Wie können wir Missverständnisse vermeiden?
Josua 22

David R. Reid

© SoundWords, online seit: 09.04.2004, aktualisiert: 21.02.2023

Leitverse: Josua 22,10-12

Jos 22,10-12: Und als sie in die Bezirke des Jordan kamen, die [noch] im Land Kanaan [liegen], da bauten die Söhne Ruben und die Söhne Gad und der halbe Stamm Manasse dort einen Altar am Jordan, einen Altar, groß von Aussehen. Und die Söhne Israel hörten sagen: Siehe, die Söhne Ruben und die Söhne Gad und der halbe Stamm Manasse haben den Altar gebaut vor das Land Kanaan in den Bezirken des Jordan nach der Seite der Söhne Israel. Und als die Söhne Israel es hörten, versammelte sich die ganze Gemeinde der Söhne Israel nach Silo, um gegen sie zum Krieg hinaufzuziehen.

Einleitung

Wie oft führt ein kleines Missverständnis zu Reibereien und Spaltungen unter Gottes Volk! Missverständnisse verursachen nicht nur Zerrüttungen von Freundschaften zwischen einzelnen Gläubigen, sondern auch Gemeindespaltungen. Ungelöste Missverständnisse schrumpfen nicht einfach so oder lösen sich auf – sie wachsen unausweichlich an wie eine Lawine. Wie tragisch! Wie können wir Missverständnisse minimieren? Wir können sie im Keim ersticken – indem wir den biblischen Richtlinien folgen!

Um einige wichtige Richtlinien zu erkennen, werden wir eines der größten Missverständnisse in der Geschichte Israels untersuchen, aufgeschrieben in Josua 22. Wenn wir die Fehler und deren Lösungen betrachten, werden uns die göttlichen Grundsätze bewusst werden, die uns helfen, Missverständnisse zu vermeiden, wenn wir diese Grundsätze beachten. Gelöste Missverständnisse bedeuten weniger Reibereien unter den Gläubigen und dafür mehr Anbetung und Dienst zur Ehre Gottes. „Siehe, wie gut und wie lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!“ (Ps 133,1).

Ehrenwerte Entlassung

Die Ereignisse in Josua 22 finden kurz vor der Eroberung des Landes Kanaan durch Israel statt. Der Widerstand der Feinde wurde durch die brillante „Zerstreuen-und-Erobern-Taktik“ gebrochen; geleitet von Josua, aber geplant und durchgeführt vom HERRN selbst. Die feindlichen Koalitionen und mögliche gemeinsame Angriffe wurden so im Keim erstickt. Obwohl in verschiedenen Stammesgebieten der feindliche Widerstand erhalten blieb, waren die größten Schlachten der Eroberung vorbei. Zu diesem Zeitpunkt schickte Josua die zweieinhalb Stämme, deren erwähltes Gebiet auf der Ostseite des Jordan lag, nach Hause. Die Stämme von der Westseite des Jordan würden die „Säuberungsarbeiten“ in Kanaan beenden.

Erinnerst du dich an die Hintergrundgeschichte der zweieinhalb Stämme? Bevor das Volk Israel den Jordan überquerte, um Kanaan zu erobern, hatten die Stämme Ruben, Gad und der halbe Stamm Manasse den Wunsch geäußert, in Gebieten auf der Ostseite des Jordan zu leben. Sie dachten, es sei gutes Land für ihre Herden, und sie wollten ihre Frauen und Kinder nicht der Gefahr der feindlichen Stützpunkte westlich des Jordan aussetzen. Und obwohl es Gottes Absicht war, dass alle zwölf Stämme Israels den Jordan überqueren und sich im Gelobten Land niederlassen sollten, sagte Er zu Mose, er solle es den zweieinhalb Stämmen erlauben – solange sie versprachen, ihre Truppen über den Jordan zu senden, um gemeinsam mit den restlichen Stämmen zu kämpfen. Nach der Eroberung könnten sie in ihr erwähltes Gebiet zurückkehren (siehe 4Mo 32 für die Einzelheiten). Die zweieinhalb Stämme hatten diesen Bedingungen zugestimmt und Schulter an Schulter mit den restlichen Stämmen unter dem Kommando des Generals Josua mutig gekämpft. Nun waren sie auf dem Weg nach Hause. So beschreibt der Abschnitt in Josua 22 hauptsächlich eine ehrenhafte militärische Entlassung, die den Truppen der zweieinhalb Stämme zuteilwurde.

Josua sprach zu ihnen:

  • Jos 22,2-5: Ihr habt alles gehalten, was Mose, der Knecht des HERRN, euch geboten hat, und habt meiner Stimme gehorcht in allem, was ich euch befohlen habe. Ihr habt eure Brüder nicht verlassen diese lange Zeit bis zum heutigen Tag und habt das Gebot des HERRN, eures Gottes, treu gehalten. Nun aber hat der HERR, euer Gott, euren Brüdern Ruhe verschafft, wie er zu ihnen geredet hatte. Nun denn, kehrt um und geht wieder zu euren Zelten, in das Land eures Eigentums, das Mose, der Knecht des HERRN, euch jenseits des Jordan gegeben hat! Nur achtet genau darauf, das Gebot und das Gesetz zu tun, das Mose, der Knecht des HERRN, euch befohlen hat: den HERRN, euren Gott, zu lieben und auf allen seinen Wegen zu wandeln und seine Gebote zu halten und ihm anzuhängen und ihm zu dienen mit eurem ganzen Herzen und mit eurer ganzen Seele.

Bis zu diesem Zeitpunkt lief alles wie geplant. Alle Truppen und Kriegskameraden verabschiedeten sich und trennten sich (Jos 22,9). Es war eine großartige und siegreiche Eroberung. Nun konnten sie sich darauf freuen, in ihr jeweiliges Zuhause zurückzukehren und ihre Häuser zu bauen und Familien zu gründen in dem guten Land, das Gott ihnen gegeben hatte. Aber am Horizont zog Ärger auf – Ärger, den niemand vorhergesehen und erwartet hatte. Und es begann mit einem Missverständnis.

Bürgerkrieg

Als sich die Truppen von Ruben, Gad und der Hälfte Manasses auf den Weg zum Jordan machten, entschlossen sie sich, vor der Überquerung des Jordan einen großen symbolischen Altar zu bauen – nicht einen Opferaltar, sondern ein Denkmal zum Zeugnis für spätere Generationen (Jos 22,10). Das Jordantal stellte eine natürliche Trennung zwischen den Stämmen im Osten und den Stämmen im Westen dar. Die Führer der zweieinhalb Stämme wollten sicherstellen, dass zukünftige Generationen nicht vergessen, dass alle Stämme einer Nation angehören und sie alle denselben Gott anbeten. Die ganze Nation wurde vereint, um das Land zu erobern, und sie blieben vereint. Niemand wurde der Zugang verweigert zur Stiftshütte, dem zentralen Heiligtum auf der Westseite des Jordan, oder später zum Tempel, nachdem er ebenfalls auf der Westseite in Jerusalem errichtet worden war.

Unglücklicherweise wurden die guten Absichten der Führer der zweieinhalb Stämme von den neuneinhalb Stämmen falsch gedeutet. Als die Israeliten im Westen vom Altarbau erfuhren, wurde es vorschnell als Rebellion gegen den HERRN gedeutet (Jos 22,11.12)! Die neuneinhalb Stämme glaubten, dass die zweieinhalb Stämme einen Opferaltar bauten, um dort unter Missachtung von Gottes Gesetz ein neues System zu errichten. Mit gerechtem Grimm und frommem Eifer in ihren Herzen versammelten sie sich bei der Stiftshütte des HERRN in Silo und beschlossen, gegen ihre „rebellierenden“ Brüder in den Krieg zu ziehen. Die junge Nation stand am Rande eines Bürgerkriegs.

Beachte, dass aus dieser „Mücke“ eines Missverständnisses der „Elefant“ eines möglichen Bürgerkriegs wurde, und das mit ursprünglich guten Absichten auf beiden Seiten! Die zweieinhalb Stämme beabsichtigten, ein beständiges Zeugnis der nationalen Einheit vor dem HERRN zu bauen, während die neuneinhalb Stämme befürchteten, dass die zweieinhalb Stämme dabei waren, sich vom Gesetz Gottes zu entfernen. Ebenso ist es heute: Selbst wenn Mitgläubige es gut meinen, können ihre guten Absichten durch vorschnelles Urteilen, Missdeutung und Missverständnis in Reibereien und Spaltungen enden. Der gute Wunsch, ein neues Amt einzusetzen oder eine neue Gemeinde zu gründen, kann missverstanden und als „Konkurrenzkampf“ oder „Schafraub“ bezeichnet werden. Die göttliche Initiative, dass jemand als Leiter dienen soll, kann als stolzes „Machtspiel“ interpretiert werden. Der korrekte Beweggrund, nahe an der Heiligen Schrift zu bleiben, kann als „Traditionalismus“ ausgelegt werden. Auf der anderen Seite kann der fromme Wunsch nach neuen „Außenstellen“ oder Gottesdienstformen als „gefährliche Abwendung“ von Gottes Wort gedeutet werden.

Gute Kommunikation

Das Missverständnis, das letztendlich zu einem Bürgerkrieg geführt hätte, hätte ganz einfach vermieden werden können, wenn beide Seiten das getan hätten, was uns heute, lange nach dem Geschehnis, ganz offensichtlich scheint. Wenn die zweieinhalb Stämme den übrigen Stämmen nur genau erklärt hätten, was sie vorhatten, bevor sie den Altar bauten! Wenn doch nur die neuneinhalb Stämme nicht so vorschnelle und falsche Schlüsse gezogen hätten! Wie viele Gemeindespaltungen könnten verhindert werden, wenn man von Anfang an offen und ehrlich kommunizieren würde! Wie viele kriegführende Splittergruppen könnten zusammengeführt werden, wenn der Konferenztisch der Kommunikation in der Reihenfolge vor der errichteten Trennmauer käme. Wie viele Familientrennungen, Herzschmerzen und Trennungen zwischen Ehemännern und -frauen oder Eltern und Kindern könnten ausgeräumt werden, wenn vorschnelles Urteilen und verärgerte Worte und Taten verhindert werden könnten und durch liebevolle Kommunikation die „stille Misshandlung“ ersetzt werden könnte.

Gute Kommunikation kann Probleme im Keim ersticken. Sie würde uns helfen, uns vom falschen Urteilen über die Beweggründe der anderen abzuhalten (Mt 7,1) oder davor, dass unsere eigenen Taten falsch interpretiert werden. Selbst gutgemeinte Taten mit guten Motiven können bei mangelnder Kommunikation in den größten Missverständnissen enden. Ehrliche und offene Kommunikation ist absolut notwenig, ganz egal, ob es darum geht, dass einzelne Gläubige miteinander zurechtkommen oder Gemeinschaften reibungslos funktionieren oder christliche Familien intakt, wohlbehalten und glücklich bleiben. Die Kommunikation zu bewahren, ist besonders kritisch, während Satans Armeen alles Erdenkliche versuchen, um Verwirrung zu stiften und Unehre über Gottes Volk zu bringen, indem sie Christen trennen – Ehemänner von Ehefrauen, Kinder von ihren Eltern und Gemeindeglieder untereinander. Lasst uns die naheliegende Lektion lernen, die Gott uns in Josua 22 förmlich zuruft.

Glücklicherweise fand Kommunikation statt, bevor ein Bürgerkrieg und eine verheerende Spaltung der neuen Nation widerfuhr. Bevor sie  gegen ihre „rebellierenden“ Brüder hastig „disziplinarische Maßnahmen“ vollzogen, wurde eine Delegation unter dem Priester Pinehas gesandt, um ihnen zu erklären, wie die neuneinhalb Stämme den Altarbau sahen. Erklärung und Ermahnung vor hastiger Reaktion ist immer der göttliche Weg.

Keine kühlen und formellen Gespräche führen

Aber es war mehr als kühle und formelle Gespräche, die einen friedlichen Vergleich in der Krise herbeiführten. Die Ermahnung beinhaltete auch Gnade und Versöhnung, was typisch ist für göttliche Ermahnungen. In Vers 19 wurden die zweieinhalb Stämme eingeladen, ihre ursprüngliche Entscheidung, sich auf der Ostseite des Jordan anzusiedeln, nochmals zu überdenken und sich den neuneinhalb Stämmen im Gelobten Land anzuschließen. Dies war ein selbstloses Angebot, weil jeder der neuneinhalb Stämme im Interesse der Wiederherstellung und Heilung von seinem eigenen Land etwas hätte abgeben müssen.

Wie viel wären wir bereit, im Interesse des Friedens in Gemeinde, Gemeinschaft und Familie zu opfern? Wären wir bereit, uns zu demütigen und unser persönliches „Gebiet“ aufzugeben, um die negativen Auswirkungen der Missverständnisse mit unseren Brüdern und Schwestern in Christus zu beheben oder die Familienfehden zu entschärfen? Die neuneinhalb Stämme praktizierten neutestamentliche Prinzipien, lange bevor die folgenden Verse geschrieben wurden!

  • Phil 2,3.4: Nichts aus Eigennutz oder eitler Ruhmsucht [tut], sondern dass in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst; ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern ein jeder auch auf das der anderen.

  • Röm 12,10: In der Bruderliebe seid herzlich zueinander, in Ehrerbietung einer dem anderen vorangehend.

Beachte die starke Betonung der Demut, Geduld und Selbstaufopferung, die von den neuneinhalb Stämmen zum Ausdruck gebracht wurde. Wie viel mehr sollten wir diesen Grundsätzen folgen – wir, die wir Erlösung von der Sünde und Versöhnung mit Gott durch unseren Herrn Jesus erlangt und noch dazu die vollständige Heilige Schrift vorliegen haben!

Die Antwort der zweieinhalb Stämme gegenüber dem „Fakten-Feststell-Ausschuss“ ist sicher ein Vorbild für Friedensstifter, um ihnen auch heute noch zu folgen (Jos 22,21-29). Ihre entrüstete Antwort hätte folgendermaßen lauten können: „Wie könnt ihr es wagen, unsere Beweggründe in Frage zu stellen?“, oder: „Wie kommt ihr darauf, dass ihr die Einzigen seid, die Gottes Willen erkennen?“ Aber die zweieinhalb Stämme antworteten nicht so. Sie erklärten geduldig ihre Handlungsweise, ohne aus der Haut zu fahren oder sich zum verbalen Gegenschlag oder Rufmord hinreißen zu lassen. Anstatt auf ihren Rechten zu beharren oder spezielle Behandlung aufgrund ihrer Hilfe bei der Eroberung des Landes zu fordern, erklärten sie demütig, dass sie bereit wären, wenn sie falsch gehandelt hatten, die Züchtigung von den neuneinhalb Stämmen vor dem HERRN zu ertragen! Wären wir so demütig gewesen – besonders dann, wenn unsere Absichten ehrenwert waren und voreilig und falsch beurteilt wurden? Wie die neuneinhalb Stämme zeigten auch die zweieinhalb Stämme Eigenschaften des Neuen Testaments wie Demut und Geduld:

  • Eph 4,2.3: Mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander in Liebe ertragend. Befleißigt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens.

  • Kol 3,12.13: Zieht nun an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut. Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer Klage gegen den anderen hat; wie auch der Christus euch vergeben hat, so auch ihr.

Den anderen verstehen wollen

Die Pinehas-Delegation war vernünftig. Sie hörten ihren Mitisraeliten zu und unternahmen einen ehrlichen Versuch, ihre Absichten und Belange zu verstehen, als die sofortige Zerstörung des Altars zu fordern. Es war kein Wunder, dass eine friedliche Einigung stattfand (Jos 22,30-34). Hätten auch wir so bereitwillig unseren „rechtschaffenen Eifer“ und unsere Empörung zurückgehalten, um geduldig zuzuhören und zu versuchen, die Gesichtspunkte der anderen in der Familie und in der Gemeinde zu verstehen? Wären wir bereit, Fehler in unserem Urteil zu erkennen und einzugestehen und legitime Belange und Wünsche anderer zu bestätigen? Pinehas und seine Delegation akzeptierten die Erklärung, dass der Bau am Fluss eine Nachbildung war und keine Konkurrenz. Der neue Altar blieb bestehen als ein ungewöhnliches und neuartiges – aber nicht ungesetzliches – Denkmal für die Geschichte und die Einheit als Nation. Das Missverständnis wurde bereinigt. Die rechtschaffene Empörung wurde durch demütige Erklärung besänftigt. Ein Bürgerkrieg wurde verhindert; der Bruch der Gemeinschaft, der Verbundenheit wurde beendet. Und der HERR wurde gepriesen und verherrlicht!

Was für eine Fülle von Anleitungen haben wir in Josua 22 für uns heute – für Gemeinden, Familien, Freundschaften. Lasst uns die Geschichte nicht nur lesen! Wir sollten der Sache nachgehen und diese göttlichen Prinzipien anwenden, um Missverständnisse zu minimieren.

„Die Weisheit von oben aber ist aufs Erste rein, sodann friedsam, gütig, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt. Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird in Frieden denen gesät, die Frieden stiften“ (Jak 3,17.18).


Originaltitel: „Minimizing Misunderstanding“
Quelle: www.growingchristians.org

Übersetzung: SM

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