Bedenkt das Ende!
Sprüche 14,12; 1. Johannes 3,15; Matthäus 5,27; 1. Korinther 11,6; Römer 8,12; Hebräer 10,25

Christian Briem

© CSV, online seit: 02.07.2005, aktualisiert: 07.04.2021

Leitverse: Sprüche 14,12; 1. Johannes 3,15; Matthäus 5,27; 1. Korinther 11,6; Römer 8,12; Hebräer 10,25

Wege des Todes

Das ist eine außerordentlich ernste Warnung im Buch der Sprüche – eine Warnung, die sogar in kurzem Abstand noch einmal Wort für Wort wiederholt wird:

Spr 14,12; 16,25: Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber sein Ende sind Wege des Todes.

Wir halten oft einen Weg für durchaus gangbar, alles erscheint klar und gerade. Wir meinen auch, wir hätten uns die Sache gut überlegt; nichts sei dagegen einzuwenden. Auch die Umstände scheinen uns recht zu geben und unsere Entscheidung zu stützen. Und doch, wie oft haben wir uns dabei ertappt: Das Wichtigste haben wir unterlassen, haben nicht den Herrn darüber befragt! Wir haben nicht achtgehabt auf unser Herz, von dem aus „die Ausgänge des Lebens“ sind (Spr 4,23). Solch ein Zustand und solch eine Situation sind für Christen gefährlich. Denn gelänge es dem Herrn in seiner Barmherzigkeit nicht, unser Herz irgendwie zu erreichen, bevor es zu spät ist, könnte sich leicht auch in unserem Fall erweisen, wie wahr das obige Wort ist.

Warum fragen wir nicht den Herrn, ehe wir eine Entscheidung treffen, ehe wir einen Weg beschreiten? Ich denke, es ist letztlich nichts anderes als ein Mangel an Vertrauen in die Güte Gottes, Mangel an wahrer Gottesfurcht. Will uns Gott nicht „auf ewigem Wege“ leiten (Ps 139,24)? Warum folgen wir lieber unserem zerstörerischen Eigenwillen als dem guten Willen Gottes? Meinen wir nicht oft, wir müssten unser „Glück“ in unsere eigenen Hände nehmen? Und wir merken gar nicht, dass wir der alten Versuchung Satans erlegen sind, die er mit Erfolg schon ganz zu Anfang anwandte – Zweifel in die Güte Gottes zu erwecken (1Mo 3,1). Ach, dass wir mehr das Ende selbstgewählter Wege bedächten und Zuflucht zum Herzen unseres Gottes und Vaters nähmen! Er wird uns alles schenken, was gut für uns ist (Röm 8,32). Verlassen wir uns darauf!

Ein Menschenmörder

Kürzlich traf ich auf eine Stelle in Gottes Wort, die mich sehr nachdenklich machte und die eigentlich auch der Anlass zu diesen Zeilen ist:

1Joh 3,15: Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Menschenmörder, und ihr wisset, dass kein Menschenmörder ewiges Leben in sich bleibend hat.

Dieser Vers wirft einige Fragen auf. Kann ein gläubiger Christ seinen Bruder hassen? Und wenn ja, ist er dann ein Menschenmörder? Geht er dann gar verloren?

Lasst uns zunächst den Zusammenhang anschauen, in dem dieser Vers steht. Der Apostel Johannes beschreibt in diesem Teil seines Briefes die beiden Familien, die es in der Welt gibt – die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels (1Joh 3,10), und er redet von beiden Familien in abstrakter, grundsätzlicher Weise. Dem Grundsatz nach ist ein Kind Gottes durch Liebe zum Bruder gekennzeichnet (1Joh 3,14), Liebe ist der Lebensodem der Familie Gottes. Aber ebenso grundsätzlich sind die Kinder des Teufels durch das Fehlen von Liebe und damit durch Hass den wahren Brüdern gegenüber gekennzeichnet (1Joh 3,10.12). Hass ist in geistlicher Hinsicht die Aktivität des Todes. Jemand mag vorgeben, ein Bruder zu sein. Wenn er aber den, dessen Bruder zu sein er bekennt, nicht wahrhaft liebt, dann hasst er ihn und ist damit ein Menschenmörder: Er „bleibt in dem Tode“. Er war noch nie irgendwo anders als im geistlichen Tod, und wenn er sich nicht durch die Gnade Gottes finden und retten lässt, bleibt er dort auch. Schrecklicher Gedanke!

Aber die Frage ist nun: Richtet sich dieses Wort nicht auch an wahre Kinder Gottes, an uns also? Ganz gewiss! Und das ist der Punkt, auf den hinzuweisen es mir heute besonders ankommt. Wir dürfen nicht denken, dass eine Schriftstelle, weil sie in der letzten Konsequenz nur von Ungläubigen wahr ist, für uns keine Ermahnung enthält. Obwohl wir zu der Familie der Kinder Gottes gehören dürfen und grundsätzlich „die Brüder lieben“, werden wir gerade auch hier ermahnt, „dass wir einander lieben sollen“ (1Joh 3,11.16.17). Wenn wir nun praktisch in der Bruderliebe versagen, wenn es uns in einem speziellen Fall nicht möglich erscheint, unseren Bruder zu lieben, dann üben auch wir in diesem Teilbereich die Tätigkeit des Todes aus, und das ist äußerst ernst. Nicht, dass ein wahres Kind Gottes verlorengehen kann (Joh 10,28) – das ist eine andere Seite. Aber solange wir unseren Bruder nicht lieben, befinden wir uns in dieser Hinsicht in den Augen Gottes auf dem Weg des Todes. Gott handelt im Christentum mit dem Inneren und nicht nur mit dem Äußeren. Er sieht in unser Herz und kennt seine Regungen. Und findet Er in einem besonderen Fall statt Liebe Hass darin, dann sagt Er uns nicht, dass wir trotzdem errettet werden, sondern dass dies der Weg des Todes ist und dass ein Menschenmörder kein ewiges Leben bleibend in sich hat.

Das deckt sich vollständig mit dem, was der Herr Jesus in der Bergpredigt ausgedrückt hat: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber irgend töten wird, wird dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder ohne Grund zürnt, dem Gericht verfallen sein wird; wer aber irgend zu seinem Bruder sagt: Raka!, dem Synedrium verfallen sein wird; wer aber irgend sagt: Du Narr!, der Hölle des Feuers verfallen sein wird“ (Mt 5,21.22).

Auch hier legt der Herr Jesus den Nachdruck nicht auf die Handlung selbst, sondern auf den Zorn und den Hass, welche die Handlung hervorbringen. Und wer vom Geist des Hasses erfüllt ist, ist vom Geist des Mörders erfüllt. Bei einem Weltmenschen ist das grundsätzlich so. Er liebt nicht die Brüder. Wie ernst jedoch, wenn auch uns – und wäre es nur in einem besonderen Fall – statt Bruderliebe Hass und damit der Geist eines Mörders erfüllte!

Ehebruch

Ein weiteres Beispiel dafür, dass Gott das Innere anschaut und dementsprechend urteilt, findet sich in den Worten des Herrn Jesus, wenn Er von Ehebruch spricht:

Mt 5,27.28: Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch, dass, jeder, der eine Frau ansieht, ihrer zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.

Nach unserer Denkweise liegt im Allgemeinen erst dann Ehebruch vor, wenn ein sittliches Vergehen besonders schwerer Art dem ehelichen Partner gegenüber geschehen ist. Ob es sich um uns selbst oder um andere dreht, wir geben uns gar schnell damit zufrieden, dass diese oder jene Tat ja nicht geschehen sei. Doch Gott sieht die Dinge völlig anders. Für Ihn ist die Gesinnung des Herzens der entscheidende Faktor. Tatsächlich ist es das Herz, wie wir aus Sprüche 4 gesehen haben, von dem aus sich die Ausgänge des Lebens ergeben. Das Herz entscheidet darüber, welche Wege die Füße gehen, sei es zum Guten oder zum Bösen. Das lernen wir auch hier aus den Worten des Herrn. In seinen Augen ist es schon Ehebruch, wenn ein Mann eine Frau ansieht mit der Absicht, sie zu begehren. Welch eine heilige Scheu sollte sich bei diesem Gedanken auf uns alle legen, ob wir alt oder jung sind! Wie nötig haben wir es, unsere Herzen zu behüten und auf seine Regungen achtzugeben! Auf diese Weise will uns der Herr vor dem Bösen bewahren – bewahren vor Wegen, deren Ende Wege des Todes sind.

Schändlich

In 1. Korinther 11 hören wir, dass es für eine Frau schändlich ist, wenn ihr das Haar abgeschnitten oder sie geschoren wird (1Kor 11,6).

1Kor 11,6: Wenn es aber für eine Frau schändlich ist, dass ihr das Haar abgeschnitten oder sie geschoren werde, so lass sie sich bedecken.

Gerade heute wird oft darauf verwiesen, dass mit dem Begriff „das Haar abschneiden“ praktisch das Entfernen des ganzen Haares der Frau gemeint ist. Wenn nur wenige Zentimeter abgeschnitten werden, so die weitverbreitete Meinung, dann trifft diese Schriftstelle nicht zu. Nun, das ist ein Irrtum. Wir sind ihm deswegen so leicht erlegen, weil wir weder unser trügerisches Herz gut genug kennen noch das Ende des Weges bedenken, den wir mit dem ersten Schritt betreten. Zugegeben, dass der Ausdruck schändlich für das Entfernen des Haares einer Frau gilt. Aber wenn wir in Betracht ziehen, dass der Schöpfer-Gott der Frau das lange Haar geschenkt hat und dass es ihre Ehre ist (1Kor 11,15), kann es Ihm dann wohlgefällig sein, wenn man davon etwas wegnimmt, aus welchem Grund auch immer?

Unsere Schriftstelle hat uns durchaus etwas zu sagen. Gewiss, wir mögen in dieser Frage den Weg nicht bis zum äußersten Ende gehen. Aber Gottes Wort lässt uns unmissverständlich wissen, wie das Abschneiden der Haare einer Frau beurteilt wird: Es ist schändlich. Genügt uns das nicht? Wenn das der Endpunkt des Weges ist, kann dann auch nur ein Schritt auf diesem Weg sein Wohlgefallen finden? Wie haben wir doch nötig, unser Herz zu behüten mehr als alles, was zu bewahren ist! Gott kennt es vollkommen, und Er sieht auch das Ende des Weges (Ps 139,1-5), sieht die volle Entfaltung des Übels. Dass wir es doch auch so sehen lernten! Wir würden vor Wegen der Mühsal bewahrt bleiben (Ps 139,24) und wirklich glücklich sein.

Nach dem Fleisch leben

Auch der Apostel Paulus zeigt uns in Römer 8 die zwei Wege auf, den breiten, der zum Verderben, und den schmalen, der zum Leben führt (Mt 7,13.14):

Röm 8,12.13: So denn, Brüder, sind wir Schuldner, nicht dem Fleische, um nach dem Fleische zu leben, denn wenn ihr nach dem Fleische lebet, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben.

Bemerkenswerte Sprache! Er sagt nicht: „Wenn jemand nach dem Fleisch lebt, so wird er sterben.“ Nein, er sagt: „Ihr“ – ihr Brüder und Schwestern in Rom – „wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben.“ Das passt ganz zu dem, was wir schon gesehen haben. Es ist dieselbe absolute Betrachtungsweise. Paulus stellt hier, ähnlich wie Johannes, in abstrakter Weise die Grundsätze Gottes dar. Und der hier vorgestellte Grundsatz lautet: Wenn irgendein Mensch, wer immer es sein mag, nach dem Fleisch lebt, wird er sterben. Das ist das Ende eines Lebens nach dem Fleisch. Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten (Gal 6,7). Und wenn jemand durch ein Leben nach dem Fleisch gekennzeichnet ist, wenn das also sein Charakter ist, dann ist der Tod – nicht nur der leibliche, sondern der Tod als endgültiges Urteil Gottes – die unausbleibliche Folge. In der letzten Konsequenz trifft das nur auf Ungläubige zu. Sie tun nichts anderes, als nach dem Fleisch zu leben.

Und doch, Geliebte, wie warnt uns gerade auch dieses Wort vor einem Leben nach dem Fleisch! Gott versichert uns an anderer Stelle der ewigen Erlösung, der endgültigen Errettung. Daran dürfen und sollen wir festhalten. Gott beabsichtigt in keiner Weise, unseren Glauben zu erschüttern und unsere Errettung in Frage zu stellen. Er wird das nie tun. Aber wenn wir dem Fleisch nachgeben und sündigen, wird Gott nie zu uns sagen: „Das ist nicht so schlimm, ihr werdet am Ende ja doch errettet.“ Nein, wenn wir auch nur vorübergehend in dieser Haltung sind, die für den sündigen Menschen typisch ist, sind wir nach seinen Gedanken für diese Zeit auf dem Weg, der zum Tod führt. Dass Gott uns nie auf diesem Weg lassen wird, dass Er uns in seiner Gnade immer wiederherstellen wird, ist eine andere, eine beglückende Sache. Dafür sei sein Name gepriesen! Aber das ist der Grundsatz, dem wir alle unterworfen sind: Wenn wir nach dem Fleisch leben, so werden wir sterben; wenn wir aber durch den Geist die Handlungen des Leibes töten, so werden wir leben.

Das Zusammenkommen versäumen

Es gibt noch eine Schriftstelle, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden sollte, weil sie häufig missverstanden wird:

Heb 10,25: … indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist.

Wie der Zusammenhang klarmacht, geht es hier offenbar um mehr als nur darum, dass jemand hin und wieder eine Zusammenkunft der örtlichen Versammlung versäumt. Vielmehr gab es unter den Hebräern solche, die das christliche Zusammenkommen als solches völlig aufgeben oder, wie der griechische Ausdruck sagt, verlassen wollten, um zum Judentum zurückzukehren. Das zu tun, war ein Sündigen „mit Willen“, war Abfall. Ob es jemals um Juden oder heute um Christen geht, die dem Christentum den Rücken kehren: Es ist Abfall; nicht nur Verfall, sondern Abfall. Und einmal kommt der Abfall, das vollständige Aufgeben alles dessen, was wahrhaft göttlich, was christlich ist.

Aber gilt die Warnung, „unser Zusammenkommen nicht zu versäumen“, nicht auch uns? Doch, unbedingt! Wenn ein wahrer Christ auch nie vom Glauben abfallen wird, so kann er doch dahin kommen, fahrlässig und leichtfertig einer Zusammenkunft der örtlichen Versammlung fernzubleiben. Das aber ist durchaus keine Kleinigkeit. Er stellt sich nämlich damit auf den Weg, der zum Abfall führt und vor dem wir hier gewarnt werden. Er mag das nicht so sehen, aber Gott sieht es so. Viele leblose christliche Bekenner werden einmal diesen Weg zum völligen Abfall vom Christentum gehen. Wollen wir auch nur einen Schritt auf diesem Weg mitgehen? Wir lassen jetzt einmal alle anderen Erwägungen beiseite, auch die, dass es eines der größten Vorrechte überhaupt ist, die persönliche Gegenwart des Herrn Jesus in der Mitte der Versammlung zu erleben. Aber sollten wir nicht eine heilige Furcht davor haben, einen ersten Schritt auf einem falschen Weg zu tun?

Das lag mir am Herzen, mit diesen Zeilen aufzuzeigen. Gott sieht das Ende von allem, wir sollten es ebenso sehen. Auch kennt Er die sittlichen Gefahren, denen wir in dieser bösen Welt ausgesetzt sind. Er wird uns bewahren – Ihm sei Dank dafür! Aber Er bewahrt uns nicht dadurch, dass Er uns aus den Gefahren und Schwierigkeiten herausnimmt. Nein, Er bewahrt uns auf sittliche Weise, „durch Glauben“ (1Pet 1,5). Das ist auch der Grund dafür, dass Er uns seine Warnungen auf diese Weise gibt, wie wir es in den Beispielen gesehen haben.


Originaltitel: „Bedenkt das Ende!“
aus der Monatsschrift Ermunterung und Ermahnung, Hückeswagen (CSV) 1992, S. 119–128


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