Wie verhalte ich mich, wenn ein Mitchrist bewusst auf einem bösen Weg geht?
Kann ich dabei helfen, dass jemand nicht abgleitet?

Dirk Schürmann

© SoundWords, online seit: 08.01.2007, aktualisiert: 13.01.2021

Einleitung

Leider kommt es immer wieder vor, dass Männer und Frauen, die man als Mitchristen betrachtet hat und die längere Zeit denselben Weg des Glaubens gegangen sind, sich von diesem Weg abwenden und bewusst einen Weg gehen, der ihrem Fleisch gefällt, aber eindeutig gegen Gottes Wort ist. Die „Lust des Fleisches“ oder „die Lust der Augen“ oder der „Hochmut des Lebens“, wie die Bibel es nennt, sind so stark geworden, dass sie von dem Menschen so sehr Besitz ergriffen haben, dass er zwar noch sieht, dass der Weg böse ist, aber nicht mehr davon zurückkehren will.

Was ist eigentlich mit solch einem Menschen passiert?

Oft hört man solch einen Menschen dann sagen: Ich weiß, dass es verkehrt ist, aber ich kann nicht anders. Ich muss diesen Weg gehen. Wenn so etwas eingetreten ist, dann ist das nicht eine böse Handlung, die ich getan habe, bekenne und lasse (Spr 28,13); es ist nicht einmal etwas, was ich verurteile, sondern eine Sünde, in die ich immer wieder hineinfalle. Es ist – wie die Schrift das nennt (4Mo 15,30) – „Sündigen mit erhobener Hand“. Es ist ein Leben in der Sünde.

Ein solches Leben ist schrecklich: Die Tür zu dem Herrn, zu dem Vater im Himmel, ist geschlossen! Solch ein Mensch kann nicht mehr beten! Der Berg der Sünde liegt vor der Tür. Er wird auch das Wort nicht mehr lesen, weil es ihn ständig an die Sünde erinnert. Auch sein Gewissen wird er verhärten müssen, weil auch das ihn zu Beginn immer noch quält. Denken wir an Lot, der seine gerechte Seele quälte (2Pet 2,8).

Das zeigt allerdings auch, dass schon vorher das Gebetsleben schlecht war, das Lesen des Wortes nur sporadisch erfolgte und die Mahnungen des Heiligen Geistes durch das Gewissen beiseitegeschoben wurden. Ein solches Leben ist zudem schrecklich, weil es nicht nur dem Herrn die Tür zuschlägt, sondern auch die Tür dem Teufel öffnet. Jede bewusste Sünde, die wir nicht verurteilen und richten wollen, öffnet dem Teufel die Tür zu unserem Leben. Deshalb ermahnt der Epheserbrief: „Gebt nicht Raum dem Teufel, [sondern] werdet erfüllt mit dem Heiligen Geist“ (Eph 4–5).

Eine kurze Frage zwischendurch an uns persönlich: Merken wir noch, wenn wir morgens keine Zeit zum Beten hatten oder es vielleicht vergessen haben? Fehlt uns noch etwas, wenn wir einmal keine Zeit hatten, uns mit dem Wort Gottes zu beschäftigen? Wenn wir diese Fragen mit Nein beantworten müssen, dann sind wir extrem gefährdet.

Wie geht ein solcher Weg weiter?

Im Judasbrief lesen wir von Menschen, die „den Weg Kains gegangen“ sind. Wenn es hier auch in der direkten Auslegung eher um einen bestimmten religiösen Weg geht, so möchte ich doch einmal praktisch am Beispiel des Weges Kains (1Mo 4) aufzeigen, wie solch ein Weg fortschreitet:

  • Zunächst bekomme ich nicht das, was ich will (bei Kain: die Aufmerksamkeit Gottes als Antwort auf sein Opfer).
  • Dann werde ich bitter (Kain ergrimmte sehr).
  • Die Sünde ist vor der Tür („Wenn du nicht recht tust, so lagert die Sünde vor der Tür“)
  • und Gott warnt („der Herr sprach zu Kain“).
  • Dann erhebe ich mich bewusst gegen Gottes Warnung („da erhob sich Kain gegen seinen Bruder Abel und erschlug ihn“)
  • und gehe von Gott weg („und Kain ging weg vom Angesicht des Herrn“),
  • mit dem Zeichen auf der Stirn („der Herr machte an Kain ein Zeichen“), dass von jetzt ab nur noch Gott mit mir handelt.

Die Zucht Gottes kann darin bestehen, dass Er schwere Not über einen Gläubigen bringt, der sich von Ihm abgewandt hat, so wie bei Jona, der erfahren musste, dass alle Wogen und Wellen Gottes über ihn hinweggingen, um ihn wieder zurückzubringen. Eine noch schwerere Zucht kann darin bestehen, dass Gott wie bei Ephraim eine solche Person gewähren lässt (Hos 4,17: „Ephraim ist mit Götzen verbündet; lass ihn gewähren!“). Dieses „Laufenlassen“ ist noch weitaus schlimmer – auch wenn es zunächst für denjenigen leichter zu sein scheint, als wenn Gott mit schweren Dingen eingreift.

Es bleibt in den allermeisten Fällen die Möglichkeit zur Buße. Es gibt aber auch Menschen, die dafür keinen Raum finden wie zum Beispiel Esau in Hebräer 12,17: „Denn er fand keinen Raum für die Buße.“ Diese offenbaren sich damit als Ungöttliche, die nur erleuchtet, aber nicht wahrhaft wiedergeboren waren. David fand nach seinem schweren Vergehen (das sogar Mord mit einschloss) Raum für die Buße. Auch wenn ein Gläubiger nicht mehr verlorengehen kann, so dürfen wir das nicht gegen die Tatsache ausspielen, dass ein Weg der Sünde immer ins Verderben führt. Daher gibt es auch die ernsten „Wenn“ in der Schrift (siehe z.B. Kol 1,23).

Was bedeutet das nun für uns?

Betroffenheit

Betroffenheit ist sicher das Erste, was wir fühlen sollten. Der Apostel Paulus ermahnt die Korinther bei dem Fall, der bei ihnen aufgetreten war, zunächst einmal: „Ihr seid aufgebläht und habt nicht vielmehr Leid getragen“ (1Kor 5,2).

Warum sollte ich denn betroffen sein? Einer, der den Weg des Glaubens mitgegangen ist, fällt so ab – sollte uns das nicht schmerzen? Und macht es uns nichts aus, dass das „unter uns“, in meiner Nähe, passiert ist?

  • Habe ich nicht etwas an dieser Person versäumt?
  • Haben wir ihr die Größe Gottes, seine Heiligkeit und Liebe deutlich genug werden lassen?
  • Haben wir ihr die himmlischen Segnungen schmackhaft gemacht
  • Haben wir auf die ersten Anzeichen von Abgleiten geachtet?
  • Haben wir die Herberge (der Gemeinde) wohnlich gemacht?

Gottes Wort ermahnt uns in Hebräer 12,15.16, dass ich auf meine Mitgeschwister aufpassen soll, ob wohl jemand da ist, der an der Gnade Gottes Mangel leidet.

Doch ist das nicht der einzige Grund für Betroffenheit. Hätte mir das nicht auch passieren können? Ein Gedanke wie „Ja, aber wie kann man auch nur!“ zeigt nur den Hochmut meines eigenen Herzens und dass ich nicht verstanden habe, dass das Fleisch in mir weiterhin zu allem fähig ist (Röm 8,12-14). Galater 6,1 fordert uns auf, dass wir jemand im Geist der Sanftmut zurückbringen sollen. Dort steht außerdem noch ein wichtiger Zusatz, der oftmals vergessen wird: „… wobei du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest.“ Mit einer Gesinnung nach dem Motto „Das hätte mir nicht passieren können!“ werden wir einen abgewichenen Mitchristen kaum zurückführen können.

Ich sollte das zum Anlass nehmen, mich einmal einer Selbstprüfung zu unterziehen: Wo stehe ich?
Was sind denn Kennzeichen vor solch einem Fall?

  • Kein Geschmack mehr am Wort Gottes
  • Kein Bedürfnis mehr zum Gebet
  • Kein Bedürfnis mehr, zu den Zusammenkünften zu gehen
    Vielleicht wirst du sagen: Ist das denn auch so wichtig? Lies einmal nach, was in Hebräer 10,23-25 steht: „Lasst uns das Bekenntnis der Hoffnung unbeweglich festhalten (denn treu ist er, der die Verheißung gegeben hat); und lasst uns aufeinander achthaben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist, sondern einander ermuntern, und das umso mehr, je mehr ihr den Tag näherkommen seht.“ Sehen wir, wie eng die Verbindung zwischen dem Festhalten des Bekenntnisses und dem Besuchen der Zusammenkünfte ist? Das griechische Wort für „Zusammenkommen“ bzw. „Versammeltwerden“ (episynagoge) kommt nur noch einmal im NT vor, und zwar in 2. Thessalonicher 2,1. Dort steht es für das Versammeltwerden zu dem Herrn hin bei der Entrückung. Was veranlasst dich, zu glauben, dass du einmal mit zu Ihm hin versammelt wirst, wenn du jetzt keinen Geschmack daran findest, dich mit den zwei oder drei (oder auch mehreren) Gläubigen zu versammeln, von denen der Herr gesagt hat: „Da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20)?
  • Kein Achten mehr auf die Warnungen des Geistes Gottes

Absonderung

1. Korinther 5 ist hier ganz deutlich! Ich muss mich persönlich von solch einer Person trennen. In Vers 11 heißt es unzweideutig: „Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben, wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Hurer ist oder ein Habsüchtiger oder ein Götzendiener oder ein Schmäher oder ein Trunkenbold oder ein Räuber, mit einem solchen nicht einmal zu essen.“ Hier geht es erst einmal überhaupt nicht darum, dass ich sonst auch in der Gefahr stehe, in dieselbe Sünde zu geraten, sondern darum, dass Gott keine Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis erlaubt (2Kor 6,14).

Aber auch gemeinschaftlich ist eine Absonderung notwendig. Die Gemeinde muss solch eine Person ausschließen – das ist übrigens unabhängig davon, ob so jemand noch die Zusammenkünfte besucht oder nicht (1Kor 5,2: „Und ihr seid aufgeblasen und habt nicht vielmehr Leid getragen, damit der, der diese Tat begangen hat, aus eurer Mitte weggetan würde“). Das Ziel einer solchen Zucht ist auch die Wiederherstellung. Dazu sollte selbst das strenge zusätzliche apostolische Zuchtmittel dienen: „Denn ich, zwar dem Leib nach abwesend, aber im Geist anwesend, habe schon als anwesend geurteilt, den, der dieses so verübt hat, im Namen unseres Herrn Jesus [Christus] (wenn ihr und mein Geist mit der Kraft unseres Herrn Jesus Christus versammelt seid) einen solchen dem Satan zu überliefern zum Verderben des Fleisches, damit der Geist errettet werde am Tag des Herrn [Jesus]“ (1Kor 5,3-5).

Wir machen diese Zucht wirkungslos, wenn Einzelne sich nicht an dieses Absonderungsgebot halten. Und wir unterlaufen nicht nur die Zuchtmaßnahme der Gemeinde, sondern wir erklären einen Beschluss, der im Himmel anerkannt wurde, als für uns nicht bindend. Absonderung ist hier keine Herzlosigkeit, sondern ganz im Gegenteil Liebe zum Wort Gottes, das diese Art der Absonderung befiehlt; aber es ist auch Liebe zu der Person, von der man sich absondern muss, damit sie durch dieses letzte Mittel vielleicht doch noch zur Umkehr kommt.

Handeln

Doch mit Betroffenheit und Absonderung ist nicht alles getan. Wie verhindere ich, dass sich so etwas wiederholt, dass es sich zunächst einmal nicht an mir wiederholt?

  • Wenn ich die o.g. Kennzeichen „gecheckt“ habe und entdecke, dass bei dem einen oder anderen Kennzeichen etwas nicht so ist, wie es sein sollte, arbeite ich dann daran, dass das anders wird, mit aller nötigen Radikalität?
  • Was andere Geschwister angeht, richte ich die (vielleicht fürs Beten) „gelähmten Knie“ und die (vielleicht zum Lesen der Bibel) „erschlafften Hände“ auf (Heb 12,12)?
  • Bemühe ich mich, ihnen den Herrn, das Wort und die himmlischen Segnungen großzumachen? (Oder fehlt mir da sogar selbst etwas???)
  • Und die Geschwister haben auch irdische Bedürfnisse. Weiß ich, welche Bedürfnisse dies sind, und helfe ich, sie zu stillen? Wenn das nicht möglich ist, kann man diese irdischen Bedürfnisse in geistliche Wünsche umwandeln? – Es ist die Freude Gottes, dann für den Verzicht vielfach mehr zu schenken. „Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlassen hat um des Reiches Gottes willen, der nicht vielfach empfängt in dieser Zeit, und in dem kommenden Zeitalter ewiges Leben“ (Lk 18,29.30).
  • Achte ich darauf, wo jemand die Zusammenkünfte versäumt? Und erzähle ihm dann, wie die Jünger bei Thomas, was er verpasst hat?

Wenn wir diese Dinge beherzigen, wird es vielleicht zukünftig weniger solche traurigen Wege geben.

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