Praktische Lehren aus dem Buch Hiob (7)
Ein Abgeirrter wird unterwiesen

William Kelly

© CSV, online seit: 31.10.2005, aktualisiert: 24.05.2020

Leitverse: Hiob 34,10-15.31-32

Hiob 34,10-15.31-32: Darum höret mir zu, ihr Männer von Verstand! Fern sei Gott von Gesetzlosigkeit, und der Allmächtige von Unrecht! Sondern des Menschen Tun vergilt er ihm, und nach jemandes Wege lässt er es ihn finden. Ja, wahrlich, Gott handelt nicht gesetzlos, und der Allmächtige beugt nicht das Recht. Wer hat ihm die Erde anvertraut? und wer den ganzen Erdkreis gegründet? Wenn er sein Herz nur auf sich selbst richtete, seinen Geist und seinen Odem an sich zurückzöge, so würde alles Fleisch insgesamt verscheiden und der Mensch zum Staube zurückkehren … Denn hat er wohl zu Gott gesagt: Ich trage meine Strafe, ich will nicht mehr verderbt handeln; was ich nicht sehe, zeige du mir; wenn ich Unrecht verübt habe, so will ich es nicht mehr tun?

Mit Kraft tritt Elihu auch für Gottes Ehre ein. „Fern sei Gott von Gesetzlosigkeit«, ruft er aus (Hiob 34,10-12). Dann stellt er aufs Neue in klaren Worten den großen Grundsatz in den Vordergrund: „Des Menschen Tun vergilt er ihm, und nach jemandes Wege lässt er es ihn finden« (Hiob 34,11). Scheinbar stimmt dies ganz und gar mit dem Standpunkt der drei Freunde überein. Aber der große und wichtige Unterschied liegt darin, dass Elihu es mit der Anwendung ganz anders hält. Die Freunde sind damit sofort fertig. Sie sind ein typisches Bild von Gläubigen, die – „fest in der Lehre« – meinen, nun auch alles auf verstandesmäßigem Wege lösen zu können. Aber lasst uns doch einsehen, dass Gott dazu die Wahrheit nicht gegeben hat. Gewiss, es ist von größter Wichtigkeit, dass wir die Wahrheit kennen, verstehen, begreifen. Wir müssen darin auch zunehmen, darin unterwiesen werden, uns dadurch unterweisen lassen, und dazu müssen wir unseren Verstand gebrauchen. Wer in den Dingen des Glaubens allein mit seinem Gefühl rechnet, wird so leicht eine Beute von allerlei Irrlehren. Paulus aber spricht von unserem vernünftigen Dienst (Röm 12,1) und meint damit ein praktisches Gott-Dienen, das nicht durch das Gefühl geleitet wird, sondern durch Erkenntnis, durch Einsicht in das, was nach Seinem Herzen ist. Aber was die Anwendung der Wahrheit in Fällen des täglichen Lebens auf uns selbst und noch mehr auf andere Gläubige betrifft, so ist dazu ein geistliches Leben in inniger, praktischer Gemeinschaft mit Gott nötig. Nur dann kann der Heilige Geist, der in uns wohnt, Seine gesegnete Wirksamkeit voll entfalten, und nur dann wird uns in jedem Fall aufs Neue von Gott das Licht geschenkt, um in diesem speziellen Fall zu handeln, zu urteilen, zu raten.

So hütet sich Elihu, auf übereilte Weise die Wahrheit der unwandelbaren Gerechtigkeit Gottes auf Hiobs Leben und Umstände anzuwenden. Er begriff, dass bei Gott alles seine eigene, durch Ihn bestimmte Zeit hat. Aber das änderte nichts daran, dass gegenüber Hiobs Äußerungen des Aufruhrs und Unglaubens die Wahrheit mit Kraft behauptet werden musste. Wie sie gegen das Ende der Zeiten hin auf vollkommene Weise in Erfüllung gehen wird, lehrt uns das Buch der Offenbarung (Hiob 20,12-15; 22,12). Elihu wusste das nicht, aber obwohl die Umstände mit der Wahrheit nicht übereinzustimmen schienen, hielt er die Wahrheit doch fest und wies inzwischen sowohl Hiob als auch die Freunde auf die Größe Dessen hin, der alle Dinge in Seiner Hand hat. Wer wird Ihn zur Rechenschaft ziehen (Hiob 34,13-15)? Gleichzeitig weist Elihu darauf hin, dass Gott auch in dieser Zeit bereits mit dem Menschen beschäftigt ist und nach Seiner Weisheit das Böse heimsucht, ohne dass das eine feste Regel zu sein braucht, an die der Mensch Gott binden könnte (Hiob 34,16-30).

Von besonderer Wichtigkeit aber ist, was Elihu in den Versen 31 und 32 Hiob zu erwägen gibt. Wenn Gott mit einem Menschen handelte wie mit Hiob, lag es dann nicht auf der Hand, dass dieser wenigstens bat: Was ich nicht sehe, zeige Du mir; wenn ich Unrecht verübt habe, so will ich es nicht mehr tun?

Dies ist ganz der Gedanke aus Psalm 19,12, wichtig für jeden Gläubigen. Elihu kommt inzwischen zu dem Schluss, dass nicht etwa Hiobs früheres Leben ein Leben der Scheinheiligkeit und der verborgenen Sünde war, sondern dass er „nicht mit Erkenntnis« gesprochen hat (Hiob 34,35). Und sein Wunsch ist, dass Hiob fort und fort geprüft werde, damit er zur Einsicht komme und nicht auf diesem Wege weitergehe (Hiob 34,36.37).

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Originaltitel: „Praktische Lehren aus dem Buch Hiob. (8) Ein Abgeirrter wird unterwiesen“
aus Ermunterung und Ermahnung, Jg. 48, 1994, S. 110ff.

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