Der erste Petrusbrief (1)
Kapitel 1

John Nelson Darby

© SoundWords, online seit: 11.10.2003, aktualisiert: 23.04.2023

Leitverse: 1. Petrus 1

Einleitung

Der erste Brief des Petrus ist an gläubige Juden in der Zerstreuung gerichtet, die sich in den im ersten Vers aufgezählten Provinzen Kleinasiens [d.h. der heutigen Türkei] befanden. Der zweite Brief erklärt selbst, dass er ein zweiter an dieselben Personen gerichteter Brief ist. Beide waren also für die Juden in Kleinasien bestimmt, das heißt für diejenigen unter ihnen, die denselben wertvollen Glauben (2Pet 1,1) empfangen hatten wie der Apostel.

Der erste Brief ist nicht auf die Lehre von der Gemeinde auf der Erde gegründet. Denn diese wird uns hier nicht vor Augen gestellt. Wenn im 2. Kapitel die Gemeinde erwähnt wird, so wird sie dort noch durch Jesus selbst gebaut und ist daher noch nicht fertig. Ständig kommen noch lebendige Steine zu Christus. Eine (fertige) Gemeinde auf der Erde (wie es der Leib Christi in anderen Briefen darstellt) finden wir also in diesem Brief nicht. Es geht in diesem Brief vielmehr um die Lehre von der himmlischen Berufung, um den Gegensatz zu dem Teil zu zeigen, das die Juden auf der Erde besaßen. Der Brief zeigt uns die Christen – und insbesondere die Christen aus den Juden – als Pilger (d.h. Menschen, die zu einem bestimmten Ziel unterwegs sind) und Fremdlinge (d.h. Menschen, die ihre Heimat woanders haben) auf der Erde. Das gebührende Verhalten solcher Christen wird hier auch mehr behandelt, als dass christliche Lehre entfaltet wird. Der Herr Jesus, der selbst ein Pilger und ein Fremdling auf der Erde war, wird in verschiedener Hinsicht als Vorbild hingestellt. Zugleich schildern uns die beiden Briefe die gerechte Regierung Gottes. Diese Regierung Gottes wird uns in ihren verschiedenen Abschnitten vom Anfang bis zum Ende aller Dinge gezeigt, wenn die in Brand geratenen Elemente zerschmelzen und ein neuer Himmel und eine neue Erde entstehen werden. Dort wird dann das Kennzeichen dieser Regierung – die Gerechtigkeit – wohnen.

Der erste Brief beschäftigt sich mit der göttlichen Regierung zugunsten der Gläubigen. Im völligen Gegensatz zum ersten zeigt der zweite Brief diese Regierung im Gericht der Gottlosen. Wenn der Apostel allerdings, wie eben gesagt, die himmlische Berufung der Gläubigen vorstellen möchte, die im Gegensatz zu dem steht, was die Juden auf der Erde besaßen, dann ist er auch gezwungen, auf die Errettung bzw. die Befreiung der Seele, im Gegensatz zu der zeitlichen Errettung der Juden hinzuweisen.

Verse 1.2

1Pet 1,1.2: Petrus, Apostel Jesu Christi, den Fremdlingen von der Zerstreuung von Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien, auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi: Gnade und Friede sei euch vermehrt!

Zunächst beschreibt der Geist Gottes die Gläubigen, an die der Brief gerichtet ist. Sie sind auserwählt, und zwar nach Vorkenntnis Gottes des Vaters. Das steht wieder im Gegensatz zu Israel. Dieses Volk war von dem HERRN auf der Erde auserwählt. Hier dagegen handelt es sich um solche, die vom Vater zuvorerkannt sind. Das Mittel, durch dass ihre Erwählung ausgeführt wird, ist die Heiligung seitens des Heiligen Geistes. Sie sind wirklich abgesondert (d.h. geheiligt) durch die Kraft des Geistes; Israel war abgesondert und geheiligt durch Verordnungen. Die Gläubigen sind geheiligt zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi, d.h., um einerseits zu gehorchen, so wie Er gehorsam war, und um andererseits mit seinem Blut besprengt und damit vor Gott vollkommen rein zu sein. Israel dagegen war abgesondert zum Gesetzesgehorsam und für das Blut von Stieren und Böcken. Das Blut der Opfertiere verkündigte wohl den Tod als auch die Anerkennung der Autorität dieses Gesetzes, aber niemals konnte es die Seele von der Sünde reinigen. Das war die Position der Christen. Petrus wünscht ihnen Gnade und Frieden, das wohlbekannte Teil der Gläubigen.

Verse 3.4

1Pet 1,3.4: Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten zu einem unverweslichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, das in den Himmeln aufbewahrt ist für euch, …

Petrus erinnert sie an die Segnungen, mit denen Gott sie gesegnet hatte, indem er Gott preist, der sie ihnen gegeben hatte. Die gläubig gewordenen Israeliten kannten Gott jetzt, aber nicht in seinem Charakter als Bundesgott Jahwe, sondern als den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Das, was der Apostel als die Frucht der Gnade Gottes vorstellt, ist eine Hoffnung jenseits dieser Welt, nicht das Erbteil Kanaans. Diese Hoffnung auf das Erbteil im Land Kanaan war dem auf der Erde lebenden Menschen angepasst und bildete die Hoffnung Israels in früheren Tagen. Auch heute noch hofft das ungläubige Volk darauf. Die Barmherzigkeit Gottes hatte jene gläubigen Juden wiedergezeugt zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten. Diese Auferstehung richtete ihren Blick auf ein Erbteil in einer anderen Welt. Aber das nicht allein: Es zeigte zugleich die Kraft, die den Menschen in den Besitz dieses himmlischen Erbteils einführte, und das trotz der Tatsache, dass der Mensch selber dem Tod unterworfen war. Die Auferstehung ist nämlich der Sieg über den Tod. Und so wird der Gläubige durch die Auferstehung, durch diesen herrlichen Triumph des Heilandes, in diesen Besitz eintreten, um teilzuhaben an einem unverweslichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbteil (1Pet 1,4).

Der Apostel spricht hier nicht von unserer Auferweckung mit Christus. Er betrachtet den Christen nämlich noch als einen Pilger hier auf der Erde, der durch den Triumph Christi in der Auferstehung (der damit schon in diese andere Welt als Vorläufer eingegangen ist) ermuntert und getröstet wird. Dieser Sieg belebt ihn, weil er jetzt weiß, dass es eine Welt des Lichts und des Glücks vor ihm gibt und eine Macht, die ihn in diese Welt einführen wird. Daher wird von dem Erbteil auch als „aufbewahrt in den Himmeln“ (1Pet 1,4) gesprochen. Im Epheserbrief sind wir im Gegensatz zu diesem Brief des Petrus mit Christus auferweckt und in die himmlischen Örter versetzt, und das Erbteil besteht dort in allem, wovon Christus selbst Erbe ist. Doch der Christ ist auch tatsächlich ein Pilger und ein Fremdling auf der Erde, wie wir es hier im Petrusbrief dargestellt finden. Und es ist daher ein großer Trost für uns in unserer Pilgerschaft, dieses himmlische Erbteil vor uns zu sehen und eine sichere Bürgschaft zu haben, dass wir dieses Erbteil auch wirklich einmal besitzen werden.

Verse 5-9

1Pet 1,5-9: … die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit offenbart zu werden; worin ihr frohlockt, die ihr jetzt eine kurze Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid durch mancherlei Versuchungen; damit die Bewährung eures Glaubens, viel kostbarer als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi; den ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, liebt; an welchen glaubend, obgleich ihr ihn jetzt nicht seht, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlockt, indem ihr das Ende eures Glaubens, die Errettung der Seelen, davontragt – …

Der Apostel fügt noch einen anderen unschätzbaren Trost hinzu: Während das Erbteil für uns im Himmel aufbewahrt wird, werden auch wir durch die Macht Gottes während unserer ganzen Fremdlingschaft auf Erden bewahrt, um am Ende jenes Erbteil zu genießen (1Pet 1,5). Ein großartiger Gedanke! Einerseits werden wir auf der Erde durch alle Gefahren und Schwierigkeiten hindurch bewahrt, und andererseits wird das Erbteil für uns dort aufbewahrt, wo es weder eine Befleckung gibt noch irgendwelcher Verfall möglich ist.

Doch diese Macht bewahrt uns nicht durch Gewalt, sondern durch moralische Mittel. Petrus spricht übrigens immer auf diese Weise. Diese Macht wirkt sanft durch die Gnade in uns. Sie fesselt das Herz an solche Gegenstände, die es in Verbindung mit Gott und den Verheißungen Gottes erhalten. In 2. Petrus 1,3 beispielsweise finden wir, dass wir „durch Herrlichkeit und Tugend“ berufen sind. Dies ist in Verbindung mit „den größten und kostbarsten Verheißungen“ geschehen. Hier heißt es nun: Wir werden „bewahrt durch Gottes Macht durch Glauben“. Gott sei dafür gelobt! Es ist die Macht Gottes selbst, die bewahrt, aber diese Macht wirkt, indem sie den Glauben im Herzen bewahrt. Einerseits wird dieser Glaube trotz aller Hindernisse und Versuchungen über die Unreinheit der Welt aufrechterhalten, und andererseits werden die geistlichen Gefühle und Zuneigungen, die dieser Glaube mit sich bringt, mit himmlischen Dingen erfüllt. Doch da Petrus immer mit den Wegen Gottes hinsichtlich dieser Welt beschäftigt ist, sieht er die Gläubigen an dieser Errettung, an dieser himmlischen Herrlichkeit nicht eher teilnehmen, als bis sie offenbart ist und Gott durch diese Herrlichkeit seine Autorität in Segnung auf der Erde geltend macht. Es handelt sich also bei dieser Errettung um die himmlische Herrlichkeit, aber in einer besonderen Form – nämlich dann, wenn sie offenbart wird als das Mittel zur Herstellung der unumschränkten Regierung Gottes auf der Erde, die zu seiner Verherrlichung und zum Segen für die ganze Welt ausschlagen wird.

Es ist eine Errettung, „die bereit ist, in der letzten Zeit offenbart zu werden“. Dieses Wort „bereit“ ist wichtig. Der Apostel sagt auch, dass das Gericht „bereit“ sei, offenbart zu werden. Christus ist persönlich verherrlicht; Er hat alle seine Feinde besiegt, Er hat die Erlösung vollbracht. Er wartet nur noch auf das eine, nämlich dass der Vater seine Feinde „zum Schemel seiner Füße“ legt. Er hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe, weil Er im Blick auf die Verherrlichung Gottes da alles vollbracht hat, wo die Sünde war. Nur die tatsächliche Errettung der Seelen, die Sammlung der Seinen, ist noch nicht vollendet („dass alle zur Buße kommen“, „erachtet die Langmut unseres Herrn für Errettung“, 2Pet 3,9.15). Wenn aber einmal alle diejenigen, die an dieser Errettung (die von Vers 9: die Seelenerrettung) teilnehmen sollen, gesammelt sind, dann gibt es nichts mehr, worauf noch zu warten wäre, weder im Blick auf die Errettung (die von Vers 5, die vollständige, offenbarte) – d.h. auf die Offenbarung der Herrlichkeit, in der die Erlösten erscheinen werden – noch im Blick auf das Gericht der Bösen auf der Erde, das bei derselben Offenbarung Christi ausgeführt werden wird (siehe 2Thes 1,9.10). Alles ist bereit! Dieser Gedanke sollte uns durchtragen in den Tagen unseres Ausharrens, aber zugleich ist er auch sehr ernst, wenn wir an das Gericht denken.

Es geht hier übrigens überhaupt nicht um die Lehre von dem „Versammeltwerden der Heiligen zu Jesus“ in der Luft, wenn sie Ihm entgegengehen werden. Diese Lehre bildet keinen Teil der Unterweisung des Petrus. Denn sie ist verbunden mit der Lehre von der Gemeinde auf der Erde, die wir, wie oben schon erwähnt, hier ebenfalls nicht finden. Vielmehr redet Petrus von der Offenbarung der Heiligen in Herrlichkeit, weil er sich mit den Wegen Gottes bezüglich der Erde beschäftigt, obwohl er dies in Verbindung mit dem Christentum tut.

Ja, wir freuen uns, wie der Apostel in Vers 6 sagt, über diese Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit offenbart zu werden. Wir warten darauf. Denn es ist eine Zeit der Ruhe und der Segnung der Erde. Aber es ist auch die Zeit der völligen Offenbarung der Herrlichkeit dessen, der dieser Herrlichkeit würdig ist, dessen, der einst erniedrigt war und der für uns gelitten hat. – Es ist die Zeit, wenn das Licht und die Herrlichkeit Gottes in Christus die Welt erleuchten und all das Böse erst binden und dann hinwegfegen wird.

Unser Teil ist eine überschwängliche Freude in dieser Errettung, die offenbart werden soll. Wir dürfen uns stets darüber freuen, obwohl wir, wenn es zu unserem Besten nötig ist, durch mancherlei Versuchungen betrübt sein mögen. Aber diese Traurigkeit währt nur eine sehr kurze Zeit; es ist eine leichte Trübsal, die schnell vorübergeht und nur über uns kommt, wenn es nötig ist, damit die wunderbare Bewährung unseres Glaubens zu Lob und Herrlichkeit und Ehre befunden wird in der Offenbarung Jesu Christi, auf die wir warten (1Pet 1,6.7). Diese Offenbarung ist das Ende all unserer Trübsale und Prüfungen. Und was die Gegenwart angeht, so sind sie vorübergehend und leicht im Vergleich zu der unaussprechlichen und ewigen Herrlichkeit, zu der sie uns führen. Abgemessen werden sie durch die Weisheit Gottes und gemäß dem Bedürfnis unserer Seelen. Das Herz klammert sich an Jesus: Er wird erscheinen! Wir lieben Ihn, obwohl wir Ihn niemals gesehen haben. In Ihm freuen wir uns, obwohl wir Ihn jetzt nicht sehen, mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude (1Pet 1,8).

Das ist es, was unser Inneres bildet, befestigt und mit Freude erfüllt, wie unsere Situation in diesem Leben auch sein mag. Wir freuen uns, dass Christus jenen Schauplatz der Herrlichkeit ausfüllt, den auch wir erwarten. Durch die Gnade werde ich verherrlicht sein, ich werde die Herrlichkeit besitzen; aber ich liebe Jesus, mein Herz sehnt sich nach seiner Gegenwart, es verlangt danach, Ihn zu sehen. Zudem werden wir Ihm gleich sein und Er wird vollkommen verherrlicht sein. Der Apostel mag wohl sagen: „Ihr frohlockt mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude.“ Das Herz kann sich nichts anderes mehr wünschen. Und wenn einige leichte Trübsale für uns nötig sind, so ertragen wir sie mit Freuden, da sie ja nur dazu dienen, uns für die Herrlichkeit vorzubereiten. Auch können wir uns bei dem Gedanken an die Erscheinung des Herrn freuen; denn indem wir Ihn in unser Herz aufnehmen, ohne Ihn gesehen zu haben, tragen wir die Errettung der Seele davon. Das ist der Gegenstand und das Ende des Glaubens, und es ist unstreitig weit größer als die zeitlichen Befreiungen, deren sich Israel erfreuen durfte – obwohl auch diese Zeichen der Gnade Gottes waren.

Vers 10

1Pet 1,10: … eine Errettung, über welche die Propheten nachsuchten und nachforschten, die von der Gnade gegen euch geweissagt haben, …

Es ist interessant, hier zu sehen, wie die Verwerfung des von den Juden erwarteten Messias, die schon von den Propheten zuvor angekündigt war, notwendigerweise einer Errettung den Weg bahnte, die die Errettung der Seele mit sich brachte. Jesus wurde nicht mehr gesehen; die irdischen Verheißungen hatten sich durch sein erstes Kommen nicht erfüllt; die Errettung sollte erst in der letzten Zeit offenbart werden. Aber auf diese Weise entfaltete sich die Möglichkeit für eine Errettung der Seele, deren ganze Tragweite erst in der zukünftigen Herrlichkeit enthüllt werden soll. Diese Seelenerrettung umfasst heute die geistliche Freude der Seele in einem himmlischen Jesus, der nicht gesehen wird und der durch seinen Tod eine Sühnung für die Sünde vollbracht und uns durch seine Auferstehung zu einer lebendigen Hoffnung wiedergezeugt hat. Diese Auferstehung geschah nach der Macht des Lebens des Sohnes Gottes. Diese Seelenerrettung (1Pet 1,9), diese wahre Befreiung, wird uns also durch den Glauben zuteil. Es ist noch nicht die Herrlichkeit und die äußere Ruhe. Die Errettung in diesem Sinn (1Pet 1,6) wird in der Tat erst dann stattfinden, wenn Jesus erscheint. Aber inzwischen genießt die Seele schon durch den Glauben diese vollkommene Ruhe und in Hoffnung sogar die Herrlichkeit.

Verse 11-13

1Pet 1,11-13: … forschend, auf welche oder welcherart Zeit der Geist Christi, der in ihnen war, hindeutete, als er von den Leiden, die auf Christus kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zuvor zeugte; denen es offenbart wurde, dass sie nicht für sich selbst, sondern für euch die Dinge bedienten, die euch jetzt verkündigt worden sind durch die, die euch das Evangelium gepredigt haben durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist – Dinge, in welche die Engel hineinzuschauen begehren. Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi; …

Der Apostel beginnt jetzt, die drei aufeinanderfolgenden Stufen der Offenbarung dieser Gnade der Errettung zu entwickeln, dieser völligen Befreiung von den elenden Folgen der Sünde. Diese Stufen sind

  1. die Prophezeiungen,
  2. das Zeugnis des vom Himmel gesandten Heiligen Geistes und
  3. die Offenbarung Jesu Christi selbst, wenn die schon zuvor verkündigte Befreiung ganz vollendet sein wird.

Die Propheten hatten die Gnade Gottes für die Gläubigen heute angekündigt. Sie hatten von einer Gnade gesprochen, die schon jetzt der Seele auch den Genuss der Errettung, die sie gebracht hat, schenkt. Auch hatten sie ihre eigenen Prophezeiungen, die sie durch Eingebung von Gott empfangen hatten, zu verstehen versucht. Sie wollten gern erkennen, auf welche Zeit der Geist hindeutete, „als er von den Leiden, die auf Christus kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zuvor zeugte“. Denn der Geist sprach durch die Propheten von beiden Dingen – den Leiden und der Herrlichkeit. Er zeigte deshalb an, dass es um mehr gehen musste als eine zeitliche Befreiung in Israel, denn der Messias sollte leiden. Und die Propheten entdeckten, dass der Geist Christi nicht für sie selbst noch für ihre Zeit, sondern für die Christen diese Wahrheiten bezüglich des Messias ankündigte.

Eins müssen wir allerdings festhalten: Die Christen haben jene Herrlichkeiten nicht empfangen, die den Propheten offenbart worden waren. Das, was die Christen bekommen haben, das ist die Errettung der Seele. Diese bekommen sie durch die Offenbarung eines Christus, der sich nach seinen Leiden in den Himmel gesetzt hat und von dort in Herrlichkeit wiederkommen wird. Nach dem Tod des Herrn Jesus wurde der Heilige Geist vom Himmel gesandt. Dieser Heilige Geist hat uns diese Dinge mit großer göttlicher Klarheit bezeugt, aber Er hat uns nicht die Herrlichkeit selbst geschenkt, in der Christus erscheinen wird; Er hat sie nur angekündigt. Die Christen sollen deshalb die Lenden ihrer Gesinnung umgürten, nüchtern sein und bis ans Ende auf die Gnade hoffen, die ihnen wirklich einmal gebracht werden wird, wenn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit wiederkommt.

Noch einmal die drei aufeinanderfolgenden Schritte in den Wegen Gottes mit etwas anderen Worten:

  1. Die Ereignisse, die sich auf Christus beziehen und über die jüdischen Segnungen weit hinausgehen, werden vorher verkündigt.
  2. Die Dinge werden durch den Heiligen Geist bezeugt.
  3. Die Verheißungen werden bei der Offenbarung Jesu erfüllt.

Was der Apostel vorstellt, ist also eine Teilnahme an der Herrlichkeit Jesu („die Gnade, die euch gebracht wird“), wenn Er offenbart werden wird. Das ist genau die Errettung, von der die Propheten geredet hatten und die in den letzten Tagen offenbart werden soll. In der Zwischenzeit aber hatte Gott

  1. die gläubigen Juden wiedergezeugt zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten und hatte
  2. durch die Leiden Jesu ihnen zu verstehen gegeben, dass sie sogar jetzt schon, während sie auf die Offenbarung der Herrlichkeit warteten und diese Herrlichkeit in der Person Jesu wirklich fanden, sich einer Errettung der Seele erfreuten, neben der die Befreiungen Israels verblassten und in Vergessenheit gerieten.

Es war tatsächlich wesensmäßig dieselbe (große) Errettung (die von 1Pet 1,6), die „bereit ist“, in ihrer ganzen Fülle offenbart zu werden; aber für den Augenblick besaßen sie die Errettung nur hinsichtlich der Seele (als einen bestimmten Teil davon). Doch da diese Seelenerrettung von der Offenbarung der irdischen Herrlichkeit getrennt war, hatte sie umso mehr einen geistlichen Charakter. Deshalb sollten die Gläubigen sich auch diesem geistlichen Charakter gemäß verhalten: ihre Lenden umgürten, auf die Offenbarung Jesu warten und mit Danksagung anerkennen, dass sie das Ende ihres Glaubens (das ist diese Seelenerrettung) besaßen. Sie standen dadurch nämlich in Verbindung mit Gott.

Verse 14-17

1Pet 1,14-17: … als Kinder des Gehorsams bildet euch nicht nach den vorigen Begierden in eurer Unwissenheit, sondern wie der, der euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel! Denn es steht geschrieben: „Seid heilig, denn ich bin heilig.“

Wie schon gesagt, Gott hatte, als Er diese Dinge durch den Dienst der Propheten ankündigte, die Christen im Auge und nicht die Propheten selbst. Diese Gnade (der vollen Errettung in Herrlichkeit), von der die Propheten zuvor geredet hatten, sollte den Gläubigen zur bestimmten Zeit (die jetzt noch zukünftig ist) geschenkt werden. In der Zwischenzeit gibt der vom Himmel gesandte Heilige Geist – nicht sichtbar, sondern für den Glauben und für die Seele – Zeugnis davon. Sie wird „bei der Offenbarung Jesu Christi“ gebracht werden. Die Auferstehung Jesu Christi hatte in diesem Zusammenhang drei Dinge bewirkt:

  1. Sie war die Bürgschaft für die Erfüllung aller Verheißungen und
  2. die Lebenskraft zum Genuss dessen, was Gott verheißen hatte, und
  3. sie hatte dafür die Gläubigen zu einer lebendigen Hoffnung wiedergezeugt.

Doch das Recht, an der Erfüllung der Verheißung teilzunehmen, war auf eine andere Wahrheit gegründet – nämlich die der Heiligung. Die Ermahnungen des Apostels führen uns dahin. Die Gläubigen sollten ihren Weg gehen als gehorsame Kinder und nicht mehr nach den Begierden, die sie in den Tagen ihrer Unwissenheit geleitet hatten. Berufen durch den, der heilig ist, sollten sie heilig sein in allem Wandel. Wenn sie ferner den als Vater anriefen, der ohne Ansehen der Person richtet nach dem Werk eines jeden, so sollten sie die Zeit ihrer Fremdlingschaft in Furcht wandeln (1Pet 1,14-17).

Beachten wir, dass es sich hier nicht um das Endgericht der Seele handelt. In diesem Sinn „richtet der Vater niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem Sohn gegeben“ (Joh 5,22). Hier ist die Rede von dem täglichen Gericht der Regierung Gottes in dieser Welt, und zwar ganz konkret, so wie Gott es in Bezug auf seine Kinder ausübt. Deswegen heißt es: „Wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht.“ Das Gericht, um das es hier geht, findet seine Anwendung auf das christliche Leben. Die Furcht, von der gesprochen wird, ist übrigens nicht eine Ungewissheit bezüglich der Errettung und der Erlösung; sie gründet sich vielmehr auf die Gewissheit, dass man erlöst ist.

Verse 18.19

1Pet 1,18.19: … indem ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken; …

Der Preis, der für unsere Erlösung gezahlt wurde, ist „das kostbare Blut Jesu Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“. Dieser unendliche Wert ist der Beweggrund, dass wir während der Zeit unserer Pilgerschaft auf der Erde Gott fürchten. Wir sind erlöst worden von unserem eitlen Wandel um den Preis des Blutes Jesu. Können wir nun noch nach den Grundsätzen wandeln, von denen wir auf eine so großartige Weise befreit worden sind? Ein solcher zu unserer Befreiung bezahlter Preis erfordert, dass wir mit Gewissenhaftigkeit und Ernst vor dem Vater wandeln, mit dem wir Gemeinschaft haben wollen. Und wie groß ist das Vorrecht, einen solchen Gott als Vater zu kennen! Und wie vertraut ist die Beziehung der Kinder zum Vater.

Verse 20.21

1Pet 1,20.21: … der zwar zuvorerkannt ist vor Grundlegung der Welt, aber offenbart worden ist am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn glaubt an Gott, der ihn aus den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit gegeben hat, damit euer Glaube und eure Hoffnung auf Gott sei.

Der Apostel wendet jetzt diese Wahrheit auf die Christen an, an die er schreibt. Das Lamm war nach Ratschluss Gottes schon vor Grundlegung der Welt ausersehen, aber erst offenbart worden am Ende der Zeiten für die Gläubigen. Der wahre Charakter dieser Gläubigen wird hier folgendermaßen charakterisiert: Sie glauben an Gott durch den Herrn Jesus, durch dieses Lamm.

Sie glauben an Ihn

  • nicht (!) aufgrund der Offenbarung Gottes in der Schöpfung. Obwohl diese ein Zeugnis für seine Herrlichkeit ist, gibt sie doch dem Gewissen keine Ruhe und redet nicht von einem Platz im Himmel.
  • nicht (!) aufgrund des Wirkens Gottes in Vorsehung; denn wenngleich diese alles lenkt, lässt sie doch die Regierung Gottes noch in einem tiefen Dunkel.
  • nicht (!) durch die Offenbarung Gottes auf dem Berg Sinai unter dem Namen „Jahwe“ und dem Schrecken, der mit einem gebrochenen Gesetz in Verbindung steht.

Nein, wir glauben durch Jesus, das Lamm Gottes; und beachten wir, dass es nicht heißt: „die ihr an ihn glaubt“, sondern: „die ihr durch ihn an Gott glaubt“.

Wir kennen Gott

  • als den, der uns, als wir Sünder und „tot waren in unseren Vergehungen und Sünden“, geliebt und diesen teuren Heiland gegeben hat,
  • damit Er bis in den Tod, in dem wir lagen, hinabsteige,
  • unsere Stellung unter dem Gericht einnehme und
  • als das Lamm Gottes sterbe.

Wir glauben an den Gott,

  • der durch seine Macht den Herrn Jesus, als Er für uns, an unserer statt, im Tod war, wieder auferweckt und
  • Ihm Herrlichkeit gegeben hat.

Es ist also ein Gott-Heiland, ein Gott, der seine Macht zu unseren Gunsten ausübt, an den wir durch Jesus glauben, so dass unser Glaube und unsere Hoffnung auf Gott ist – nicht auf irgendetwas neben oder vor Gott, sondern auf Gott selbst. Wie könnte nun irgendein Grund zur Furcht oder zum Misstrauen im Blick auf Gott entstehen, wenn unser Glaube und unsere Hoffnung auf Ihn selbst sind? Das verändert alles. Gott selbst erscheint unseren Blicken in einer vollkommen veränderten Weise; und diese Veränderung gründet sich auf

  • die Gerechtigkeit Gottes, die, statt uns verurteilen zu müssen, sich darin erweist, dass Gott uns, von aller Sünde gereinigt, aufnimmt;
  • die Liebe Gottes, die sich darin zeigt, dass Er uns in Jesus vollkommen segnet;
  • die Macht Gottes, mit der Er den Herrn Jesus von den Toten auferweckt und verherrlicht hat und die Er jetzt dementsprechend zu unserem Segen einsetzt.

Unser Glaube und unsere Hoffnung gründen sich auf Gott selbst.

Vers 22

1Pet 1,22: Da ihr eure Seelen gereinigt habt durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe, so liebt einander mit Inbrunst aus reinem Herzen,

Das, was Gott mit uns gemacht hat, versetzt uns zwangsläufig in die innigste Beziehung zu den übrigen Erlösten. Da diese von Gott genauso geliebt, in demselben kostbaren Blut gewaschen und durch dasselbe Lamm erlöst sind, werden sie zu Gegenständen einer tiefen, ungeheuchelten Bruderliebe. Das kann nicht anders sein, wenn unsere Herzen durch die Annahme der Wahrheit mittels des Geistes gereinigt sind. Sie sind unsere Brüder. Lasst uns deshalb einander lieben „mit Inbrunst aus reinem Herzen“!

Verse 23-25

1Pet 1,23-25: … die ihr nicht wiedergeboren seid aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes; denn „alles Fleisch ist wie Gras, und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt, und die Blume ist abgefallen; aber das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.“ Dies aber ist das Wort, das euch verkündigt worden ist.

Dieses Verhältnis und die daraus hervorgehenden Ermahnungen des Apostels gründen sich jedoch auf einen anderen wichtigen Grundsatz: Eine neue Natur ist in dieser Liebe zueinander tätig. Wenn wir durch das kostbare Blut des fleckenlosen Lammes erlöst sind, dann sind wir auch aus dem unverweslichen Samen des lebendigen und bleibenden Wortes Gottes geboren. Denn das Fleisch ist nur Gras, und „die Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blume; das Gras verdorrt, die Blume fällt ab, aber das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit“. Dies aber ist das Wort des Evangeliums, das uns verkündigt worden ist. Das ist ein ewiger Segensgrundsatz. Der Gläubige ist nicht nach dem Fleisch geboren, um zeitliche Rechte und Segnungen zu genießen, wie es bei einem Juden der Fall war. Er ist aus einem unverweslichen Samen geboren. Was bedeutet nun „unverweslicher Same“? Das ist ein Lebensgrundsatz, der ebenso unvergänglich ist wie das Wort Gottes selbst (daher geht das Zitat aus Jesaja auch bis Vers 8: „Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit“). Der Prophet Jesaja hatte dem Volk Gottes diese Worte zugerufen, um es zu trösten. Alles Fleisch, selbst die jüdische Nation, war nichts anderes als verdorrtes Gras. Gott dagegen war unveränderlich. Und das unveränderliche und absolut sichere Wort Gottes wirkt in den Herzen, indem es

  • den erlösten und von Gott geliebten Menschen göttliche Segnungen zusichert und
  • ein Leben erzeugt, das genauso unsterblich und unverderblich ist wie das Wort Gottes selbst.

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