude, der Gott auf der Grundlage des Blutes naht, hat mit den jüdischen Satzungen abgeschlossen. Der Heide ist aus seinem Platz der Gottesferne gebracht worden, der Jude aus einer bloß äußerlichen Nähe, und beide sind einsgemacht worden in dem Genuss eines gemeinsamen Segens vor Gott, den keiner von ihnen vorher besessen hat. Die Gläubigen aus den Nationen sind nicht auf die Höhe der jüdischen Vorrechte erhoben worden noch werden die Juden auf das Niveau der Heiden erniedrigt. Beide sind auf eine vollständig neue Grundlage, auf eine unermesslich höhere Ebene gestellt worden.

Drittens sind die Gläubigen aus den Juden und den Nationen zu „einem neuen Menschen“ geschaffen worden. Wir haben bereits gesehen, dass sie beide „eines gemacht“ worden sind. Aber dies drückt noch nicht die volle Wahrheit der Versammlung aus. Wenn der Apostel hier angehalten hätte, würden wir wohl gesehen haben, dass die Gläubigen durch das Blut nahe geworden und „eines gemacht“ sind, da alle Feindschaft weggetan ist. Aber wir wären beim Gedanken stehen geblieben, dass wir zu einer Gemeinschaft in glücklicher Einheit gemacht worden sind. Das ist in der Tat eine gesegnete Wahrheit, doch die volle Wahrheit über die Versammlung geht weit darüber hinaus. Deshalb fährt der Apostel fort und erklärt uns nicht nur, dass wir nahe geworden und „eines gemacht“ sind, sondern dass wir zu einem neuen Menschen geschaffen sind. Der Ausdruck „neuer Mensch“ spricht von einem neuen Zustand, der durch die Schönheit und himmlische Gnade Christi gekennzeichnet ist. Kein einzelner Christ könnte genügen, um die Würden Christi zur Schau zu stellen. Es bedarf der ganzen Versammlung, um den neuen Menschen darzustellen.

Vers 16

Eph 2,16: … und die beiden in einem Leibe mit Gott versöhnte durch das Kreuz, nachdem er durch dasselbe die Feindschaft getötet hatte.

Viertens sehen wir eine weitere Wahrheit darin, dass die Gläubigen zu „einem Leibe“ geformt sind. Gläubige aus Juden und Nationen sind nicht nur vereint, um die Wesenszüge des neuen Menschen, Christus, in all seinen moralischen Herrlichkeiten vorzustellen; sie sind auch zu einem Leib gebildet. Das ist mehr als eine Gruppe von Menschen, die unter sich in Übereinstimmung sind. Sie bilden vielmehr eine Gruppe von Menschen, die durch den Heiligen Geist miteinander vereinigt sind, um auf der Erde ein gemeinsamer Leib zu sein, der den neuen Menschen darstellt. So sind die Gläubigen aus den Juden und den Nationen nicht nur miteinander versöhnt worden, sondern sie sind, zu einem Leib gebildet, auch mit Gott versöhnt. Es würde das Herz Gottes nicht zufriedenstellen, die Nationen weit entfernt und die Juden in äußerlicher Nähe zu sehen. Aber nun kann Gott mit Wonne ruhen, da Er die Gläubigen aus den Juden und den Nationen durch das Kreuz zu einem Leib geformt hat. Das Kreuz hat nicht nur alles hinweggetan, was Anlass zu Feindschaft zwischen Juden und Nationen gab, sondern auch das, was zu Feindschaft gegen Gott führte.

Vers 17

Eph 2,17: Und er kam und verkündigte Frieden, euch, den Fernen, und Frieden den Nahen.

Diese ganze gesegnete Wahrheit ist zu uns gekommen durch das Evangelium des Friedens, das den Nationen, die fern waren, und den Juden, die äußerlich nahe standen, verkündigt worden ist. Wir können verstehen, warum an dieser Stelle, in einem Abschnitt, der von der Bildung der Versammlung spricht, die Verkündigung eingeführt wird. Der Apostel hatte soeben von dem Kreuz gesprochen; denn ohne das Kreuz konnte es keine Predigt und ohne Verkündigung keine Versammlung geben. Christus wird als Verkündiger gesehen, obwohl das Evangelium, das Er verkündigt, durch seine Werkzeuge öffentlich kundgetan wird.

Vers 18

Eph 2,18: Denn durch ihn haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater.

Es gibt noch eine weitere Wahrheit von großer Glückseligkeit: Wir beide (Juden und Nationen) haben durch einen Geist Zugang zu dem Vater. Die Entfernung ist nicht nur auf Gottes Seite weggenommen, sondern auch auf unserer Seite. Durch das Werk Christi am Kreuz kann Gott sich uns nahen, indem Er Frieden verkündigt; und durch das Werk des Geistes in uns können wir dem Vater nahen. Das Kreuz gibt uns das Recht, zu nahen; der Geist befähigt uns, dieses Recht zu gebrauchen und praktisch dem Vater zu nahen. Wenn wir den Zugang durch den Geist haben, so ist klar, dass für das Fleisch kein Raum ist. Der Geist schließt das Fleisch in jeder Form aus. Weder durch Gebäude noch durch Zeremonien, Musikinstrumente oder Chöre noch durch eine besondere Klasse von Menschen erlangen wir Zugang zum Vater. Das geschieht nur durch den Geist. Weiter heißt es: durch „einen Geist“, und deshalb ist in der Gegenwart des Vaters alles in einstimmiger Harmonie.

Wir sehen also in diesem wichtigen Abschnitt erstens die zwei Klassen, aus denen die Versammlung besteht; solche, die einst äußerlich nahe waren, und solche, die einst fern waren. Zweitens sehen wir, dass Gott diese beiden Klassen von Gläubigen nahe zu sich gebracht hat. Er hat sie zu einem neuen Menschen geschaffen und zu einem Leib geformt. Drittens lernen wir den Weg kennen, auf dem Gott dieses große Werk zustande gebracht hat durch das Blut Christi, durch das Kreuz, durch die Verkündigung und durch den Geist.

Verse 19-22

Eph 2,19-22: Also seid ihr denn nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten, indem Jesus Christus selbst Eckstein ist, in welchem der ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in welchem auch ihr mitaufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geiste.

Bis dahin haben wir die Versammlung als den Leib Christi betrachtet, aber in den Wegen Gottes auf Erden wird sie noch unter andern Gesichtspunkten gesehen. Zwei davon werden in den Schlussversen des Kapitels vor uns gestellt. Zuerst wird die Versammlung gesehen, wie sie zu „einem heiligen Tempel im Herrn“ wächst, und dann als „eine Behausung Gottes“.

Im ersten Gesichtspunkt gleicht die Versammlung einem wachsenden Gebäude, das zu einem heiligen Tempel im Herrn wird. Die Apostel und Propheten bilden die Grundlage, wobei Christus selbst der tragende Eckstein ist. Während der ganzen christlichen Haushaltung werden Gläubige als Stein um Stein hinzugefügt, bis der letzte Gläubige dazugekommen ist und das vollständige Gebäude in Herrlichkeit zur Schau gestellt wird. Das ist der Bau, von dem der Herr in Matthäus 16 sagt: „Ich will meine Versammlung bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.“ Christus selbst baut, nicht der Mensch. Deshalb ist alles vollkommen. Dieser heilige Bau besteht nur aus lebendigen Steinen. Petrus gibt uns die geistliche Bedeutung dieses Bauwerks, wenn er uns sagt, dass die lebendigen Steine zu einem geistlichen Haus aufgebaut sind, um Gott geistliche Schlachtopfer darzubringen und die Vortrefflichkeiten Gottes darzustellen (1Pet 2,5.9). In Offenbarung 21 sieht Johannes ein Gesicht des vollständigen Baues, wie er aus dem Himmel herniederkommt von Gott und mit der Herrlichkeit Gottes strahlt. Dann werden in der Tat von diesem herrlichen Bauwerk unaufhörlich Opfer des Lobes zu Gott aufsteigen und zu den Menschen wird ein vollkommenes Zeugnis von den Tugenden Gottes ausgehen.

Dann stellt der Apostel, indem er immer noch das Bild eines Gebäudes verwendet, einen andern Gesichtspunkt der Versammlung vor (Eph 2,22). Nachdem er die Heiligen betrachtet hat, wie sie zu einem wachsenden Tempel zusammengebaut werden, sieht er sie jetzt, wie sie bereits ein fertiges Haus bilden, zum Wohnort Gottes durch den Geist. Hier werden alle auf Erden lebenden Gläubigen gesehen, wie sie zu jeder Zeit die Behausung Gottes bilden. Gläubige aus den Juden und Nationen sind zusammen „mitaufgebaut“, um diese Behausung zu formen. Der Wohnort Gottes ist gekennzeichnet durch Licht und Liebe. Deshalb ermahnt uns der Apostel, wenn er zu dem praktischen Teil des Briefes kommt; „Wandelt in Liebe“, und: „… wandelt als Kinder des Lichts“ (Eph 5,2.8). Das Haus Gottes ist somit ein Ort des Segens und des Zeugnisses, ein Ort, wo die Heiligen mit der Gunst und Liebe Gottes gesegnet werden. In dieser Weise gesegnet, sind sie ein Zeugnis gegenüber der sie umgebenden Welt. Im Epheser Brief wird uns die Behausung Gottes gemäß den Gedanken Gottes vorgestellt.

Deshalb wird nur das, was wirklich ist, erwogen. Andere Schriftstellen zeigen, wie diese Wohnstätte unter der Hand der Menschen leider verdorben worden ist, bis wir schließlich lesen, dass das Gericht bei dem Haus Gottes anfangen muss (1Pet 4,17).

Wir haben also in diesem Kapitel eine dreifache Darstellung der Versammlung. Zuerst wird die Versammlung als der Leib Christi gesehen, der aus Gläubigen aus den Juden und aus den Nationen besteht, die mit Christus in der Herrlichkeit vereinigt sind. Sie bilden so einen neuen Menschen, um Christus als den auferstandenen Menschen, das Haupt über alle Dinge, darzustellen. Lasst uns daran denken, dass die Versammlung nicht nur „ein Leib“, sondern „sein Leib“ ist, wie wir auch lesen: „… die Versammlung, welche sein Leib ist.“ Als sein Leib macht die Versammlung seine Fülle aus; erfüllt mit allem, was Er ist, bringt sie zum Ausdruck, was Er ist. Die Versammlung, sein Leib, soll der Ausdruck seiner Gedanken sein, gerade so wie unsere Körper dem Ausdruck geben, was in unseren Gedanken ist.

Zweitens wird die Versammlung vorgestellt als ein wachsender Tempel, der aus allen Heiligen der gesamten christlichen Zeitperiode besteht. Darin werden Opfer des Lobes zu Gott aufsteigen und die Vortrefflichkeit Gottes den Menschen dargestellt werden.

Drittens wird die Versammlung als ein vollständiges Gebäude auf Erden gesehen, das in jedem Augenblick aus allen lebenden Gläubigen gebildet wird. Es ist die Behausung Gottes zum Segen seines Volkes und zu einem Zeugnis gegenüber der Welt.

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Zuerst erschienen in Halte festwww.haltefest.com
und als Buch erschienen in Christus und seine Versammlung
erhältlich bei www.beroea.ch
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