Erlebnisse mit dem Propheten Elisa (6)
Ein Obergemach für den Propheten

John Thomas Mawson

© SoundWords, online seit: 02.08.2006, aktualisiert: 05.08.2022

Leitverse: 2. Könige 4,8-11

2Kön 4,8-11: Und es geschah eines Tages, da ging Elisa nach Sunem hinüber; und dort war eine wohlhabende Frau, und sie nötigte ihn, bei ihr zu essen. Und es geschah, sooft er durchzog, kehrte er dort ein, um zu essen. Und sie sprach zu ihrem Mann: Sieh doch, ich merke, dass dieser ein heiliger Mann Gottes ist, der immer bei uns durchzieht. Lass uns doch ein kleines gemauertes Obergemach machen und ihm Bett und Tisch und Stuhl und Leuchter hineinstellen; und es geschehe, wenn er zu uns kommt, kann er dort einkehren.

Ein Obergemach für den Mann Gottes: Wie die bleibende Gegenwart des Herrn erlangt wird

Ein neues Bild geht an uns vorüber. Die einst verschuldete Witwe, die Vergebung erlangt hat und völlig frei geworden ist, macht einer wohlhabenden Frau Platz. Dies entfaltet uns eine große Wahrheit. Wir Christen, die wir einst verschuldete Sünder waren, sind jetzt durch die Gnade Gottes ein reiches Volk. Durch Glauben an Jesus Christus sind wir Kinder Gottes geworden. Ich hoffe, dass wir nicht groß sind in unseren Augen, auch hoffe ich, dass wir es nicht zu sein wünschen in den Augen der Welt, aber wir sind groß in den Augen des Himmels. Es steht geschrieben: „Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir nämlich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden“ (Röm 8,16.17). Kein Engel hat einen so hohen Platz als diesen noch kann ein solcher auf eine so große Bestimmung Anspruch machen.

Gestern sah ich eine große Volksmenge in der Straße, die den Sohn des Königs erwartete, und als er kam, brachte sie ihm ehrfurchtsvolle und herzliche Huldigung dar. Das war recht. „Die Ehre, dem die Ehre gebührt“ (Röm 13,7). Er ist eine hohe Person des Landes, und das Volk erkennt dies an. – Wenn du oder ich auf der Straße erscheinen, nimmt niemand Kenntnis davon. Wir haben keine Ehre in dieser Welt, denn wir sind gar gering oder nichts in ihren Augen. Doch der Tag wird kommen, an dem wir unser Erbe antreten werden, an dem sich uns die goldenen Tore des Vaterhauses öffnen. Dann werden die Engel Gottes den glänzenden Weg umsäumen und uns in unserem Heim willkommen heißen; uns, die Söhne Gottes, die, durch kostbares Blut erlöst, zur Herrlichkeit gebracht werden. Solcherart ist die Würde, die Gott auf uns gelegt hat. Möchte unser Weg auf Erden damit in Einklang stehen. Lasst uns leben, wie es Kindern Gottes geziemt, die so reiche Hilfsquellen haben und die einer so großen Bestimmung entgegengehen.

Alles verdanken wir unserem Herrn, und so ist es nur recht, dass wir Ihn und seine Wünsche mit Sorgfalt beachten. Was begehrt Er nun von uns? Über alles sehnt Er sich nach unserer Gesellschaft. Seine Liebe, die so treu und zart ist, kann durch nichts anderes befriedigt werden.

Beachten wir in unserem Bild, dass der Mann Gottes beständig an dem Haus der wohlhabenden Frau vorüberzog. Das tut auch unser Herr. Er sucht nach einem Platz in unserem Herzen und Leben. Und der Heilige Geist ist gekommen, um von den Dingen Christi zu nehmen und sie uns zu zeigen. Auf diese Weise geht Er beständig an uns vorüber, um für sich einen Platz in unseren Herzen zu gewinnen. Dies sehen wir auch in Offenbarung 3: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an“ (Off 3,20). Der Herr Jesus sagt in Verbindung damit: „Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen und er mit mir.“ Der Mann Gottes forderte die Gastfreundschaft dieser Frau nicht, doch als sie ihn nötigte, trat er ein und aß Brot mit ihr. Es ist gesagt worden, und ganz mit Recht, dass wir so viel von der Gesellschaft des Herrn haben werden, als wir davon begehren. Wenn wir Ihn nötigen, wird Er es uns nicht abschlagen. Sein Herz verlangt danach, und es ist eine Freude für Ihn, wenn auch unser Herz sich danach sehnt, Ihn bei sich zu haben.

Ich nehme an, dass diese gelegentlichen Besuche Elisas im Haus der Sunamitin gesegnete Zeiten für sie gewesen sind; wohl in einem so reichen Maß, dass sie entschlossen war, ihn ferner nicht nur als einen gelegentlichen Besucher, sondern als einen bei sich zu haben, der zu ihrem Haushalt gehört, als einen beständigen Gast. Und wir, haben wir nicht auch Zeiten der Freude kennengelernt, als wir dem Herrn Zutritt in unsere Herzen gestatteten? In Tagen des Kummers haben wir Ihn gesucht, und Er hat uns mit seinem Trost erquickt; als wir niedergebeugt waren, hat Er uns ermuntert und unsere Klage in Gesang gewendet. Er berührte unser Herz mit seiner Liebe, und wir waren beschämt, Ihn so vernachlässigt zu haben; doch wir freuten uns in seiner Gnade, die immer gleich blieb. Solche Zeiten mögen nur kurz gewesen sein, doch wir waren glücklich, als wir sie genossen. Er gewährte sie uns, damit wir uns noch mehr nach ihnen sehnten und das tun sollten, was diese wohlhabende Frau für Elisa tat.

Sie sprach zu ihrem Mann: „Sieh doch, ich merke, dass dieser ein heiliger Mann Gottes ist, der beständig bei uns durchzieht. Lass uns doch ein kleines gemauertes Obergemach machen … Und es geschehe, wenn er zu uns kommt, mag er dort einkehren.“ Ihre Wahrnehmung war richtig. Sie war eine Frau von Einsicht. Oh, dass wir ihr alle in Bezug auf Christus gleich wären! Ihr, die Elisa ein Gemach bereitete. Lasst uns Raum machen in unserem Herzen für Christus. Darin möchte Er wohnen. Das Herz ist das Gemach. Vielleicht ist es nicht groß, aber es kann ein Gastzimmer für den Herrn der Herrlichkeit sein. Doch wie kann es für Ihn zubereitet werden? Lasst uns annehmen, was die Geschichte dieser einsichtsvollen Frau lehrt.

Sie war eine Frau von praktischer und entschiedener Art, und ich zweifle nicht, dass sie den Besen gebrauchte und die Spinnweben abkehrte, die sich schnell in dem neuen Raum eingefunden hatten. Auch entfernte sie alles, was nicht für den ersehnten Gast passend war. Prüfe dich hier, lieber Christ! „Wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung“ (2Kor 5,17). Doch wenn wir die erste Liebe verlassen, dann schleichen sich gar bald Dinge in das Herz ein, die völlig im Gegensatz zu dem Neuen stehen, das wir geworden sind. Diese müssen ausgefegt werden, denn alles, was nicht der neuen Schöpfung entspricht, hindert den Herrn, in deinem Herzen zu wohnen. Oh, wenn du Ihn vorübergehen sahst und einen Strahl seiner Herrlichkeit empfingst, dann würdest du verstehen, dass die von dir gehegten Dinge nur Unrat und Dreck sind, und du verlangtest danach, davon befreit zu werden. Vielleicht hast du es schon oft versucht, ungöttliche Gewohnheiten aufzugeben, Dinge, von denen du weißt, dass sie nicht recht sind, doch es war dir nicht möglich, bis dich dieser Zustand fast zur Verzweiflung brachte.

Auch ich kenne solche Erfahrungen, und ich weiß, was du nötig hast: einen wahren Blick auf das Kreuz, an dem Jesus sich selbst dahingab, um dich zu befreien von dir selbst. Du hast diesen Blick rückwärts an das Kreuz nötig, und dann einen solchen aufwärts in die Herrlichkeit, in die Er eingegangen ist. Der Heilige Geist, der in dir wohnt, kann dir zu beiden verhelfen, und Er wird dir auch die Macht darreichen, um dich zur Gleichförmigkeit mit Christus zu bringen. Unter dem Eindruck des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus und durch die Macht des Heiligen Geistes werden wir in den Stand gesetzt, das in unserem Leben zu verurteilen und wegzutun, was Christus entgegen ist, und das Beste und Nötigste von allem: Wir lernen auch das sündhafte Ich in den Tod geben.

Der Herr selbst will uns zu Hilfe kommen, wenn wir uns rückhaltlos seinen Händen überlassen und uns die Worte Davids zu eigen machen: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz … Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist“ (Ps 139,23.24). – Herr, nimm dein Licht und geh durch alle Gemächer meines Lebens, vom obersten Turmzimmerchen bis in den untersten Keller. Durchleuchte die verborgensten Schlupfwinkel und zeige mir die Dinge so, wie du sie beurteilst!

Nun kommen wir zur Ausstattung des Gemachs. In jenen Raum, den die einsichtsvolle Frau für Elisa bereitet hatte, stellte sie Bett und Tisch und Stuhl und Leuchter. Das Bett ist der Ort der Ruhe. Das erinnert uns an die Worte: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“ (Mt 11,28.29). Das Joch des Herrn bedeutet Unterwerfung unter seinen heiligen Willen, der gut und vollkommen und wohlgefällig ist. Er ist nicht gegen uns, sondern für uns, und wenn wir uns Ihm hingeben, dann weicht der innere Widerstreit und die innere Ruhelosigkeit wahrer Ruhe und wahrem Frieden. Und in dem Maß, wir wir von Ihm lernen, sanftmütig und von Herzen demütig zu sein, wird Missgunst, Argwohn und Ehrgeiz, der die Menschen aufreibt und unglücklich macht, uns nicht mehr beunruhigen. Wir müssen uns und unsere Belange den Händen Gottes überlassen. Im Vertrauen zu Ihm finden wir Ruhe. Das ist das Wichtigste. Ohne dies gibt es kein für den Herrn passendes Gemacht. Doch an einem Herzen, wo diese Ruhe wohnt, findet Er sein Wohlgefallen.

Dann kommt der Tisch. Dieser redet von Gemeinschaft. Der Herr sagt: „Ich will das Abendbrot mit ihm essen und er mit mir“ (Off 3,20). Er begehrt es, in unsere Umstände einzutreten, sowohl in unsere Freuden als auch in unsere Kümmernisse, denn Er liebt uns und ist als unser teuerster und treuester Freund um uns besorgt. Er wünscht es, uns in all unseren Umständen Trost und Gnade zu bringen, aber Er wünscht es ebenso, uns mit dem, was sein ist, vertraut zu machen. Er will, dass wir mit Ihm essen, dass wir als seine Freunde mit Ihm in seinen Angelegenheiten Gemeinschaft haben. Ein mit sich selbst zur Ruhe gekommenes Herz ist frei, Gemeinschaft zu Ihm zu pflegen und sich an Ihm zu ergötzen.

Das Nächste ist der Stuhl, den wir nicht übersehen dürfen. Maria verstand seinen Zweck, denn sie saß oft zu Jesu Füßen und hörte seinem Wort zu. Auch wir können nur dann in Gemeinschaft mit Ihm erhalten bleiben, wenn wir immer wieder zu seinen Füßen sitzen und von Ihm lernen. Die alte Ruhelosigkeit wird sich wieder geltend machen, wenn wir dies vernachlässigen. Verweilen wir aber oft zu seinen Füßen und bleiben in Ihm und seine Worte bleiben in uns, dann werden wir nach seinem Willen fragen; denn sein Wort hören und im Gebet mit Ihm reden, gehen zusammen. Zu seinen Füßen lernen wir von Ihm, und je mehr dies geschieht, desto mehr lieben wir Ihn, und Er hat gesagt: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen“ (Joh 14,23). Das Gemach wird nicht unbewohnt bleiben, wenn wir unsere Liebe zum Herrn zeigen durch das Hören und Halten seines Wortes.

Dann wird noch ein Leuchter da sein. Unsere Leiber werden voll Licht sein und keinen finsteren Teil mehr haben. Aufrichtigkeit und Wahrheit wird uns kennzeichnen, und wir werden für Ihn scheinen, der in unseren Herzen wohnt. Das Licht, das in uns hat hineinscheinen können, scheint nun aus uns heraus.

In dieses saubere und ausgestattete Haus kam der Mann Gottes und schlief dort, und die Sunamitin war eine glückliche und geehrte Frau. Möchte die geistliche Wirklichkeit dieses alttestamentlichen Bildes wahr werden im Leben eines jeden von uns.

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Originaltitel: „Ein Obergemach für den Mann Gottes. Wie die bleibende Gegenwart des Herrn erlangt wird“
aus der Serie: „Befreiende Gnade wie sie in den Worten und Wegen des Propheten Elisa vor uns gebracht wird“
in der Monatszeitschrift Der Dienst des Wortes,  Jg. 11, 1933, S. 161–167


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